Samstag, 01. April 2023

Warum Spenden und Sponsoring Transparenz brauchen

Geprothmannt: Uneigennützige Wohltätigkeit? Von wegen! Spenden und Sponsoring sind Werbung

100 Euro sind viel Geld - manche zahlen das aber aus der "Porto-Kasse" und machen daraus ein Vielfaches an "Image"-Gewinn. Quelle: 100-Euro-Schein

Rhein-Neckar, 12. Dezember 2011. (red) Zur Zeit jagt eine Spendenübergabe die nächste – so wie vergangenes Jahr auch und nächstes Jahr wieder. Besonders in der Vorweihnachtszeit laden viele Firmen und Gemeinden ein, über mildtätige Spenden für den guten Zweck zu „berichten“. Klares Ziel dieser Aktionen: Die Spender und Sponsoren wollen sich damit ein gutes Image verschaffen – dabei ist das nichts anderes als Werbung.

Von Hardy Prothmann

Die Redaktion für die Lokalblogs in Nordbaden hat eine strikte Regel: Wir berichten nicht über Spenden, egal wie großzügig diese sind. Denn hinter fast jeder Spende steckt immer ein „Kalkül“, ein Hintergedanke und der ist nicht „mildtätig“, sondern egoistisch: Die spendende Firma oder Institution will sich damit ein gutes Image verschaffen.

Das ist auch absolut erlaubt – nur machen wir uns nicht zum Handlanger und zur erweiterten Pressestelle der Spender und Sponsoren. Wer aus Überzeugung spendet oder unterstützt, braucht seine Haltung nicht an die „große Glocke“ zu hängen.

Millionen von privaten Spendern halten das so – sie geben Geld für alle möglichen Hilfsorganisationen und hoffen, dass damit anderen geholfen wird. Die allermeisten Spenderinnen und Spender bleiben „anonym“ – es geht ihnen um die Hilfe und nicht um eine öffentliche Nennung.

Wer hingegen der „Öffentlichkeit“ seine „Großzügigkeit“ mitteilen möchte, kann eine Anzeige schalten. Das ist, wie gesagt, absolut erlaubt.

Hirschberg: Bericht über eine Spende? Ja, gerne. Schleichwerbung? Nein, danke.

Aktuell haben wir über die Spende einer Interessengemeinschaft „Storchenkerwe“ in Hirschberg berichtet: Die Einladung erschien frei von „Firmenwerbung“ – denn die Initiative des Ortsfestes spendete Geld für gemeinnützige Zwecke. Deshalb haben wir den Termin wahrgenommen.

Vor Ort präsentierte man aber Spendenschecks mit Logo und Schriftzug einer regionalen Bank. Diese Werbung haben wir aus dem Foto herausretuschiert (weiße Fläche).

Das ist die einzige „saubere“ Lösung – alles andere ist eine Form von Schleichwerbung, untergräbt die Glaubwürdigkeit von Journalismus (sofern die bei gewissen Medien nicht sowieso schon „six feed under“ ist) und schadet letztlich auch dem „Werbekunden“ – muss der doch ganz besonders an einem glaubwürdigen Umfeld interessiert sein.

Penetrant wird es – und das ist zunehmend der Fall – wenn die Sponsoren und Spender sogar die Berichterstattung vorschreiben wollen. Dagegen hilft nur konsequente Aufklärung und konsequente „Nicht-Berichterstattung“ bei „Härtefällen“.

Penetrantes Sportsponsoring

Selbst in der Provinz treibt dieses Sponsorenunwesen nicht nur seltsame, sondern völlig inaktzeptable „Blüten“. Ein lokaler Tennisverein wollte uns beispielsweise nur Fotos gestatten, wenn das Sponsorlogo mit im Bild ist.

Das Ergebnis kann man hier nachlesen: „Kein Gruppenfoto ohne Sponsor“

Sehr krass ist dieses Beispiel: Eine Apotheke wird von einem „Marketing-Verband“ ausgezeichnet, nicht etwa weil die Apotheke am meisten Geld gespendet hat, sondern deren Kunden. Wir wollten darüber berichten – und wurden vermutlich (aus Sorge) wegen unserer bekannten, kritischen Haltung nicht eingeladen. Wir haben trotzdem berichtet: Kein Kinderlachen für das Heddesheimblog.

taz verpixelt Sportfotos und stellt die Aktion anscheinend klammheimlich wieder ein.

Die taz hatte im August angekündigt, ab sofort alle Sportfotos zu verpixeln. Die Begründung:

Die Werbung im Fußball, Biathlon oder Handball ist mit den Jahren der Kommerzialisierung einfach zu aufdringlich, zu omnipräsent geworden. Da müssen intelligentere Lösungen her. Zum Beispiel: Weg mit dieser Flimmerbande.

Und:

Wir sind nicht mehr bereit, Eure Werbebotschaft auf Trikots und Werbebanden zu verbreiten. Es kann ja auch nicht Aufgabe einer Zeitung sein, die mit kritischer Distanz über Sport berichtet, täglich kostenlose Werbung von Vereinen und deren Sponsoren ins Blatt zu heben. Wir wollen durch die Verpixelung journalistisch noch unabhängiger werden.

Guter Ansatz – leider scheint die taz das nicht durchgehalten zu haben. Vielleicht wars auch nur ne Sommerloch-Saure-Gurken-Zeit-Meldung. Eine Erklärung, warum nicht mehr verpixelt wird, konnte ich nicht finden (Anfrage ist gestellt, der Artikel wird gerne nach einem Hinweis ergänzt).

Wir werden das in Zukunft weiter so halten: Wenn Spender und Sponsoren mit Ihren Logos genannt und abgebildet werden wollen, erhalten Sie ein Angebot zum Schalten einer gewerblichen Anzeige. Solche „Berichte“ werden wir entsprechend als Anzeige kennzeichnen.

Andernfalls werden wir konsequent Spender und Logos aus Texten und Bildern entfernen – denn es  geht doch um Mildtätigkeit? Oder geht es doch um etwas anderes? Sollten wir deshalb nicht mehr zu solchen Anlässen eingeladen werden, können wir gerne darauf verzichten.

Trennungsgebot

Gut und richtig wäre, wenn vor allem Zeitungen diesem Beispiel folgen würden – das aber darf man tatsächlich bezweifeln, denn dort gibt es schon längst kein Trennungsgebot zwischen Redaktion und Anzeigen mehr, sondern nur noch die Haltung, dass man Anzeigenkunden nicht „verprellen“ will.

Die Masse der Leserinnen und Leser zahlt zwar insgesamt viel und bedeutendes Geld fürs „Abo“ – unterm Strich sind das aber knapp 30 Euro und was bedeutet so ein Betrag, wenn an anderen „Aufträgen“ ein paar mehr Nullen dranhängen, also 3.000, 30.000 oder gar 3.000.000 Euro? Es wird anhand der „Nullen“ schnell klar, auf wen man „Rücksicht“ nimmt und für welche „Nullen-Informationen“ man sich entscheidet.

"Redaktionelles" Foto ab Spendenhöhe von 500 Euro - bitte Text mitschicken.

Allerdings gibt es auch hier „Regeln“ – die hängen von der Höhe der Spende ab. Der Mannheimer Morgen macht zum Beispiel „grundsätzlich“ erst ab 500 Euro Spendensumme ein Foto. Warum, wieso, weshalb? Darüber gibt es keine uns bekannten Informationen.

Ethisches Handeln

Ganz grundsätzlich verantwortet jedes Medium die eigenen redaktionelle Ethik und die Art seiner „Informationen“ im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten selbst – und auch die daraus resultierende Glaubwürdigkeit.

Mal schauen, wie Spender und Sponsoren mit unserer transparenten Haltung umgehen – dazu wird es, sofern interessant, einen Nachbericht geben.

Soviel sei noch angemerkt: Unternehmen, die mindestens zehn Prozent ihres Gewinns spenden, werden wir sofort lobend erwähnen, weil das tatsächlich Spenden sind, die „bemerkenswert“ sind. Keine Sorge – es gibt vermutlich kein einziges Unternehmen, das so verfährt.

Vereine sollten sich nicht zu jedem Preis „kaufen“ lassen

Vereine, die sich für ein paar Euro „Spendengeld“ oder „Sponsoring“ als Vermarktungsfläche missbrauchen lassen, sollten tatsächlich darüber nachdenken, worum es geht.

Um Förderung von Kultur, Jugend oder Sport oder darum, dass die ehrenamtlichen Helfer wirklich sehr viel Arbeit aufbringen und sich von Firmen durch im Vergleich minimale „Förderung“ dann die hier „erwirtschaftete“ Aufmerksamkeit abkaufen lassen? Das kann nicht im Sinne von Kultur, Jugend und Sport sein – und auch nicht im Sinne der Unternehmen.

Und ein besonders Geschmäckle bekommen solche Spenden dann, wenn die Spenderfirmen nicht nur beim Image die Nutznießer sind, sondern durch Aufträge und Geschäfte mit den Vereinen wiederum einen ganz klaren geschäftlichen Vorteil suchen.

Dann haben Spenden sogar eher die Funktion einer Bestechung und sind vollends pervertiert. Und auch das ist leider oft schon fast „üblich“.

Spendenziele müssen transparent sein

Gemeinden müssen Spenden beispielsweise längst öffentlich machen und transparent darstellen – das sieht das Geldwäschegesetz so vor. Und dafür gibt es ganz sicher Gründe.

Damit Sie mich richtig verstehen: Spenden sind gut und wichtig. Und jeder Euro hat seinen Wert.

Spenden sollten aber das sein, was sie sein sollen: Ein Beitrag zu einer besseren Welt. Ganz privat, ganz individuell nach den Möglichkeiten.

Wer Spenden und „Sponsoring“ auch nur im Ansatz für eigene „Zwecke“ einsetzt, muss sich moralisch selbst verpflichten, seinen Anteil an Eigennutz klar darzustellen – damit keine „Missverständnisse“ aufkommen.

Wenn ein Großkonzern beispielsweise 1 Million Euro spendet, ist das vielen Medien eine Nachricht wert. Zeitungen wie der MM berichten mit Bild erst ab 500 Euro. Für den Konzern bedeutet 1 Million vielleicht nur einen 0,000-irgendwas Anteil an seinen Möglichkeiten. Für eine Initiative sind 500 oder 1.000 Euro hingegen alles, was man „aufbieten“ kann.

Wer ist nun „großzügiger“? Wer verdient mehr Aufmerksamkeit? Worüber sollte man dankbarer sein? Worüber berichten?

Denken Sie mal drüber nach – eine Meinung zu dem Thema ist gar nicht so einfach zu finden.

Ist halt alles immer „relativ“ – dafür muss man kein Einstein sein.

Ihr

Anmerkung: Wir haben anfänglich auch über Spenden berichtet und vor kurzem noch im Weinheimblog über eine Aktion zu Defibrilatoren in der Stadt. Dabei wurde auch eine spendende Bank genannt. Künftig werden wir das kompromisslos handhaben.

Insgesamt 100.000 Euro für bürgerschaftliches Engagement

Guten Tag!

Heddesheim, 23. Februar 2010. Vereine, Institutionen und Organisationen aus der Metropolregion Rhein-Neckar können finanzielle Unterstützung erhalten, wenn sie bürgerschaftliches Engagement bieten und sich bei der MVV um Unterstützung bewerben. Die Bewerbungsfrist läuft bis zum 31. März 2010.

Der Energieversorger MVV lobt auch dieses Jahr wieder seinen Sponsoringfonds aus. Auf Nachfrage der Redaktion betonte die MVV, dass sich jede Gruppe, die ehrenamtlich tätig ist, bewerben kann.

Geldmangel ist oft ein Problem für ehrenamtliches Engagement. Ambitionierte Projekte finden hier vielleicht einen Lösung für dieses Problem.

Pressemitteilung der MVV:

„Vom Einrichten eines Fahrrad-Fuhrparks für das Mobilitätstraining an der Eduard-Spranger-Förderschule über die türkischen Kulturwochen für Kinder und Jugendliche der Stadtbibliothek Mannheim bis zur Anlage eines Fischlehrpfades des Angelsportvereins Zuzenhausen reicht das Spektrum der Projekte in der Metropolregion, die in der zehnten Runde des Sponsoringfonds von MVV Energie Unterstützung erhalten.

Insgesamt qualifizierten sich in dieser Runde 18 Projekte, die sich in vorbildlicher Form vor allem für die Förderung von Kindern und Jugendlichen in den Bereichen Kultur, Sport, Gesellschaft und Wissenschaft einsetzen. Vertreter der Vereine, Institutionen und Organisationen, die diese Projekte tragen, trafen sich heute zu einem Gedankenaustausch in den Räumen des Unternehmens.

„Alle von Ihnen sind aktiv und engagieren sich für andere Menschen“, begründete Matthias Brückmann, Vorstandsmitglied von MVV Energie, die Auswahl der Projekte. „Das Ehrenamt ist ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Gesellschaft, und die Bedeutung Ihrer Arbeit wollen wir mit unserem finanziellen Beitrag unterstreichen“.

MVV Energie stehe in einem gesellschaftlichen Zusammenhang und wolle der Verantwortung eines regional verankerten Unternehmens gerecht werden. „Die Menschen der Region sind uns wichtig, und der Sponsoringfonds ist ein Weg, wie wir unterstützend tätig werden können“, erklärte Brückmann.

„Wir sind sehr froh über die Unterstützung von MVV Energie. Das Sponsoring hilft uns, gemeinsam mit der Schule, der Stadt, dem Aktionskreis Schriesheimer Senioren sowie weiteren Mitstreitern unser ehrgeiziges Projekt zur Neugestaltung unseres Schulhofprojektes anzugehen und umzusetzen“, betonte Hartmut Voss vom Förderverein der Kurpfalzschule Schriesheim.

Der Sponsoringfonds von MVV Energie unterstützt seit 2005 unter dem Leitgedanken „Stärke für Stadt und Region“ zweimal jährlich Initiativen in Mannheim und der Metropolregion Rhein-Neckar mit insgesamt 100.000 Euro pro Jahr.

Die Auswahl der Projekte erfolgt anhand eines Kataloges von Kriterien, bei denen insbesondere die Förderung von Kindern und Jugendlichen sowie von Projekten in der Region im Vordergrund steht.

Insgesamt haben bisher 235 Projekte Mittel aus dem Sponsoringfonds erhalten.

In der zehnten Runde des Sponsoringfonds werden folgende Organisationen unterstützt:

  • Bezirksbeirat Mannheim-Wallstadt
  • Deutsche Leukämie-Forschungs-Hilfe
  • Eduard-Spranger-Schule
  • Evangelisches Kinder- und Jugendwerk/Jugendkirche
  • Feudenheimschule Hauptschule mit Werkrealschule
  • ISC Mannheim e.V.
  • Kath. Kindergarten St. Raphael
  • Kindergartenlabor e.V.
  • Profi Wirtschaft Bildung Integration
  • Social Meets Culture e.V.
  • Stadtbibliothek Mannheim
  • Steckenpferd e.V.
  • TIG7 / Theater TrennT e.V.
  • Angelsportverein Zuzenhausen e.V.
  • Förderverein der Kurpfalzschule Schriesheim e.V.
  • Kindergarten St. Nikolaus
  • VfL Brackenheim
  • Vogelnest-Verein für Kleinkindförderung e.V.

Die elfte Runde des Sponsoringfonds ist bereits am 1. Februar gestartet, die Bewerbungsfrist läuft bis zum 31. März 2010.

Interessierte können sich auf der Homepage des Unternehmens unter www.mvv-life.de informieren, wo auch während der Bewerbungsfrist Zeit das Bewerbungsformular zu finden ist.“

Einen schönen Tag wünscht
Das heddesheimblog

Was „üblich“ ist

Der Journalismus, insbesondere der Lokaljournalimus, muss übel verkommen sein. Sonst wäre es nicht vorstellbar, dass ein „Turnierleiter“ ganz selbstverständlich davon ausgeht, dass ein Gruppenbild so gemacht wird, wie er das will.

Kommentar: Hardy Prothmann

Einen eigenen Willen hat der „Leiter“ dabei nicht. Denn er denkt nur an den Sponsor. Bei Turnieren geht es diesen Leuten nicht um den sportlichen Wettkampf, sondern nur darum, dass einer zahlt, der Sponsor, und der andere erfolgreich ein Turnier ausrichtet. Beide gewinnen.

Die Opfer sind die Teilnehmer, die an etwas anderes glauben, nämlich, dass es um Sport geht. Um Leistung, um Kampf, um Sieg oder Niederlage.

Das ist zumindest Herrn Fuchs als Turnierleiter egal. Das ist auch dem Sponsor egal. Die Sportler, in diesem Fall Kinder, dienen nur der Inszenierung und Bestätigung der Veranstalter.

Das ist nicht nur schade, sondern eklig. Vor allem, weil der Sponsor und sein Vollstrecker auch nicht den Hauch einer Anstrengung unternehmen – anders als die Kinder, die um jeden Punkt kämpfen – ihre Gleichgültigkeit gegenüber der Leistung der Kinder zu verbergen, dafür aber umso mehr ihr eigenes Interesse in den Vordergrund zu stellen.

Das sei so „üblich“, meinen diese Herren und haben wahrscheinlich recht. Ganz selbstverständlich erwarten sie von Presseleuten, dass diese knipsen, was sie sich vorstellen.

Der Journalismus liegt im Lokalen offensichtlich genauso am Boden wie die Auffassung von Sport bei diesen Herren.

Ändern wird sich nichts, im Gegenteil. Es wird noch bodenloser werden. Denn die U10, die sonst angeblich kein Turnier bestreiten könnten, sind angeblich auch schon auf „Sponsoring“ angewiesen.

Ist das so?

Wer hat denn festgelegt, dass Jugendliche in diesem Alter schon hochwertige Preise erhalten müssen? Na klar, die Sponsoren. Und ohne die gibt es keine Preise. Und ohne Preise tritt niemand mehr an.

Irgendwann noch nicht mal mehr U10.

„Kein Gruppenfoto ohne Sponsor“

Guten Tag!

Heddesheim, 24. August 2009. Die Tennis-Regeln sind ziemlich einfach. Die Tennis-Welt hingegen nicht. Notizen über eine absurde Begegnung.

Von Hardy Prothmann

Kurz nach 14:00 Uhr treffe ich am Sonntag, den 24. August 2009, im Heddesheimer Tennis-Club ein. Mein Begehr: Ein paar schöne Bilder von der Tennis-Jugend machen, ein paar Zeilen dazu schreiben. Nichts Aufregendes. Einfach ein Lokaltermin – journalistisch eher anspruchslos.

Doch es kommt anders. Ich spreche einen Mann an, der aussieht, als hätte er etwas mit dem Turnier zu tun. Man begrüßt sich. Der Mann ist der Turnierleiter und Sportjugendwart und Tennistrainer Holger Fuchs aus Leimen.

„Super, dann bin ich bei Ihnen ja richtig, um Informationen zu erhalten. Ich würde gerne Bilder machen, wo kann ich das am besten?“, frage ich.

„Wichtig ist, dass unser Sponsor auf dem Bild ist.“ Holger Fuchs

Der Herr Jugendwart und Turnierleiter Fuchs führt mich weg von den Tennisplätzen, auf denen die Kinder und Jugendlichen ihr Turnier austragen und um jeden Punkt kämpfen. Hin zu einem Tisch, auf dem die Pokale stehen: „Hier wird später das Gruppenfoto gemacht. Wichtig ist, dass unser Sponsor mit auf dem Bild ist.“ Herr Fuchs grinst, aber er meint das ganz ernst.

pokale

Gerne hätten wir die Sieger mit ihren Pokalen gezeigt... aber ohne den Sponsor im Bild kein Foto. Wir haben deshalb verzichtet. Bild: heddesheimblog

Ich gucke Herrn Fuchs verwundert an und sage: „Entschuldigen Sie, aber was ich fotografiere, entscheide ich selbst.“ Herr Fuchs sagt: „Der Sponsor muss mit auf dem Bild sein.“ Ich sage: „Mit müssen habe ich so meine Schwierigkeiten. Warum sollte ich ein Bild mit Werbung für den Sponsor veröffentlichen? Wenn der Sponsor bei mir Werbung machen will, kann er das gerne tun. Unabhängig davon berichte ich als Journalist frei von Sponsoren.“ Herr Fuchs sagt: „Das ist die Bedingung, kein Gruppenfoto und kein Bericht ohne unseren Sponsor.“ Ich sage: „Ist das das Wort zum Sonntag?“ Herr Fuchs sagt: „Ja.“ Neben Herrn Fuchs steht der „Pressewart“ Thomas Fritz. Der sagt kein Wort, aber auch er lächelt freundlich.

blick

Der eine hat den Ball und den Punkt im Blick... Bild: hblog

Ich sage: „Gut, wenn das so ist, gehe ich und werde ihren Vorstand über dieses mehr als seltsame Gespräch informieren.“ Das interessiert weder Herrn Fuchs noch Herr Fritz. Man gibt sich die Hand, Herr Fuchs und Herr Fritz lächeln freundlich und ich verlasse den Ort.

Ich informiere telefonisch den Vorstand Michael Bowien über die seltsame Begegnung. Dem Mann ist das unangenehm. Eigentlich hat er nur den Turnierverlauf im Sinn, dass er sich jetzt mit der Frage von Journalismus in Zeiten des „Sponsoring“ auseinandersetzen muss, hatte er nicht auf dem Zettel.

Herr Bowien versteht sofort, dass bei dieser Begegnung „etwas schief gelaufen ist“ und bemüht sich um Ausgleich.

Also komme ich eine Stunde später wieder in den Club. Ich erhalte „exklusive Vorstandsbetreuung“ durch Herrn Bowien, der mir Informationen zum Turnier gibt.

Die sind eher banal – was auch sonst? Rund 60 Kinder und Jugendliche tragen ein Tennisturnier aus. Sensationsjournalismus geht anders. Es geht um Lokalkolorit, um Vereinsberichterstattung, um die Mühe, im Alltag zwischen viel wichtigeren Nachrichten wahrgenommen zu werden.

Dann kommt Herr Fuchs bei uns vorbei. Eine gute Gelegenheit, die Sache von vorhin zu klären, denke ich: „Herr Fuchs, wissen Sie inzwischen, was die Aufgabe der Presse ist?“, frage ich. Herr Fuchs sagt: „Nein, ich weiß nur, dass Sie fotografieren wollen und der Sponsor mit aufs Bild soll.“

„Es geht darum, dass es üblich ist, dass der Sponsor ins Bild kommt.“ Holger Fuchs

„Dann wissen Sie wenig über die Presse.“ Herr Fuchs sagt: „Das stimmt. Aber darum geht es nicht.“

„Worum geht es dann?“, frage ich. „Darum, dass das Turnier ohne unseren Sponsor so nicht möglich wäre“, sagt Herr Fuchs.

Ich sage: „Das ist interessant. Sie sind doch Sportler. Geht es hier um den Sport und die jungen Sportler oder um den Sponsor?“ Herr Fuchs sagt: „Es geht darum, dass es üblich ist, dass die Presse den Sponsor fotografiert, denn der zahlt schließlich und damit gibt es die Turniere.“

fuchs

der andere den Sponsor. Preisverleihung, dahin in die Kamera schauen und ab. Bild: hblog

Ich sage: „Ich bin hier wegen des Sports und darüber will ich berichten.“ Herr Fuchs sagt: „Das können Sie, wenn Sie über den Sponsor berichten. Das ist so üblich, alle Pressefotografen machen das so. Bei großen Marken wie Benz oder anderen ist das doch auch so.“

Gruppenfoto mit Sponsor als „Aufgabe“ für den Journalismus.

Ich sage: „Das mag so sein, aber was für Sie „üblich“ ist, ist für mich übler Journalismus. Ich bin eigentlich nicht hier, um über das verkommene System des Sport-Sponsorings zu berichten, sondern nur über ein Jugendturnier.“ Herr Fuchs sagt: „Aber so ist das nunmal. Darüber mache ich mir keine Gedanken. Der Sponsor hat schließlich viel Geld bezahlt.“

„Wieviel?“, frage ich. „Das werde ich Ihnen nicht sagen“, sagt Herr Fuchs und grinst.

Und: „Was Sie schreiben, kann ich nicht beeinflussen. Das wissen Sie genau. Aber das Gruppenbild wird nur mit unserem Sponsor gemacht. Was anderes interessiert mich auch nicht, weil ich Ihren Text bestimmt nicht lese.“

Herr Fuchs hat zu tun und geht weiter.

Und ich habe viel dazu gelernt. Über einen Jugendwart und wie er seine Aufgabe sieht. Und über einen Heddesheimer Verein, der sich sicher nicht wesentlich von anderen Vereinen im Rhein-Neckar-Kreis oder anderswo in Deutschland unterscheidet. Und über das Sponsoring, das schon U10 einschließt.

Und darüber, welche Rolle „üblicherweise“ der „Lokaljournalismus“ spielt: Gruppenfoto mit Sponsor. Aufgabe erfüllt.

Die vollständig ignorante Haltung dieses Jugendwarts, dem der Sponsor wichtiger ist als der sportliche Wettkampf seiner „Schützlinge“, ist eigentlich nicht überraschend.

Überraschend ist, mit welcher selbstverständlichen Gleichgültigkeit Herr Fuchs auftritt. Für ihn sind Journalisten nur Promoter für seine Sponsoren.

„Das ist mir egal.“ Norman Kohl

Bevor ich gehe, treffe ich noch Herrn Norman Kohl von Kohl-Sport, dem Hauptsponsoren. Ich schildere ihm kurz die unerfreuliche Begegnung. Herr Kohl grinst irgendwie wie Herr Fuchs und sagt: „Das ist mir egal.“ Dann grinst er noch mehr.

„Für Sie geht das so in Ordnung?“, frage ich Herrn Kohl. Herr Kohl sagt: „Ja.“

„Und mehr sagen Sie dazu nicht?“, frage ich. Herr Kohl sagt: „Was gibt es dazu mehr zu sagen?“, und grinst.

Ich sage: „Naja, wäre Herr Fuchs etwas „geschickter“ gewesen, hätte ich vielleicht das Foto so gemacht, wie er es wollte, schließlich ermöglicht das „Sponsoring“ ja das Turnier und mal abgesehen von den Hintergründen finde ich es gut, wenn die jungen Sportler sich messen können.“

Herr Kohl sagt: „Für mich geht das so in Ordnung.“ Und grinst wieder.

Warum Herrn Kohl dieses kurze Gespräch dauernd zum Grinsen brachte, habe ich nicht verstanden. Ebenso wenig, warum Herr Fuchs immer grinste.

Offensichtlich verstehen die beiden mehr als ich vom Tennis und vom Sponsoring. Das gebe ich zu.