Rhein-Neckar, 05. November 2012. (red/aw) Ab dem 01. Januar 2013 sind alle gleich: Jeder Haushalt muss dann eine GebĂŒhrenpauschale fĂŒr den theoretischen oder praktischen Empfang öffentlich-rechtlicher Sendungen zahlen. Egal, ob man will oder nicht. Egal, ob man das Angebot nutzt oder nicht. Was sich die Politik von dieser „RundfunkgebĂŒhren-Reform“ verspricht und was sich fĂŒr uns GebĂŒhrenzahler Ă€ndert, wem sie nĂŒtzt? Wir erklĂ€ren es.
Von Alexandra Weichbrodt
Viele Menschen in Deutschland Ă€rgern sich ĂŒber GEZ-GebĂŒhren:
Ich schaue kein öffentlich-rechtliches Fernsehen und höre nie Radio. Warum soll ich also fĂŒr etwas bezahlen, dass ich nicht nutze?
Gute Frage. Aber keine, auf die man eine andere Antwort bekommt als:
Du zahlst trotzdem – ob Du willst oder nicht.
Und ab Januar gilt das fĂŒr alle.
Eine Wohnung, ein Beitrag
Mit der Reform des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (PDF) wird ab dem 01. Januar 2013 eine Haushaltspauschale fĂŒr die Nutzung von EmpfangsgerĂ€ten eingefĂŒhrt. Diese soll vieles vereinfachen, verspricht weniger bĂŒrokratischen Aufwand und schert aber letztlich nur alle BĂŒrgerinnen und BĂŒrger ĂŒber einen Kamm. Denn ab 2013 wird nicht mehr pro GerĂ€t mit dessen Besitzer abgerechnet, sondern pauschal pro Wohnung. UnabhĂ€ngig davon, ob im jeweiligen Haushalt ein EmpfangsgerĂ€t vorhanden ist und dieses genutzt wird.
FĂŒr Haushalte mit mehreren Mitgliedern verspricht diese neue Regelung auf den ersten Blick Entlastung. Erwachsene Kinder oder Oma und Opa, die mit in der Familie leben, werden nicht mehr zusĂ€tzlich zur Kasse gebeten. Pro Haushalt wird dann der Betrag von 17,98 Euro fĂ€llig. Die Anzahl der GerĂ€te spielt keine Rolle mehr.
Mehr Transparenz, weniger Kontrolle?
Als einer der groĂen Pluspunkte der Reform wurde nach ihrem Beschluss im Jahr 2010 der Fakt genannt, dass mit dem neuen Modell ja nicht mehr kontrolliert werden mĂŒsse, wie viele GerĂ€te und Personen sich tatsĂ€chlich in einem Haushalt befinden.
Der Vorsitzende der Rundfunkkommission und rheinland-pfÀlzische MinisterprÀsident Kurt Beck formulierte es, nach dem Beschluss der MinisterprÀsidenten 2010, so:
Ziel der LĂ€nder ist es, die Finanzierung fĂŒr den Rundfunk auf eine zeitgemĂ€Ăe Grundlage zu stellen, die KontrollbedĂŒrftigkeit innerhalb des Systems deutlich zu reduzieren und vor allem auch die PrivatsphĂ€re der Rundfunkteilnehmer zu schonen.
Auch GEZ-Verwaltungsrat-Vorsitzender Hans FĂ€rber sieht darin eine âChance fĂŒr das öffentlich-rechtliche Modell – weg von der Kontrolle hin zu mehr Transparenz und Service fĂŒr die BĂŒrgerinnen und BĂŒrgerâ.
Die GEZ-SchnĂŒffler wĂ€ren also zukĂŒnftig ĂŒberflĂŒssig. Der bĂŒrokratische Aufwand wĂŒrde sinken, da keine GerĂ€teauflistungen und ihre An- und Abmeldungen mehr vorgenommen werden mĂŒssten. Auch die âKontaktpersonenâ zur GEZ, die Beitragszahler werden insgesamt weniger, da nur noch jeder Haushalt und nicht jeder Besitzer erfasst werden muss.
âAlter Wein in neuen SchlĂ€uchenâ
Doch wer glaubt, dass damit die Besuche der GEZ-Kontrolleure aufhören, könnte sich tÀuschen, denn die Datenschutzbeauftragten von Bund und LÀndern sehen das anders. Bereits 2010, nach dem Beschluss der Reform, teilten sie in einer Stellungnahme ihre Bedenken mit:
Die bestehenden Befugnisse bei der Geldeintreibung werden beibehalten und teilweise sogar noch erweitert.
Der baden-wĂŒrttembergische Landesdatenschutzbeauftragte Jörg Klingbeil hĂ€lt das neue Finanzierungsmodell gar fĂŒr âalten Wein in neuen SchlĂ€uchenâ.
Die GebĂŒhrenreform soll die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland neu regeln. Hinter dem Begriff âöffentlich-rechtliche Senderâ verbergen sich elf Rundfunkanstalten mit mehr als einem Dutzend Haupt- und Spartensendern im Fernsehen und gut 70 Radiowellen.
Besonders in Zeiten des Internets will der Gesetzgeber durch die neue Reform die öffentlich-rechtlichen Sender absichern. Die technische Entwicklung habe dazu gefĂŒhrt, dass die Erhebung der RundfunkgebĂŒhr nicht mehr plausibel sei.
Aus GEZ wird AZDBS

ARD-Vorsitzender Peter Boudgoust (Quelle: SWR/Rafael Krötz)
Ab 2013 wird aus der GEZ der AZDBS – ARD-ZDF-Deutschlandradio-Beitragsservice. Klingt das charmanter als „GebĂŒhreneinzugszentrale“? Hört sich vielleicht im ersten Moment weniger bedrohlich an, die kontinuierliche „Beitreibung“ wird es weiterhin geben – und das viel einfacher als frĂŒher, denn per Definition geht es nicht mehr darum, ob man ein EmpfangsgerĂ€t hat. Das wird einfach unterstellt.
Die öffentlich-rechtlichen Sender begrĂŒĂen den neuen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag. ARD-Intendant Peter Boudgoust findet die neue GebĂŒhrenreform âeinfach gerechtâ und auch der frĂŒhere ZDF-Intendant Markus SchĂ€chter betonte, dass der neue Rundfunkbeitrag einfacher und effektiver sei und so fĂŒr mehr Beitragsgerechtigkeit sorge.
Allerdings verbirgt diese neue Finanzierungsform fĂŒr die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten auch eine nicht zu unterschĂ€tzende Mehrverantwortung. Denn sie werden mit Inkrafttreten des neuen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag mit Kultur- und BildungsgĂŒtern, wie Schulen, UniversitĂ€ten und Theatern, gleichgestellt. Und fĂŒr die kommt nach gesellschaftlichem Konsens die Allgemeinheit auf.
ARD und ZDF ab 2013 Kultur- und Bildungsgut
Damit hĂ€tte Deutschland ab 2013 so etwas wie eine Rundfunksteuer. Kritiker mahnen, dass öffentlich-rechtliche Sender zum Staatsfunk avancieren und trotzdem, weil es ja in der Verfassung vorgeschrieben ist, das Etikett der Staatsferne behalten dĂŒrfen.
Kritiker bemĂ€ngeln auĂerdem die StĂ€rkung der Ăffentlich-Rechtlichen und eine weitere Verschiebung zum Nachteil der Verleger und Privatsender. VerschĂ€rft werde das Problem durch das nach wie vor fehlende Werbeverbot bei ARD, ZDF & Co. Durch Werbung treten die Ăffentlich-Rechtlichen in direkte Konkurrenz zu den Privatsendern. Eine zusĂ€tzliche Einnahmequelle, die die WettbewerbsfĂ€higkeit langfristig deutlich beeinflussen kann.
Anlass zur Kritik gibt auch die neue Regelung der GebĂŒhrenbefreiung. Der wohl gröĂte Nachteil der GEZ-Reform fĂŒr BĂŒrgerinnen und BĂŒrger: Es wird so gut wie keine GEZ-Befreiungen mehr geben. Wer weder Fernseher noch Radio besitzt muss genauso viel zahlen wie der Nachbar mit Zweit-Fernseher, KĂŒchenradio und Laptop.
ZukĂŒnftig werden nur noch die „finanziell Schwachen“ vom Rundfunkbeitrag befreit. EmpfĂ€nger von Sozialleistungen sowie Studierende und Auszubildende, können sich mit einem Nachweis wie bisher von der GebĂŒhr befreien lassen.
Was muss ich jetzt tun?
Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) zusammengeschlossenen Sender, des ZDF und des Deutschlandradio erfolgt die Umstellung fĂŒr BĂŒrgerinnen und BĂŒrger auf den neuen Beitrag gröĂtenteils automatisch. FĂŒr ĂŒber 90 Prozent der BĂŒrgerinnen und BĂŒrger bedeute dies, dass sie ab 2013 genauso viel oder weniger zahlen als zuvor. Von Unternehmen und Institutionen seien zukĂŒnftig einige zusĂ€tzlichen Angaben erforderlich, heiĂt es.
Der neue Rundfunkbeitrag mache allerdings auch vieles einfacher fĂŒr Unternehmen und Institutionen wie Behörden oder VerbĂ€nde, so die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Der neue GebĂŒhrensatz ergibt sich dann aus der Zahl der BetriebsstĂ€tten, der BeschĂ€ftigten und der Kraftfahrzeuge. Wer welche RundfunkgerĂ€te bereithĂ€lt, spielt zukĂŒnftig keine Rolle mehr.
FĂŒr „Einrichtungen des Gemeinwohls“ wie Schulen oder gemeinnĂŒtzige Vereine und Stiftungen sowie Feuerwehr, Polizei, Bundeswehr, Zivil- und Katastrophenschutz gelten ab 2013 gesonderte Regelungen. Es ist maximal ein Rundfunkbeitrag von monatlich 17,98 Euro pro BetriebsstĂ€tte zu zahlen. Es spielt also keine Rolle mehr, ĂŒber wie viele Radios, Fernseher und Computer eine Einrichtung verfĂŒgt.
Finanzcheck bei der GEZ
Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF) schĂ€tzt â mit Hinweis auf die Chancen und Risiken des neuen Einnahmemodells â, dass die GebĂŒhreneinzugszentrale (dann: AZDBS) zwischen 2013 und 2016 rund 29,6 Milliarden Euro einnehmen wird.

GEZ-GebĂ€ude in Köln (Quelle: GebĂŒhreneinzugszentrale)
Pro Jahr wĂ€ren das etwas 7,4 Milliarden Euro fĂŒr die öffentlich-rechtlichen Anstalten, davon bekommt die ARD 5,4 Milliarden fĂŒr Radio und Fernsehen, das ZDF 1,8 Milliarden, das Deutschlandradio knapp mehr als 190 Millionen.
Laut dem GEZ GeschĂ€ftsbericht 2011 beliefen sich die GesamtertrĂ€ge im Jahr 2011 von ARD, ZDF und Deutschlandradio ohne Anteile der Landesmedienanstalten auf rund 7,39 Milliarden Euro. Insgesamt summierten sich die GebĂŒhrenerlöse der ARD auf 5,373 Milliarden Euro, das ZDF konnte 2011 1,824 Milliarden Euro verbuchen, das Deutschlandradio etwa 193,4 Millionen Euro.
Treffen die Berechnungen der KEF ab 2013 zu, werden sich die Mehreinnahme der AZDBS gegenĂŒber den GEZ-Zahlen von 2011 in Grenzen halten. Wenn es ĂŒberhaupt zu welchen kommt. Derzeit fĂŒhrt die GEZ knapp 42 Millionen Teilnehmerkonten, die Zahl der Haushalte, die fĂŒr 91 Prozent der GEZ-Einnahmen stehen, liegt knapp ĂŒber 40 Millionen. Die KEF erwartet damit trotz der neuen Erhebungsgrundlage kein deutliches Plus bei den Einnahmen.
Das neue Modell scheint also keines zum Geld scheffeln zu sein. Trotzdem wird der ein oder andere GebĂŒhrenzahler nicht das GefĂŒhl loswerden ĂŒber den Tisch gezogen zu werden.
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