
Vogelfreunde und Gemeindebedienstete diskutieren über die Tiefe des Einschnitts.
Heddesheim, 01. November 2011. (red) Ortstermin, Montag, 31. Oktober 2011: Acht Männer stehen vor der ewig langen Hecke am Vogelpark. Sie diskutieren. Die Hecke soll beschnitten werden – die Frage ist, wie stark der Rückschnitt sein soll oder darf. Am Ende wird ein Kompromiss gefunden – der aber nur zum Teil „gefällt“.
„Hier geht es doch gar nicht so sehr um die Sicherheit, sondern vor allem darum, dass die großen landwirtschaftlichen Fahrzeuge immer mehr Platz brauchen“, sagt Kurt Klemm.
Der Vogelschützer und Grünen-Gemeinderat ist sichtlich aufgeregt. Ihm gefällt überhaupt nicht, dass die Hecke gestutzt werden soll.
Geht es um mehr Platz für Fußgänger oder Fahrzeuge?
Bürgermeister Michael Kessler sieht das anderes. Er meinte in der vergangenen Gemeinderatssitzung, es müsse für die Spaziergänger ein Geh- und Ausweichraum geschaffen werden, weil der landwirtschaftliche Weg am Vogelpark zu schmal für Fußgänger und Fahrzeuge sei. Und dafür braucht es Platz und deswegen müsse die Hecke zurückgeschnitten werden.
Die Mitglieder des Vogelvereins diskutieren mit den Vertretern der Gemeindeverwaltung über die tiefe des Einschnitts. Bauhofleiter Wolfgang Unverricht sagt: „Wir werden bei dem Gehölz viel Arbeit haben – nach dem ersten Rückschnitt haben wir es in Zukunft leichter, wenn eine Linie steht.“
Dem halten Kurt Klemm und der 2. Vorsitzende der Vogelfreunde, Joerg Landenberger, entgegen: „Die Hecken haben fast 30 Jahre gebraucht, um sich so zu entwickeln.“ Die Vogelfreunde betonen, dass die Hecken zum einen Schutz bieten, Nistraum sind und ein reichhaltiges Nahrungsangebot bereithalten: „Deswegen haben wir hier viele Beerensträucher gesetzt – die Vögel brauchen dieses Futter im Winter“, sagt Kurt Klemm.
Der stellvertretende Leiter des Bauamts, Jürgen Beck, sagt: „Wir schneiden mal zurück und sehen dann weiter, wie es sich entwickelt.“ Welche Meinung er hat, spielt keine große Rolle, denn er muss die Maßnahme umsetzen.
Nicht glücklich mit dem Kompromiss.
Ursprünglich sollten die Hecken nach den Vorstellungen des Bürgermeisters insgesamt um eineinhalb Meter zurückgeschnitten werden. Doch in der Diskussion vor Ort findet man einen Kompromiss: Die Männer messen vom Rand der Straße aus eineinhalb Meter. Konkret bedeutet das einen Rückschnitt von einem halben bis zu einem ganzen Meter für die Hecke.
„Damit kann man leben, glücklich bin ich damit nicht“, sagt Kurt Klemm. Joerg Landenberger ergänzt: „Wir wollen natürlich nicht schuld sein, wenn es hier zu einem Unfall kommen sollte, schön müssen wir die Maßnahme nicht finden.“
In diesem Augenblick kommt ein Traktor mit Hänger um die Kurve am Landgraben. Es wird ganz schön eng. Die Männer weichen links und rechts der Straße aus. Neben der Straße sieht man die Reifenspuren von landwirtschaftlichen Fahrzeugen. Offensichtlich reicht der Platz häufig nicht aus.

Kurt Klemm zeigt einen Nahrungsvorrat, den die Beerenhecke bietet.
Genau das kritisiert Kurt Klemm: „Die Natur muss der Technik mehr und mehr weichen. Hier geht es nicht um eine Verbesserung für die Fußgänger, sondern nur um eine für die Landwirte.“
Viele stellen die Frage, warum man den Ausweichweg nicht auf der anderen Straßenseite umsetzt? Da sei schließlich keine Hecke. Dem Bürgermeister hat das nicht gefallen, dass man dafür die drei Meter über den Weg laufen muss. Angeblich sei das zu gefährlich.
Rückschnitt unter Beobachtung
Die Vogelfreunde weisen auf ein großes Problem hin. Sollten durch den Rückschnitt Löcher in der Hecke entstehen, können Hunde ins Biotop eindringen und die Vögel stören. Das wollen sie auf alle Fälle verhindern.

Chaos an der Ecke – hier ist es eng. Der Heckenschnitt wird daran nichts ändern.
Mit dem Bauhofleiter Wolfgang Unverricht vereinbaren die Männer, dass am kommenden Donnerstag, wenn der Rückschnitt beginnen soll, ein Mitglied des Vogelvereins die Maßnahme begleitet. Sicher ist: Die Vogelfreunde kämpfen um jeden Zentimeter Hecke.
Nach dem Rückschnitt soll ein Schotterrasen entlang der Hecke gebaut werden. Eine 20 Zentimeter dicke Schicht wird dafür verdichtet, darauf kommt ein Schotter-Erde-Gemisch mit Rasensamen. Der Weg wird belastbar sein, aber nicht asphaltiert. Ob die Spaziergänger tatsächlich darauf laufen oder nur die landwirtschaftlichen Fahrzeuge mehr Platz haben, wird man sehen.
Wir werden darüber berichten.
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