Dienstag, 30. Mai 2023

Geprothmannt: Vom Lobbyismus zum Leistungsschutzrecht

„Die Mehrheit im Bundestag sind Internet-Doof-Finder“

 

Rhein-Neckar/Berlin, 04. März 2013. (red/pro) Am Freitag hat eine Mehrheit im Bundestag dem „Leistungschutzrecht für Presseverlage“ zugestimmt. Das Gesetz soll angeblich die „Leistungen“ von Verlagen schützen – so dürfen nur noch „einzelne Worte“ oder „kleinste Textauszüge“ von Verlagsinhalten kostenfrei angezeigt werden – alles andere muss bezahlt werden. Was „kleinste Textauszüge“ genau heißt, ist offen und muss im Zweifel vor Gericht geklärt werden. Droht eine neue Abmahnwelle – provoziert durch die Verlegerlobby? Für die grüne Medienexpertin Tabea Rößner steht jetzt schon fest: „Dieses Gesetz ist der größte Schwachsinn aller Zeiten.“ [Weiterlesen…]

"Es ist fast unmöglich, keinen Rechtsverstoß zu begehen"

Wann „teilen“ richtig teuer werden kann – Abmahnfalle Facebook

Rhein-Neckar, 12. Januar 2013. (red) Seit Anfang Januar ist eingetreten, was in juristischen Fachkreisen schon länger erwartet worden ist: Ein Nutzer, der auf Facebook ein Foto geteilt hat, wurde abgemahnt. Für ein Foto in Briefmarkengröße sollen an Schadensersatz und Rechtsgebühren insgesamt 1.750 Euro zusammenkommen. Merke: Was einfach und eigentlich eine wichtige Funktion bei Facebook und anderen sozialen Diensten ist, das Teilen von Inhalten, kann schnell zur Kostenfalle werden. Vielen fehlt das Unrechtsbewusstsein – das bewahrt im konkreten Fall aber nicht vor enormen Kosten.

Vorbemerkung: Dieser Artikel ist sehr lang, denn das Thema ist komplex. Sie sollten ihn aber dringend lesen, wenn Sie soziale Dienste wie Facebook nutzen oder nutzen wollen. Und wir berichten nicht nur „theoretisch“, sondern ganz praktisch. Denn auch wir sind in einem Rechtsstreit von der Problematik betroffen, die gerade bundesweit für Schlagzeilen sorgt.

Das Foto ist lustig, die Tiere sind süß, der Spruch ist klasse, die Nachricht ist wichtig oder interessant – warum auch immer Facebook-Nutzer Inhalte teilen: Sie sollten sehr sorgsam mit der Teilen-Funktion umgehen, denn schon wenige Klicks oder ein „übersehenes“ Häkchen können tausende Euro Kosten nach sich ziehen. Das ist kein Scherz und auch kein Alarmismus, sondern bittere Realität. Die besonders rigiden Urheberrechte der deuschen Gesetzgebung machen es möglich, dass sich Anwälte und Rechteinhaber hierzulande über Abmahnungen eine goldene Nase verdienen können.

Durch die Teilen-Funktion drohen horrende Kosten

Es kommt nicht wesentlich darauf an, wie groß beispielsweise ein geteiltes Foto ist: Wenn die Gegenseite „bösartig“ vorgeht und die rechtlichen Regelungen „brutalstmöglich“ umsetzt, drohen horrende Kosten. Das hängt vom Einzelfall ab, von der Zahl der Fotos, ob man diese öffentlich oder nur privat teilt beispielsweise oder ob man gewerblich auf Facebook aktiv ist.

Nach Einschätzung des Berliner Rechtsantwalts Thomas Schwenke, kann man sich auch nur schlecht herausreden, wenn man sich ahnungslos gibt: Sobald ein Bild auf Facebook durch die Vorschaufunktion gepostet worden ist, geht man ein Rechtsrisiko ein:

Die öffentliche Zugänglichmachung ist immer ein Verstoß, wenn einem dafür die Rechte fehlen. Das Problem dabei: Die Menschen haben sich daran gewöhnt, Links zu kopieren oder Artikel zu teilen. Lange Zeit ist nichts passiert, es fehlt das Unrechtsbewusstsein. Technisch geht es um die „Teilen“-Funktion oder das Posten von Links: Der Crawler sucht nach einem Foto, sofern er eins findet, lädt er das nach. Wer das so bestätigt und verwendet, begeht, je nach Rechtelage eine Nutzungsrechtsverletzung.

Für ein einzelnes Foto können mehrere hundert Euro gefordert werden. Dazu Schadensersatzforderungen, Anwaltsgebühren und Gerichtskosten. Ob die Abmahnung und die geforderten Geldbeträge zulässig sind, ist erstmal egal. Die Forderung wird erhoben und mit großer Wahrscheinlichkeit durch ein Gericht bestätigt werden.

Klagen kann, wer die Rechte besitzt und einen Verstoß behauptet

Bis hierhin kostet „der Spaß“ die Forderung sowie das Honorar und die Gerichtsgebühr. Will man sich zur Wehr setzen, kommen die eigenen Anwaltskosten und weitere Gerichtsgebühren hinzu – wer vor Gericht verliert, zahlt alles. Mit etwas Glück kann man sich vergleichen oder die „Forderung“ drücken – unterm Strich wird man auf jeden Fall mit erheblichen Kosten zu rechnen haben.

Die Voraussetzung und den Abmahnprozess erklärt Rechtsanwalt Schwenke:

Der Kläger muss die entsprechenden Rechte haben. Und: Es macht einen Unterschied, ob sie privat posten oder gewerblich. Wer privat postet, kann zwar abgemahnt werden, aber da sind die Anwaltsgebühren auf 100 Euro gedeckelt. Hinzu kommt aber der Schadensersatz. Gewerbliche Poster müssen sich auf saftige Schadensersatzforderungen und entsprechende Anwalts- und Gerichtskosten einstellen.

So sieht es aus, wenn Sie bei Facebook eine Informaton teilen wollen. Bevor Sie posten, sollten Sie genau überlegen, ob Sie nicht besser ein Häkchen bei „Kein Miniaturbild“ setzen. Wenn doch, haben Sie sich das Foto „zu eigen“ gemacht. Wenn Ihr Facebook-Account auch noch öffentlich ist, kann das eine Abmahnung zur Folge haben.
Nicht durch uns – aber es gibt genug Anwälte und Rechteinhaber, die hier ein lukratives Abmahngeschäft betreiben.

Die gedeckelten Kosten bei Abmahnungen von Rechtsverletzungen durch „Privatleute“ bieten einen gewissen Schutz: Für die Anwälte ist ein solches Verfahren nicht lukrativ – außer, sie machen eine Massenabmahnung daraus und verschicken Standardbriefe, in denen nur die Adressen ausgetauscht werden. Man beschäftigt ein paar billige Kräfte, die die Rechtsverstöße dokumentieren, die Adressen raussuchen und dann rollt die Abmahnwelle. Man kennt das von den Abmahnwellen beim File-Sharing. Wenn nur ein Bruchteil zahlt, klingelt es auf dem Anwaltskonto und dem des „Mandanten“. Das können zum Beispiel Firmen sein, die Fotosammlungen aufkaufen und damit Rechteinhaber werden. Möglicherweise haben die gar kein Interesse, die Fotos zu verkaufen, sondern warten wie die Spinnen im Netz auf ihre Opfer.

Die „Motivation“ für eine Klage ist egal

Das klingt absurd? Das ist die Realität. Die Rechteinhaber werden natürlich niemals als Motiv „Gewinnmaximierung durch ein auf Abmahnungen basierendes Geschäftsmodell“ ins Feld führen, sondern sich als Opfer von Rechtsverletzern darstellen. Und selbst wenn es „Aasgeier“ sind: Die Gesetzgebung gibt ihnen das Recht, die Nutzungsrechtsverletzung zu verfolgen.

Die entscheidende Frage ist also, was man Teilen darf: Ohne Risiko darf man nur Fotos teilen, die „rechtefrei“ sind oder für die man die Erlaubnis zum Teilen hat. Das Problem: Woher bekommt man die Erlaubnis und woher weiß man, was rechtefrei ist und was nicht? Im Alltag ist das kaum zu entscheiden. Fast alle Facebook-Nutzer teilen beispielsweise Artikel von Medien, weil sie ihre Kontakte auf diese Informationen hinweisen wollen. Wird ein Vorschaubild mitgepostet, ist der Rechtsverstoß begangen. Punkt.

Außer, dies wurde ausdrücklich erlaubt. Mal ehrlich? Wann haben Sie vor dem Posten auf der Seite eines Anbieters recherchiert, ob im Impressum oder den Allgemeinen Geschäftsbedingungen das Teilen ausdrücklich erlaubt ist oder nicht? Tatsache ist: Wenn Sie das recherchieren, werden Sie feststellen, dass die allermeisten Anbieter – auch und gerade große Portale – die Rechtsinhaberschaft eindeutig feststellen. Somit ist jedes Posten von Fotos erstmal rechtlich fragwürdig.

Keine Klage heißt nicht kein Rechtsverstoß

Das trifft zum Beispiel auch zu, wenn Sie unsere Artikel teilen und automatisch erzeugte Vorschaubilder mitposten. Oder wenn Sie Artikel von Zeitungen oder anderen Medien mit Vorschaubild teilen. Von unserer Seite aus müssen Sie nichts befürchten, wir werden private Nutzer garantiert nicht abmahnen, denn aus unserer Sicht bewerten wir den Nutzen – nämlich das Verbreiten unserer Informationen – höher als einen Rechtsverstoß (zur Sicherheit unserer Leser/innen werden wir das künftig regeln). Doch wie sieht das bei anderen aus, beispielsweise Zeit Online oder dem SWR? Rechtsanwalt Schwenke:

Hier würde ich die Gefahr eher als gering einschätzen. Der Tatbestand ist gegeben, aber die Anbieter wägen zwischen Schaden und Nutzen ab. Der Nutzen des Teilens wird sicher höher bewertet, insofern würde ich bei professionellen und großen Anbietern eher kein Problem sehen. Bei Agenturen, Foto-Stock-Anbietern, Fotografen und kleineren Anbietern wird es riskant.

Wie bereits genannt: Es hängt vom Einzelfall ab. Davon gibt es aber täglich Millionen, beispielsweise durch das Teilen von lustigen Fotos, Tierbildern und so weiter. Rechtsanwalt Schwenke:

Die sind theoretisch auch überwiegend betroffen, sofern es alleinige Nutzungsrechte gibt. Wenn Sie Ihren Freundeskreis aber geschlossen halten und nicht-öffentlich posten, ist die Gefahr geringer, außer unter Ihren Freunden ist der, der die Rechte hält und Sie verklagt.

Rechtsanwalt Thomas Schwenke rät zur Vorsicht: Im Zweifel besser keine Fotos teilen. Foto: RA Schwenke

 

Sobald öffentlich geteilt wird, steigt die Gefahr von Abmahnungen

Merke: Wer viele Freunde sammelt, die er nicht kennt, erhöht in dieser Hinsicht das Risiko. Wer sich jetzt fragt, wieso das, was man seit langer Zeit macht und was ja alle machen, plötzlich ein Rechtsrisiko sein soll, bekommt die Antwort:

Geschützte Fotos zu teilen war schon immer ein Rechtsverstoß, nur jetzt gab es erst jetzt die erste Abmahnung, die ist durchgegangen und ab sofort muss man damit rechnen, dass hier Agenturen und Anwälte Geld verdienen wollen.

Der Fachanwalt Schwenke bestätigt unsere Einschätzung, dass es weniger um Rechtewahrung, als um Kohle machen geht:

Natürlich wird der Schutz behauptet werden. Ob das allerdings das wahre Motiv ist, dürfte manchmal fragwürdig sein. Man hört, dass es Agenturen gibt, die große Bildbestände aufkaufen und eng mit Kanzleien zusammenarbeiten. Mittlerweile gibt es Software, die auch Fotos identifizieren kann und dann scannen solche Firmen Postings, bis sie Treffer haben. Das kann man als verwerflich betrachten – rechtlich ist es einwandfrei zulässig und kann ein lukratives Geschäft bedeuten.

Es könnte auch kostenfrei zugehen – darauf sollte man nicht hoffen

Und natürlich muss der Rechteinhaber nicht abmahnen und er muss auch keine Rechnung stellen, eine Aufforderung zur Löschung wäre ein erster kostenfreier Schritt. So verhalten wir uns beispielsweise, wenn wir mit der Veröffentlichung von Inhalten, die uns gehören, auf anderen Internetseiten nicht einverstanden sind.

Es gibt aber auch Inhalte, die man vermeintlich problemlos teilen kann. Youtube-Videos beispielsweise. Aber leider droht auch hier die Abmahnfalle – wieder abhängig vom Einzelfall, wie Thomas Schwenke erklärt:

Bei youtube und anderen großen Portalen dieser Art willigt der Einsteller ins Sharen ein – er kann also keine Nutzungsrechtsverletzungen geltend machen. Außer, er hat Inhalte eingestellt, an denen er keine Reche besitzt, dann kann der Rechteinhaber gegen den Einsteller und gegen alle, die teilen vorgehen. Auch hier sollte man also vorsichtig sein, was man teilt. Nicht erlaubt sind Screenshots aus Filmen – dadurch fertigt man „Foto“-Kopien an. Sofern man die öffentlich macht, ist das eine Nutzungsrechtsverletzung, selbst wenn der Screenshot denselben Inhalt hat wie ein automatisch generiertes Vorschaubild.

Und wie sieht es mit Eltern aus, deren Teenager einen Facebook-Account haben und fleißig alles teilen, was ihnen gefällt?

Die Eltern haften meist nicht, wenn diese ihre Kinder auf den sorgsamen Umgang hingewiesen haben. Hier ist meist der Umfang von Nutzungsrechtsverletzungen und die Art und Weise entscheidend. Ausgeschlossen ist eine Haftbarkeit aber nicht.

Betroffen sind alle, die teilen

Die potenzielle Gefahr betrifft also alle die am meisten, die nicht-privat auf Facebook posten: Gewerbetreibende, Freiberufler, Firmen, Dienstleister, Vereine, Behörden, Verbände und so weiter. Die Überlegung, man betreibe ja nur ein kleines Angebot oder verdiene damit nur wenig oder biete als Verein einen Service an, bietet keinen Schutz. Sobald man Öffentlichkeit herstellt, kann man in der Falle sitzen. Und zwar unabhängig von Facebook, auch andere soziale Dienste wie Google+ sind betroffen, also jeder Dienst, der Vorschaubilder erzeugt.

Das betrifft uns auch selbst: Wir haben aktuell einen Rechtsstreit, der in Teilen auch Facebook-Vorschaubilder betrifft. Und ganz ehrlich? Das Problem war uns vorher nicht bekannt. Der Umgang mit Rechten gehört zwar zu unserer täglichen Arbeit und wir achten sehr verantwortlich auf ein einwandfreies Verhalten – aber auch wir müssen wie alle immer wieder dazulernen.

Für unsere Leserinnen und Leser werden wir für das Teilen unserer Inhalte Rechtssicherheit schaffen – soweit wir das können. In den nächsten Tagen werden wir einen Passus in unsere Nutzungsbedingungen aufnehmen, der ausdrücklich die Verwendung von Vorschaubildern für den privaten Gebrauch erlaubt.

Einen 100-prozentigen Schutz gibt es nicht

Tatsächlich können wir Ihnen ehrlicherweise damit keinen einhundertprozentigen Schutz vor Rechtsverfolgungen bieten, wenn Sie unsere Informationen teilen. Zur Erläuterung: Wir verwenden häufig fremdes Bildmaterial, das wir beispielsweise über Pressestellen zur Verfügung gestellt bekommen, sei es über die Gemeindeverwaltungen, das Landratsamt, Ministerien, die Polizei, Hilfsdienste, Feuerwehren, Parteien, Veranstaltungsunternehmen, Theater, Schulen, Vereine oder andere Anbieter, ob „öffentlich“ oder „privatrechtlich“. Wir gehen dabei davon aus, dass der jeweilige Zulieferer über die Nutzungsrechte verfügt und diese an uns weitergibt. Zur Absicherung fragen wir beim ersten Kontakt nach, ob das pauschal so zutrifft und bekommen das entsprechend bestätigt. Bei Pressestellen setzen wir das voraus.

In der Praxis kann es aber zu Rechtsstreitigkeiten kommen, wenn jemand behauptet, die Nutzungsrechte zu haben. Absurd? Nein, Tatsache und derselbe Fall, den Rechtsanwalt Schwenke am Beispiel von Youtube oben im Text erläutert hat. Und die Tatsache, dass es der Presse und anderen Medien erlaubt worden ist, heißt noch lange nicht, dass Sie als privater oder gewerblicher Nutzer ebenfalls „Veröffentlichungsrechte“ haben. Wir wiederum könnten umgehend den Betrieb einstellen, wenn wir dies tatsächlich für jedes Foto prüfen müssten. Der Verwaltungsaufwand wäre gigantisch. Wir müssen uns also selbst verlassen und können die Gefahr nicht ausschalten.

Genau das ist auch zum Teil Gegenstand eines aktuellen Rechtsstreits, den wir führen müssen: Eine Person behauptet, die alleinigen Nutzungsrechte für Fotos zu haben, die von der Pressestelle eines Unternehmens öffentlich als „Presseinformation“ zur Verfügung gestellt worden sind und bis heute als „Presseinformation“ downloadbar sind. Wir haben diese Fotos benutzt und sind dafür abgemahnt worden. Streitwert für jedes der drei Fotos: 3.000 Euro, also in Summe 9.000 Euro.

Die Gefahr lauert überall

Und obwohl der Hinweis von Rechtsanwalt Thomas Schwenke vermutlich überwiegend zutreffend ist, dass von großen Anbietern eher keine Gefahr droht: In unserem Fall hat die Pressestelle einer Firma eines sehr großen Medienkonzerns hier in der Region diese Fotos zur Verfügung gestellt und die abgebildete Person hat uns wegen der Nutzung abgemahnt. Ob das zulässig ist, müssen wir nun vor Gericht klären. Bei vollem Prozesskostenrisiko in Höhe von mehreren tausend Euro. Da dies zur Zeit ein schwebendes Verfahren ist, äußern wir uns aktuell nicht, werden Sie aber informieren, wenn der Prozess abgeschlossen ist.

Um es Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, noch einmal an einem Beispiel zu verdeutlichen: Die Gefahr lauert überall. Beispielsweise bei Ihrem Verein. Der hat ganz korrekt einen Bilderdienst abonniert und bezahlt diesen für die Nutzung von Fotos. Oder kauft Fotos von einem Sportfotografen zur Verwendung auf der eigenen Website. Soweit ist alles korrekt. Der Verein hat die Nutzungsrechte erworben. Was aber steht im „Kleingedruckten“? Hat der Vorstand das geprüft oder verlassen Sie sich darauf, „dass das alles schon in Ordnung ist“? Dürfen Vereinsmitglieder oder andere Personen die Vereinsmeldungen inklusive Vorschaufoto „teilen“? Das kann sein, das kann aber auch nicht sein. Und wenn diese Rechte nicht genehmigt worden sind, begeht jeder, der ein Vorschaubild oder ein anderes teilt, einen potenziellen Rechtsverstoß, der abmahnfähig ist. Wenn Sie dann behaupten, Sie hätten das nicht gewusst, hilft Ihnen das im Zweifel erstmal nichts.

Ein anderes aktuelles Beispiel: In den vergangenen Wochen ist das Foto eines vermissten Jugendlichen aus Mannheim in Facebook geteilt worden. Der Junge wurde mittlerweile tot aufgefunden. Mit dem Tod verfallen die Persönlichkeitsrechte nicht und die Nutzungsrechte erst nach dem Tod des Urhebers, also der Person, die das Foto gemacht hat. Sie halten das für ein makabres Beispiel? Das interessiert die Gerichtsbarkeit nicht: Wer dieses Foto verwendet hat, könnte das Persönlichkeitsrecht der Person verletzt haben. Und ganz sicher liegt ein Urheber- und Nutzungsrechtsverstoß vor.

Und wenn Sie sich bereits mit der Problematik befasst haben und denken: Google darf doch auch Vorschaubilder anzeigen, dann liegen Sie richtig, aber die Schlussfolgerung, Ihnen wäre das auch erlaubt, ist falsch. Suchmaschinen verwenden dafür eine technische Funktion ohne die eine Suchmaschine wenig Sinn machen würde. Rechteinhaber, die das nicht wollen, müssen ihre Inhalte schützen und können durch technische Einstellungen eine automatisierte Erfassung verhindern. Sie als „Teiler“ von Inhalten sind aber kein Automat, sondern eine willentlich handelnde Person.

Thomas Schwenke bringt die aktuelle Rechtssituation auf den Punkt:

Es ist fast unmöglich, keinen Rechtsverstoß zu begehen.

Außer, man lässt die Finger von Facebook und anderen Diensten.

Hier ist der Gesetzgeber gefordert, dringend Abhilfe zu schaffen. Sprechen Sie Ihre Abgeordneten an. Teilen Sie unseren Artikel und helfen Sie, das Thema bekannt zu machen. Es betrifft tatsächlich jeden, der Informationen im Internet teilt – abhängig vom Einzelfall. Und warnen Sie andere vor Rechteinhabern, die darauf aus sind, andere mit teuren Abmahnungen zu überziehen.

Links:

Zeit online: Abmahnung wegen eines Bildchens auf Facebook

hr: Vorsicht bei Facebook-Vorschaubildern

http://rechtsanwalt-schwenke.de

RA Schwenke zum Abmahnfall

Praxistipps von RA Schwenke

Hinweis: Wir werden in Zukunft immer wieder darauf aufmerksam machen, welche Leistung wir Ihnen anbieten. Die Zitate von Rechtsanwalt Schwenke entstammen einem Interview für das lokaljournalistische Netzwerk istlokal.de. Für dieses Interview wurden inklusive Vorrecherche, Gespräch und Produktion rund fünf Stunden Arbeit aufgewendet. Für diesen Text wurden inklusive Recherche rund acht Stunden Arbeit aufgewendet. Wir bieten unseren Leser/innen diese Leistung kostenfrei an. Wenn Sie unsere Arbeit mit einer freiwilligen Zahlung unterstützen wollen, weil Sie diese unterstützen wollen oder selbst Nutzen daraus gezogen haben, sind wir dafür sehr dankbar. Ebenso, wenn Sie uns bei den Kosten für den Rechtsstreit unterstützen wollen. Schreiben Sie uns bitte eine email an redaktion (at) rheinneckarblog.de, wir teilen Ihnen dann gerne unsere Bankverbindung mit. Eine Spendenquittung können wir nicht ausstellen.

BW-Stiftung korrigiert nach Hinweis problematische AGB bei Fotowettbewerb

Machen Sie mit… aber immer zuerst das Kleingedruckte lesen!

 

 

Rhein-Neckar, 14. Dezember 2012. (red/aw) Die Baden-Württemberg Stiftung ist derzeit auf der Suche nach Fotomotiven, die zeigen, was Baden-Württemberg lebenswert macht. Verpackt in einem Fotowettbewerb soll für Hobbyfotografen aus dem Ländle ein Anreiz geschaffen werden mitzumachen. Es winken tolle Preise – leider bis vor kurzem auch die Abgabe wesentlicher Urheberrechte. Aufgrund unseres Hinweises hat die Stiftung reagiert und die Allgemeinen Geschäftsbedinungen geändert.

Von Alexandra Weichbrodt

Die Stiftung Baden-Württemberg hat den Leitsatz: „Wir stiften Zukunft“. Mit der Ausschreibung zu einem Fotowettbewerb allerdings hat sich die BW-Stiftung aktuell nicht sehr fortschrittlich gezeigt. Die Idee des Wettbewerbs ist an und für sich eine Gute: Die schönsten Perspektiven des Landes auf einem Bild festzuhalten und damit die Lebensqualität in Baden-Württemberg darzustellen.

Doch bei der genauerem Hinschauen zu den Bedingungen dieses Fotowettbewerbs fiel uns ein erheblicher Negativ-Aspekt dieser Aktion auf: In den Teilnahmebedingungen wurde darauf verwiesen, dass die Urheber auf ihre Nennung verzichten sollten:

So formulierte die BW-Stiftung zunächst die Teilnahmedingungen des Fotowettbewerbs. Besonders der letzte Satz bietet Anlass zur Kritik.

 

Das Hobbyfotografen wesentliche Urheberrechte an ihren Bildern verlieren könnten, hielten wir für nicht tragbar. Schon gar nicht als „Allgemeine Geschäftsbedingung“ einer Landesstiftung. Wir wollten daher von der Staatskanzlei Baden-Württemberg wissen, wie sie zu der doch recht fragwürdigen Formulierung steht und riefen den stellvertretenden Regierungssprecher Arne Braun an. Herr Braun allerdings hatte wenig Interesse an einem konstruktiven Gespräch und legte kurzerhand den Hörer auf, nachdem er uns deutlich machte, dass er sich dafür nicht zuständig fühle.

Ein wahrlich negatives Beispiel für einen professionellen Umgang mit der Presse. Bei der Baden-Württemberg Stiftung arbeitet man da gewissenhafter. Die Reaktion der Pressesprecherin Christine Potnar kam schnell und überraschend einsichtig. Im Telefonat erkundigte sie sich nach unserer Kritik und sagte:

Der Vorwurf ist uns neu und so nicht bewusst. Wir prüfen das sofort. Es kann gar nicht darum gehen, dass einer der Teilnehmer rechtlich benachteiligt wird.

Kurze Zeit später erhalten wir die schriftliche Antwort per email:

Die Einsender der Bilder haben und behalten das Recht, über ihre Bilder völlig frei zu verfügen.

Im Interesse der Stiftung sei es, die Gewinner des Wettbewerbs und ihre Bilder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das könne man aber nur, wenn die Teilnehmer die Rechte hierzu einräumen.

Wir verpflichten uns und sagen den Preisträgern auch in den Teilnahmebedingungen zu, die Fotos ausschließlich im Zusammenhang mit dem Wettbewerb und der Berichterstattung über den Wettbewerb zu verwenden.

Der Satz mit dem Verzicht auf das Urhebernennungs-Recht sei überwiegend für die Produktion von Collagen, Übersichtsseiten oder andere kleinteilige Darstellungformen hinzugefügt worden. Hier könne die Stiftung – etwa aus Platzgründen – nicht immer die Urhebernennung garantieren. Frau Potnar erkannte das Problem aber an und sicherte zu, die kritisierten Passagen noch einmal überprüfen zu lassen.

Und Frau Potnar hielt Wort. Bereits wenige Tage nach unserem Hinweis sind die Teilnahmebedingungen des Fotowettbewerbs angepasst. Die BW-Stiftung verpflichtet sich zu einer grundsätzlichen Nennung des Urhebers.

Aktueller Auszug aus den Teilnahmebedingungen des Fotowettbewerbs der Baden-Württembergstiftung.

 

Solch eine postitive und konstruktive Reaktion erleben wir im redaktionellen Alltag eher selten. Liebe Hobbyfotografen im Land: Nun also ran an die Kamera!

Wer schöne Fotos aus Nordbaden für uns hat, achtet bitte auf einen Wettbewerb, den wir Anfang des Jahres ausschreiben. Natürlich nennen wir die Urheber immer. 🙂

Leistungsschutzrecht: “Konjunkturprogramm für Rechtsanwälte”

Bedrohen die Presseverlage die Meinungsfreiheit?

Komplizierte Materie, von vielen noch nicht „wahrgenommen“ – aber möglicherweise ein Gesetz, das enorme Schäden verursachen wird.

 

Mannheim, 16. Juni 2012. (red) Die Lobbyisten der Presseverlagshäuser haben ein Etappenziel erreicht. Am 13. Juni 2012 wurde ein “Referentenentwurf” für ein neues Leistungsschutzrecht vorgelegt, das katastrophale Folgen haben könnte – absurderweise auch für die Verlagshäuser selbst. Kritiker befürchten Abmahnwellen und gravierende Beschränkungen der Meinungs- und Informationsfreiheit. Und das nur, weil das Monopolgeschäft der Presseverlage bedroht ist und durch neue Monopole ersetzt werden soll. Der gesamtgesellschaftliche Schaden könnte enorm sein.

Von Hardy Prothmann

Man muss kein Jurist sein, um zu verstehen, dass selbst Juristen nicht genau wissen, welche negativen Folgen das geplante Leistungsschutzrecht (LSR) für die Gesellschaft mit sich bringen wird. Denn der Referentenentwurf ist zu schwammig formuliert – kritisieren zahlreiche und nahmhafte Experten. Und eine Folge dieser Ungenauigkeiten würde vermutlich eine gigantische Abmahnwelle sein, weil erst über Prozesse die “Deutung” gerichtlich geklärt werden müsste.

Der auf Urheber-, Marken-, Datenschutz- und Persönlichkeitsrecht spezialisierte Dr. Till Kreutzer hat sich bei iRights.info, einem Informationsangebot zum Urheberrecht in der digitalen Welt, in einem umfassenden Beitrag zum Thema geäußert. Er stellt fest:

Der Referentenentwurf lässt offen, durch welche Arten von Nutzungshandlungen in das neue LSR eingegriffen werden soll. Hier heißt es nur, dass der Presseverleger vor ungenehmigten „öffentlichen Zugänglichmachungen“ von Presseerzeugnissen oder Teilen derselben geschützt wird.

Der Jurist und Grimme-Preisträger Udo Vetter sieht wie andere Juristen auch eine absehbare Folge:

Das Papier ist ein Konjunkturprogramm für Rechtsanwälte.

Doch eigentlich sollte das Leistungsschutzrecht ein Konjunkturprogramm für Verlage sein. Die behaupten, über das Internet würden deren verlegerische Leistungen zigfach unentgeltlich von anderen verwertet und damit entstehe den Verlagen ein immenser Schaden. Valide Belege für diese Aussage gibt es keine. Ein Argumentation hingegen schon am Beispiel von Suchmaschinen wie Google: Diese Suchmaschinen indexieren Links. Auch zu Verlagsangeboten wie Artikeln beispielsweise und bieten zur Orientierung kleine Auszüge, so genannte “Snippets”, also Textauszüge (Schnipsel) an, damit man die angezeigten Links einordnen kann.

Sollte dieser Entwurf zum Gesetz werden, müssen alle, die irgendwie gewerblich tätig sind, künftig sehr genau aufpassen, was sie „der Presse entnehmen“. Kleinste Wortschnipsel, eventuell sogar nur Links könnten teure juristische Abmahnungen zur Folge haben. Geschäftsleute könnten nicht ohne Risiko beispielsweise bei Facebook einen Link zu einem Presseartikel posten.

Google würde vermutlich die Indexierung von Zeitungen und presseähnlichen Erzeugnissen (wie dieses Blog) abschalten – die Folge: Viele Informationen könnten nicht mehr gefunden werden.

Zum Hintergrund: Die Digitalisierung der Medien setzt den Zeitungshäusern extrem zu. Mit Entstehung des Internets wurden hier durchgängig massive Fehler gemacht. Die Zeitungen haben die „Kostenlos-Kultur“ erst mit geschaffen, in dem sie Informationen kostenfrei ins Netz gestellt haben. Später lamentierte man, dass jedermann kostenlos zugreift. Die Lösung ist ganz einfach: Per einfachem Code können Verlagshäuser ihre Angebote gegenüber Suchmaschinen unsichtbar machen  – doch kein Verlag nutzt das. Die Angebote können hinter so genannten „Pay-Walls“ verschwinden. Man müsste dann erst zahlen, bevor man die Inhalte nutzen kann. Kaum ein Verlag tut das, weil man massive Einbrücke bei den Zugriffszahlen fürchtet.

Die Verlage wollen also, dass man die Angebote nutzt und nun gesetzlich eine Art „Zwangslizenz“ erwirken – der Einfluss des Bundesverbands deutscher Zeitungsverleger auf die Bundesregierung ist groß. Stehen doch immerhin sehr viele mächtige Zeitungen dahinter, die gut oder schlecht über die Bundesregierung und einzelne Abgeordnete berichten können.

Zahlreiche Experten warnen dringend vor diesem angestrebten Gesetz – nun ist dieses einen offiziellen Schritt weiter.

Einen ausführlicheren Artikel lesen Sie dazu beim lokaljournalistischen Netzwerk-Portal istlokal.de.

Illegale Filmseite kino.to geschlossen – mutmaßliche Betreiber verhaftet – Strafverfolgung der Nutzer?


Müssen Privatleute nun mit Strafverfolgung rechnen?

Rhein-Neckar, 08. Juni 2011 (red) Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt gegen die mutmaßlichen Betreiber von kino.to. In vier Ländern habe es zeitgleich 20 Razzien gegeben, berichtet Spiegel online. Angeblich müssen auch Nutzer der Filme-Plattform mit Strafverfolgung rechnen.

Rund 250 Ermittler seien nach monatelangen Ermittlungen im Einsatz gewesen, um gegen die mutmaßlichen Betreiber der Seite kino.to vorzugehen. Der Vorwurf lautet „Bildung einer kriminellen Vereinigung zur gewerbsmäßigen Begehung von Urheberrechtsverletzungen“.

Bei dem Angebot konnte man Filme online anschauen – die Seite hatte Millionen Nutzer und lag im Werberanking bei Google unter den Top 70 Seiten in Deutschland.

Zunächst war tagsüber eine angebliche Information der Polizei zu sehen – jetzt ist der Server gar nicht mehr zu erreichen.

Angeblich müssten sich auch Nutzer der vermutlich illegalen Plattform auf eine Strafverfolgung einstellen – so die Aussage des Banners.

Tatsächlich sei das eher wenig wahrscheinlich, sagen die Anwälte Udo Vetter und Thomas Stadler. Die beiden Juristen betreiben Blogs und informieren die Öffentlichkeit kontinuierlich über ihre Rechtsauffassung zu aktuellen Fällen.

Einen schönen Tag wünscht
Das rheinneckarblog

Wenn Spielräume ausgereizt sind

Guten Tag!

Heddesheim, 01. April 2010.  Warum das heddesheimblog keine Unterlassungserklärung ab-, dafür aber Frau Görlitz einen guten Ratschlag gibt.

Von Hardy Prothmann

Die Mannheimer Morgen-Redakteurin Anja Görlitz fühlt sich durch einen Kommentar auf dem heddesheimblog diffamiert, beauftragt deshalb einen Anwalt und fordert eine Unterlassungserklärung, Streitwert: 20.000 Euro. Die Anwaltsgebühr beträgt: 1.023,16 Euro.

Es ist das gute Recht von Frau Görlitz, sich einen Anwalt zu nehmen, wenn sie sich in ihren Rechten verletzt fühlt. Um festzustellen, ob dem so ist, muss sie allerdings klagen und ein Gericht entscheiden lassen, ob ihre Klage zulässig ist oder nicht. So ist das Verfahren im Rechtsstaat.

Die Meinungsfreiheit, im Grundgesetz als Artikel 5, Abs. 1 verankert, ist ein sehr hohes Gut. Sie findet ihre Grenzen bei unzulässigen Tatsachenbehauptungen und das ist gut so.

In dem vorliegenden Kommentar – der zugegebenermaßen sehr spitz formuliert ist – äußere ich meine Meinung über eine in meinen Augen mangelhafte journalistische Berichterstattung durch Frau Görlitz.

Es gab viel Kritik zu diesem Kommentar, der auch in Kollegenkreise als „übertrieben“ wahrgenommen wurde. Dieser Kritik habe ich mich gestellt und bin zu dem Schluss gekommen, dass die Kritik berechtigt ist.

Und zwar aus folgendem Grund: Der Kern meiner Kritik, die unkritische journalistische Haltung und die daraus resultierende Oberflächlichkeit der Berichterstattung ging durch die Aufregung über die provokante Formulierung im Text unter. Damit habe ich das eigentliche Ziel des Kommentars – die Bevölkerung wieder einmal gegenüber der unkritischen Berichterstattung im Mannheimer Morgen zu sensibilisieren – zumindest teilweise verfehlt. Eine Diffamierung war nie beabsichtigt – eine Provokation hingegen schon.

Frau Görlitz fühlt sich, laut Schreiben ihres Anwalts, durch den Kommentar nicht nur provoziert, sondern sogar „diffamiert“.

Es war und ist nicht mein Interesse, die Person Anja Görlitz zu diffamieren. Das tut auch nicht der Kommentar. Die Person Frau Görlitz ist mir egal. Nicht egal ist mir, was sie als Redakteurin des Mannheimer Morgen an Informationen veröffentlich oder nicht veröffentlicht.

Denn Journalisten nehmen eine äußerst wichtige Aufgabe in der Gesellschaft wahr: Ihre Arbeit ermöglicht es einer breiten Öffentlichkeit, sich zu informieren und sich eine Meinung zu bilden. In der Wissenschaft wird hier von einer „Wächterfunktion“ gesprochen.

Der Kommentar verwendet eine bildhafte Sprache, um die in meinen Augen unerträgliche „Nähe“ einer Journalistin zu einem politischen Beamten dazustellen. Er problematisiert ein Phänomen, über das medienintern seit langem diskutiert wird und das als feststehende Tatsache gilt: Es wird von Journalisten immer weniger recherchiert.

Daraus erfolgt meiner Meinung nach eine überwiegend unkritische Berichterstattung. Daraus folgt eine aus meiner Sicht mangelhafte Unterrichtung der Leserinnen zu einem für die Kommune Heddesheim alles überragenden Thema, der geplanten „Pfenning“-Ansiedlung.

Meinungsäußerungen müssen nicht begründet werden. Tatsächlich begründe ich aber auch in diesem Kommentar, warum ich in Bezug auf das Interview von Frau Görlitz zu dieser Meinung komme:

  • Und nun? Kein Wort von „Pfenning“ im Interview mit dem Bürgermeister der Gemeinde Heddesheim.
  • Kein Wort darüber, dass das Hallenbad ein enormer Kostenträger ist.
  • Kein Wort darüber, dass „Sterben teurer wird“.
  • Kein Wort darüber, dass die Gemeinde vergleichsweise gut dasteht und die Krise die Gemeinde trifft, aber weniger als andere.
  • Kein Wort darüber, dass im „Haushalt“ einige Posten stehen, die durchaus „eingespart“ werden könnten.
  • Kein Wort darüber, dass Frau Görlitz dafür auch die „fetten“ Unterlagen zu den „mageren Zeiten“ gelesen und verstanden haben müsste, sprich, ein wenig recherchiert hätte. (Diesen Satz hat der Anwalt übrigens nicht in seine Liste aufgenommen, Anmk. d. Red.)

Frau Görlitz hat sich nun entschlossen, vom heddesheimblog eine Unterlassungserklärung zu verlangen. Die wird sie nicht bekommen – sie kann versuchen, diese einzuklagen.

Sollte es zu einem Gerichtsverfahren kommen, wird das heddesheimblog natürlich ausführlich die Hintergründe darlegen und belegen, warum es zu diesen Meinungsäußerungen gekommen ist.

Das heddesheimblog ist dabei guten Mutes, vom Gericht die Zulässigkeit der Meinungsäußerung bestätigt zu bekommen. Denn nicht alleine eine Formulierung ist ausschlaggebend, sondern auch der Kontext.

Im Jahr 2008 hat das Bundesverfassungsgericht beispielsweise entschieden, dass die Äußerung „Dummschwätzer“ eine Beleidigung darstellt, in gewissen Fällen aber zulässig ist. Ein Stadtrat hatte im Zuge einer Diskussion einen anderen Stadtrat mit dieser Bezeichnung angeblich „beleidigt“.

Das Bundesverfassungsgericht beurteilte allerdings diese Äußerung im Kontext und bestätigte damit, dass der angeblich Beleidigte „dummes Zeug geschwätzt hat“, folglich „Dummschwätzer“ in diesem Zusammenhang eine zulässige Bezeichnung war.

Wir haben uns aus oben genannten Gründen mit dem Kommentar keinen Gefallen getan.

Ob Frau Görlitz sich nun einen Gefallen tut, indem sie das Thema wieder auf die Tagesordnung bringt, muss sie selbst entscheiden.

Ebenso, ob sie gerichtlich feststellen lassen will, ob die Meinungsäußerungen nun zulässig waren oder nicht – denn was, wenn (wovon wir ausgehen) die Zulässigkeit bestätigt wird?

Ich persönlich kann Frau Görlitz versichern, dass ich weder ein persönliches noch geschäftliches Interesse habe, sie zu diffamieren. So wie ich überhaupt kein Interesse habe, irgendjemanden zu diffamieren. Die Diffamierung, also das Streuen von Gerüchten, ist nämlich das Gegenteil von Journalismus.

Mein einziges Interesse gilt einem möglichst guten Journalismus, der seine Leserinnen ernst nimmt und versucht, so umfassend wie möglich zu informieren.

Frau Görlitz wäre aus unserer Sicht besser beraten, ihr Anliegen einer Unterlassungserklärung fallen zu lassen und stattdessen die Arbeit aufzunehmen und zu zeigen, dass sie eine ernstzunehmende Journalistin ist, die umfassend und hintergründig recherchiert und informiert.

Sie kann ihre Energie aber auch in einen Prozess stecken und sich so Aufmerksamkeit verschaffen. Jeder, wie er will.

Wir sind gespannt, für welchen Weg sich Frau Görlitz entscheidet.

Ebenso gespannt sind wir, ob uns nun ihr Anwalt Braun wegen „Urheberrechtsverletztungen“ verklagen wird, weil wir aus seinem Schreiben auszugsweise zitiert haben.

MM-Redakteurin Anja Görlitz droht dem heddesheimblog mit Klage

Guten Tag!

Heddesheim, 01. April 2010. (red) Die MM-Redakteurin Anja Görlitz hat einen Rechtsanwalt beauftragt, um gegen das heddesheimblog eine Unterlassungserklärung durchzusetzen. Das ist kein April-Scherz.

Der Artikel „Das Drama der journalistischen Prostitution“ hat eventuell ein juristisches Nachspiel. Heute erreichte die Redaktion ein achtseitiges Schreiben des Olsdorfer (Hochsauerlandkreis) Rechtsanwalts Kurt Braun.

Herr Braun ist selbstständiger Rechtsanwalt und gibt an, auch als freier Journalist tätig zu sein. Er hat sich auf Presse- und Medienrecht spezialisiert und gibt Seminare für den journalistischen Nachwuchs. Aber auch „Crash-Kurse“ für Anzeigenverkäufer. Und er sichert für Mandanten Titelrechte, beispielsweise „Saach blooß – Geheimnisse des Pfälzischen„.

Unser Text ist am 20. Februar 2010 veröffentlicht worden. Am 25. Februar 2010 unterschrieb Frau Görlitz die Prozessbevollmächtigung. Dann passierte… genau nichts – fast einen Monat lang.

Am 23. März 2010 endlich schreibt der Anwalt Braun einen Brief und fordert von uns die Abgabe einer Unterlassungserklärung bis zum 26. März 2010, 18:00 Uhr.

Die bleibt aus. Der Anwalt hat es nun plötzlich eilig. Am Samstag, den 27. März 2010 ergeht erneut ein Schreiben an uns mit einer Nachfrist bis zum 29. März 2010, 15:00 Uhr.

Der Anwalt schreibt, es gehe in unserem Kommentar nicht um eine „publizistische Auseinandersetzung mit dem Interview der MM-Redakteurin Anja Görlitz, das diese mit dem Heddesheimer Bürgermeister Michael Kessler geführt hat („Die Spielräume sind ausgereizt“), „sondern um deren (Görlitz, Anm. d. Red.) Diffamierung.“

„Die Wortwahl“ lasse für „verständige Leser/innen nur den Schluss zu“, dass es „in keiner Weise um eine sachbezogene Auseinandersetzung mit einem Ihnen missliebigen Interview“ gehe.

Weiter stellt der Anwalt fest, dass es „keiner weiteren Worte“ bedürfe – die Äußerungen im Kommentar seien „nicht mehr von der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes“ gedeckt. Der Anwalt Braun schreibt weiter, hier sei die Grenze „zur Schmähkritik überschritten“.

„Irgendwelche Bezugspunkte, welche die von Ihnen vorgenommenen „Meinungsäußerungen“ als rechtmäßig zu stützen vermögen“ seien „nicht ansatzweise ersichtlich“. Durch den Kommentar, so der Anwalt, werde in das „allgemeine Persönlichkeitsrecht von Frau Görlitz“ eingegriffen.

Folglich solle sich das heddesheimblog schriftlich verpflichten, es zu unterlassen, die nachfolgenden Passagen „Frau Görlitz im Zusammenhang mit deren beruflichen Tätigkeiten als Redakteurin der Tageszeitung „Mannheimer Morgen zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen“:

Die nachfolgenden Liste darf vorerst nicht mehr veröffentlicht werden.

Als Streitwert setzt der Anwalt 20.000 Euro an. Bis zum 02. April solle die daraus entstehende Gebühr, plus Porto und Mehrwertsteuer in Höhe von 1.023,16 Euro überwiesen werden.

Am Ende seines Schreibens weist der Anwalt darauf hin, dass sein Brief „urheberrechtlich“ geschützt sei: „Eine Veröffentlichung des Inhalts – in Teil(en) oder vollständig – ist nicht zulässig.“

Frau Görlitz empfehle der Anwalt „gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen“, wenn die Fristen „erfolglos abgelaufen seien.“

Dokumentation: Das Schweigen der CDU

Guten Tag,

das heddesheimblog bemüht sich seit Wochen, Antworten auf Fragen von der Heddesheimer CDU zu erhalten. Aber weder Fraktionsspitze, nach Parteivorstand, noch Pressesprecher Doll fühlen sich zuständig.
Dafür wird gerne behauptet, dass andere (das sind alle außer der CDU) „falsche“ Informationen verbreiten. Im Gegensatz zur CDU, die die „echten“ Informationen hat.
Das heddesheimblog hat diese Aussagen dokumentiert und sich per email nochmals an Herrn Doll gewandt. Herr Doll ist zwar offiziell Pressesprecher, sortiert aber genau, mit welcher Presse er spricht. Gegenüber dem heddesheimblog schweigt er lieber:

Presseanfrage vom 2. Juni 2009

„Sehr geehrter Herr Dr. Doll,

wie Sie vielleicht verfolgt haben, hat das heddesheimblog zur CDU-Veranstaltung am 22. Mai in Heddesheim berichtet.

Falls Sie die Berichterstattung nicht verfolgt haben, möchten wir Sie auf zentrale Aussagen aufmerksam machen:
„Über Täuscher, die Wahrheit und Herrn Doll“

Im Bericht heißt es, dass Sie persönlich zwei Mal das Urheberrecht verletzen.
Außerdem heißt es darin, dass Sie öffentlich die Unwahrheit sagen.
Und, dass Sie das Publikum täuschen.

Dazu fragen wir um ihre Stellungnahme an. Denn sicherlich wollen Sie diese „Anschuldigungen“ nicht „auf sich sitzen lassen“.

Außerdem würden wir gerne wissen, welche Studie des Regionalverbandes Sie öffentlich zitiert haben, nach der pro Arbeitsplatz durch Pfenning in Heddesheim 0,6-0,8 weitere Arbeitsplätze entstehen? Nach unseren Recherchen gibt es keine solche Studie. Aber es kann natürlich sein, dass wir etwas übersehen haben.

Da Sie der Pressesprecher der CDU Heddesheim sind, bitten wir um eine zeitnahe Beantwortung unserer Fragen. Da keine Wahlkampftermine mehr anstehen, ist es sicherlich möglich, im Laufe des 3. Juni eine Antwort zu erteilen.

Mit freundlichen Grüßen

Hardy Prothmann
Redaktion
das heddesheimblog“

Dokumentation: das heddesheimblog

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Dokumentation: Über Täuscher, die Wahrheit und Herrn Doll
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Meldung: neinzupfenning verteilt neuen Flyer
Kommentar: Leicht zu verstehen – schwer zu widerlegen
Leserbrief:Wer ist für dieses Desaster verantwortlich?“
Glosse: Das Gesetz der Omerta

Urheberrecht

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Sie können in den Kommentaren schreiben, was Sie wollen, sofern ihre Aussagen niemanden beleidigen oder strafrechtlich relevant sind.
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Wie das mit dem Urheberrecht geht, steht hier.
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Wir helfen gerne weiter.

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