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Guten Tag!
Heddesheim, 12. April 2010. Schmusekatze, Haustiger, Kratzbürste – Katzen haben viele Synonyme und wahrscheinlich alle zu Recht. Katzen sind längst keine Nutztiere mehr, sondern leben in der Familie. Zu Recht? Irgendwie schon, meint Gabi – auch, wenn sie das System Katze erst lernen musste.
Ich habe hier schon viel über meine Kinder und meinen Mann geschrieben, aber zwei Mitglieder unserer Familie habe ich bislang verschwiegen. Und das ist eigentlich sträflich, haben sich die beiden doch einen festen Platz in unserem Leben erobert: Ich meine unsere beiden Katzendamen.
Als ehemalige Hundebesitzerin war mir das System „Katze“ zunächst fremd.

Das System Katze musste Gabi erstmal lernen. Bild: privat
Eine Kollegin erzählte mir vor drei Jahren von jungen Kätzchen auf einem Bauernhof, die keiner wollte. Als die Kinder nicht zuhause waren, fuhren mein Mann und ich eine gute halbe Stunde zu diesem Hof, um uns die Kätzchen anzuschauen.
Hund und Katze?
Dort angekommen sahen wir sofort die Katzenmutter mit drei Jungen und einen riesigen Hofhund. Komisch, dachte ich, die sind wie „Hund und Katze“ heißt doch, dass man sich nicht versteht? Ich fragte meinen Mann. Der sagte das, was ich so an ihm „liebe“: „Das kommt darauf an.“
Gemeinsam fraßen Hund und Katzen aus einem sehr großen Napf.
Es kommt also darauf an. Auf was? „Ob die sich kennen und miteinander aufgewachsen sind.“ Aha, dachte ich. Wie im richtigen Leben.
Uns gefiel sofort ein kleines weißes Kätzchen mit einem graugestreiften Schwanz und einem grau-braunen Fleck auf dem Rücken, der so aussah, als wäre der Schwanz in Farbe getunkt worden und hätte dann den Rücken gestreift.
Das weiße Kätzchen könnten wir gerne mitnehmen, sagte uns der Sohn des Hauses, die anderen beiden seien schon vergeben.
Nutztiere.
In der Scheune sei noch ein weiteres Kätzchen, von dem er uns aber nur abraten könne, es sei das jüngste aus dem Wurf, wäre aggressiv, scheu und würde sofort zubeißen. Der etwa achtjährige Junge guckte uns herausfordernd an – anscheinend hatte er nicht zum ersten Mal Kätzchen weggegeben. Ich dachte: Wie kann der so cool sein und erinnerte mich, dass wir auf einem Bauernhof waren, wo die meisten Tiere einen „Nutzen“ haben.
Wir wollten aber gerne zwei Katzen. Der Junge seufzte nach dem Motto: Die wissen nicht, was sie tun – zog sich Arbeitshandschuhe an und machte sich auf die Suche. Mit einem kleine Etwas am Handschuh kam er zurück aus der Scheune.
Wie angekündigt, hatte sich die kleine Katze in den Handschuh verbissen und zappelte und kratzte. Auf dem Boden abgelegt fauchte sie, was das Zeug hielt.
Liebe auf den ersten Blick.
Und ich sah es genau, schon beim ersten Blick hatte sich mein Mann unsterblich verliebt.
Mit zwei völlig verängstigten Katzen im Auto machten wir uns auf den Rückweg.
Die nächsten Tage verbrachten wir damit, die beiden unter dem Sofa oder hinter dem Schrank hervorzulocken. Und schon nach kurzer Zeit wurde das weiße Kätzchen sehr zutraulich und war bald der Liebling der Kinder. Die kleine „Wilde“, war ein vollkommen verschüchtertes Tier, das sich kaum ans Futter traute und über Wochen sofort anfing zu fauchen, wenn sich ihr jemand näherte.
Das ist jetzt drei Jahre her. Und von Schüchternheit keine Spur mehr. Hat man einen Hund, ist man sein „Herrchen/Frauchen“, hat man Katzen so ist man ihr „Diener“.
Denn obwohl eine Katzenklappe den beiden „Damen“ ermöglicht jederzeit von Drinnen nach Draußen und umgekehrt zu gelangen, sorgen die beiden mit lautem Miauen und vorwurfsvollem Blick dafür, dass wir täglich unzählige Male die Haus- oder die Terrassentür öffnen, um sie raus oder rein zu lassen.
Jammern gehört zur Liebe.
Wenn ich morgens die Küche betrete, muss ich innerhalb der nächsten 5 Sekunden die Futternäpfe füllen, denn das jämmerliche Miauen und das Umstreifen meiner Beine, erinnert mich daran, dass hier zwei kurz vorm Verhungern sind – dramatischer geht’s nicht. Keins meiner Kinder hat je diesen Nerv getroffen, der mich fernsteuert wie eine Puppe.
Katzenkörbchen? Fehlanzeige. Beide haben sich inzwischen Plätze auf dem Sofa erobert. Dies wiederum geschieht nahezu lautlos raffiniert. Erst kuscheln sie sich an, wenn man auf dem Sofa sitzt oder liegt – und wer brächte es da übers Herz, sie da zu verscheuchen – und dann liegen sie zufällig auch mal dort, wenn keiner von uns dabei ist. Und irgendwann ist klar, dass es überhaupt keine Diskussion darüber gibt, dass das ihr Platz ist.
Und jetzt noch was zum Thema Jagd. Wer Katzen hat, darf nicht zimperlich sein.
Grausame Natur?
Unsere weiße Katze ist eine hervorragende Jägerin. Sobald der Frühling kommt, bringt sie uns kleine und große Mäuse, mit süßen Augen. Meistens lebend, denn Katzen sind ja „verspielt“.
Als Liebesbeweis bekam unser Sohn letzten Sommer einen Vogel ins Zimmer nicht ge-, sondern zerlegt. Bett und Boden waren übersät mit Federn, es sah aus wie ein Schlachtfeld.
Aber auch die Reste eine Mäusemahls sind nicht wirklich lecker.
Unsere Jägerin ist nicht nur großartig im Fangen, sondern – und das können Sie mir jetzt glauben oder nicht – sie imitiert auch Vogelstimmen. Sie sitzt vor der Terrassentür, beobachtet die Vögel im Garten und gibt gurrende Geräusche von sich, die sich manchmal auch anhören wie ein Gackern.
Die ehemals „Wilde“ ist sich für die Jagd meist zu fein oder es ist ihr einfach zu anstrengend, weil man ja auch sonst nicht verhungern muss.
Katzen lassen lieben.
Und während man von seinem Hund treu geliebt wird, lassen Katzen lieben.
Trotzdem: Kommen wir nach Hause, sind sie meist sofort zur Stelle. Schon von Weitem erkennen sie das Geräusch des Autos und sobald wir in den Hof fahren, kommen sie angetrottet.
Würde man jetzt erwartet, freudig begrüßt zu werden, würde man enttäuscht. Katzen haben eine andere Sprache – sie ist oft zurückhaltender, manchmal aber auch unerbittlich herzerwärmend, vor allem, wenn sie voller Zufriedenheit schnurren.
Der Blick, mit dem wir begrüßt werden, sagt: „Gut, dass ihr wieder da seid“. Dann drehen sich unsere Katzen um, und gehen wieder ihren Weg.
Sie sind Teil der Familie, längst keine „Nutztiere“ mehr, nicht wild, aber irgendwie doch.
Auch nach drei Jahren lerne ich immer noch das „System Katze“ – und das gibt einem etwas fürs Leben mit.
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