Freitag, 24. März 2023

GEZ: Gebührenänderungen zum 01.01.2013

Haushaltspauschale für alle

Rhein-Neckar, 05. November 2012. (red/aw) Ab dem 01. Januar 2013 sind alle gleich: Jeder Haushalt muss dann eine Gebührenpauschale für den theoretischen oder praktischen Empfang öffentlich-rechtlicher Sendungen zahlen. Egal, ob man will oder nicht. Egal, ob man das Angebot nutzt oder nicht. Was sich die Politik von dieser „Rundfunkgebühren-Reform“ verspricht und was sich für uns Gebührenzahler ändert, wem sie nützt? Wir erklären es.

Von Alexandra Weichbrodt

Viele Menschen in Deutschland ärgern sich über GEZ-Gebühren:

Ich schaue kein öffentlich-rechtliches Fernsehen und höre nie Radio. Warum soll ich also für etwas bezahlen, dass ich nicht nutze?

Gute Frage. Aber keine, auf die man eine andere Antwort bekommt als:

Du zahlst trotzdem – ob Du willst oder nicht.

Und ab Januar gilt das für alle.

Eine Wohnung, ein Beitrag

Mit der Reform des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (PDF) wird ab dem 01. Januar 2013 eine Haushaltspauschale für die Nutzung von Empfangsgeräten eingeführt. Diese soll vieles vereinfachen, verspricht weniger bürokratischen Aufwand und schert aber letztlich nur alle Bürgerinnen und Bürger über einen Kamm. Denn ab 2013 wird nicht mehr pro Gerät mit dessen Besitzer abgerechnet, sondern pauschal pro Wohnung. Unabhängig davon, ob im jeweiligen Haushalt ein Empfangsgerät vorhanden ist und dieses genutzt wird.

Für Haushalte mit mehreren Mitgliedern verspricht diese neue Regelung auf den ersten Blick Entlastung. Erwachsene Kinder oder Oma und Opa, die mit in der Familie leben, werden nicht mehr zusätzlich zur Kasse gebeten. Pro Haushalt wird dann der Betrag von 17,98 Euro fällig. Die Anzahl der Geräte spielt keine Rolle mehr.

Mehr Transparenz, weniger Kontrolle?

Kurt Beck (Quelle: Staatskanzlei Rheinland-Pfalz)

Als einer der großen Pluspunkte der Reform wurde nach ihrem Beschluss im Jahr 2010 der Fakt genannt, dass mit dem neuen Modell ja nicht mehr kontrolliert werden müsse, wie viele Geräte und Personen sich tatsächlich in einem Haushalt befinden.

Der Vorsitzende der Rundfunkkommission und rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck formulierte es, nach dem Beschluss der Ministerpräsidenten 2010, so:

Ziel der Länder ist es, die Finanzierung für den Rundfunk auf eine zeitgemäße Grundlage zu stellen, die Kontrollbedürftigkeit innerhalb des Systems deutlich zu reduzieren und vor allem auch die Privatsphäre der Rundfunkteilnehmer zu schonen.

Auch GEZ-Verwaltungsrat-Vorsitzender Hans Färber sieht darin eine “Chance für das  öffentlich-rechtliche Modell – weg von der Kontrolle hin zu mehr Transparenz und Service für die Bürgerinnen und Bürger”.

Die GEZ-Schnüffler wären also zukünftig überflüssig. Der bürokratische Aufwand würde sinken, da keine Geräteauflistungen und ihre An- und Abmeldungen mehr vorgenommen werden müssten. Auch die “Kontaktpersonen” zur GEZ, die Beitragszahler werden insgesamt weniger, da nur noch jeder Haushalt und nicht jeder Besitzer erfasst werden muss.

“Alter Wein in neuen Schläuchen”

Doch wer glaubt, dass damit die Besuche der GEZ-Kontrolleure aufhören, könnte sich täuschen, denn die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern sehen das anders. Bereits 2010, nach dem Beschluss der Reform, teilten sie in einer Stellungnahme ihre Bedenken mit:

Die bestehenden Befugnisse bei der Geldeintreibung werden beibehalten und teilweise sogar noch erweitert.

Der baden-württembergische Landesdatenschutzbeauftragte Jörg Klingbeil hält das neue Finanzierungsmodell gar für “alten Wein in neuen Schläuchen”.

Die Gebührenreform soll die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland neu regeln. Hinter dem Begriff “öffentlich-rechtliche Sender” verbergen sich elf Rundfunkanstalten mit mehr als einem Dutzend Haupt- und Spartensendern im Fernsehen und gut 70 Radiowellen.

Besonders in Zeiten des Internets will der Gesetzgeber durch die neue Reform die öffentlich-rechtlichen Sender absichern. Die technische Entwicklung habe dazu geführt, dass die Erhebung der Rundfunkgebühr nicht mehr plausibel sei.

Aus GEZ wird AZDBS

ARD-Vorsitzender Peter Boudgoust (Quelle: SWR/Rafael Krötz)

Ab 2013 wird aus der GEZ der AZDBS – ARD-ZDF-Deutschlandradio-Beitragsservice. Klingt das charmanter als „Gebühreneinzugszentrale“? Hört sich vielleicht im ersten Moment weniger bedrohlich an, die kontinuierliche „Beitreibung“ wird es weiterhin geben – und das viel einfacher als früher, denn per Definition geht es nicht mehr darum, ob man ein Empfangsgerät hat. Das wird einfach unterstellt.

Die öffentlich-rechtlichen Sender begrüßen den neuen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag. ARD-Intendant Peter Boudgoust findet die neue Gebührenreform “einfach gerecht” und auch der frühere ZDF-Intendant Markus Schächter betonte, dass der neue Rundfunkbeitrag einfacher und effektiver sei und so für mehr Beitragsgerechtigkeit sorge.

Allerdings verbirgt diese neue Finanzierungsform für die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten auch eine nicht zu unterschätzende Mehrverantwortung. Denn sie werden mit Inkrafttreten des neuen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag mit Kultur- und Bildungsgütern, wie Schulen, Universitäten und Theatern, gleichgestellt. Und für die kommt nach gesellschaftlichem Konsens die Allgemeinheit auf.

ARD und ZDF ab 2013 Kultur- und Bildungsgut

Damit hätte Deutschland ab 2013 so etwas wie eine Rundfunksteuer. Kritiker mahnen, dass öffentlich-rechtliche Sender zum Staatsfunk avancieren und trotzdem, weil es ja in der Verfassung vorgeschrieben ist, das Etikett der Staatsferne behalten dürfen.

Kritiker bemängeln außerdem die Stärkung der Öffentlich-Rechtlichen und eine weitere Verschiebung zum Nachteil der Verleger und Privatsender. Verschärft werde das Problem durch das nach wie vor fehlende Werbeverbot bei ARD, ZDF & Co. Durch Werbung treten die Öffentlich-Rechtlichen in direkte Konkurrenz zu den Privatsendern. Eine zusätzliche Einnahmequelle, die die Wettbewerbsfähigkeit langfristig deutlich beeinflussen kann.

Anlass zur Kritik gibt auch die neue Regelung der Gebührenbefreiung. Der wohl größte Nachteil der GEZ-Reform für Bürgerinnen und Bürger: Es wird so gut wie keine GEZ-Befreiungen mehr geben. Wer weder Fernseher noch Radio besitzt muss genauso viel zahlen wie der Nachbar mit Zweit-Fernseher, Küchenradio und Laptop.

Zukünftig werden nur noch die „finanziell Schwachen“ vom Rundfunkbeitrag befreit. Empfänger von Sozialleistungen sowie Studierende und Auszubildende, können sich mit einem Nachweis wie bisher von der Gebühr befreien lassen.

Was muss ich jetzt tun?

Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) zusammengeschlossenen Sender, des ZDF und des Deutschlandradio erfolgt die Umstellung für Bürgerinnen und Bürger auf den neuen Beitrag größtenteils automatisch. Für über 90 Prozent der Bürgerinnen und Bürger bedeute dies, dass sie ab 2013 genauso viel oder weniger zahlen als zuvor. Von Unternehmen und Institutionen seien zukünftig einige zusätzlichen Angaben erforderlich, heißt es.

Der neue Rundfunkbeitrag mache allerdings auch vieles einfacher für Unternehmen und Institutionen wie Behörden oder Verbände, so die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Der neue Gebührensatz ergibt sich dann aus der Zahl der Betriebsstätten, der Beschäftigten und der Kraftfahrzeuge. Wer welche Rundfunkgeräte bereithält, spielt zukünftig keine Rolle mehr.

Für „Einrichtungen des Gemeinwohls“ wie Schulen oder gemeinnützige Vereine und Stiftungen sowie Feuerwehr, Polizei, Bundeswehr, Zivil- und Katastrophenschutz gelten ab 2013 gesonderte Regelungen. Es ist maximal ein Rundfunkbeitrag von monatlich 17,98 Euro pro Betriebsstätte zu zahlen. Es spielt also keine Rolle mehr, über wie viele Radios, Fernseher und Computer eine Einrichtung verfügt.

Finanzcheck bei der GEZ

Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF) schätzt – mit Hinweis auf die Chancen und Risiken des neuen Einnahmemodells –, dass die Gebühreneinzugszentrale (dann: AZDBS) zwischen 2013 und 2016 rund 29,6 Milliarden Euro einnehmen wird.

GEZ-Gebäude in Köln (Quelle: Gebühreneinzugszentrale)

Pro Jahr wären das etwas 7,4 Milliarden Euro für die öffentlich-rechtlichen Anstalten, davon bekommt die ARD 5,4 Milliarden für Radio und Fernsehen, das ZDF 1,8 Milliarden, das Deutschlandradio knapp mehr als 190 Millionen.

Laut dem GEZ Geschäftsbericht 2011 beliefen sich die Gesamterträge im Jahr 2011 von ARD, ZDF und Deutschlandradio ohne Anteile der Landesmedienanstalten auf rund 7,39 Milliarden Euro. Insgesamt summierten sich die Gebührenerlöse der ARD auf 5,373 Milliarden Euro, das ZDF konnte 2011 1,824 Milliarden Euro verbuchen, das Deutschlandradio etwa 193,4 Millionen Euro.

Treffen die Berechnungen der KEF ab 2013 zu, werden sich die Mehreinnahme der AZDBS gegenüber den GEZ-Zahlen von 2011 in Grenzen halten. Wenn es überhaupt zu welchen kommt. Derzeit führt die GEZ knapp 42 Millionen Teilnehmerkonten, die Zahl der Haushalte, die für 91 Prozent der GEZ-Einnahmen stehen, liegt knapp über 40 Millionen. Die KEF erwartet damit trotz der neuen Erhebungsgrundlage kein deutliches Plus bei den Einnahmen.

Das neue Modell scheint also keines zum Geld scheffeln zu sein. Trotzdem wird der ein oder andere Gebührenzahler nicht das Gefühl loswerden über den Tisch gezogen zu werden.

Bei der „Schicksalswahl“ zeichnet sich eine hohe Wahlbeteiligung ab


Sollten die Prognosen eintreffen, bleibt die CDU zwar stärkste Fraktion, verliert aber die Macht im Land an Grün-Rot.

Guten Tag!

Rhein-Neckar/Weinheim, 27. März 2011. (red) Nach Agenturberichten zeichnet sich landesweit eine hohe Wahlbegteiligung ab. Im Vergleich zur Landtagswahl 2006 liegen die Werte gut 50 Prozent über den vergangenen Wahlen. 7,8 Millionen Menschen sind in Baden-Württemberg wahlberechtigt.

„In Baden-Württembergs Landeshauptstadt Stuttgart hatten bis 11.00 Uhr 8,7 Prozent der Wahlberechtigten ihr Kreuzchen gemacht. Bei der Wahl vor fünf Jahren waren es um diese Zeit nur 6,4 Prozent. In Heidelberg lag die Wahlbeteiligung am späten Vormittag bei 8,4 Prozent, 2006 waren es zur gleichen Zeit nur 4,9 Prozent gewesen“, schreibt die Deutsche Presse-Agentur (dpa).

2006 lag die Wahlbeteiligung bei 57,5 Prozent, landesweit war die Beteiligung noch schlechter, nämlich nur 53,4 Prozent. Bei den unter 30-jährigen lag die Beteiligung gar nur bei 33 Prozent.

In Baden-Württemberg ist es die wohl spannendste Landtagswahl aller Zeiten: Seit 58 Jahren ist die CDU ununterbrochen an der Macht und könnte diese nun zum ersten Mal verlieren. CDU und FDP-Wähler gelten als „pflichtbewusster“ bei Wahlen. Niedrige Wahlbeteiligungen schaden deshalb vor allem den anderen Parten. Eine hohe Wahlbeteiligung weist auf eine hohe Mobilisierung von Grünen und SPD-Wählern hin – aber auch für Die Linke.

Die CDU gilt als schwer angeschlagen. Nicht nur durch „äußere Ereignisse“ wie die atomare Katastrophe in Japan, den Bürgerkrieg in Libyen und den schwachen Euro, sondern vor allem durch die politische Orientierungslosigkeit innerhalb der CDU. Der Atom-Freund und Ministerpräident Stefan Mappus meldete selbst Zweifel an, um sich dann wieder zur Atomkraft zu bekennen. Das sind rein wahltaktische Manöver, allerdings dilletantisch ausgeführt – wie die Bekenntnis des Bundeswirtschaftsministers Brüderle, der vor Managern das „Atom-Moratorium“ als Wahlkampfmittel bezeichnet hatte.

Die Grünen erlebten in den Umfragen einen Höhenflug – wenn die Prognosen eintreffen, werden sie in Baden-Württemberg ihre Anteile auf rund 24 Prozent verdoppeln und zusammen mit der SPD die Regierung stellen können. Der neue und erste grüne Ministerpräsident würde dann der 62-jährige Winfried Kretschmann werden. Er gilt vielen Baden-Württembergen als wählbar – durch seine besonnene Art. Zudem ist er gläubiger Katholik, was ihn CDU-Anhängern sympathischer macht.

Um 18:00 Uhr wird es erste Hochrechnungen geben. Wir informieren Sie umgehend mit Analysen zur Wahl.

Auch in Rheinland-Pfalz wird einer neuer Landtag gewählt – die SPD unter Ministerpräsident Kurt Beck gewinnt dort sicher. Auch den Grünen werde gute Chancen eingeräumt, wieder in den Landtag zu kommen.

Einen schönen „Schicksalswahltag“ wünscht
Das rheinneckarblog

In eigener Sache: heddesheimblog beim 15. Mainzer MedienDisput

Guten Tag!

Heddesheim, 27. November 2010. Am Donnerstag, den 25. November 2010, war das heddesheimblog auf dem 15. MainzerMedienDisput vertreten. Hardy Prothmann war als Teilnehmer der Diskussionsrunde „David gegen Goliath – die digitale Steinschleuder“ geladen. Man stellte sich der Frage, welche Perspektive lokaljournalistische Onlineangebote haben und ob sie eine Konkurrenz zum etablierten Printmedienmarkt sind.

Von Christian Mühlbauer

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck eröffnete die Veranstaltung und forderte mehr „Staatsferne“ in den Aufsichtsratsgremien der öffentlich-rechtlichen Sender.

Die aktuelle Debatte über eine gesetzliche Einschränkung von Berichten in Zusammenhang mit möglichen Terror-Akten kommentierte er: „Ich halte solche Überlegungen für inakzeptabel. Die Medien in Deutschland berichten ganz überwiegend so, dass man erkennt, dass sich die Journalistinnen und Journalisten ihrer Verantwortung bewusst sind.“

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Von Links: Alfons Pieter, Peter Schink, Dr. Christian Stöcker, Thomas Mrazek, Stefan Aigner, Hardy Prothmann. Bild: Christian Mühlbauer

Zu den geladenen Gästen des „Panel 4“ gehörten Alfons Pieper (wir-in-nrw.de), Peter Schink (Blog Age), Dr. Christian Stöcker (Stellv. Ressortleiter Spiegel Online, Netzwelt), Stefan Aigner (Regensburg Digital) sowie Hardy Prothmann (heddesheimblog). Die Moderation wurde von Thomas Mrazek (Vorsitzender DJV Fachausschuss Online) durchgeführt.

Gegen die Hofberichterstattung.

Nach einer kurzen Einführung stellten die Teilnehmer ihre Projekte sowie ihre Sicht auf die aktuelle Lage dar. Der frühere stellvertretende Chefredakteur der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, Alfons Pieper (69), betreibt das wir-in-nrw.de-Blog erst seit Dezember 2009.

Sein Team umfasse 6-7 professionelle Journalisten, die alle anonym schreiben, „weil sie als Printjournalisten angestellt sind“. Auslöser für die Schaffung des Blogs war die „Hofberichterstattung in Nordrhein-Westfalen“.

Die Berichterstattung hatte den früheren nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers enorm unter Druck gesetzt.

Direkt im Anschluss stellte Hardy Prothmann seine lokalen Blogs zu Heddesheim, Hirschberg, Ladenburg und ab kommender Woche Weinheim, vor. Wie er erklärte, habe er das lokaljournalistische Angebot im Mai 2009 ins Leben gerufen. Aufhänger sei damals das Logistikzentrum „Pfenning“ gewesen, welches sich in der Gemeinde Heddesheim ansiedeln wolle.

Bei seiner Recherche fand er heraus, dass es in den Jahren zuvor zahlreiche negative Berichte über „Pfenning“ gab. Nachdem sich das Unternehmen in Heddesheim ansiedeln wollte, blieben diese jedoch aus. Unzufrieden mit der „Hurra-Berichterstattung“ des Mannheimer Morgen nahm er die Berichterstattung selbst in die Hand.

Stefan Aigner aus Regensburg macht seinen Lokaljournalismus auf „regensburg-digital.de“ schon seit drei Jahren. Ursprünglich war das Projekt aus einem Anzeigenblatt hervorgegangen. Inzwischen betreibt Aigner das Projekt in Eigenregie, unterstützt durch einen Kulturverein, über den Aigner Spenden erhält.

Unabhängig, mutig, unterfinanziert.

Mrazek merkte insbesondere den Untertitel des Blogs an: „Unabhängig, mutig, unterfinanziert“. Wie schlecht es um die Einnahmen bestellt ist, legte Aigner ebenfalls offen: „Ich lebe nur unwesentlich über HartzIV-Niveau, aber ich komme zurecht.“

Ihm folgte die Vorstellung von Dr. Christian Stöcker, stellvertretender Ressortleiter Netzwelt bei Spiegel Online. Gleich zu Beginn vermittelte er seine Kernbotschaft: „Die deutsche Bloggerszene ist eine Bereicherung für die Medienlandschaft.“ Dabei betonte er, dass es durchaus Blogs mit journalistischem Anspruch geben würde. „Blogs werden jedoch keinen Journalismus ersetzen, da sie sich nicht an Standards gebunden sehen“, so Stöcker.

Es folgte Peter Schink. Schink war unter anderem für den Relaunch von Welt Online verantwortlich. Darüber hinaus ist er aktiver Blogger und betreibt eines der ältesten deutschen Blogs. Als Vertreter der Blogosphäre warf er einen Blick auf die Stellung von Blogs im gegenwärtigen Mediensystem. „Was ist anders, wenn ein einzelner etwas publiziert statt eines Verlags?“, war seine Frage an die anwesenden Zuhörer.

Hardy Prothmann hielt den beiden entgegen, dass „kleine Blogs“ oft kritischer als „große Medienhäuser“ berichten, weil die „Abhängigkeiten“ fehlten. Zudem würden viele Redaktionen nur vom Schreibtisch aus arbeiten und nicht draußen bei den Menschen sein. Standards wie Recherche, sichere Fakten, Quellenschutz und andere professionelle journalistische Qualitäten finden selbstverständlich bei guten Blogs statt – oft besser als in „Monopolredaktionen“.

Eine schwierige Situation

Auf die Frage, wie es um die Finanzierung und Akzeptanz der Angebote stehe, redeten alle Teilnehmer Tacheles. Das größte Problem sei, so Alfons Pieper, dass man „keine Rechtsabteilung in der Hinterhand“ habe. Eine Klage oder einen Prozess könne man faktisch nicht riskieren. Auch wenn man monatlich inzwischen 2,5 Millionen Seitenaufrufe erhalten würde. Das wir-in-nrw-Blog ist aber auch nicht-kommerziell angelegt.

Wie riskant die Situation sein kann, verdeutlichte Stefan Aigner. Er wurde bereits mit drei Klagen überzogen. Zwei davon konnte er gewinnen. Ein Prozess steht noch aus. Auf den juristischen „Streit“ mit der Erzdiözese konnte er sich jedoch nur durch Spenden einlassen. „Momentan reicht es für 1,5 Instanzen“, so Aigner.

Aigner hatte in einem Missbrauchsfall durch einen katholischen Priester an einem Jungen eine spätere Geldzahlung als „Schweigegeld“ bezeichnet. Die Kirche will ihm das juristisch untersagen lassen. Die Prozesse wolle man grundsätzlich durchfechten. Schließlich hat ein Gericht bei einem der beiden vorangegangenen Prozesse schon festgestellt, dass „Wahrheit grundsätzlich nicht rechtswidrig“ ist.

Auch Hardy Prothmann hatte schon mehrere „Klage“-Drohungen: „Das ist schon erstaunlich – als ich noch für große Medien berichtet habe, gab es keine einzige Klage, jetzt versucht man mich und andere damit einzuschüchtern.“

Ein Blick in die Zukunft

Das nach wie vor konkrete Problem ist und bleibt also die Finanzierung. Primär würde diese bisher über Werbung ermöglicht.

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Hardy Prothmann gibt im Anschluss an seine Podiumsdiskussion einer Journalsitenschülerin ein Interview. Bild: Christian Mühlbauer

Wie es zukünftig mit lokaljournalistischen Blogs weitergehe, konnte man nicht abschließend beantworten. Professioneller, journalistisch ausgebildeter Nachwuchs sei jedenfalls vorhanden. Vielleicht kommen in der Zukunft Zusammenschlüsse von journalistischen Blogs in Form von Netzwerken zustande. Man müsse aber auch festhalten, so Peter Schink, dass die deutsche Blogosphäre im Vergleich zu anderen Ländern nicht gut entwickelt sei.

Auch die Frage der Refinanzierung werde sich über kurz oder lang lösen lassen, wie Dr. Stöcker festhielt. So sei „viel Luft für Werbung“, wenn man den Anzeigenmarkt Print mit dem Anzeigenmarkt Online vergleiche.

Hardy Prothmann merkte an, dass Online-Werbung oft noch erklärungsbedürftig sei, sich der Trend aber eindeutig weg vom Print hin zu Online entwickle: „Printwerbung ist im Vergleich zu Onlinewerbung extrem teuer und wenig erfolgreich – online trägt weiter, ist schneller, flexibler und kann einfach mehr.“

Hinweis:
Der MainzerMedienDisput wurde 1996 erstmalig veranstaltet und wird von der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz getragen. Die Medienpartner des Disputs sind der Südwestrundfunk (SWR) und das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF).

Anmerkung der Redaktion:

Christian Mühlbauer absolviert ein redaktionelles Praktikum bei uns in der Zeit vom 22. November – 10. Dezember 2010. Herr Mühlbauer studiert an der Fachhochschule Ansbach „Ressortjournalismus.“