Samstag, 10. Juni 2023

Gefährdet ein Zuckerwürfel die öffentliche Ordnung?

„Der macht aus ein paar Bienchen einen Verwaltungselephanten“

 

Heddesheim, 26. Juli 2013. (red) Bürgermeister Michael Kessler liefert mal wieder Anlass zum Fremdschämen. In der Gemeinderatssitzung am Donnerstag führte er lang aus, wieso das Objekt des Heddesheimer Künstlers Kurt Fleckenstein ein öffentliches Ärgernis darstelle und eine unzumutbare Gefahr darstelle. „Unglaublich viele Bienen“ würden den Würfel anfliegen und damit sei die Sicherheit von Spaziergängern massiv bedroht. Und ob man aus Lebensmitteln Kunst machen müsse, sei auch eine Frage, meinte Bürgermeister Kessler, der offensichtlich kein besonderes Kunstwissen hat. [Weiterlesen…]

17 Künstler und zwei Schulklassen stellten am Badesee aus

Kunst am See

HED_Kunst am See_HildegardPeetz_20130720 (4)

Installation von Hildegard Peetz bei der Ausstellung „Kunst am See“ des Kunstvereins Heddesheim

Heddesheim, 22. Juli 2013. (red/sw) 19 Künstler und Gruppen sind am Wochenende dem Aufruf der Vorsitzenden des Kunstvereins Heddesheim gefolgt und zur ersten Freiluft-Ausstellung „Kunst am See“ gekommen. Trotz des heißen Wetters scheuten Kunstinteressierte den Weg dorthin nicht.

[Weiterlesen…]

Der Kunstverein lädt zum Kunstweg am Badesee

Ein Fernseher am Heddesheimer See? – Nein, ein Fern-See-Her!

Heddesheim, 18. Juli 2013 (red/sw) Viele Künstler aus der Region und zwei Schulklassen folgen am Wochenende dem Aufruf von Frau Veronika Drop, Vorsitzende des Heddesheimer Kunstvereins. Ein Besuch der Ausstellung „Kunst am See“ lohnt sich allemal!
[Weiterlesen…]

Auf den Spuren der Unbeugsamkeit


Das Mittelalter ist kein Epoche - es ist die menschliche Natur.

Guten Tag!

Heddesheim, 03. Juli 2011. Margret Wagener, Eva Martin-Schneider, Heide Raiser, Heidi Rei, Lioba Geier, Gudrun Libnau sowie die Acapellagruppe Aylin Can, Sophie Grossmann, Rita Rössling mit Eva Martin- Schneider befanden sich auf der Spurensuche unbeugsamer Frauen. Unter dem Titel „Starke Frauen – Verletzte Seelen“, durchstreifte die Heddesheimner Literaturgruppe mit Unterstützung der Acapellagruppe 2000 Jahre der Unbeugsamkeit von der Griechischen Antike bis zu einer fiktionalen Zeit 2050.

Von Sabine Prothmann

„Mittelalter ist keine Epoche es ist der Name der menschlichen Natur“, heißt es ganz zum Schluss bei der Szenischen Lesung auf dem Heddesheimer Dorfplatz am Mittwoch, 22. Juni 2011.

Schon im April 2010 hatte die Heddesheimer Literaturgruppe um die Schauspielerin und Regisseurin Eva Martin-Schneider gemeinsam mit dem Heddesheimer Kunstverein unter dem Titel „Hexen, Heiler und Sündenböcke“ dieses Stück aufgeführt. Doch die Aufführung am 22. Juni bekam durch das Ambiente des Dorfplatzes an der alten Scheune einen ganz besonderen Charme verliehen.

Gemälde und Skulpturen des Heddesheimer Künstlers Bernd Gerstner aus dem Zyklus „Verletzte Seelen“ gestalteten eindringlich den Platz vor der alten Tabakscheune.

100 Stühle wurden aufgestellt, doch sie reichen nicht aus für die Zuschauer, die sich mit auf diese Reise begeben wollen.

Die Darstellerinnen und der Chor sind in schwarzen Gewändern und dunkelrote Schals gekleidet. Die Atmosphäre ist fast gespenstisch, es erklingt „Menag Jamport Em“ von Djivan Gasparyan. Die Frauen bilden einen Kreis, Feuer zischt in einem Kessel. Vergangene Riten scheinen lebendig zu werden.

Das Publikum wird sofort in Bann gezogen.

Eine Zeitreise in die Unbeugsamkeit beginnt

Die Zeitreise beginnt mit „Antigone“ von Sophokles, die Ungehorsame, die ihren Bruder begraben hat. Sie stellt ihr Gewissen über das Gebot des König Kreon. Sie ist bereit dafür ihr Leben zu lassen. Die erste Unbeugsame in einer langen Reihe von unbeugsamen, starken Frauen.

Und führt weiter in die Zeit der Hexenverfolgung vom 14. bis zum 17. Jahrhundert. Hexen werden angeklagt und verurteilt. Es sind Frauen, wie Johanna von Orlèans, die verbrannt wurde oder Agnes Bernauer, die man ertränkte. Es sind Frauen, die stark und tapfer sind, die ihre Meinung äußern, die helfen und heilen oder einfach auch nur anders aussehen. Es sind „verletzte Seelen“.

Die Hexenprozesse werden durch das intensive Spiel der Literaturgruppe lebendig.

starke_frauen_verletzte_seelen_theater_53

Unkonventionelles Ambiente.

Es wird ein Auszug aus dem „Hexenhammer“ vorgelesen, ein Werk, das zur Legitimation der Hexenverfolgung im Jahre 1487 veröffentlicht wurde. Das geht unter die Haut.

13 Frauen werden ermordet

Dann der Sprung ins vergangene Jahrhundert, in die Zeit des Nationalsozialismus. Angst, Obrigkeitsglaube führte zur Denunziation. Zwischen 1933 und 1945 wurden im Gefängnis Plötzensee 2.891 Todesurteile vollstreckt, darunter Mitgliedern der Roten Kapelle. Am 5. August 1943 werden 13 Frauen am Plötzensee in Berlin ermordet.

Die Literaturgruppe stellt sechs Kurzbiografien, unter anderem auch die der Heidelberger Reformpädagogin und Widerstandskämpferin Elisabeth von Thadden, vor. Es sind Frauen aus dem Widerstand, es sind starke Frauen. Es sind „verletzte Seelen“.

Es dauert noch an

Die Zeit rückt immer näher, Hexenverfolgungen zwischen 1970 und 2010. Eindringlich werden Nachrichten aus Asien, Afrika und Südamerika vorgetragen. Tod, Krankheit, schlechtes Wetter und schon wird die Hexe ausgemacht. Die Verfolgung macht auch vor Kindern keinen Halt. Es ist die Hexenverfolgung der Gegenwart.

Die letzte Station der Zeitreise ist das Jahr 2050, die Protagonistinnen spielen eine Szene aus dem Theaterstück „Corpus Delicti“ von Juli Zeh.

Die Zuschauer werden mitgenommen in eine Gerichtsverhandlung gegen Mia Holl wegen methodenfeindlicher Umtriebe.

Der Staat kontrolliert das Individuum. Mia Holl hat sich schuldig gemacht, sie hat ihren Bruder geliebt, ihren Verstand gebraucht und sich versucht unabhängig zu machen. Sie hat sich den Kontrollsystemen der Gesellschaft verweigert.

Und es geht weiter?

Mia Holl wird als schuldig verurteilt. Sie soll eingefroren werden. Sie ist eine starke Frau und eine „verletzte Seele“.

Mit großer Intensivität spielen die Darstellerinnen ihre Rollen, eindringlich verkörpern sie die Frauengestalten. Es ist großes Theater, was hier auf dem Heddesheimer Dorplatz geboten wird.

Großartig sind auch die Musikstücke, die die einzelnen Zeitabschnitte verbinden. Die Acapellagruppe mit den Sängerinnen Aylin Can, Sophie Grossmann, Rita Rössling, Eva Martin- Schneider zeigt eine beeindruckende Leistung.

„Isabella“ von Corvus Corax und das Chorlied „Tourdion“ (französisches Sauflied von Pierre Attaingnant von 1530) umrahmen die Hexenverfolgung vom 14, bis 17. Jahrhundert. Das „Bürgerlied“ von Max Reger, das 1848 zur Revolution geschrieben wurde, führt zu der Zeit des Nationalsozialismus.

Spätestens mit dem jiddischen Lied „Doss Kelbl“ von Shalom Secunda (1940) gelingt es den Sängerinnen das Publikum völlig zu begeistern.

Mit der tschechische Volksweise „Dobra noc“ liefert der Chor noch einen fantastischen Abschluss.

Die Protagonistinnen bekommen frenetischen Applaus und beweisen einmal mehr, dass die Literaturgruppe um Eva Martin-Schneider auf hohem Niveau und unkonventionell arbeitet.

[nggallery id=188]

„Es sind die Augenblicke, die ich sammle“ – Vernissage im Alten Rathaus


vernissage_sagenhafte_gegensaetze_28

Heddesheim/Ladenburg, 10. Mai 2011 (red) Die Ausstellung, die zur Zeit im Alten Rathaus gezeigt wird, ist mit dem Titel „Sagenhafte Gegensätze“ betitelt. Sagenhaft ist der Zyklus zu den Nibelungen, die die Künstlerin Renate Huthoff ausstellt. Im Gegensatz dazu stehen die Objekte und Skulpturen der Künstlerin Maria-Ilse Lörincz. Es ist ein „Mythos der Moderne“. Am Samstag wurde die Ausstellung mit einer Vernissage von der neuen Vorsitzenden des Heddesheimer Kunstvereins, der Künstlerin Veronika Drop, eröffnet.

Von Sabine Prothmann

Die musikalische Begleitung und die einführenden Worte kamen von dem Ladenburger Maler und Musiker Rudolf Klee, der damit der Vernissage einen weiteren kunstvollen Glanzpunkt verlieh.

Die „Edition Nibelungen“ zeigt auf neun Fotoradierungen die Geschichte der Nibelungen. Die geborene Mannheimerin, Renate Huthoff, lebt in Lampertheim und hat ihr Atelier in Worms, in der Stadt der Nibelungen. Die allgegenwärtige Präsenz dieser Sage hat die Künstlerin zu diesen Bildern veranlasst. Ausgangspunkt ist immer ein Foto, das sich weiterentwickelt, wie in dem Bild „Wie er einen Lindwurm erschlagen mit seiner Hand“.

Die Fotografie der Siegfried-Skulptur scheint lebendig zu werden und mit dem Dolch in der Hand erschlägt er den schwarzen Drachen. In Rot leuchtet das Auge und die Zunge schießt aus dem Maul während sich das Blut über den Boden ergießt. Um dieses Ergebnis zu erreichen, bringt Huthoff drei Platten übereinander und mit Hilfe eines chemischen Verfahrens entstehen die Mehrfarbradierungen. In Grautönen und tiefem Schwarz, akzentuiert durch intensives Rot. So trägt Kriemhild bei dem „Streit der Königinnen“ ein blutrotes Kleid.

„Es sind die Augenblicke, die ich sammle.“

„Es sind die Augenblicke, die ich sammle“, sagt die Künstlerin. So hält jedes Bild einen wichtigen Augenblick der Sage fest, beginnt bei einem Foto und entwickelt eine Handlung. Dabei hat sie tief in den Archiven gegraben, sich mit den Nibelungen und der nordischen Edda beschäftigt.

Und so wurde ihre „Edition Nibelungen“ auch in das Heimatjahrbuch 2011 der Stadt Worms aufgenommen.

Huthoff hat auch zwei Rotuli mitgebracht, Papierrollen, die sich aufgerollt über je 6,70 Meter erstrecken. Mit Papier, Kohle, Filzstift, Graphit, Tusche und Wäscheklammern bewaffnet setzte sich die Künstlerin unter alte Olivenbäume in Griechenland. Spontane Zeichnungen sind entstanden, „ich erfühle für mich, das Leben im Baum“, erzählt Renate Huthoff. Bizarre Formen, mal figurativ, mal abstrakt, scheinen lebendig zu werden, sich zu wandeln.

Es ist, als wenn man auf der Erde liegt und Wolkenformationen betrachtet, sagt Rudolf Klee in seiner Einführung.

Dazu im Gegensatz die Plastiken aus Bronze der Künstlerin Maria-Ilse Lörincz, die im Wachsausschmelzverfahren gegossen wurden. Maria-Ilse Lörincz kam 2007 über den Steinguss-Bildhauerworkshop auf dem Dilsberg zu der Bronze.

Die ausgestellten Plastiken entstanden in den folgenden Jahren bei der Brandenburger Bildhauer-Sommerakademie in Straußberg. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Ladenburg.

Die Suche nach der Urform.

Es ist die Suche nach der Urform, die sich verändert, sich entwickelt.

Viele der Objekte haben ein Außen und ein Innen. Bögen scheinen in das Innere des Kunstwerks zu führen und erinnern fasst an die das Gewölbe einer Kathedrale, wobei der Wechsel der Form, mal rund, mal eckig wieder zu einem Bruch dieser Assoziation führt.

Betrachtet man eine Kathedrale von Außen ist sie eine Skulptur, betritt man sie, erlebt man sie als Raum, erklärt Rudolf Klee.

Es ist der Dialog von Fläche und Form und von Raum und Material, der die Künstlerin antreibt. „Ich mache Skizzen und daraus entsteht das Objekt“, erst dann gibt sie ihren Plastiken Namen.

So ist auch der „Krieger“ entstanden. Das Material wurde geformt und gebogen und eine Figur mit Speer in der Hand wurde „geboren“. Lörincz bezeichnet das Ergebnis als die Abbildung des Prozesses.

Die sieben Bronzeplastiken und die beiden Steinguss-Objekte laden den Betrachter ein, sich auf den Weg zu machen und den Schaffensprozess zu verfolgen und zu empfinden. Sie lassen Raum für eigene Interpretationen.

„Kunst gibt nichts Sichtbares wieder, Kunst macht sichtbar.“

Beide Künstlerinnen „machen sichtbar“, sagt Rudolf Klee und zitiert seinen Namensvetter Paul Klee: „Kunst gibt nichts Sichtbares wieder, Kunst macht sichtbar“ und schlägt damit auch die Brücke zwischen den so scheinbar unterschiedlichen Kunstwerken.

Während Huthoff die bildnerischen Ereignisse sichtbar mache, die Botschaft aus dem Innersten ziehe, setze Lörincz den Innen- und Außenraum in Beziehung.

Beide Künstlerinnen schaffen Meisterwerke, sie beherrschen die Kunst und die Technik, so Klee. „Denn Kunst kommt von Können, käme sie von Wollen, hieße sie Wulst“.

Als bekennender Romantiker spielt Klee wunderbar romantische eigene Stücke, aber auch Teile von Rodrigos Concierto de Aranjuez und von Rachmaninoffs 2. Klavierkonzert, dem „schönsten Klavierkonzert, was ich kenne“. Und nebenbei bekommen die Besucher der Vernissage einen kleinen Exkurs in die Musiklehre. Und das Gefühl drei begeisternden Künstlern begegnet zu sein und einem „Gesamtkunstwerk“ beigewohnt zu haben.

[nggallery id=183]

Einen schönen Tag wünscht
Das heddesheimblog

Weitere Infos: Die Künstlerin Veronika Drop löste als Vorsitzende des Kunstvereins Martine Herm ab, die aus gesundheitlichen Gründen ihr Amt abgeben musste. Drop ist gebürtige Rheinländerin und lebt seit 30 Jahren in Heddesheim. Sie ist seit der Gründung des Vereins, 2006, Mitglied.

„Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug“ – Hommage an Hilde Domin

Guten Tag!

Heddesheim, 15. November 2010. Im Alten Rathaus wurde am Sonntag, den 14. November 2010, die Ausstellung „Hommage an Hilde Domin“ eröffnet. Die Heddesheimer Künstlerin Veronika Drop zeigt sehr persönliche Bilder zu den Gedichten der Heidelberger Schriftstellerin.

Von Sabine Prothmann

img_1626

Die Künstlerin Veronika Drop mit ihrem "Lieblingsbild".

Mit der Ausstellung „Hommage an Hilde Domin“ endet das Jahr für den Heddesheimer Kunstverein, so der Heddesheimer Künstler Bernd Gerstner bei seiner Begrüßung. Mit Veronika Drop stellt, wie es einmal jährlich Tradition sei, eine Künstlerin aus den eigenen Reihen aus. Mit gut 70 Besuchern waren die Ausstellungsräume in der Rathausgalerie gut gefüllt. Ein toller Erfolg für Veronika Drop und für den Heddesheimer Kunstverein.

In den Ausstellungsräumen des Heddesheimer Kunstvereins hängen 21 Bilder von Veronika Drop, die sie innerhalb eines Jahres von 2006 bis 2007 zu den Gedichten von Hilde Domin geschaffen hat. Die Bilder sind in Acryl und Eitempera auf Leinwand gemalt. Es ist Drops Annäherung an die Gedichte und Person Hilde Domin.

Auf der Spur von Hilde Domin

Die Lyrikerin Hilde Domin habe bei ihren Lesungen ihre Gedichte immer zweimal gelesen, sagt Veronika Drop: „Ich habe die Gedichte oft zehnmal und mehr gelesen und die Bilder immer und immer wieder übermalt, bis ich dachte, jetzt bin ich auf der Spur.“

In ihrer Einführung erzählt die gebürtige Rheinländerin, die schon lange in Heddesheim lebt und Mitglied des Kunstvereins ist, vom Leben der „Exilschriftstellerin“:

Hilde Domin wurde als Hilde Löwenstein, Tochter eines Rechtsanwaltes und einer ausgebildeten Sängerin 1909 in Köln geboren. Zum Jura-Studium ging sie zunächst nach Heidelberg, später nach Köln, Bonn und Berlin und 1931 wieder zurück nach Heidelberg, wo sie auch ihren Mann, den Altphilologie- und Archäologiestudenten Erwin Walter Palm kennenlernte.

1932 reiste das jüdische Paar zunächst zum Studium nach Rom, das nach Ernennung Hitlers zum Reichskanzler zur ersten Exilstation wurde. Als sie auch in Italien nicht mehr bleiben konnten, flüchteten sie nach London und von dort schließlich in die Dominikanische Republik. Dort wirkte Domin als Assistentin ihres Mannes und unterrichtete Deutsch.

Erste schriftstellerische Versuche startete sie 1946. Der Tod der Mutter und die Krise in ihrer Ehe führten dann zu den ersten Veröffentlichungen 1951 – als Anfang und Heimkehr.

Fünf Jahre später kehrten sie in ihre alte Heimat, nach Heidelberg, zurück. Inzwischen nannte sie sich „Domin“ zu Ehren ihrer Exilheimat, der Dominikanischen Republik. Seit 1961 arbeitete Hilde Domin als freie Schriftstellerin. Ihr Werk wurde in mehr als 20 Sprachen übersetzt.

Im Wintersemester 1987/88 hielt sie als vierte Frau nach Ingeborg Bachmann, Marie Luise Kaschnitz und Christa Wolf die Frankfurter Poetik-Vorlesungen.

Zu ihrem 95. Geburtstag 2004 wurde Hilde Domin die Ehrenbürgerwürde der Stadt Heidelberg verliehen. Bereits 1992 stiftete die Stadt ihr zu Ehren den alle drei Jahre vergebenen Literaturpreis „Literatur im Exil, der seit ihrem Tod „Hilde-Domin-Preis für Literatur im Exil“ heißt. 2006 wurde sie Ehrenmitglied des P.E.N.-Club des Exils.

2006 stirbt die Lyrikerin in Heidelberg und wird auf dem Bergfriedhof neben ihrem 1988 verstorbenen Ehemann beigesetzt.

Auf der Grabplatte steht: „Wir setzten den Fuß in die Luft und sie trug“.

In ihren Gedichten und Schriften rief die Exilschriftstellerin immer wieder zum Neuanfang auf. Ihr Grundvertrauen sei ihr nicht verloren gegangen, so Drop. Domin gehörte nie zur Avantgarde. Ihre Klarheit, Ehrlichkeit und Unabhängigkeit gefallen der Künstlerin Veronika Drop.

Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug“

Pastellfarbene Töne, Wolken, die sich türmen, dazwischen Halt gebende Linien – „Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug“, ist das Lieblingsbild der Malerin Veronika Drop.

„Erst sollte in den Wolken eine Treppe entstehen, doch ich habe immer und immer wieder mit Eitempera darüber gemalt bis das Bild so entstanden ist“, erzählt Drop. Dieses Bild sei ihr persönlichstes, weil es auch Situationen in ihrem Leben beschreibt. Mutig sein, den Fuß ins Unbekannte setzen – und feststellen, es trägt.

„Seit ich lebe, habe ich einen Stift in die Hand genommen“, erzählt Drop. Eine Reihe von Ausstellungen gibt davon Zeugnis. 2006 habe sie intensiv angefangen, sich mit Hilde Domin zu beschäftigen und „ich wollte immer mehr über sie erfahren“. Innerhalb eines Jahres sind die 21 ausgestellten Bilder entstanden.

Auch die anderen Bilder sprechen von persönlichen Erfahrungen. Es sind die der Lyrikerin, der Malerin und die des Betrachters. Drop gibt ihren Bildern die Titel von Domins Gedichten. Sie erzählen von Emotionen und Lebenserfahrungen, von „Versöhnung“, „Tröstung“, „Aufbruch ohne Gewicht“.

img_1640

"Harte fremde Hände". Eine Collage.

Lesung am kommenden Sonntag

In „Harte fremde Hände“ hat Veronika Drop Fotografien von Hilde Domin eingewoben. Eine Collage, die immer und immer wieder übermalt wurde. Wie aus Fenstern schaut die Schriftstellerin hervor. Die Worte des Gedichts fließen über das Bild.

Unter dem Dach der Rathausgalerie haben die Besucher die Möglichkeit, den Film von Anna Ditges „Ich will dich“ – eine Begegnung mit Hilde Domin, anzuschauen.

Die Ausstellung ist noch bis 12. Dezember, sonntags von 14 bis 17 Uhr, geöffnet. Am kommenden Sonntag, 21. November, liest Marion Tauschwitz, Autorin von „Dass ich sein kann, wie ich bin – Hilde Domin. Die Biografie“. Die Veranstaltung beginnt um 14.30 Uhr.

Viel Freude mit den Fotos.

[nggallery id=156]

„Es steht ohne Füße und spricht ohne Mund“

Guten Tag!

Heddesheim, 27. Oktober 2010. Die Literaturgruppe des Heddesheimer Kunstvereins lud am Tag der Bibliotheken (22. Oktober 2010) zu einem kreativen Projekt in die Gemeindebücherei ein: Schwarze Kutten, „scharfe Waffen“, Bücherratten, Kabinett des Schreckens und eine jungfräuliche Bibliothekarin gab es zu erleben.

Von Sabine Prothmann

„Hungriger greif’ nach dem Buch: es ist eine Waffe“.  Das Zitat von Bertold Brecht hängt, in großen Lettern auf ein Plakat geschrieben, im Treppenhaus des Bürgerhauses. Die Veranstaltung am vergangenen Freitag ist ausverkauft. 45 Leute sind am Tag der Bibliotheken in die Heddesheimer Gemeindebücherei gekommen, um sich in die Welt der Bücher, Bibliotheken und Bibliothekarinnen entführen zu lassen. Keiner weiß genau, was ihn erwartet. Die Atmosphäre ist neugierig und spannungsgeladen.

Eine Reise durch die Geschichte des Buches

„Buch, Buche“, schallt es von der Treppe des Bürgerhauses herab. Auf den Stufen zur Gemeindebücherei werden die Zuhörer und Zuschauer von den sieben Mitgliedern der Literaturgruppe des Kunstvereins in schwarzen Kutten empfangen.

mäuse

Szenische Lesung in der Gemeindebücherei anlässlich "Bücherwelten". Bild: heddesheimblog.de

„Das Buch: ein geschriebenes und gedrucktes Werk, das aus mehreren zu einer Ganzheit verbundenen Blättern oder Bogen besteht“. Prägnante, kurze Texte nehmen die Besucher mit auf eine Reise durch die Geschichte des Buches; Papyrusrollen bei den Ägyptern, Holzdruck im späten Mittelalter, das Papier kommt im späten 12. Jahrhundert über Arabien nach Spanien. Dann die Revolution 1453 Johannes von Gutenberg erfindet den Buchdruck.

„Es steht ohne Füße und spricht ohne Mund“ und so ist der Abend eine Hommage an das geschriebene Wort, an die Geschichten und Welten, in die der Leser entführt wird:“Je mehr ich las, umso näher brachten die Bücher mir die Welt, umso heller und bedeutsamer wurde das Leben für mich ..“. (Maxim Gorki)

Lore Urban, Lioba Geier, Heide Raiser, Eva Martin-Schneider, Dörthe Klumb, Heidi Rei und Eva Maria Wustmann, die Leiterin der Gemeindebücherei, verführen und führen. Mit Wortfetzen, Textpassagen und Musik locken sie die Zuhörer immer höher immer weiter bis in die durch Kerzenschein anheimelnde Bücherei. Die Illumination eines prasselnden Feuers, die Vorleserin im Sessel, aus den Regalen formen sich Worte – die Vorführung ist Lesung und Theaterstück zugleich.

Eine Axt für das gefrorene Meer in uns, sagt Kafka

Mit „lasst alles stehen und liegen und kommt in das Kabinett des Schreckens“ beendet Eva Martin-Schneider die erste Pause. Das Weinglas und der heiße Kaffe bleiben stehen, die Besucher werden in die Kinderbücherei getrieben. Es ist Schulstunde. Es ist eine Lesestunde aus Ulla Hahns „Das verborgene Wort“. Komisch, eindringlich, bedrohlich. Und: „Ein Buch muss eine Axt sein für das gefrorene Meer in uns“. sagt Franz Kafka.

Und „ab in die Kiste“ schickt Eva Martin-Schneider die toten Bücher der alten Meister.

Anzeige

Knabbernde, gierige, ungezogene Ratten werden lebendig, steigen aus Sam Savages Buch „Firmin: ein Rattenleben“. Und zumindest für Ratten haben Bücher einen Nährwert. Das eindrucksvolle Spiel der Mitglieder der Literaturgruppe ist schreiend komisch und zugleich atemberaubend intensiv.

Die Bibliothekarin – eine geschlechtslose, alte Jungfer

Auf einem Bücherwagen wird sie hereingerollt, „eine geschlechtslose, alte Jungfer, unansehnlich ohne Saft und Kraft“. Eva Maria Wustmann verkörpert die Bibliothekarin, eine Außenseiterin mit Brille und Mittelscheitel, mausgrau. Leute, „die zu sonst keinem Beruf taugen und keine Familie haben“. Ihr verschmitztes Lächeln straft die Wort Lügen.

Die Literaturgruppe hatte sich mit ihrer vierten Produktion ein ehrgeiziges Ziel gesetzt und erreicht. Sie hat die Besucher des Abends unterhalten, verwirrt und zum Nachdenken gebracht.

Aus vielen Büchern haben die Damen ihre Texte zusammengeschrieben und damit einen ganz besonderen Abend geschaffen und bewiesen, Literatur ist lebendig und bewegt.

Gelesen wurde unter anderem aus den Romanen von Mikkel Birkegaard: Die Bibliothek der Schatten, Carlos Ruis Zafon: Der Schatten des Windes, Walter Moers: Die Stadt der träumenden Bücher, Johann Wolfgang von Goethe: Faust und Ulla Hahn: Das verborgene Wort.

Weiter so, auf die nächste Aufführung kann man nur gespannt sein.

Viel Freude mit den Fotos:
[nggallery id=150]

Einen schönen Tag wünscht
Das heddesheimblog

Kunstverein: „Ganz andere Ausstellung als gewohnt.“

Guten Tag

Heddesheim, 26. September 2010. (Redaktionstipp!) Wer bei der neuen Ausstellung des Kunstvereins das Übliche erwartet… Bilder, die an der Wand hängen, Skulpturen, die im Raum stehen… von Künstlern, die in der Region bekannt sind, wird irritiert sein, denn die Ausstellung, die der Heddesheim Kunstverein seit dem vergangen Sonntag und noch bis zum 17. Oktober zeigt, ist diesmal etwas ganz anderes. Und das ist gut so, findet Roland Schmitt, 2. Vorsitzender des Kunstvereins.

Von Sabine Prothmann

mg_2348

Ungewohnte Installation - für junge Leute gedacht.

Es ist ein erklärtes Ziel des Kunstvereins, „nicht nur etablierte Künstler zu zeigen, sondern auch diejenigen, die noch ganz am Anfang stehen“, und diese wolle man auch finanziell unterstützen, so Schmitt. „Wir wollen junge Leute dafür interessieren, dass es das auch gibt“.

Die Ausstellung „Farben und Formen – Arbeiten vor Ort“ zeigt Objekte und Zeichnungen der beiden jungen Kunststudentinnen Carolina Brack und Nicole Klimaschka.

Installationen vor Ort.

Papierbahnen scheinen das Dachgeschoss der Rathausgalerie nachzubilden, nachzuformen. Innerhalb von sechs Wochen sind direkt vor Ort die Installationen von Nicole Klimaschka entstanden. Die freiberufliche Architektin wurde 1972 geboren und studiert seit 2008 an der Freien Kunstakademie Mannheim.

Ihre Objekte formt sie aus Skizzenpapier, das sie mit Kleister stabilisiert und mit Fäden zusammennäht. Sie hat das Gebälk des Alten Rathauses abgeformt und als Dublette neben die Holzbalken gehängt. Lange weiße Leitern aus Transparentpapier liegen, stehen und hängen im Raum, es sind die Abformungen der Leiter die zum Rathausturm führt und die der Besucher durch eine geöffnete Tür sehen kann. Das Material hat in seiner Weißheit und Transparenz etwas Leichtes. Fasst man es an, und das darf und soll man, ist man erstaunt wie stabil es sich durch den Kleister und die Nähte zeigt.

„Einzelne im Ausstellungsraum befindlichen Holzstreben des Gebälks möchte ich abformen und die geformten Objekte neu platzieren. Durch das Abdecken von Dialogstreben und das Abformen einer Sprossentreppe möchte ich einen anderen, neuen Raum bilden und auf die angrenzenden Räume verweisen“, so beschreibt die Künstlerin ihre Vorgehensweise im alten Heddesheimer Rathaus.

„Abformungen.“

Alte Koffer aus den 50er Jahren und seit Anfang der 90er Jahre Aufbewahrungsort für Architekturskizzen waren der Anstoß zu den „Abformungen“ der Künstlerin Nicole Klimaschka: „Ich entdeckte das Transparentpapier mit meinen alten Architekturzeichnungen als plastisches Material“. Es entstanden Matroschka-Figuren und Kofferobjekte.

Diese abgeformten Koffer hat sie auch nach Heddesheim mitgebracht.

„Abformen“ bedeutet für die Künstlerin das Beschäftigen mit dem Thema Familie, das Weitergeben von Konflikten und Ängsten an die nächste Generation und die Suche nach Behausung und eigenem Raum.

Über die Wendeltreppe steigt man in die Welt der Künstlerin Carolina Brack. Brack studiert ebenfalls an der Freien Kunstakademie Mannheim.

„Seit 2007 arbeitet sie an einem Konzept das auf zeichnerischen sowie malerischen Kompositionselementen basiert und sich bis heute konsequent von der Bildfläche in den Raum entwickelt.“ (Dr. Rolf Lauter, ehemaliger Direktor der Mannheimer Kunsthalle)

Die Bilder im Vorraum des obersten Stockwerks zeigen abstrakte Bildwelten, die landschaftliche Motive, Bergformationen, Bäume, Flüsse und Wälder in weichen Farben erahnen lassen.

Der Raum ist ein Kunstwerk aus vielen.

Gleich dahinter, verwandelt sich der Raum unter dem Dach des Rathauses in einen Mikrokosmos aus Formen und Farben. Wie Amöben schweben filigran geschnittene Elemente von der Decke. Musik und Lichtprojektionen geben den Objekten der Künstlerin eine fast unwirkliche Atmosphäre. Mal meint man Fische, Korallen oder Blumen zu erkennen. Alles ist in Bewegung in einer Welt aus Licht und Schatten, Farben und Formen. Auf den ausgeschnittenen Kartonelementen befinden sich gezeichnete und gemalte abstrakte Farbkompositionen.

In einer Nische wirft ein Projektor eine Videoarbeit der Kunststudentin an die Wände, wo man fast assoziativ Motive zu erkennen glaubt. Der ganze Raum scheint ein einziges Kunstwerk bestehend aus vielen zu sein.

Mit dieser Ausstellung beschreitet der Heddesheimer Kunstverein sicherlich neue Wege und der Betrachter muss sich darauf einlassen: Es lohnt sich.

Info: Die Ausstellung ist bis 17. Oktober immer sonntags von 14 bis 17 Uhr in der Galerie im Alten Rathaus geöffnet.

Viel Freude mit den Fotos:

[nggallery id=138]