Heddesheim, 02. November 2011. (red) Am morgigen Donnerstag wird die Hecke um das Biotop des Vogelparks auf mehreren hundert Metern zurückgeschnitten. Angeblich geht es um die „Sicherheit“ der Fußgänger. Tatsächlich darf man das bezweifeln. Und andere Gründe vermuten.
Von Hardy Prothmann
Dass Bürgermeister Michael Kessler „grün nicht grün ist“, braucht man kaum jemandem zu erklären.
Der derzeit amtierende Bürgermeister gilt als „Betonkopf“. Büsche, Sträucher, Hecken – die Natur bedeutet Herrn Michael Kessler nicht viel. Er baut lieber oder lässt bauen, auch wenn bei seinem Lieblingsprojekt „Pfenning“ irgendwie nichts vorwärts geht.
Beton gegen Natur
Der Heddesheimer Gemeinderat Kurt Klemm ist so ziemlich das Gegenteil von Herrn Kessler. Dem Vogelfreund und Naturschützer ist jedes Unkraut lieber als Beton.
Und der Zoff um den Heckenrückschnitt rund um das Biotop des Vogelparks ist das beste Beispiel, um diesen Systemwiderspruch zu belegen.
Kurt Klemm ist einer der Gründer des Vogelparks. Seit über 50 Jahren haben sich die Vereinsmitglieder ehrenamtlich eingebracht und den intaktesten Flecken Natur geschaffen, den Heddesheim zu bieten hat. Eine Naturoase am Badesee. Den größten Teil davon darf niemand betreten. Er gehört der wilden Natur, nicht den Menschen. Als Rückzug für die wenigen Wildtiere, die Heddesheim geblieben sind. Ein Eingriff findet nicht statt.
Doch das stimmt nicht ganz. Das Gelände gehört der Gemeinde, der Vogelverein hat es nur gepachtet. Das Gelände gehört also allen Heddesheimerinnen und Heddesheimern, aber einer hat den absoluten Besitzanspruch. Michael Kessler.
Dessen Vater ist Legende im Ort, all die großen Projekte des Gemeinwohls, Sportzentrum, Schwimmbad, Badesee, sind untrennbar mit dem Namen Fritz Kessler verbunden. Seinem Sohn Michael bleibt nur die Verwaltung des Erbes. Oder das Zubetonieren der Natur.

Der Güllelaster braucht den ganzen Weg - für Fußgänger ist kaum Platz. Deswegen soll die Vogelparkhecke beschnitten werden. An anderer Stelle wird es keine "Ausweichmöglichkeiten" geben. Bild: privat
Als wollte Michael Kessler sich das Erbe einvernehmen, plant er einen „umfassenden“ Rundweg um den Badesee. Dafür wäre er auch mitten durchs Biotop „gegangen“ – doch das wurde verhindert. So muss er den Weg um Badesee und Vogelpark herum „gestalten“.
Aktuell wird bald ein weiterer Wegeabschnitt fertig sein. Und es gab immer Streit, weil Kessler zu nah ans Biotop ran will. Er bedrängt es geradezu. Diese Natürschützer… was mag er über sie denken?
Der Rückschnitt der Biotop-Hecken ist wie ein Schnitt ins Fleisch der Vogelschützer-Seelen. Bürgermeister Michael Kessler muss wissen, wie weh es den engagierten Vereinsmitgliedern tun muss, wenn sie wieder ein Stück Natur opfern müssen.
Heckenschütze vs. Heckenschützer
Die Hecken bieten Schutz und Nahrung – nicht nur für Vögel. Der Rückschnitt ist ein Einschnitt – nein, eigentlich ein „Rückschritt“. Denn über Jahrzehnte sind die Hecken gewachsen, in ein, zwei Tagewerken werden sie „begradigt“, „in Form“ gebracht. Aus Sicht der Vogelschützer ist es ein Schnitt ins Fleisch ihrer Überzeugung: Möglichst viel Natur der Natur zu überlassen.
Das Argument, die Fußgänger bräuchten einen „Ausweg“ für die sichere Passage, ist nur vorgeschoben. Jeder im Ort, der sich für die Vorgänge interessiert, weiß, dass Herrn Kessler die Vogelfreunde ein Dorn im Auge sind. Denn sie haben sich gegen sein Betonprojekt „Pfenning“ ausgesprochen. Und dass, obwohl einige bei der Gemeinde beschäftigt sind oder waren. Also bei ihm, dem Bürgermeister, der von sich denkt und sagt, dass ihm die Gemeinde gehört.
So viel Zivilcourage muss „begrenzt“ und zurückgeschnitten werden.
Umso mehr, als ein ehemaliger „Bediensteter“ nun als ehrenamtlicher Gemeinderat im höchsten Gremium der Gemeinde mitwirkt: Kurt Klemm, der als Hausmeister für die Gemeinde tätig war und nun im Ruhestand ist. Und einer, der es immer wieder wagt, dem Bürgermeister zu widersprechen. Einer, der Fragen stellt, statt stumm abzunicken. Einer, der sich jenseits der großbürgermeisterlichsten Ideen aller Zeiten ganz anders engagiert. Mit Besinnung. Einer, der keinen Rückschnitt als Fortschritt begreift.
Wer sich vor Ort selbst ein Bild macht, erkennt sofort die schwache Argumentationslage.
Wenn es wirklich darum ginge, den Spaziergängern einen „Ausweichraum“ zu schaffen, um „gefährliche Begegnungen“ mit Fahrzeugen auf dem Wirtschaftsweg zu vermeiden, dann müssten nicht nur die Hecken am Vogelpark weichen und ein „Schotterrasen“ neben der Fahrbahn angelegt werden.
Wenn dem so wäre, müsste neben allen landwirtschaftlichen Wegen ein solcher „Schotterrasen“ angelegt werden, auf dem die Spaziergänger neben der Fahrbahn laufen könnten. Denn ausgerechnet vor Ort am Vogelpark ist mehr als genug Platz für Fußgänger, um ein Fahrzeug mit einem Schritt zur Seite passieren zu lassen.
Einsicht vs. Fahrlässigkeit
Tatsächlich müssen Fußgänger sonst meistens „in den Acker treten“, wenn sie an anderer Stelle ausweichen wollen – vor allem Fahrzeugen, die hier eigentlich gar nicht fahren dürften, deren „Anlieger“-Status durchaus bezweifelt werden darf und die die Wege nutzen, um „abzukürzen“.
Auch das Argument der „Einsicht“ – also auf den landwirtschaftlichen Weg – ist durchschaubar. Wer keine Einsicht hat, schaut vorsichtig. Ob Fußgänger oder Autofahrer. Tut weder der eine noch der andere das, handelt man fahrlässig. Schafft man nun „Einsicht“, können zumindest Autos und Traktoren schneller fahren, denn sie sehen ja, ob da jemand steht oder läuft oder nicht.
Und darum scheint es zu gehen: Nicht das Spazieren zu befördern, sondern das Verkehren. Die Fahrzeuge sollen Platz bekommen.
Bürgermeister Michael Kessler weiß, dass jeder „Rückschnitt“ am Biotop einen Eingriff in die Seelen der Vogelschützer bedeutet. Die Heddesheimerinnen und Heddesheimer sollten das genau verstehen, sonst verstehen sie nicht, was der wahre „Antrieb“ ist.
Es geht um Macht. Und deren Demonstration. Ohne Sinn und Sinnlichkeit. Es geht gegen die Natur anderer, die nicht für die „Macht“ sind.
Es geht um Durchsetzung von Interessen – angeblich im Sinne der Gemeinde. Tatsächlich im Unsinn desjenigen, der sich dafür hält.
Oder auch um die Bedienung der Landwirtschaftslobby, die „sehr gut“ im Gemeinderat vertreten ist. Vor allem beim Abnicken.
Wer nun vermutet, dass ein Interesse das andere bedient – tja, der hat eine Meinung. Und die lässt sich nicht so leicht zurückschneiden wie eine Hecke.
Wer meint, es gehe unter dem „vorgeschützen“ Argument der „Sicherheit“ um eine Art „Revanche der Macht“, tja, der darf diese Meinung haben und sich vor Ort selbst ein Bild machen.
Anmerkung der Redaktion:
Hardy Prothmann ist verantwortlich für das Heddesheimblog und selbst ehrenamtlicher Gemeinderat. Er ist als partei- und fraktionsfreier Gemeinderat ständig mit der Willkür und Missachtung des Bürgermeisters Michael Kesslers konfrontiert und kritisiert diesen für dessen Intransparenz und seine heillose Leitung des Gemeinderats – 2009 hat Hardy Prothmann als unabhängier Kandidat die Wahlliste der FDP mit herausragendem Vorsprung gewonnen. Zur Aufstellung auf der FDP-Liste sagt er heute: „Das ist einer meiner größten Fehler gewesen, für die ich mich sehr schäme. Ich bin parteilos und bleibe das. Die FDP hat mich gefragt, ob ich mich auf deren Liste als Kandidat bewerben würde. Ich kann nur betonen, dass ich nichts mit dieser Partei und schon gar nicht mit diesem seelenlosen Ortsverband zu tun habe und froh wäre, nicht auf dieser Liste gestanden zu haben.“
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