Mannheim, 02. Juli 2014. (red/csk) Erst wird getrunken, dann gelärmt oder Unbeteiligte werden angepöbelt, Gegenstände beschädigt, Müll liegen gelassen. Alkoholkonsum auf öffentlichen Plätzen kann zum Problem werden. Ein Verbot dagegen gibt es in Baden-Württemberg nicht. Und dabei bleibt es auch. Das ist das Ergebnis des Runden Tisches „Lebenswerter Öffentlicher Raum“ der Landesregierung. Wir haben in den Rathäusern unseres Berichtsgebiets gefragt, wie man dort mit den Problemen durch den Genuss von Alkohol im öffentlichen Raum umgeht. [Weiterlesen…]
Kommunen weiter mit „blauem Problem“
„Bunt statt Blau“: Schüler gegen Komasaufen
Mannheim/Rhein-Neckar, 19. Februar 2014. (red/jsc) Die DAK will mit ihrer Plakataktion „Bunt statt Blau“ ein Zeichen gegen Komasaufen setzen. Die jungen Menschen sind dazu aufgefordert bunte Bilder zu malen, die vor dem Rauschtrinken warnen. Schöner Nebeneffekt dabei: Die Schüler denken über ihren eigenen Konsum nach. [Weiterlesen…]
Startschuss für „Baden-Württemberg gegen den Schlaganfall“
Stuttgart/Rhein-Neckar, 07. Mai 2013. (red/pm) Die Landesregierung, die Arbeitsgemeinschaft der Schlaganfallstationen Baden-Württemberg und das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim haben gestern in Stuttgart den Startschuss für die Initiative „Baden-Württemberg gegen den Schlaganfall“ gegeben. [Weiterlesen…]
Online-Fragestunde mit dem Ministerpräsidenten
Rhein-Neckar/Stuttgart, 12. April 2013. (red/ms) Heute Abend wird der Ministerpräsident Winfried Kretschmann erstmalig auf der Website www.baden-wuerttemberg.de eine Stunde lang im Live-Stream sprechen. Ab 18.45 Uhr wird man über ein Online-Formular Fragen zu den Themen Energiewende, Bildung und Stuttgart 21 stellen können, ab 19.00 Uhr wird Herr Kretschmann antworten. [Weiterlesen…]
Stuttgart21: Falsche Zitate? Falsche Berichte? Falsches Spiel!

Initiativen und Bürgermeister aus Ilvesheim, Seckenheim und Edingen-Neckarhausen überreichten Ende Oktober im Beisein von Abgeordneten ihre Unterschriftenlisten an Verkehrsminister Hermann. Foto: privat
Rhein-Neckar, 12. November 2012. (red/pro) Stuttgart21 lässt das Land nicht zur Ruhe kommen und bleibt Konfliktthema Nummer 1. Aktuell haben sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel (Wahlkreis Ludwigsburg) sowie seine Stellvertreterin Rosa Grünstein (Wahlkreis Schwetzingen) für eine weitere Kostenübernahme für den Bahnhofsbau am Flughafen Stuttgart ausgesprochen – der soll 224 Millionen Euro teurer werden. Notfalls würde die SPD mit der Opposition dafür stimmen, berichteten die Stuttgarter Nachrichten. Nach unseren Informationen fühlen sich die SPD-Politiker falsch zitiert.
Von Hardy Prothmann
Die Stuttgarter Nachrichten haben am Wochenende für eine Sensation gesorgt. Angeblich überlege die SPD, einen neuen Finanztopf aufzumachen, um weitere 224 Millionen Euro zu finanzieren, die der Bau des Bahnhofs am Flughafen nach neuen Plänen (Filderdialog) teurer werden würde. Und notfalls würde man zusammen mit CDU und FDP dafür stimmen, wird Frau Grünstein zitiert:
Bei den teuren Änderungen am Flughafen könne es „eine Mehrheit ohne die Grünen geben“. CDU und FDP haben ihre Arme für die Sozialdemokraten bereits ausgebreitet.
Und auch der 2009 durch den Stuttgarter Gemeinderat getroffene Beschluss, weitere Kostenübernahmen nur durch einen Bürgerentscheid genehmigen zu lassen, sei durch einen neuen Beschluss zu kippen. Zuvor berichtete die konservative Frankfurter Allgemeine Zeitung am 08. November zum Thema und zitiert Herrn Schmiedel:
Es handelt sich um eine qualitative Abweichung von den bisherigen Plänen, das hat mit Risiko nichts zu tun. Der bessere Filderbahnhof ist das Ergebnis eines maßgeblich von den Grünen betriebenen Bürgerdialogs. Die Grünen müssen nun entscheiden, ob der nur eine Fata Morgana war.
Zündstoff
Das Thema hat für ordentlich Zündstoff am Wochenende gesorgt und heute Nachmittag wurde zurückgerudert. Angeblich sei Frau Grünstein vom Journalisten Konstantin Schwarz in eine „Falle gelockt“ worden, wurde uns zugetragen. Angeblich gebe es überhaupt keine Absichten seitens der SPD vom verbindlich im Koalitionsvertrag vereinbarten Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro abzuweichen.
Was nun? Hat die Zeitung Frau Schwarz falsch zitiert oder wollte die SPD einfach nur mal ein bischen die Muskeln spielen lassen und den Koalitionspartner ärgern? Beides ist vorstellbar, letzteres vor allem, weil jeder Kenner der politischen Szene weiß, dass die SPD ihren Wahlverlust und die „Juniorpartnerschaft“ noch längst nicht verkraftet hat.
Frage der Ehre
Was fehlt, ist eine Äußerung vom stellvertretenden Ministerpräsidenten und Minister für Finanzen und Wirtschaft, Nils Schmid. Auch ein Schweigen kann beredsam sein. Ist es vorstellbar, dass die Fraktionsvorsitzenden ohne sein Wissen diesen Vorstoß gemacht haben? Auch das würde Bände über den Zustand der SPD sprechen.
Die Koalitionspartner werden gut daran tun den Ball flach zu halten. Aber dann sind da noch die Stuttgarter Nachrichten und der Journalist Konstantin Schwarz. Wenn die Zeitung nicht mehr nachlegt, muss man davon ausgehen, dass sie wieder mal falsch berichtet hat und weiter im Sinne konservativer Kreise das Feuer schürt, um die Koalition zu beschädigen und die „Finanzierungswünsche“ gewisser Lobbygruppen zu stützen. Für die Zeitung wäre das ein journalistisches Armutszeugnis.
Wenn die Zeitung aber nachlegen und belegen kann, dass die SPD den Sondertopf und eventuell auch eine Abstimmung mit der Opposition plant, dann würde alles daraufhin deuten, dass diese Koalition instabiler ist als ein kollabierendes Kernkraftwerk.
Interessenfragen
Die Frage ist, wer daran Interesse haben könnte. Selbstverständlich die Oppositionsparteien, die medial immer noch sehr gut vernetzt sind und hier ihre Botschaften unterbringen können und seien sie auch noch so dumm und utopisch.
Die SPD, weil sie eigentlich nicht der kleine Partner der Grünen sein will, sondern wenn schon Junior, dann doch lieber mit der CDU.
Wer auch immer welche Ziele verfolgt, hat die Grünen im Visier.
Wer überhaupt kein Interesse daran haben kann, sind die Bürgerinnen und Bürger. Denn die wissen langsam nicht mehr, auf wen man sich noch verlassen kann. Die alte CDU/FDP-Regierung hat dem Land einen desolaten Haushalt hinterlassen. Zeitungen wie die Stuttgarter Nachrichten und die Stuttgarter Zeitung haben sich zu willigen Unterstützern von Lobbyisten machen lassen und eine kritische Berichterstattung zu Stuttgart21 nicht nur nicht „übersehen“, sondern gezielt nicht gemacht – denn sie sind Teil des alten korrupten Systems. (Lesetipp! stern: „Fahrt auf schwäbischem Filz„)
Zerstörte Hoffnungen
Ob die SPD-Fraktionsvorsitzenden nun falsch zitiert worden sind, ist eine wichtige Frage und die SPD-Wählerinnen und -Wähler und vor allem alle Bürgerinnen und Bürger werden genau darauf achten, ob es ein offizielles Dementi gibt. Denn es ist eine Frage der Ehre, ob man sich bei derart wichtigen Projekten falsch zitieren lässt und nicht darauf reagiert.
Die SPD-Abgeordneten in unserem Berichtsgebiet haben sich für Verkehrsprojekte in der Region stark gemacht, ob für die Neckarbrücke Ilvesheim/Edingen-Neckarhausen oder die Ortsumgehung Heddesheim oder, oder, oder. Wenn die Landes-SPD nun nochmals 224 Millionen Euro für Stuttgart21 nachschießen wollten, hieße das, dass alle Hoffnung für auch nur eines der Projekte hier und sonstwo im Land zerstört wäre.
Was also ist falsch? Das Zitat, die Berichterstattung oder das Spiel?
Ministerpräsident Winfried Kretschmann besucht den Rhein-Neckar-Kreis

Ministerpräsident Winfried Kretschmann kommt in die Weinheimer Stadthalle. Quelle: Winfried Kretschmann.
Weinheim/Rhein-Neckar-Kreis, 19. April 2012. (red/pm) Offene Bürgerbegegnung in der Stadthalle Weinheim. Bürgerinnen und Bürger können sich ab sofort anmelden.
Information des Rhein-Neckar-Kreises:
„Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann besucht am Donnerstag, 03. Mai 2012, den Rhein-Neckar-Kreis, den einwohnerstärksten Landkreis in Baden-Württemberg. Ein Schwerpunkt des Besuches, der ein kommunalpolitisches Gespräch mit Bürgermeistern, Kreisräten und Abgeordneten in Sinsheim sowie die Visite des Zentrums beruflicher Schulen des Kreises in Wiesloch und einen Firmenbesuch des Global Players Freudenberg in Weinheim beinhaltet, ist die Bürgerbegegnung in der Stadthalle Weinheim. Zu dieser Bürgerbegegnung lädt Landrat Stefan Dallinger interessierte Kreiseinwohnerinnen und Kreiseinwohner herzlich ein, die sich beim Rhein-Neckar-Kreis für die Abendveranstaltung anmelden können.
Nach der Begrüßung durch Landrat Stefan Dallinger und einer Ansprache des Ministerpräsidenten haben die Bürgerinnen und Bürger aus den 54 Städten und Gemeinden die Möglichkeit, Winfried Kretschmann Fragen zu stellen. „Überhaupt ist die Veranstaltung eine gute Gelegenheit, im Rahmen der moderierten Fragerunde und beim anschließenden Stehempfang, den Ministerpräsidenten persönlich kennenzulernen“, sagt Landrat Dallinger, zumal der Ministerpräsident sich besonders Zeit für direkte Bürgergespräche nehmen will.
Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, sollten sich Interessierte umgehend bis längstens zum 23. April für die Bürgerbegegnung anmelden. Dies ist entweder über das auf der Homepage www.rhein-neckar-kreis.de hinterlegte Internet-Formular, per Telefax unter 06221/522-1484 oder per E-mail an oeffentlichkeitsarbeit@rhein-neckar-kreis.de (Betreff: „Ministerpräsident“) möglich.
Das Landratsamt weist darauf hin, dass eine Anmeldung unter Angabe von Namen und vollständiger Anschrift für die Teilnahme zwingend erforderlich ist. Angemeldete Personen erhalten per Post eine Einlasskarte, die zum Eintritt in die Stadthalle Weinheim berechtigt. Beginn der Bürgerbegegnung ist um 19 Uhr, Einlass in die Halle ab 18 Uhr. Die Bürgerbegegnung wird musikalisch umrahmt von der Jazz Big Band „Rhein-Neckar Rhythm & Brass“ unter der Leitung von Karl-Heinz Schäfer.“
Mannheim bleibt Präsidium, Heidelberg bekommt Kriminaldirektion
Mannheim/Heidelberg/Rhein-Neckar/Stuttgart, 27. März 2012. (red/pm) Heute hat Innenminister Reinhold Gall die Eckpunkte der zukünftigen Polizeistruktur vorgestellt: Danach wird das neue Polizeipräsidium für Nordbaden in Mannheim sitzen, ebenso ein Kriminalkommissariat. Heidelberg wird Sitz der Kriminaldirektion. Mit 2.330 Polizeivollzugsbeamten haben die Stadtkreise Mannheim und Heidelberg, sowie der Rhein-Neckar-Kreis die zweithöchste Personalstärke nach Karlsruhe im Land.
Die Polizeireform soll bei gleicher Personalausstattung eine effizientere Polizeiarbeit möglich machen und die Polizei für die Zukunft stärken. Wir das gelingen? Diese Frage hat in den vergangenen zwei Monaten, seit die ersten Informationen herauskamen, viele Bürgerinnen und Bürger beschäftigt.
Heute wurde der neue Zuschnitt der nunmehr 12 Polizeipräsidien bekannt gegeben. 37 Polizeidirektionen fallen damit weg – unter anderem Heidelberg. Mannheim bleibt Präsidium und bekommt Heidelberg dazu. Umgekehrt bekommt Heidelberg die Kriminaldirektion und in Mannheim wird ein Kriminalkommissariat eingerichtet. Die Polizeireviere bleiben, ebenso die Posten. Insgesamt hat die Reform zur Folge, dass die Hierarchien flacher werden und vor allem im Mittelbau und bei den Führungskräften neu strukturiert wird. Die frei werdenden Kräfte sollen dem Dienst vor Ort zugute kommen.
Nordbaden mit am größten
Das Polizeipräsidium Mannheim, Heidelberg, Rhein-Neckar-Kreis wird nach Karlsruhe landesweit die meisten Polizeivollzugsbeamte (2.330) haben. Auch relativ auf die Einwohnerzahl umgerechnet liegt das neue Präsidium mit einem Vollzugsbeamten auf 374 Einwohner auf dem zweiten Platz hinter Stuttgart, wo es nur 234 Einwohner sind. Aber schon im Präsidiumsbereich Karlsruhe kommen auf einen Beamten 439 Einwohner, in Freiburg 473 und in Heilbronn gar 519.
Von außen betrachtet, ändert sich für die Bürgerinnen und Bürger zunächst also erstmal nichts. Kritik und Sorgen gab es wegen der Schließung der Kriminalaußenstellen, die durch Kriminaldauerdienste ersetzt werden. Wie sich das in der Praxis auswirkt, muss man abwarten.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann schreibt S21-Gegnern auf Facebook
Rhein-Neckar, 07. Februar 2012. (red/pm) Winfried Kretschmann wendet sich mit einem offenen Brief über das soziale Netzwerk Facebook an die Gegner von Stuttgart 21. Er selbst bezeichnet sich ebenfalls als S21-Gegner und den Ausgang der Abstimmung als „schmerzlich“. Wie bereits zuvor angekündigt, hält er sich an das Ergebnis und schreibt: „Ungleich schlimmer wäre es, das Votum letztlich nicht anzuerkennen.“
Dokumentation; Offener Brief von Ministerpräsident Winfried Kretschmann
(Anm. d. Red.: Zwischenüberschriften durch die Blogredaktion eingefügt.)Â
„in den letzten Tagen und Wochen erreichten mich Schreiben sowie Beiträge auf Facebook und Twitter von Bürgerinnen und Bürgern, deren Inhalt mir sehr zu denken gibt. Mal mehr, mal weniger deutlich wird darin gefordert, Stuttgart 21 dürfe auch nach dem Ergebnis der Volksabstimmung nicht gebaut werden. Daher möchte ich Ihnen mit diesem offenen Brief meine Sicht der Dinge darstellen.
Der 27. November 2011 ist ein Datum, das bei mir ganz unterschiedliche Gefühle weckt. Einerseits konnten mit der Volksabstimmung über das „S 21-Kündigungsgesetz“ zum ersten Mal in der Geschichte Baden-Württembergs die Bürgerinnen und Bürger jenseits von Wahlen unmittelbar Einfluss nehmen und in einer Sachfrage eine Entscheidung treffen.
Wenngleich das Wort für uns Deutsche aus geschichtlichen Gründen nicht nur positiv besetzt ist, so bin ich doch ein wenig stolz darauf, dass es uns gelungen ist, mit der Volksabstimmung einen historischen ersten Schritt in eine echte Bürgergesellschaft gemacht zu haben.
Volksabstimmung ein „sehr bitterer und schmerzlicher Tag“
Andererseits ist der 27. November für mich persönlich ein sehr bitterer und auch schmerzlicher Tag gewesen. Denn an diesem Tag hat sich eine klare Mehrheit der Abstimmungsberechtigten Baden-Württembergs für eine finanzielle Beteiligung des Landes an dem Bahnprojekt Stuttgart 21 ausgesprochen. Lediglich in sieben von insgesamt 44 Stimmkreisen hat das „S 21-Kündigungsgesetz“ eine Mehrheit von Ja-Stimmen gefunden. Demgegenüber haben 58,9 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen in Baden-Württemberg gegen den Gesetzentwurf votiert.
Selbst im Stadtkreis Stuttgart, wo ich ein anderes Ergebnis erwartet hatte, hat sich keine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler für das S 21-Kündigungsgesetz ausgesprochen:
Mit 52,9 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen wurde ein Ausstieg aus der Finanzierung von Stuttgart 21 abgelehnt. Über ein Jahrzehnt hinweg haben ich und die Grünen im Landtag und darüber hinaus gegen das Projekt argumentiert und für Alternativen geworben und so ist dieses Votum des Volkes für mich eine schmerzliche Entscheidung, an der ich persönlich schwer trage.
Ich hatte mir einen anderen Ausgang gewünscht, denn ich bin weiterhin der Überzeugung, dass die Alternativen zu Stuttgart 21 besser gewesen wären. Schmerzlich ist der Ausgang aber auch deshalb, weil ich eingestehen muss, dass wir die Mehrheit der Bevölkerung mit unseren guten sachlichen und fachlichen Argumenten nicht überzeugen konnten.
Auch ungeliebte Mehrheitsentscheidungen akzeptieren
Am 27. November 2011 hat das Volk entschieden. Und als überzeugter Demokrat und Ministerpräsident akzeptiere ich den Willen des Souveräns.
Damit entfällt in einer Demokratie für die Politik und für mich als Ministerpräsident die Legitimation, das Projekt Stuttgart 21 dem Grunde nach immer und immer wieder in Frage zu stellen. Nicht ausgeschlossen ist es hingegen, die Fehler und Schwächen des Projekts deutlich aufzuzeigen, den Finger in die Wunde zu legen und auf Nachbesserungen zu drängen. Das verstehe ich unter einem kritisch-konstruktiven Begleiten von Stuttgart 21 PLUS.
Wer allerdings meint, die Landesregierung und insbesondere ich als Ministerpräsident könnten oder müssten das Projekt über solche Schwächen noch endgültig zu Fall bringen, dem muss ich ganz klar sagen, dass ich dies nicht machen werde. Die Bahn darf Stuttgart 21 bauen. So hat das die klare Mehrheit der Abstimmenden gewollt. Es gehört zum Wesenskern der Demokratie, dass man Mehrheitsentscheidungen akzeptiert, ob sie einem nun gefallen oder nicht.
Allen war bewusst, dass mit der Volksabstimmung über das S 21-Kündigungsgesetz selbstverständlich mittelbar über die Realisierung der Projekte Stuttgart 21 und die Alternativen abgestimmt wird.
Alle Argumente, die gegen Stuttgart 21 und für die Alternativen sprechen, sind im Zuge der äußerst umfassenden Diskussionen im Vorfeld der Volksabstimmung, in der Schlichtung und/oder bereits weit vorher, geäußert und vorgetragen worden. Ich will auch gerne erneut betonen, dass ich viele der kritischen Argumente zu Stuttgart 21 persönlich teile. Sämtliche Argumente in der Debatte sind vorgebracht, gewendet und abgewogen worden. Jede Bürgerin und jeder Bürger hatte umfassenden Zugang zu ihnen. Es gab hunderte Veranstaltungen und Foren sowie Diskussionsrunden unterschiedlichster Art.
Es gab die Schlichtung. Niemand wurde ausgeschlossen.
Pro und Contra hinlänglich bekannt
Über mehr als ein Jahr hinweg ist das Thema in der Stadt, regional und überregional intensiv verhandelt worden. Und gerade in Zeiten des Internets und anderer moderner Kommunikationsmittel kann keine Rede davon sein, dass Informationen hinter dem Berg gehalten oder verschwiegen worden seien.
Die Fakten, die für oder gegen Stuttgart 21 sprachen und sprechen, lagen offen auf dem Tisch. Und allen war klar, was im Falle eines Scheiterns des S 21-Kündigungsgesetzes unaufhaltsam kommen wird:
Abriss des Südflügels, Freimachung des Baufeldes im Mittleren Schlossgarten zur Errichtung des Trogbauwerkes durch Fällen oder Versetzen der Bäume und Grundwasserentnahme.
Die Argumente, die Sie gegen Stuttgart 21 anführen, waren der Bevölkerung hinlänglich bekannt. In der Broschüre zur Volksabstimmung konnten Pro- und Contra-Seite Ihre Argumente kompakt vortragen. Jeder, der wollte, konnte darüber hinaus sich jede Facette und noch differenzierte Argumente beschaffen. Gleichwohl hat sich deren Mehrheit am Ende für das Projekt entschieden. An dieser Erkenntnis führt einfach kein Weg vorbei.
In der Regierungsform der Demokratie – und bei der direkten Demokratie zumal – gehen wir von einer mündigen Bürgerschaft aus. Wir nehmen an, dass Menschen informiert sind bzw. sich Informationen beschaffen (können), bevor sie zu Wahlen und Abstimmungen gehen, und dass sie dann abgewogene Urteile und Entscheidungen fällen. Allerdings können wir niemanden dazu zwingen.
„One Man, one vote“
Jede (volljährige) Bürgerin und jeder (volljährige) Bürger hat eine Stimme, und alle Stimmen haben den gleichen Wert. „One Man, one vote“ ist zu Recht ein Kernsatz demokratischer Verfassung. Und jede Stimme zählt gleich, egal wer sie abgibt, ob etwa Professorin oder Putzfrau, aus welchen Gründen und Motiven auch immer, ob sie sich gut oder schlecht informiert hat.
Ein weiterer Kernsatz der Demokratie ist, dass Mehrheiten entscheiden. Darauf ist demokratische Politik angewiesen, denn etwas Besseres als die Mehrheitsregel ist noch niemandem eingefallen.
Wer, wenn nicht die Mehrheit in einer demokratischen Abstimmung soll denn die Legitimität einer Entscheidung begründen? Wie soll denn verfahren werden, wenn eine klare Mehrheit in einer strittigen Frage vorliegt? Soll dann das Votum dieser Mehrheit etwa nicht umgesetzt werden? Mit welchem Recht wollte man sich als Regierung dem verweigern? Woran sollen sich Entscheidungen ausrichten, wenn nicht an vorangehenden Mehrheiten in Wahlen und Abstimmungen?
Die Grün-Rote Koalition ist hier ohnehin schon sehr weit gegangen, nachdem große Mehrheiten im Parlament Stuttgart 21 längst beschlossen hatten, diese Entscheidung erneut in Form einer Volksabstimmung wieder aufzurufen. Wenn wir uns dieser Mehrheitsentscheidung bei Stuttgart 21 verweigern würden, wie könnten wir dann in Zukunft selbst auf unseren Mehrheitsentscheidungen bestehen?
„Streiten bis in alle Ewigkeit“?
Niemand verlangt, die Position der anderen Seite zu übernehmen. Und niemand verlangt, mit der eigenen Meinung künftig hinter dem Berg zu halten. Aber der – in vielen Schreiben und anderen Veröffentlichungen der letzten Wochen zu findende – Appell an die Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger und der Verweis auf die großen Erwartungen, denen man gerecht werden müsse, der Hinweis auf die verantwortlichen Politiker und Planer gehen darüber hinaus: sie dokumentieren, dass man das Votum der Volksabstimmung nicht akzeptiert.
Was bedeutet die Nichtanerkennung solcher Ergebnisse für die Demokratie allgemein und für das an Recht und Gesetz gebundene Regieren im Konkreten? Wie soll Legitimation für politisches Handeln hergestellt werden? Wer bestimmt, entscheidet und handelt dann in staatlichen Angelegenheiten? Soll dies eine elitäre Expertokratie sein, von der manch antiker Denker schrieb?
Der Konflikt um Stuttgart 21 war ein tiefer und heftiger Konflikt, der Stadt und Land mehr und mehr zu spalten drohte. Wie sollen schwierige Konflikte beigelegt werden, wenn nicht einmal eine Volksabstimmung als letzte Autorität anerkannt wird? Soll man weiter streiten bis in Ewigkeit?
Grundsätze der Demokratie werden in Frage gestellt
Ganz allgemein: Wie soll Demokratie dann überhaupt funktionieren? Was sind die Alternativen?
Diese Fragen drängen sich mir bei der Lektüre Ihrer Briefe, E-Mails, Postings und Tweets auf. Welche Antworten wollen Sie finden, ohne grundsätzliche demokratische Prinzipien unseres Gemeinwesens in Frage zu stellen?
Vielleicht gibt es auch noch andere Gründe, die Sie bewogen haben, ihre Schreiben so zu formulieren. Halten Sie komplexe politische Sachfragen für nicht geeignet, um sie durch die Bevölkerung direkt abstimmen zu lassen?
Und schließen sich damit den Gegnern bzw. Skeptikern der direkten Demokratie an, von denen es ja manche gerade in den konservativen Parteien gibt?
Eine solche Position ist keineswegs ehrenrührig und hat gute Argumente auf ihrer Seite – man sollte sie nur klar benennen.
Ich persönlich teile diese Auffassung jedenfalls nicht, im Gegenteil: Die im Vergleich sehr hohe Beteiligung der Bürgerschaft an der Volksabstimmung ist für mich ein deutliches Indiz, dass die Menschen in unserem Lande über mehr Themen direkt mitentscheiden wollen und nicht über weniger.
Prinzipiell gilt allerdings, dass das Volk in seiner Mehrheit natürlich genauso Fehlentscheidungen treffen kann, wie die Mehrheit in einem Parlament. Denn in der Demokratie wird nicht über Lüge und Wahrheit entschieden, sondern über Alternativen.
Wer der Auffassung ist, dass die Volksabstimmung nicht rechtmäßig abgelaufen sei, für diejenige oder denjenigen gibt es in einem Rechtsstaat ebenfalls den Weg, den die gewaltenteilende Demokratie vorsieht:
Die Klage vor den Gerichten. Der entsprechende Weg ist ja von einigen auch bereits beschritten worden. Aber gewiss kann dies keine Forderung an die Exekutive sein. Schon gar nicht wenn sie wie in diesem Fall die Volksabstimmung nach sorgfältiger Prüfung selber eingeleitet hat.
Wie sollen Bürgergesellschaft und Bürgerdemokratie funktionieren?
Zu diesen Themen hinzu kommt eine Sorge, die mich umtreibt. Es ist die Sorge, dass das, was die Protestbewegung gegen Stuttgart 21 an Positivem und Wegweisendem für die Republik bereits erreicht hat – für die Zukunft ein grundsätzliches Überdenken von Planungsprozessen, eine Ausweitung und Verbreiterung der Beteiligung der Bürgerschaft auf unterschiedlichsten Ebenen, Transparenz und Offenheit bei den Alternativen und manches mehr –, dass diese großen Erfolge also gefährdet und womöglich konterkariert werden, weil maßgebliche Protagonisten des Protestes das Resultat der Volksabstimmung nicht akzeptieren.
All dies zusammengenommen stelle ich mir eine grundsätzliche Frage: Wenn auch bekannte und anerkannte Persönlichkeiten das Ergebnis einer Volksabstimmung nicht anerkennen und respektieren wollen – wie soll dann die Bürgergesellschaft und die neue Bürgerdemokratie eigentlich funktionieren?
Und ins Konkrete gewendet leitet sich daraus eine für den politischen Alltag elementare Frage ab. Nachdem die Volksabstimmung ein so klares Votum hervorgebracht hat:
Können Sie sich ernsthaft einen Ministerpräsidenten und eine Landesregierung wünschen, die sich – weil ihnen ein politisches Ergebnis missfällt – über den Willen der Mehrheit in einem Gesetzgebungsverfahren (denn nichts anderes ist eine Volksabstimmung nach unserer Landesverfassung) hinwegsetzt, dagegen opponiert und sich schlichtweg nicht an Gesetz und Recht gebunden fühlt?
Niemand, der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ernst nimmt, kann sich dies am Ende wünschen, auch die nicht, die in der Sache verloren haben. Denn wir würden dann Tür und Tor öffnen für eine Entwicklung, an der keinem von uns ernsthaft gelegen sein kann.
So schmerzlich und bitter die Entscheidung des Volkes für Stuttgart 21 in der Sache für uns Gegner war. Ungleich schlimmer wäre es, das Votum letztlich nicht anzuerkennen. Denn dies hieße nichts anderes, als unseren demokratischen Rechtsstaat in Frage zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Winfried Kretschmann“
Einigung über konkrete Ausgestaltung der G 9-Schulversuche

Jetzt wieder G9?
Rhein-Neckar/Stuttgart, 13. Dezember 2011. (red/pm) Einigung bei der grün-roten Koalition – an 44 Gymnasien soll es in den nächsten zwei Jahren wieder die Möglichkeit geben, nach neun Jahren Abitur zu machen.
Information des Staatsministerium Baden-Württemberg:
„Die grün-rote Koalition hat sich beim Thema G 9 im Rahmen des Koalitionsausschusses geeinigt: Ab dem Schuljahr 2012/13 soll es an 22 Gymnasien Modellversuche mit G 9-Zügen geben, im darauf folgenden Schuljahr weitere 22. Diese Schulversuche basieren auf dem Bildungsplan des G 8. Das Kultusministerium wurde beauftragt, dazu ein präzises Konzept zu erarbeiten. Den Antrag auf Teilnahme am Schulversuch stellt der Schulträger. Die „Dehnung“ soll in unterschiedlichen Klassenstufen erprobt werden. Die letzte Entscheidung über die Modellversuche trifft das Kabinett.
„Vielen Eltern ist es ein großes Anliegen, dass G 9-Züge ermöglicht werden. Diesem Anliegen werden wir jetzt gerecht“, unterstrichen Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer. Darüber hinaus plane die Koalition aber auch das bisherige G 8 durch eine Weiterentwicklung des Bildungsplans und durch die Erhöhung der Zahl der Poolstunden zu verbessern. Neben den jetzt zu realisierenden G 9-Schulversuchen wird es mit der Einführung der Gemeinschaftsschule weitere Angebote für das 9-jährige Abitur geben.“
Stuttgart 21: Parteipositionen im Überblick

Stadtentwicklungsplan Stuttgart 21. Klicken Sie auf die Grafik, um zum Wikipedia-Eintrag zu gelangen. Quelle: Wikipedia, Stoeffler
Stuttgart 21 – Bedeutung für Baden-Württemberg
Guten Tag!
Heddesheim, 08. November 2011. (red/cm)) Stuttgart 21 kennt viele Gegner wie Befürworter. Die großen Volksparteien vertreten dabei mitunter höchst unterschiediche Ansichten. Wir haben in der nachfolgenden Übersicht die Parteipositionen zusammengefasst. Am 27. November 2011 wird in einer Volksabstimmung über das Schicksal der derzeitigen Planung entschieden.
Von Christian Mühlbauer
Die eigentliche Intention von „Stuttgart 21“ ist laut Befürwortern, die Entwicklung von Stuttgart, der umgebenden Region sowie des Landes Baden-Württemberg zu fördern. Hierzu wurde bereits 1995 im Rahmen einer „Machbarkeitsstudie“ des Bahnprojektes der Grundstein gelegt.
Winfried Kretschmann als Ministerpräsident vereidigt

Winfried Kretschmann ist der achte Ministerpräsident Baden-Württembergs. Zum ersten Mal in der Geschichte Deutschlands ist damit ein "Grüner" Chef einer Landesregierung. Archivbild: weinheimblog.de
Stuttgart/Rhein-Neckar, 12. Mai 2011 (red) Winfried Kretschmann (62) ist der achte Ministerpräsident Baden-Württembergs und der erste Regierungschef eines Bundeslandes, den die Partei Bündnis90/Die Grünen stellt. Heute wurde Herr Kretschmann mit 73 Stimmen zum Ministerpräsidenten gewählt – 71 Stimmen hat die Grün-Rote Mehrheit, folglich müssen zwei Stimmen aus dem CDU/FDP-Lager gekommen sein.
Von Hardy Prothmann
Die Vereidigung war kurz und knapp: „So wahr mir Gott helfe“, sagte der bekennende Katholik und nahm die Wahl an. Ein historischer Augenblick – wird das Land Baden-Württemberg nach fast 60 Jahren erstmals nicht von einem CDU-Vertreter angeführt, sondern darüber hinaus von einem „Grünen“.
CDU scheitert an der „Dagegen-Partei“.
Im Wahlkampf hatte der zuvor amtierende CDU-Ministerpräsident Stefan Mappus die „Grünen“ immer als „Dagegen-Partei“ zu diskreditieren versucht und jede Forderung von Bündnis90/Die Grünen verdammt.
Eine falsche Strategie, wie sich herausstellte. Stefan Mappus wird ebenfalls in die Geschichte eingehen – als der CDU-Ministerpräsident, der verantwortlich für die erste Wahlniederlage im „Ländle“ ist. Doch auch der neue „starke Mann“ der CDU, Peter Hauk, ist mit für das Desaster der CDU. Politik von oben, Spätzle-Connections, stures Durchziehen von Politik an den Bürgerinnen und Bürgern vorbei (Stuttgart21) hat den Wechsel erst ermöglicht. Dazu kamen „miese Methoden“ – prominente CDU-Vertreter bezeichneten Kretschmann als zu alt und wollten ihm sogar eine Krankheit anhängen.
Idealtyp Kretschmann
Und die Person Winfried Kretschmann. Katholisch, solides Auftreten, schwäbelnd, bedacht, früherer Lehrer – er ist der Idealkandidat. Einer, den auch die bürgerliche Mitte, der konservative Wählerkreis in Baden-Württemberg wählen kann und gewählt hat.
Winfried Kretschmann hat mit seinem Vize Nils Schmid (SPD) hart um den Koalitionsvertrag verhandelt – inhaltlich, aber auch politisch. Die SPD musste verkraften, nicht mehr zweitstärkte Kraft im Land zu sein. Das sind jetzt die Grünen. Zusammen haben sie eine Stimme Mehrheit.
Dass die SPD einen Minister mehr stellt, wurde Herrn Kretschmann als Schwäche ausgelegt – wenn man ihm böse will. Man kann den Schachzug auch als Stärke auslegen. Die SPD muss sich neu orientieren, als nur noch drittstärkste Partei in Baden-Württemberg. Da hilft ein Minister mehr, die schwindende Bedeutung zu kompensieren und Kretschmann hilft der Partei, das Gesicht zu wahren. Und er hilft sich und seiner Partei: Denn mit Sicherheit hatten die Grünen große Schwierigkeiten, überhaupt genug Personal zusammen zu bekommen – nicht nur, was die Minister betrifft, sondern die Mitarbeiter in den Ministerien.
Harte Themen
Inhaltlich ist das spannungsgeladene Thema Stuttgart21 nach wie vor bestimmend. Große Teile der SPD sind für den Tiefbahnhof, die Grünen dagegen. Ein Volksentscheid im September soll die Frage klären – wenn das Projekt nicht zuvor am Stresstest oder der Finanzierung scheitert. Das wären beiden wohl am liebsten, weil man am elegantesten aus der Sache herauskommt.
Top-Thema und bedeutender als Stuttgart ist der Ausstieg aus der Atom-Energie und die Schaffung von alternativer Energiequellen. Bis 2020 sollen zehn Prozent der Energie aus der Windkraft kommen – hier sind Konflikte vorprogrammiert, denn nicht jeder wird Windräder im Blickfeld wollen.
Winfried Kretschmann hat bereits einen politischen Schachzug gemacht, der zeigt, dass er führen will. Seine Ankündigung, auch Baden-Württemberg werde sich als Endlagerstandort für den Strahlenmüll aus der Atomkraft zur Verfügung stellen müssen, ist einerseits clever, andererseits aber auch verantwortungsbewusst und eine Ansage, dass er auf Augenhöhe mit seinen (schwarzen) Ministerpräsidentenkollegen verhandeln will. Vermutlich gibt es keine wirklich geeigneten Standorte, aber das Angebot eines (grünen) Politikers, aktiv am schwierigen Ausstieg – auch mit missliebigen Konsequenzen – mitzuwirken.
Auch die Bildungspolitik wird ein Prüfstein werden – die Schülerzahlen gehen zurück, also braucht man weniger Lehrer. Die Lehrerverbände haben schon protestiert angesichts erster Ankündigungen, Stellen abzubauen. Bildungspolitik ist auch immer Bürgerpolitik – denn schließlich geht es um die Kinder der Wählerinnen und Wähler. Und ebenso wie bei Stuttgart21 und Energie hat auch hier die frühere Landesregierung ein schweres Erbe angesichts der verkorksten Bildungspolitik hinterlassen.
Pflicht zur Bürgerbeteiligung
Alle Politik der neuen Regierung steht und fällt allerdings mit der Beteiligung der Bürger: „Wir brauchen eine Politik des Gehörtwerdens“, sagte Ministerpräsident Kretschmann vor seiner Wahl. Das muss die neue Landesregierung überzeugend umsetzen. Bürgerbeteiligung, Transparenz und Informationsfreiheit werden der Prüfstein für jede Entscheidung sein. Und hier wird Neuland betreten – die Landesregierung betritt ein weites Feld.

(von links) Hans-Ulrich Sckerl ist parlamentarischer Geschäftsführer und im allerbesten Kontakt zum neuen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Archivbild: weinheimblog.de
Wahlkreis 39 Weinheim mit Sckerl stark vertreten
Die Region Nordbaden und vor allem der Wahlkreis 39 Weinheim ist in Stuttgart stark vertreten. Der Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich Sckerl ist einstimmig zum parlamentarischen Geschäftsführer gewählt worden, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und innenpolitischer Sprecher der Fraktion.
Damit ist Sckerl ganz nah am Ministerpräsidenten Kretschmann dran – aber auch an den anderen Abgeordneten. Eine Knochenjob – aber einer, über den viel Einfluss ausgeübt werden kann, wenn Herr Sckerl diesen geschickt ausübt. Als harter Arbeiter ist der Abgeordnete in seinem Wahlkreis bekannt.
Auch für unsere Redaktion beginnt mit dem Machtwechsel in Stuttgart eine neue Ära. Wir haben gute Kontakte zu Bündnis90/Die Grünen und aktiv über deren Politik als Opposition berichtet. Dabei haben wir gute Erfahrungen gemacht und können die Achtung der Pressefreiheit und die Bereitschaft für den Dialog überwiegend loben. Wir hatten allerdings auch Konflikte mit einzelnen Parteivertretern auszutragen und diese niemals gescheut.
Als Regierungspartei sind Bündnis90/Die Grünen nun zusammen mit der SPD in der politischen Verantwortung. Wie unsere Leserinnen und Leser das erwarten dürfen, werden wir genau hinschauen, welche Politik gemacht wird und diese kritisch begleiten.
Geprothmannt: Grün-Rot hat gewonnen – und zwar einen Haufen Probleme
Rhein-Neckar/Stuttgart, 28. März 2011. (red) Noch im Abgang haben verschiedene CDU- und FDP-Vertreter demonstriert, warum sie abgewählt worden sind. Wer Wählerinnen und Wähler als „emotionalisiert“ verunglimpft, zeigt, dass er nicht mehr ganz bei Verstand ist und zu recht in eine fünfjährige Nachdenkpause geschickt wird.
Von Hardy Prothmann
Die Arroganz der Macht hat die Wahl entschieden.
Mit pauschalen Urteilen ist das immer so eine Sache – man tut garantiert jemandem Unrecht. Denn es gibt sie nicht, die homogene Gruppe, in der alle gleich sind. Genausowenig wie es „die“ Lösung gibt, die alle Probleme beseitigt.
Wo Du auch hingehst, ist schon ein Schwarzer da
Doch das haben CDU und FDP den Menschen lange vorgegaukelt. Sie haben gelogen und betrogen, was das Zeug hält. Heute gesagt, was morgen nicht mehr gilt. Interessen bedient, die selten die der ganz allgemeinen Wählerinnen und Wähler waren, so wie Du und ich.
Sondern die von mächtigen Konzernen. Und natürlich die des einzigartigen Netzwerkes, das sie gestrickt haben. „Wo Du auch hingehst, ist schon ein Schwarzer da“, heißt ein geflügeltes Wort.
Wichtige Ämter und Posten sind mit strategischen Parteibuchinhabern besetzt, „damit’s läuft in Baden-Württemberg“. Natürlich gibt es nur ein richtiges Parteibauch, naja und eins, das man auch akzeptiert. Rot oder grün durfte es auf keinen Fall sein.
Parteibuch-Karrieren
So entschied oft nicht die Kompetenz, wer einen Job erhählt, sondern die Parteifarbe und der Wille, sich in dieses System einzugliedern.
Mit der Zeit degeniert so ein System. Bis die Menschen das merken, dauert es. Aber irgendwann merken sie es. „Alles super im Ländle“, hat schon längst niemand mehr wirklich geglaubt.
Wem da der Glaube abhanden gekommen ist, der wurde mit der Angst bei der Stange gehalten. Die Kommunisten-Angstmache geht immer. Gleich darauf folgt die Verarmungs-Angstmache. Dann die Bedeutungs-Angstmache. Dann die Bedrohungs-Angstmache.
Diffamierungsbrauchtum
Als Argument war jedes Mittel recht. Noch der hohlste Vergleich wurde als Beweis herangezogen. Und die grundanständigen CDU-ler waren sich niemals zu fein, um zu diffamieren, was das Zeug hält.
Die Diffamierung der Grünen als „Dagegen-Partei“ war so etwas wie die Quintessenz des Schmutzwerfens.
Und sicher glauben die „Anstandsträger“ qua Parteibuch noch nach der Wahlschlappe, dass das irgendwas mit der „Unanständigkeit“ der anderen zu tun hat. Und wenn die es nicht waren, dann sind es eben die Wähler.
Zu doof zum Denken
Und die waren angeblich „emotionalisiert“ – sprich: Zu doof zum Denken und nur ihren temporären Gefühlswallungen unterworfen, heißt das. Wer so über Menschen redet, die nicht mit dem einverstanden sind, was man tut, der will diese Menschen auch nicht regieren und gehört – richtig: abgewählt.
Die Alternative hat Winfried Kretschmann geboten: Er hat sich dazu bekannt, wo gegen er ist. Und er hat den Spieß einfach umgedreht und auch gesagt „wofür er ist“. Und der Ausstieg aus der Kernkraft ist das, was die Mehrheit im Land will.
Geradezu ekelerregend ist das „Argument“, Fukushima sei den Grünen doch „gerade recht gekommen“: „Des hawwe die doch schamlos ausgenutzt“, hat man nicht von wenigen gehört. Wer so schamlos solch dumme Behauptungen aufstellt, hat längst jedes Schamgefühl verloren.
Grüner Glaubwürdigkeitsvorteil
Die Grünen haben einen absoluten Glaubwürdigkeitsvorteil – sie fordern den Ausstieg schon seit 30 Jahren. Jetzt sind sie gewählt und müssen sich ihrer Verantwortung stellen.
Und das wird eine schwere Aufgabe. Denn sie müssen den Dreck wegräumen, den andere ihnen hinterlassen haben. Das wird dauern und derweil werden die, die den Dreck verursacht haben, wieder ihre Häme ausschütten, weil die, die den Dreck nicht haben wollten, ihn nicht schnell genug beseitigen können.
Ein Haufen Drecksprobleme
Da sind zum einen die Atomkraftwerke von EnBW, die Baden-Württemberg „gehören“. Der EnBW-Aktienrückkauf ist über Schulden finanziert, die Atomenergie ist eine Cash-Cow für EnBW. Werden sie abgeschaltet, fehlen gut 400 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Das drückt die Dividende empfindlich – mit der sollten aber die Schulden abgebaut werden. Wie man aus diesem Dilemma rauskommt, hat noch keiner nachvollziehbar erklären können.

Die Grünen haben nun einen Haufen Probleme zu beseitigen, sagt Hardy Prothmann. Bild: sap
Da ist Stuttgart21. Die Grünen wollen das Volk entscheiden lassen. So paradox es klingt. Das könnte für die Grünen eine „saubere Lösung“ sein. Sollte es stimmen, dass mittlerweile eine Mehrheit dafür ist, machen die Grünen mit der SPD zusammen den Volksentscheid, das Volk sagt ja und man ist fein raus. Bürgerbeteiligung versprochen, gehalten, akzeptiert.
Doch was, wenn es anders kommt? Dann drohen wieder enorme Schäden, durch bereits ausgegebene Gelder und Prozesse. Dann gibt es das Projekt nicht, kosten wird es aber trotzdem.
Die Schulreform ist ein Murks – die Reform zu reformieren wird wieder Geld kosten. Und die schon arg strapazierten Nerven aller Beteiligten. Und die Kommunen müssen dringend entlastet werden – das wird ein ganz enorme Kraftanstrengung.
Und ob es mit der Wirtschaft in nächster Zeit gut läuft – wer weiß? Fukushima hat Japan gelähmt, die Auswirkungen sind immer noch nicht ganz klar.
Und als wäre das alles noch nicht genug, wird viel im gut geschmierten Baden-Württemberg nicht mehr „laufen“ – denn überall, wo „Schwarze“ sitzen, wird es Widerstand geben. Außer, man legt den Sumpf trocken. Auch das wird kosten.
Die grün-rote Regierung wird dabei enormen Gegenwind bekommen. Denn die vierte öffentliche Macht, die Presse, ist eindeutig Teil des schwarzen Systems und muss Angst haben, als nächstes „dran zu sein“. Nämlich dann, wenn die Menschen im Land erkennen, wie sie über Jahrzehnte Informationen vorenthalten bekommen haben und an der Nase herumgeführt wurden.
Mehr Transparenz muss her
Deshalb muss nicht nur die Energieversorgung verändert werden – auch die Infrastruktur der Meinungsbildung braucht einen Umbau. Hin zu mehr Transparenz und Ehrlichkeit. Und Bürgerbeteiligung.
Unsere Blogs bieten das. Aber nicht, um ein „grünes System“ mit denselben Methoden zu stützen, wie das vorher „im schwarzen System“ gelaufen ist. Wir bleiben kritisch, freuen uns aber auf eine Zusammenarbeit. Denn eigentlich kann es nur besser werden.
Unsere Redaktion wird den Grünen genauso auf die Finger schauen, wie wir das mit allen Parteien machen. Es gibt allerdings einen Vorteil – bislang haben die Grünen sich sehr transparent und gesprächsbereit gezeigt. Auch kritikbereit. Mal schauen, ob das so bleibt.
Denn die Arroganz der Macht kann jeden überwältigen, der nicht aufpasst.
Hans-Ulrich Sckerl im Video-Interview über den Wahlsieg und was jetzt folgt

Hans-Ulrich Sckerl hat 26,4 Prozent im Wahlkreis Weinheim geholt. Bündnis90/Die Grünen sind jetzt zweitstärkste Partei. Welche Rolle wird Sckerl in der Regierungskoalistion haben? Bild: B90/Grüne
Rhein-Neckar/Weinheim, 28. März 2011. (red) Hans-Ulrich Sckerl hat mit 26,4 Prozent ein Traumergebnis für Bündnis90/Die Grünen geholt. Die Grünen sind an der SPD vorbeigezogen und zweitstärkste Partei im Wahlkreis Weinheim (39) geworden.
Von Hardy Prothmann
Der Wahlkampf war hart – aber erfolgreich für Bündnis90/Die Grünen. Zusammen mit der SPD wird die „Öko“-Partei Ende April CDU und FDP ablösen und die Regierungsmacht im Land übernehmen.
Hans-Ulrich Sckerl ist einer von 36 grünen Landtagsabgeordneten. Der „Innenexperte“ der Grünen hat schon gestern, kurz nachdem klar war, dass er sein Zweitmandat erneut holen konnte, bereits die ersten wichtigen Gespräche per Handy geführt.
Ab Dienstag werden die Fachkreise in Stuttgart die politischen Leitlinien erarbeiten und die Koalitionsverhandlungen mit der SPD dürften gleichzeitig auch schon ablaufen.
Es gilt, Inhalte zu gestalten und Aufgaben zu verteilen. Uli Sckerl wünscht sich natürlich eine Aufgabe für seine Kernkompetenz – die Innenpolitik. Ob er Chancen hat, Innenminister zu werden, ist aber noch längst nicht klar. Sicherlich wird die SPD hier ihre Ansprüche geltend machen. Je nachdem, wie die Koalitionsverhandlungen laufen, werden die Jobs verteilt.
Sicher ist: Hans-Ulrich Sckerl kann sehr gut mit dem neuen designierten Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, der ihn als starken Abgeordneten und wichtige Stütze für die Grünen vergangene Woche in Weinheim sehr klar lobte und sein Interesse an diesem Fachmann deutlich machte.
Wir haben Hans-Ulrich Sckerl am Tag nach der Wahl in seinem Weinheimer Büro getroffen. Nur drei Stunden hat er die vergangene Nacht geschlafen. Heute morgen um 06:02 hat er unser email-Anfrage beantwortet.
Der Wahlkampf ist vorbei – eine Zeit zum Ausruhen bleibt nicht. Es gibt viel wichtige Arbeit zu erledigen.
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