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Heddesheim, 01. April 2010. Ă Warum das heddesheimblog keine UnterlassungserklĂ€rung ab-, dafĂŒr aber Frau Görlitz einen guten Ratschlag gibt.
Von Hardy Prothmann
Die Mannheimer Morgen-Redakteurin Anja Görlitz fĂŒhlt sich durch einen Kommentar auf dem heddesheimblog diffamiert, beauftragt deshalb einen Anwalt und fordert eine UnterlassungserklĂ€rung, Streitwert: 20.000 Euro. Die AnwaltsgebĂŒhr betrĂ€gt: 1.023,16 Euro.
Es ist das gute Recht von Frau Görlitz, sich einen Anwalt zu nehmen, wenn sie sich in ihren Rechten verletzt fĂŒhlt. Um festzustellen, ob dem so ist, muss sie allerdings klagen und ein Gericht entscheiden lassen, ob ihre Klage zulĂ€ssig ist oder nicht. So ist das Verfahren im Rechtsstaat.
Die Meinungsfreiheit, im Grundgesetz als Artikel 5, Abs. 1 verankert, ist ein sehr hohes Gut. Sie findet ihre Grenzen bei unzulÀssigen Tatsachenbehauptungen und das ist gut so.
In dem vorliegenden Kommentar – der zugegebenermaĂen sehr spitz formuliert ist – Ă€uĂere ich meine Meinung ĂŒber eine in meinen Augen mangelhafte journalistische Berichterstattung durch Frau Görlitz.
Es gab viel Kritik zu diesem Kommentar, der auch in Kollegenkreise als „ĂŒbertrieben“ wahrgenommen wurde. Dieser Kritik habe ich mich gestellt und bin zu dem Schluss gekommen, dass die Kritik berechtigt ist.
Und zwar aus folgendem Grund: Der Kern meiner Kritik, die unkritische journalistische Haltung und die daraus resultierende OberflĂ€chlichkeit der Berichterstattung ging durch die Aufregung ĂŒber die provokante Formulierung im Text unter. Damit habe ich das eigentliche Ziel des Kommentars – die Bevölkerung wieder einmal gegenĂŒber der unkritischen Berichterstattung im Mannheimer Morgen zu sensibilisieren – zumindest teilweise verfehlt. Eine Diffamierung war nie beabsichtigt – eine Provokation hingegen schon.
Frau Görlitz fĂŒhlt sich, laut Schreiben ihres Anwalts, durch den Kommentar nicht nur provoziert, sondern sogar „diffamiert“.
Es war und ist nicht mein Interesse, die Person Anja Görlitz zu diffamieren. Das tut auch nicht der Kommentar.Ă Die Person Frau Görlitz ist mir egal. Nicht egal ist mir, was sie als Redakteurin des Mannheimer Morgen an Informationen veröffentlich oder nicht veröffentlicht.
Denn Journalisten nehmen eine Ă€uĂerst wichtige Aufgabe in der Gesellschaft wahr: Ihre Arbeit ermöglicht es einer breiten Ăffentlichkeit, sich zu informieren und sich eine Meinung zu bilden. In der Wissenschaft wird hier von einer „WĂ€chterfunktion“ gesprochen.
Der Kommentar verwendet eine bildhafte Sprache, um die in meinen Augen unertrĂ€gliche „NĂ€he“ einer Journalistin zu einem politischen Beamten dazustellen. Er problematisiert ein PhĂ€nomen, ĂŒber das medienintern seit langem diskutiert wird und das als feststehende Tatsache gilt: Es wird von Journalisten immer weniger recherchiert.
Daraus erfolgt meiner Meinung nach eine ĂŒberwiegend unkritische Berichterstattung. Daraus folgt eine aus meiner Sicht mangelhafte Unterrichtung der Leserinnen zu einem fĂŒr die Kommune Heddesheim alles ĂŒberragenden Thema, der geplanten „Pfenning“-Ansiedlung.
MeinungsĂ€uĂerungen mĂŒssen nicht begrĂŒndet werden. TatsĂ€chlich begrĂŒnde ich aber auch in diesem Kommentar, warum ich in Bezug auf das Interview von Frau Görlitz zu dieser Meinung komme:
- Und nun? Kein Wort von „Pfenning“ im Interview mit dem BĂŒrgermeister der Gemeinde Heddesheim.
- Kein Wort darĂŒber, dass das Hallenbad ein enormer KostentrĂ€ger ist.
- Kein Wort darĂŒber, dass „Sterben teurer wird“.
- Kein Wort darĂŒber, dass die Gemeinde vergleichsweise gut dasteht und die Krise die Gemeinde trifft, aber weniger als andere.
- Kein Wort darĂŒber, dass im „Haushalt“ einige Posten stehen, die durchaus „eingespart“ werden könnten.
- Kein Wort darĂŒber, dass Frau Görlitz dafĂŒr auch die „fetten“ Unterlagen zu den „mageren Zeiten“ gelesen und verstanden haben mĂŒsste, sprich, ein wenig recherchiert hĂ€tte. (Diesen Satz hat der Anwalt ĂŒbrigens nicht in seine Liste aufgenommen, Anmk. d. Red.)
Frau Görlitz hat sich nun entschlossen, vom heddesheimblog eine UnterlassungserklĂ€rung zu verlangen. Die wird sie nicht bekommen – sie kann versuchen, diese einzuklagen.
Sollte es zu einem Gerichtsverfahren kommen, wird das heddesheimblog natĂŒrlich ausfĂŒhrlich die HintergrĂŒnde darlegen und belegen, warum es zu diesen MeinungsĂ€uĂerungen gekommen ist.
Das heddesheimblog ist dabei guten Mutes, vom Gericht die ZulĂ€ssigkeit der MeinungsĂ€uĂerung bestĂ€tigt zu bekommen.Ă Denn nicht alleine eine Formulierung ist ausschlaggebend, sondern auch der Kontext.
Im Jahr 2008 hat das Bundesverfassungsgericht beispielsweise entschieden, dass die ĂâuĂerung „DummschwĂ€tzer“ eine Beleidigung darstellt, in gewissen FĂ€llen aber zulĂ€ssig ist. Ein Stadtrat hatte im Zuge einer Diskussion einen anderen Stadtrat mit dieser Bezeichnung angeblich „beleidigt“.
Das Bundesverfassungsgericht beurteilte allerdings diese ĂâuĂerung im Kontext und bestĂ€tigte damit, dass der angeblich Beleidigte „dummes Zeug geschwĂ€tzt hat“, folglich „DummschwĂ€tzer“ in diesem Zusammenhang eine zulĂ€ssige Bezeichnung war.
Wir haben uns aus oben genannten GrĂŒnden mit dem Kommentar keinen Gefallen getan.
Ob Frau Görlitz sich nun einen Gefallen tut, indem sie das Thema wieder auf die Tagesordnung bringt, muss sie selbst entscheiden.
Ebenso, ob sie gerichtlich feststellen lassen will, ob die MeinungsĂ€uĂerungen nun zulĂ€ssig waren oder nicht – denn was, wenn (wovon wir ausgehen) die ZulĂ€ssigkeit bestĂ€tigt wird?
Ich persönlich kann Frau Görlitz versichern, dass ich weder ein persönliches noch geschĂ€ftliches Interesse habe, sie zu diffamieren. So wie ich ĂŒberhaupt kein Interesse habe, irgendjemanden zu diffamieren. Die Diffamierung, also das Streuen von GerĂŒchten, ist nĂ€mlich das Gegenteil von Journalismus.
Mein einziges Interesse gilt einem möglichst guten Journalismus, der seine Leserinnen ernst nimmt und versucht, so umfassend wie möglich zu informieren.
Frau Görlitz wĂ€re aus unserer Sicht besser beraten, ihr Anliegen einer UnterlassungserklĂ€rung fallen zu lassen und stattdessen die Arbeit aufzunehmen und zu zeigen, dass sie eine ernstzunehmende Journalistin ist, die umfassend und hintergrĂŒndig recherchiert und informiert.
Sie kann ihre Energie aber auch in einen Prozess stecken und sich so Aufmerksamkeit verschaffen. Jeder, wie er will.
Wir sind gespannt, fĂŒr welchen Weg sich Frau Görlitz entscheidet.
Ebenso gespannt sind wir, ob uns nun ihr Anwalt Braun wegen „Urheberrechtsverletztungen“ verklagen wird, weil wir aus seinem Schreiben auszugsweise zitiert haben.
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