Freitag, 02. Juni 2023

GlĂ€serner Gemeinderat: Herr Roth, veröffentlichen Sie nur „genehme“ Leserbriefe?

Heddesheim/Mannheim, 10. Juni 2011. (red/pm) Der Mannheimer Morgen ist die grĂ¶ĂŸte Monopol-Zeitung der Kurpfalz – immer noch, obwohl die Zeitung (wie fast alle Zeitungen) seit Jahren Auflage und Leser verliert. Sicher hĂ€ngt das auch mit der teils mangelhaften QualitĂ€t des Produkts zusammen. Und einem Journalismus, der sich fragen lassen muss, wie „unabhĂ€ngig“ er denn tatsĂ€chlich ist. Der MM hat beispielsweise kein Interesse an kritischen Leserbriefen, die auch seine eigene Rolle hinterfragen.

Von Hardy Prothmann

Ein objektiver, unabhĂ€ngiger Journalismus ist steht an Meinungsvielfalt interessiert. Das ist das Salz in der tĂ€glichen Nachrichtensuppe. Guter Journalismus ist stets bemĂŒht, möglichst viele Menschen zu erreichen – auch aus geschĂ€ftlichen GrĂŒnden, je mehr Leser man erreicht, desto besser lĂ€sst sich das journalistische Produkt vermarkten.

Der Chefredakteur Horst Roth hat kein Interesse an Meinungsvielfalt. Das entspricht einer durchaus weit verbreiteten Haltung. Redaktionen entscheiden nicht mehr danach, was objektiv wichtig ist und die Menschen wissen sollten – zu oft lassen sie sich dabei freiwillig durch Parteien, Lobbyisten, VerbĂ€nde und natĂŒrlich Anzeigenkunden lenken. Oder die eigene Meinung, die wichtiger als die Lesermeinung ist.

Hinweis des MM. Quelle: MM

Dass eine „streibare Demokratie“ auch „Streit-“ im Sinne einer „Debattenkultur“ voraussetzt, ist in vielen Redaktionen lĂ€ngst keine selbstverstĂ€ndliche Haltung mehr. Zur „guten Sitte“ gehört normalerweise die Darstellung der unterschiedlichen Sichtweisen – journalistisch gesehen erhöht das die Spannung und das Interesse.

Eine Monopolzeitung muss das natĂŒrlich weniger berĂŒcksichtigen – ohne Konkurrenz kann sie sich erlauben, sich der gepflegten Langeweile hinzugeben. Da guter Journalismus auch teuer ist, die Verleger zweistellige Traumrenditen erwarten, nehmen Zeitungen gerne alles mit, was kostenlos ist. Schauen Sie mal aufmerksam auf die Artikel, wie viele mit „zg“ gezeichnet sind. Das heißt „zugeschickt“ – ist also kein redaktioneller Inhalt, wird aber als solcher fĂŒr teuer Geld verkauft. Manchmal schreiben Redakteure ein paar SĂ€tze um und veröffentlichen das dann unter ihrem Namen – das ist Betrug am Leser.

Mein Leserbrief zu einem Kommentar der Redakteurin Anja Görlitz wird – obwohl kostenloser Inhalt – nicht veröffentlicht. Und obwohl er sicher fĂŒr „Spannung“ sorgen wĂŒrde. Das Problem scheint zu sein, dass ich darin auch den Mannheimer Morgen kritisisere und die Zeitung keinen Mumm hat, sich dieser Kritik zu stellen. Sie finden den Brief im Anhang.

Vielleicht gibt es aber andere GrĂŒnde. Deswegen habe ich den Chefredakteur, Herrn Roth, angeschrieben, um diese in Erfahrung zu bringen. Leider muss ich vermuten, dass ich keine Antwort erhalte, was auch auch eine Antwort ist.

Schöne Pfingsten wĂŒnscht
Ihr

Den Leserbrief an den MM finden Sie hier.

Klicken Sie auf die Grafik fĂŒr eine grĂ¶ĂŸere Darstellung.

Anmerkung der Redaktion:
Hardy Prothmann ist inhaltlich verantwortlich fĂŒr dieses journalistische Angebot. In Heddesheim ist er partei- und fraktionsfreier, ehrenamtlicher Gemeinderat.

Das Drama der journalistischen Bedeutungslosigkeit – der Fall Kachelmann ist beispielhaft fĂŒr den „Fall“ des Mannheimer Morgens


Journalistisch nur verloren und nichts gewonnen hat vor allem der MM. Quelle: MM

Mannheim/Rhein-Neckar/Deutschland, 31. Mai 2011 (red) ÃƓberall in Deutschland wurde gestern schon ĂŒber den Freispruch von Jörg Kachelmann berichtet. Der Prozess um eine mutmaßliche Vergewaltigung hat seit gut einem Jahr deutschlandweit Schlagzeilen gemacht. Bunte, Focus, Bild und Spiegel haben die Berichterstattung „vorangetrieben“. Ein wenig auch die Agenturen. Mit Sicherheit auch „das Internet“. Keine Rolle hingegen spielte der Mannheimer Morgen.

Von Hardy Prothmann

Um eines klipp und klar festzustellen: Die meisten großen Medien haben im „Fall Kachelmann“ nicht nur versagt, sondern deutlich gemacht, wie erbĂ€rmlich es um den „Journalismus“ in Deutschland bestellt ist. Allen voran Alice Schwarzer, die sich fĂŒr sich fĂŒr Bild ins Zeug gelegt hat und Gisela Friedrichsen fĂŒr den Spiegel.

SchlĂŒpfriger Journalismus

Scheckbuch-Journalismus Ã¥ la Bunte, 50.000 Euro fĂŒr ein Interview mit einer Ex-Geliebten, die schlĂŒpfrige Details erzĂ€hlt, die nichts, aber auch gar nichts mit dem Prozess an sich zu tun haben, ist nur Blick in den pornografischen Abgrund des „Unterhaltungsjournalismus“ gewesen.

Bis heute fehlt eine Distanzierung durch den „allseits geachteten“ Dr. Hubert Burda ĂŒber die Verfehlungen in und durch seine Medien in diesem „spektakulĂ€ren“ Prozess.

Verlierer-Journalismus

Der Mannheimer Morgen kommentiert heute: „Nur Verlierer.“ Und urteilt wahr und richtig. Der angebliche Vergewaltiger Kachelmann ist ein Verlierer. Das angebliche Vergewaltigungsopfer, eine Radiomoderatorin, ist eine Verliererin. Das Mannheimer Landgericht ist ein Verlierer. Die Staatsanwaltschaft ist eine Verliererin.

Und der Mannheimer Morgen hat auf ganzer Linie versagt und verloren. Der lokale Platzhirsch spielte journalistisch auch nicht den Hauch ein Rolle in diesem Drama. Kennen Sie eine exklusive Meldung der Zeitung in dem Fall? Eine Nachricht von Bedeutung? Die eine Rolle gespielt hÀtte? Die etwas oder jemanden bewegt hÀtte? Nein? Ich auch nicht.

Die PresseerklĂ€rung des Landgerichts beschĂ€ftigt sich fast nur am Rande mit dem Prozess und dem Urteil. Zentraler Inhalt ist ein Frontalangriff auf „die Medien“.

Frontalangriff auf die Medien

Und dieser Angriff aus der Verteidigungsposition heraus ist sogar nachvollziehbar. Die Richter waren in ungekanntem Ausmaß Teil der Berichterstattung. Vor allem negativer. Wie fatal unprofessionell die Richter sich verhalten haben, reflektieren sie dabei nicht. Sonst mĂŒssten sie sich ja nicht in diesem unerwarteten Maß beschweren und rechtfertigen.

Dieser Frontalangriff galt mit Sicherheit nicht dem Mannheimer Morgen. Der hat sich weder durch schlĂŒprige Details noch durch andere Informationen hervorgetan, sondern alle anderen Medien in seinem Vorgarten spielen und eine riesige VerwĂŒstung anrichten lassen.

Journalistischer Ehrgeiz? Kein Funke

Nicht einmal war der Funke eines journalistischen Ehrgeizes erkennbar. Der Wille, mit solider Recherche oder starker Meinung oder Lokalkompetenz so exklusiv und ĂŒberzeugend zu sein, dass andere „genötigt“ werden zu schreiben: „Wie der Mannheimer Morgen berichtet…“

(Falls es doch einmal in einem Jahr gelungen sein sollte, erkenne ich das nach in Kenntnissetzung an und bitte um Hinweis auf Korrektur bevor eine mit Kosten verbundene Abmahnung geschrieben werden sollte.)

Heute morgen werden die Menschen in den Spiegel schauen und sich vielleicht die ein oder andere Frage dabei stellen.

Der Strafverteidiger Johann Schwenn wird vermutlich denken: Guter Job!

Jörg Kachelmann wird denken: Nein, danke.

Alice Schwarzer wird denken: Doch!

Gisela Friedrichsen wird denken: Wie ungerecht!

Die Radiomoderatorin wird denken: (Nicht-öffentlich)

Stefan Eisner (unbekannter MM-Redakteur, der den Kommentar geschrieben hat.) denkt: Nur Verlierer.

Horst Roth, der MM-Chefredakteur wird denken…

Keine Ahnung, was Herr Roth denkt.

Vermutlich denkt er. Irgendwas. Dass er auch nur im Ansatz darĂŒber nachgedacht hat, wie man diesen Prozess journalistisch „top“ begleitet, darf man getrost in Frage stellen. Und wenn das so gewesen sein sollte, war er leider nicht erfolgreich.

Lordsiegelbewahrer der gepflegten Bratwurstberichterstattung

Herr Roth darf sich gerne aber als „Lordsiegelbewahrer“ fĂŒhlen, denn er fĂŒhrt eine lange Tradition fort. Ob „Königsmord der SPD„, Peter Graf-Prozess, Flowtex-Skandal, aktuell Bilfinger & Berger und die Nigeria-Connection – seit nunmehr fast 15 Jahren ist der Mannheimer Morgen kaum mehr in der Lage, eine „Nachrichtenquelle“ fĂŒr andere Medien zu sein.

Terminberichterstattung, Fasnacht, Vereine, Bratwurstjournalismus und „deshĂ€mmerschunimmersogemacht“ bestimmen die journalistische Minderleistung dieser ehemals geachteten Zeitung.

Dabei ist Mannheim ein deutsche Metropole. Eine Top-Stadt, in der „was geht“ – immer wieder. Mit 300.000 Einwohnern ist die Stadt nicht sehr groß, aber sie hat großes Potenzial. Politisch, kulturell, wirtschaftlich und sportlich.

Der Mannheimer Morgen bildet das leider so gut wir gar nicht ab. Er bedient die lokalen Zirkel und vor allem seinen Terminkalender, schaut dabei hilflos der sinkenden Auflage zu und feiert sich selbst dafĂŒr… WofĂŒr? Vermutlich, dass es ihn ĂŒberhaupt noch gibt.

Das Drama der journalistischen Bedeutungslosigkeit ist kaum an einer anderen Zeitung so „dokumentierbar“ wie am Mannheimer Morgen.