Rhein-Neckar, 09. Mai 2014. (red/ld) Halten Schulen, was sie in ihren Leitbildern versprechen? Das untersuchen 90 Mitarbeiter des Landesinstituts für Schulentwicklung in Baden-Württemberg im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Fremdevaluation. Die Ergebnisse veröffentlicht das Kultusministerium aber nicht – um ein Schulranking zu vermeiden. [Weiterlesen…]
Gymnasiale Standards an Gemeinschaftsschulen vorhanden
Hirschberg/Heddesheim/Rhein-Neckar, 10. September 2013. (red/pm) Die beiden Landtagsabgeordneten Uli Sckerl (Grüne) und Gerhard Kleinböck (SPD) kritisieren Georg Wacker (CDU). Dieser behauptet, dass an den Gemeinschaftsschulen die gymnasialen Standards fehlen. [Weiterlesen…]
Trend zur Gemeinschaftsschule?
Heddesheim/Hirschberg/Rhein-Neckar, 31.10.2012 (red/ld) Individualisiertes Lernen könnte die Zukunft für den Schulstandort Heddesheim-Hirschberg sein. Die Gemeinden und die Eltern möchten die Schule vor Ort behalten. Angesichts der sinkenden Schülerzahlen in den Werkrealschulen ist aber fraglich, ob sie in dieser Schulform lange überleben wird. Individuelles Lernen und die Umwandlung in eine Gemeinschaftsschule könnte eine Chance sein. Eltern und Bürger sind skeptisch.
Von Lydia Dartsch
Der Trend der geschlossenen Werkrealschulen lässt sich nicht stoppen. Endrick Ebel vom Staatlichen Schulamt in Mannheim erklärt den etwa 40 Anwesenden am 24. Oktober in Heddesheim die Situation, wie sie überall im Land anzutreffen ist:
Unsere Versuche, die Entwicklungen aufzuhalten oder umzukehren, sind gescheitert
Von ursprünglich 120 Werkrealschulen in der Rhein-Neckar-Region gibt es aktuell nur noch 80. Ebel spricht von einem Schulsterben (siehe Bericht vom 23.10.2012). Grund dafür ist zum Einen der demografische Wandel, durch den die Schülerzahlen seit 30 Jahren zurückgehen.
Zum anderen verstärkt die fehlende Grundschulempfehlung diesen Trend vor allem bei den Hauptschulen. Das Schulsystem entwickle sich von einem dreigliedrigen in ein zweigliedriges Schulsystem, hat Ebel beobachtet:
Es wird versucht, möglichst viele Abiturienten hervorzubringen.
So kämen 35 Prozent der Abiturienten mittlerweile aus beruflichen Gymnasien, nachdem sie zuerst eine Realschule abgeschlossen hatten. Denn immer mehr Eltern meiden die Werkrealschulen: Der Ruf der Hauptschule und Zweifel an der Güte der Mittleren Reife an einer Werkrealschule sind schuld daran. Zwar sollte es keinen Unterschied zwischen den Schultypen geben. Die Eltern erleben das aber anders und entscheiden sich deshalb lieber gleich für die Realschule – oder das Gymnasium. In Heddesheim-Hirschberg gilt der Trend noch nicht. Herr Ebel befürchtet aber, dass es früher oder später auch die Karl-Drais-Schule treffen wird und sie geschlossen werden muss.
Lieber länger gemeinsam lernen
Auch in Hirschberg gab es einen Informationsabend für Eltern. Bürgermeister Manuel Just sagte auf Anfrage, dass es ihm zuerst um die Einbindung der Eltern, Schüler und Lehrer gehe. Er sei für alle Möglichkeiten offen, also einerseits eine Gemeinschaftsschule mit Heddesheim, aber auch ohne die Nachbargemeinde. Und es könne sich auch herausstellen, dass nur noch die Grundschule in Hirschberg verbleibt: „Wir müssen alle Optionen vernünftig prüfen.“ Aus seiner Sicht sei eine Gemeinschaftsschule sinnvoll, aber nicht um jeden Preis und nicht ohne solide Zukunftsaussichten. Für eine Gemeinschaftsschule müsse ein zuverlässiges pädagogisches Konzept erarbeitet werden, eine Mindestschülerzahl sei Voraussetzung. Der Vorteil seien das längere gemeinsame Lernen und ein Schulstandort vor Ort. An einer Gemeinschaftsschule könnten auch Fächer wie Latein unterrichtet werden.
Durch den Wegfall der Grundschulempfehlung habe sich die Situation grundlegend verändert, zur Zeit gebe es gerade noch genug Schüler – aber die Tendenz sei klar, die Schülerzahlen werden schon in den kommenden Schuljahren nicht mehr für eine Werkrealschule reichen. In Hirschberg nahmen rund 50 Personen an der Informationsveranstaltung teil.
Eine Gemeinschaftsschule könnte den Schulstandort Hirschberg-Heddesheim sichern, schlägt Ebel vor und berichtet aus seiner Erfahrung, dass die 42 Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg gerade einen Schülerzulauf erleben. Eine Karl-Drais-Gemeinschaftsschule würde bedeuten, dass die Kinder entweder ab der ersten oder der fünften Klasse bis zur zehnten Klasse zusammen auf die Schule gehen, ohne Unterschied ihres Lernniveaus. Für die Schüler in Heddesheim-Hirschberg hieße das, sie könnten dann weiter in den Gemeinden auf die weiterführenden Schulen gehen, ungeachtet ob sie Abitur, Mittlere Reife oder den Hauptschulabschluss machen.
Jedes Kind soll den bestmöglichen Abschluss erreichen, findet Ebel. Zwar gibt es weder Noten, noch bleiben Kinder sitzen. Es finden aber Leistungskontrollen statt, um festzustellen, wie schnell die Schüler in dem jeweiligen Fach vorankommen. Entsprechend ihrer Leistungen würden sie dann gefördert und sich in den letzten Schuljahren gezielt auf einen Abschluss vorbereiten. Nach der zehnten Klasse wechseln die Abiturschüler in die zehnte Klasse des Gymnasiums und machen dort ihr (neunjähriges) Abitur.
Lieber lernen durch Erfolgserlebnisse
Alle Schüler werden individuell gefördert. Sie gehen gemeinsam in eine Klasse ungeachtet ihres Lernniveaus. Rektor Jens Drescher hat auch schon eine Idee, wie das aussehen könnte. So hat er sich Anregung von der Schule Bürglen, in der Schweiz, geholt, die ihre Schüler seit einiger Zeit in Lernbüros unterrichtet. Der Film „Individualisierung – das Geheimnis erfolgreicher Schulen“ von Reinhard Karl zeigt wie es dort zugeht: Dort werden die Schüler angeleitet, selbständig zu lernen, ohne den traditionellen Frontalunterricht.
Wer Fragen hat, kann Lehrer ansprechen oder Mitschüler und sich den Stoff erklären lassen. In dieser „Lernlandschaft“, wie es die Schule nennt, arbeiten 64 Schüler und 4 Lehrer gemeinsam an dem Stoff. Die Lehrer im Film zeigen sich begeistert, die Kinder lernten Selbständigkeit und kämen mit der Arbeitsatmosphäre gut klar. Es gebe weniger Störer und auch außerhalb der Schule weniger Randalierer.
Ein Lernbüro gibt es auch schon an der Karl-Drais-Schule. Er habe damit bisher gute Erfahrungen gemacht, erklärt Rektor Drescher und erklärt die Idee dahinter. Das bestehende System frustriere die Schüler. Jeder Schüler habe in der gleichen Zeit den gleichen Stoff zu lernen, sonst bleibt er sitzen und muss schließlich ein Schulniveau nach unten wechseln. Das Gefühl, an dem Lernstoff und der Schule zu versagen, frustriere und macht ihnen keine Lust, zu lernen. Außerdem vernachlässige das bestehende System, dass Schüler unterschiedliche Fächer unterschiedlich schnell lernen:
Das Kind kommt beispielsweise in Englisch gut mit, hat aber Schwierigkeiten in Mathe.
Die Kinder haben Erfolgserlebnisse in der Gemeinschaftsschule und sieht Rektor Drescher eine bessere Chance – für alle Schüler:
Lernen funktioniert nur durch Erfolg.
Das stärke das Selbstwertgefühl der Schüler und ihre Motivation in die Schule zu gehen. Erste Schritte habe er bereits gemacht sagt er und zeigt sich begeistert von seinen Erfahrungen mit dem Lernbüro. Darin plane jeder Schüler seine Lernziele individuell mit den Lehrern. Gleichzeitig finde eine kontinuierliche Elternberatung statt, in der die Lehrer Rückmeldung über die individuelle Lern- und Leistungsentwicklung ihrer Schüler geben.
Versuchslabor Kind?
Gemurmel ist aus den Reihen der Eltern zu hören, als Drescher und Ebel vorschlagen, die Karl-Drais-Schule zur Gemeinschaftsschule umzuwandeln, mit Grundschule oder ohne. „Versuchslabor Kind“, ist als Kommentar zu hören. Die Anwesenden fragen nach:
- Wie ist es mit der Lehrerausbildung?
- Welche Lehrer unterrichten?
- Richtet sich die Lehrerabdeckung nach den Grundschulepfehlungen?
- Gibt es dann eine Bestandsgarantie für die Gemeindeschule?
- Was sind die Alternativen?
„Alles andere ist besser als so, wie es jetzt ist. Ich weiß nicht, wie sie es umsetzen wollen“, sagt Andrea Robers, Elternbeirätin. Eine andere Mutter ist begeistert:
Ich sehe das als Chance. Ich bin ein großer Freund von gemeinsamen Lernen.
Aber auch skeptische Stimmen sind zu hören: „Wir brauchen noch mehr Informationen. Wir können uns das kaum vorstellen, wie das funktioniert“, findet eine Besucherin und eine andere berichtet:
Mein Enkel macht gar nichts selbständig. Den muss man immer erst anschubsen, damit er was macht.
Die Werkrealschule ist „angezählt“
Es müssen Lehrer aller Schulen an einer solchen Gemeinschaftsschule unterrichten, antwortet Ebel. Um den Bedarf an Lehrern zu decken, würden Stellen ausgeschrieben und die bestehenden Lehrer könnten in Fortbildungen an der neuen Lehrmethode ausgebildet werden. Bisher seien die Reaktionen von Lehrern und Eltern auf den Vorschlag gemischt, berichtet Drescher. Für die Option, an dem bestehenden festzuhalten, sieht Ebel aber keine Zukunft:
Wenn genügend Schüler angemeldet werden, geht das. Noch ist das zwar der Fall. Aber meine Erfahrung zeigt, das hat keinen Sinn.
Eine Entscheidung ob die Gemeinschaftsschule kommt, soll es erst im Herbst 2013 geben. „Um die weiterführenden Schulen am Ort zu behalten, muss man sich früh auf den Weg machen, um ein Alleinstellungsmerkmal zu haben“, erklärt Ebel. Dazu müssen sich Eltern, Lehrer und die Stadt zuerst einigen und einen Antrag für die Gemeinschaftsschule stellen. Dann brauche es etwa zwei Jahre Entwicklungszeit.
Im November soll daher zunächst eine Besichtigungsfahrt an eine bestehende Gemeinschaftsschule stattfinden. Im Frühjahr 2013 soll die Diskussion dann in die heiße Phase übergehen und im Herbst zu einer Entscheidung aller Beteiligten führen. Rektor Drescher hofft auf die Gemeinschaftsschule und auf Leben in den Schulgängen:
Es tat mir als Schulleiter weh, als ich vor den Sommerferien durch die Gänge gelaufen bin, und diese gähnende Leere gesehen habe.
Die Ganztagesschule muss kommen – aber sie ist trotzdem ein Problem
Rhein-Neckar, 01. Oktober 2012. (red) Alles schön und gut. Die Forderung nach einer Ganztagesschule ist richtig, aber trotzdem problematisch. Aktuell wurde im Ladenburger Gemeinderat über die Einführung der Ganztagesschule an der dortigen Werkrealschule diskutiert – aber die Debatte wird auch in anderen Gemeinden unseres Einzugsgebiet laufen. Und vermutlich Stückwerk bleiben. Weil immer nur kurzfristig geplant wird und niemand den Mut aufbringt, mal zehn oder sogar 20 Jahre nach vorne zu schauen. Oder auch mal zurück.
Kommentar: Hardy Prothmann
Dieser Beitrag kommt ohne Zahlen aus, weil es nicht um Erbsen zählen gehen soll, sondern um einen Aufruf zu einer weitsichtigen Debatte, die leider nicht stattfindet.
Baden-Württemberg ist unbestritten ein guter Schulstandort. Aber die Zeiten ändern sich. Mit ihnen die Menschen und die Bedingungen, unter denen sie miteiander leben. Deswegen beginne ich auch mit einem Sprung zurück.
Ich bin 1966 geboren und bin nach der vierten Klasse in Frankenthal aufs Gymnasium gegangen. Mit ein paar Freunden. Andere Freunde wechselten auf die Reals- oder Hauptschule. Für die Freundschaften war das weitgehend unbedeutend. Um 13:00 Uhr läutete es, ich war um 14:00 Uhr mit Essen und meist auch mit Hausaufgaben fertig, spätestens um drei ging es raus: Kicken, Rad fahren, Schwimmen gehen, Blödsinn machen, Vereinstraining. Mit meinen Freunden und anderen Kindern. Beim Abendessen war ich oft todmüde, weil ausgepowert.
Gemeinsamkeit
Mit einigen meiner Freunde bin ich unabhängig vom Schulabschluss und der späteren beruflichen „Laufbahn“ immer noch gut befreundet. Die einen arbeiten als Handwerker, andere in Heilberufen ohne Ärzte zu sein, es gibt Händler und Dienstleister unter ihnen. Alles feine Leute, die teils mal richtig ordentlich mehr Geld verdienen als ich. Und die oft um einiges weniger arrogant sind als die, die sich für die Elite halten.
Überhaupt diese ganze leidige Elitendiskussion: Wenn ich einem Kumpel einen französischen Text übersetzt habe oder die Inschriften auf alten Denkmälern lesen und verstehen konnte, wusste ich, dass ich mehr weiß als mein Hauptschulfreund. Na und? Dafür konnte der flitzeflink später Maße und Winkel berechnen, wusste immer, wo gerade die besten Preise für was auch immer waren. Das ergänzt sich bis heute.
Zusammen, statt getrennt

Hardy Prothmann (45) fordert mehr Weitblick bei der Schulpolitik.
Damit bin ich beim Kern der Debatte: Vor meiner Zeit wurden Jungs und Mädchen getrennt. Auch zu meiner Zeit wurden wir Kinder getrennt. Gemeinsames Lernen gab es nicht. Aber wir hatten neben der Schule viel Zeit für Gemeinschaft. Heute werden die Kinder auch getrennt, aber durch die Lebenssituation vieler Eltern brauchen sie eine längere Betreuung. Sicher sind auch die Anforderungen in der Schule gestiegen, also auch länger Schule.
Ich habe zwei Kinder. Der Sohn hat gerade nach dem achtjährigen Gymnasium Abitur gemacht, die Tochter besucht die 8. Klasse. Die kennen keine Haupt- und Realschüler mehr. Nicht wegen Elitegedanken – ich achte drauf, dass sie bewusst bescheiden bleiben -, sondern weil sie keine Zeit haben. Morgens um sechs Uhr aufstehen, Schule bis um 16-17:00 Uhr. Dann noch Hausaufgaben machen, lernen, etwas Sport und etwas Musik. Damit ist der Tag rum. Ab und an treffen sich „beste Freundinnen“ und das ist natürlich jemand aus der Klasse. Andere Kinder bekommen sie ja nicht zu Gesicht.
Diese Trennung der Kinder führt auch irgendwann zu einer Trennung der Gesellschaft. Gymnasiasten wissen nicht wie Realschüler ticken und die nicht, wie Hauptschüler so als Menschen sind. Falsche Elitendebatten führen zu falschen Selbstbildern bei den „Besten“ wie bei denen, die es „halt nicht geschafft haben“. Und vor allem CDU, SPD und FDP heißen diese heillosen Debatten auch noch an. Christliche Verbundenheit, soziales Miteinander oder freies Füreinander fällt diesen „politischen Eliten“ nicht mehr ein. Und umgekehrt kriegen die Grünen Pickel, wenn jemand Elite sagt, obwohl man die ganz sicher ebenso braucht wie den soliden Handwerker.
Der Schultyp der Zukunft, der auch den Gemeinsinn der Menschen stärkt und der gesellschaftlichen Situation Rechnung trägt ist die gemeinsame Ganztagsschule. Damit die nachwachsenden Generationen auch fähig sind, gemeinschaftlich zu denken. Und übereinander Bescheid wissen. Natürlich gehört auch Inklusion dazu.
Und man muss die Sportvereine in die Veränderungen ebenso mit einbeziehen wie Musikschulen. Wenn die Ganztags-Werkrealschule kommt, werden die Vereine erneut Kinder und Jugendliche verlieren. Ganz einfach aus dem Grund, dass nicht alle auf ein Mal im Zeitfenster 17:00-19:00 Uhr auf demselben Platz kicken oder diesselbe Halle belegen können.
Alle müssen zusammenrücken
Früher ging man nach der Schule in den Sportverein. „Nach der Schule“ ist heute später Nachmittag oder früher Abend. Also müssen die Vereine in die Schulen, ebenso die Musikschulen.
Das wird ein gewaltiger Umbau – denn dafür muss vieles neu gedacht werden. Von Gebäuden, über Plätze, über Mittel bis hin zur Organisation. In vielen Gemeinden reichen die Hallenkapazitäten nicht mehr aus. Nicht weil die von morgens bis abens belegt sind, sondern weil immer mehr Anspruch auf diesselben Zeitfenster erheben. Wo soll das hinführen? Dass jeder 10.000-Einwohner Ort vier Hallen und zwei Kunstrasenplätze hat?
Man muss nicht nur gesellschaftlich die Schulen neu denken, sondern auch wirtschaftlich. Denn bekanntlich fehlt es an Geld zur Unterhaltun und es wird weniger Kinder geben. Ob man sich diesen Luxus, drei Schulsysteme mit entsprechenden Verwaltungen noch wird leisten können, ist heute schon fraglich. Hinzu kommt der Schülerverkehr, denn die wenigstens laufen nach der Grundschule in eine weiterführende Schule.
Was die Hauptschüler schon mitmachen mussten, Zusammenlegungen, Werkrealschulreform, erneute Zusammenlegung, jetzt Ganztagsschule wird auch auf die anderen Schultypen zukommen. Gymnasien führen teils wieder die 9-jährigen Züge nach der G8-Reform ein oder bieten beide Züge an. Die Realschulen haben „Sorge“, dass ihre „Homogenität“ durch Hauptschüler gestört wird, da der Wegfall der Schulempfehlung nun Kindern die Realschule erlaubt, die sonst auf der Hauptschule gelandet wären. Und die Hauptschulen, neudeutsch Werkrealschulen, müssen bangen, ob sie überleben können.
Man könnte das Durcheinander auch als „lebendig“ bezeichnen. Tatsächlich weiß ich aus vielen Gespräche mit Eltern und Kindern, dass es als chaotisch begriffen wird. Eine „neue Ordnung“ kann nicht mehr Schaden anrichten als das verkorkste Herumexperimentieren der vergangenen Jahre.
Generation G8 oder die verplante Zukunft unserer Kinder
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Guten Tag!
Heddesheim, 17. Mai 2010. Die Reform der gymnasialen Oberstufe ist ein Missgriff, meint Gabi. Ohne dabei zu sehr ins Detail zu gehen, betrachtet unsere Kolumnistin dabei die psychologischen Auswirkungen. Panik macht sich breit. Wer sichs leisten kann, schickt seine Kinder schon heute zur „Sonderqualifikation“, denn es wird eng – vor allem ums Herz.
Meine Kinder haben beide das Pech oder auch Glück, je wie man es sieht, zur Generation G8 zu gehören, also Schülerinnen, die sich mit dem achtjährigen Gymnasium herumschlagen müssen.
2012 gibt es den ersten G8-er Jahrgang – davor waren es G9-er, also Absolventen eines neunjährigen Gymnasiums.
Glück haben sie insofern, dass sie ein Jahr früher fertig werden und damit endlich im europäischen Zeitplan für die Oberstufe liegen.
Und Pech … Na ja, das zu erklären, dauert länger.
2012 wird es eine große Klopperei um Studien- und Ausbildungsplätze geben.
Ein Sonderfall ist dazu noch der Jahrgang meines Sohnes. Der gehört nämlich zu den ersten und zu den doppelten. Und das heißt wiederum: 2012 haben wir einen doppelten Jahrgang von G8-ern und G9-ern, die sich fröhlich um Studien- und Ausbildungsplätze kloppen dürfen.
Über die bekannten Nachteile des G8 wurde schon viel geschrieben: Schwachsinnig verkürzte Lehrpläne, Nachmittagsunterricht, kaum Freizeit – also eine typisch deutsche Reform, in der reformiert wurde, ohne richtig darüber nachzudenken, ob das eigentlich Sinn macht. Hauptsache reformiert.
Und jetzt ist es soweit, der doppelte Jahrgang geht in die Kurstufe, sprich 12. und 13. Klasse. Wer jetzt aufmerksam mitgerechnet hat, sagt Stopp!, eine 13. Klasse kann es ja nicht mehr geben.
Weit gefehlt, in diesem Sonderfall, also genau in diesem Jahrgang, überspringen alle 10-Klässler mal kurz die 11. Klasse, um gemeinsam mit den G9-ern nach den Sommerferien in die 12. Klasse zu kommen. Raffiniert, so wird landesweit ein ganzer Jahrgang zu Hochbegabten Schülerinnen, die mal eben eine Klasse überspringen.
Gehen wir nun mal positiv davon aus, dass die Schulen es geschafft haben könnten, beide Jahrgänge gleich gut auf ihr Abitur vorzubereiten, wird Baden-Württemberg (auch Bayern) 2012 nun über die doppelte Anzahl von Abiturienten verfügen.
Schön für die Hochschulen und Betriebe, denn die können sich die Besten aussuchen.
Doppelte Konkurrenz.
Da fragt man sich natürlich als Eltern, was tun? In Windeseile und mit Druck wurden unsere Kinder durch die Schulzeit gepeitscht, um sich dann sich in unglaublicher, nämlich doppelter Konkurrenz wieder zu finden.
Ein Rezept für viele ist sicherlich eine einjährige „Auszeit“, sprich ein Soziales Jahr oder ein Auslandaufenthalt mit „Mehrwert“, also mit Sprachschule, Praktikum, Selbsterfahrung oder ähnlichem. Denn, das haben wir gelernt, einfach nur so darf diese Generation gar nichts mehr tun.
Waren unsere Kinder schon ab dem Kindergartenalter in ihrer Freizeit verplant, so müssen sie auch direkt vom Abitur in eine sinnvolle gut planbare Beschäftigung gleiten.
Organisationen, die für teures Geld unsere Kinder im Ausland bei Jobs, Sprachschulen und Praktika betreuen, sprießen nur so aus dem Boden und sind äußerst erfolgreich.
Duale Hochschulen als Karrieregaranten?
Auf der Überholspur im Wettbewerb bei den Studienmöglichkeiten sind demnach auch die dualen Hochschulen, die nicht nur ein kurzes Studium, sonder auch gleichzeitig Praxis, Firmenkontakt und wenn möglich über das Studium hinaus ein Beschäftigungsverhältnis zu garantieren versprechen.
Bisher gelingt es mir noch ganz entspannt zu bleiben. Doch im Freundes- und Bekanntenkreis, beginnt die Hektik und Panik auszubrechen: Was passiert mit unserem Kinder nach dem Abitur? Und das ist, wohlgemerkt, 2012.
Durch Sprachaufenthalte in der Schulzeit versuchen einige Eltern, die sich das leisten können, ihren Kindern schon im Vorfeld einen Wettbewerbsvorteil zu ermöglichen.
Ein Bekannter, dessen Tochter in der 11. Klasse, also sprich noch G9 ist, rennt schon seit Wochen auf Info-Veranstaltungen von Hochschulen in der Region und auf Berufsinformationsmessen. Man muss sich frühzeitig kümmern, erklärt er mir.
„Sonst hast Du keine Chance mehr…“
Auf einer Party unterhielt ich mich kürzlich mit einer Frau, deren Sohn genau wie meiner nach G8 in zwei Jahren Abitur machen wird. „Wenn Du ein Duales Studium anstrebst, musst Du Dich mit dem Zeugnis von 11/1 bei den Betrieben bewerben, sonst hast Du keine Chance“, erklärte sie mir. Ich dachte: Stopp, ich strebe überhaupt kein Studium mehr an, das habe ich alles hinter mir, mein Zeugnis von 11/1 zeige ich keinem mehr und – ich hab’ doch schon einen Job.
Meine Argumente, mein Sohn weiß doch noch gar nicht, was er nach dem Abi machen möchte und vielleicht soll er erstmal ein Jahr auf Reisen gehen, wurde mit dem Blick, „Du hast ja keine Ahnung und Du wirst schon sehen, was dabei raus kommt“, abgeschmettert.
Wie schon gesagt, bislang bleibe ich noch ganz entspannt. Aber, wenn ich ehrlich bin, ich weiß nicht mehr, wie lange.
Denn auch, wenn ich bei dieser Hysterie (noch) nicht mitmache, möchte man ja doch das Beste für seine Kinder.
Aber ich bezweifle, dass ein so vorgeplanter Weg, wirklich das Beste ist. Oder? Was meinen Sie?
Starke Belastung für Schüler und Eltern
Guten Tag!
Heddesheim, 12. Februar 2010. Die Grundschulempfehlung: Für die, bei denen es „passt“, ist alles in Ordnung. Für die anderen kann sie ein Drama werden. Bis zum 4. März 2010 werden in Baden-Württemberg wieder die Briefe versandt, die über die schulische und damit vielleicht auch berufliche Zukunft der Kinder entscheiden.
Kommentar: Sabine Prothmann
Im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland können ein paar Kilometer entscheidend sein, ob die Eltern oder die Lehrer die Entscheidung treffen, auf welche Schule ihr Kind geht: Hier in Baden-Württemberg bestimmt die Schule auf Basis des Halbjahreszeugnisses, im benachbarten Hessen ist die verbindliche Empfehlung abgeschafft.
Absurd: Verbessert sich das Kind in der zweiten Hälfte des vierten Schuljahres, spielt das keine Rolle mehr.
Ist das Kreuz aus der Sicht der Eltern nicht an der richtigen Stelle, geht ein Kampf David gegen Goliath, sprich Eltern gegen die Entscheidung der Schule los.
Wenn Eltern mit der Grundschulempfehlung nicht einverstanden sind, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder sie nehmen das Beratungsverfahren in Anspruch oder sie melden ihr Kind gleich zur Aufnahmeprüfung an, was sie auch noch nach dem Beratungsverfahren machen können.
In diesem Verfahren werden mehrere Kinder von einer Beratungslehrerin getestet, die zwei verschiedene allgemeine Begabungstests durchführt. Diese sind landesweit einheitlich festgelegt und nach den vorgegebenen Normen ausgewertet werden.
Nach einem Beratungsgespräch mit den Eltern tagt die Klassenkonferenz gemeinsam mit dem Beratungslehrer, der stimmberechtigt ist, und beschließt die „Gemeinsame Bildungsempfehlung“. Entspricht die Empfehlung den Vorstellungen der Eltern, so können sie ihr Kind an der gewünschten Schule anmelden. Ist dies nicht der Fall, können sie sich entscheiden, ob sie ihr Kind zur Aufnahmeprüfung anmelden wollen.
Die Aufgaben für die Aufnahmeprüfung werden zentral vom Kultusministerium – auf der Grundlage des Bildungsplanes der Grundschule und unter Einbeziehung von Lehrerinnen und Lehrern aller betroffenen Schularten – gestellt. Damit werden sowohl die Voraussetzungen der abgebenden Schulart als auch die Erwartungen der aufnehmenden Schularten berücksichtigt.
Die Prüfung besteht aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil.
Sollte das Kind den Durchschnitt für die gewünschte Schulart nach der schriftlichen Prüfung (3,0 für die Realschule, 2,5 für das Gymnasium) nicht erreicht haben, so wird eine mündliche Prüfung durchgeführt. Die Leistungen für die schriftliche und mündliche Prüfung zählen je zur Hälfte.
Über Sinn oder Unsinn des Systems sowie über das dreigliedrige Schulsystem kann man unterschiedlicher Meinung sein.
Man sollte sich aber auf alle Fälle bei einem Widerspruch gegen die Schulempfehlung darüber im Klaren sein, dass eine Aufnahmeprüfung für das Kind und auch die Familie durch das bürokratische Verfahren eine starke Belastung darstellt.
Welche Schule ist die richtige für mein Kind?
Guten Tag!
Heddesheim, 12. Februar 2010. Diese Frage stellen sich dieser Tage wieder viele Eltern in Baden-Württemberg. Bis zum 26. Februar 2010 finden die Informationsgespräche mit den Klassenlehrern statt und bis zum 4. März werden die Grundschulempfehlungen versandt. Die Rückmeldung der Eltern zur Grundschulempfehlung muss bis zum 11. März 2010 erfolgen.
Der Trend zum Gymnasium ist nach wie vor hoch. Fast die Hälfte der Schüler erhalten eine entsprechende Empfehlung. Haupt- und Realschule liegen fast gleichauf. Aber: Während nur jedes fünfte deutsche Kinder von der Grund- auf die Hauptschule wechselt, ist es jedes zweite Kind aus Familien mit Migrationshintergrund.
Auf der Seite des statistischen Landesamts können Sie dazu einen ausführlichen und interessanten Text lesen: Grundschulempfehlung und Elternwunsch – nicht immer stimmen sie überein.
Nachfolgend finden Sie eine Auflistung der Informationsabende (sind auch im Terminkalender eingetragen) von Gymnasien und Realschulen, die gut von Heddesheim aus zu erreichen sind:
Carl-Benz-Gymnasium, Ladenburg
24. Februar, 17.30 Uhr
Realschulstr. 4
Ladenburg
Geschwister-Scholl-Gymnasium, Vogelstang
16. März, 19:00 Uhr
Mecklenburger Str. 62
Mannheim, Vogelstang
Lessing-Gymnasium, Mannheim
12. März, 19:00 Uhr
Josef-Braun-Ufer 15-16
Mannheim
Karl-Friedrich-Gymnasium, Mannheim
18 März, 19:00 Uhr
Roonstr. 4-6
Mannheim
Integrierte Gesamtschule Herzogenried Mannheim
10. März, 18.30 Uhr
Herzogenriedstraße 50
Mannheim
Ludwig-Frank-Gymnasium, Mannheim
9. März, 19:00 Uhr
Käfertaler Str. 117 – 127
Mannheim
Merian Realschule, Ladenburg
10. März, 17:00 Uhr
Heidelberger Str. 20
Ladenburg
Tulla-Realschule, Mannheim
17. März, 18.30 Uhr
Tullastr. 25
Mannheim
Geschwister-Scholl-Realschule, Vogelstang
13. März, 11:00 Uhr
Mecklenburgerstr. 62
Mannheim
Einen schönen Tag wünscht
Das heddesheimblog
Die verworrenen Thesen des Dr. Josef Doll
Guten Tag!
Heddesheim, 05. Februar 2010. Im aktuellen Mitteilungsblatt schreibt Dr. Josef Doll zur Schulpolitik. Reichlich wirr dokumentiert der CDU-Fraktionsvorsitzene darin, dass er, obwohl promoviert, nicht in der Lage ist, wissenschaftliche Studien korrekt wiederzugeben. Bei der Anzahl der Falschaussagen, unkorrekten Bezüge und mangelhaften Schlussfolgerungen muss man sich ernsthaft sorgen, wie die CDU-Fraktion zu ihren Beschlüssen kommt. Die Redaktion dokumentiert den Artikel, dessen Aussagen, Quellen und die massiven Fehler eines heillos wirren Verfassers.
Dokumentation, Faktencheck und Einordnung

Dokumentation: Dr. Josef Dolls Text im Mitteilungsblatt, Nr. 5/2010. Klicken Sie für eine größere Darstellung. Quelle: Mitteilungsblatt
Im Mitteilungsblatt Nr. 5/2010 schreibt Dr. Josef Doll auf Seite 22:
„Im Gemeinderat wurde mit 14 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung abgestimmt. Grüne + GR Prothmann waren dagegen. Das hat mit Ansiedlung Pfenning nichts zu tun. Ein Vorschlag war von der Gegnerseite die Einführung der Einheitsschule bis zur zehnten Klasse.“
Zutreffend ist die Darstellung der Abstimmung. Was das allerdings mit „Pfenning“ zu tun oder nicht zu tun haben soll – erschließt sich dem Leser nicht. Vermuten lässt sich, dass anders als behauptet, für Herrn Dr. Doll irgendwie doch alles mit „Pfenning“ zu tun hat.
Fixe Idee
Denn direkt im Anschluss benennt er die „Gegnerseite“. Die „Gegner“ scheinen eine fixe Idee bei ihm zu sein. Sieben Gemeinderat haben mit „Nein“ gestimmt. Damit üben sie ihr demokratisches Recht aus, was sie noch lange nicht zu pauschalen „Gegnern“ macht.
Ganz im Gegenteil befindet sich darunter ein Lehrer an der Johannes-Kepler-Schule. Der Gemeinderat Uli Kettner war zunächst für den Antrag auf eine gemeinsame Werkrealschule, stimmte dann aber gegen den Antrag, weil dieser nur noch eine Schulleitung vorsieht. Diese Haltung hat er umfangreich begründet.
Zu keiner Zeit haben er oder andere die „Einführung der Einheitsschule bis zur zehnten Klasse“ gefordert. Vielmehr wurde für ein möglichst langes gemeinsames Lernen plädoyiert. Dieses Plädoyer betraf eine politische Forderung der Partei der Grünen und ganz sicher nicht eine Beschlussvorlage des Gemeinderats. Auch wenn Herr Dr. Doll gerne so tut, als würden doch landespolitische Entscheidungen getroffen.
Weiter schreibt Herr Dr. Doll:
„Dies ist die Forderung der sechziger und siebziger Jahre und wissenschaftlich seit einigen Jahren überholt. So haben Lehmann und Lenkeit in der wissenschaftlichen Studie ELEMENT (2008) deutlich bei empirischen Untersuchungen nachgewiesen, dass der „Einheitsgedanke bis zur zehnten Klasse“ nicht mehr aufrechtzuerhalten ist, da er sich zum Nachteil der Schüler auswirkt.“
Erstaunlich ist, wie es Herrn Dr. Doll gelingt, in einem einzigen Satz ein solche Fülle von falschen, halbwahren und verdrehten Behauptungen aufzustellen.
Unzulässige Vergleiche
„Forderung der sechziger und siebziger Jahre“: Tatsächlich lassen sich erste Forderungen für eine Gesamtschule bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen – also noch lange vor der Einführung der allgemeinen Schulpflicht im Königreich Preussen. Bei Wikipedia (siehe unter „Geschichte“) lässt sich nachlesen: „Die erste ausführliche Konzeption für eine Gesamtschule legte 1809 der preußische Leiter der Sektion für Kultus und Unterricht Wilhelm von Humboldt vor.“
In dem Abschnitt ist sehr übersichtlich die Geschichte der Gesamtschule erklärt.
Was der „Einheitsgedanke bis zur zehnten Klasse“ sein soll, weiß nur Herr Dr. Doll. Er setzt den Ausdruck in Anführungszeichen und tut damit so, als würde er eine Person oder einen Fachterminus zitieren. Tatsächlich gibt es keinen solchen.
Wieder zitiert Herr Dr. Doll falsch und bemüht dafür die Studie ELEMENT. Dolls Behauptung: Hier sei empirisch nachgewiesen worden, dass gemeinsames Lernen bis zur zehnten Klasse „sich zum Nachteil der Schüler auswirkt.“.
Tatsächlich handelt es sich bei der Studie um eine „Erhebung zum Lese- und Mathematikverständnis Entwicklungen in den Jahrgangsstufen 4 bis 6 in Berlin“. Auch in dieser Studie taucht der Begriff „Einheitsgedanke bis zur zehnten Klasse“ niemals auf, mal abgesehen davon, dass nur bis zur 6. Klasse untersucht wurde. Und: Es geht um den Übergang ins Gymnasium, nicht um eine Werkrealschule. Allein deshalb ist der Vergleich schlicht unzulässig.
Der Verfasser der Studie, Prof. Dr. Rainer Lehmann, Professor für Erziehungswissenschaft an der Humboldt-Universität Berlin, sieht allerdings die Ergebnisse seiner Studie sehr differenziert, wie dieses Interview mit Deutschlandradio belegt.
Im Kern stellt seine Studie heraus, dass für etwa zehn Prozent der leistungsstärkeren Schüler der Übergang von der 4. Klasse ins Gymnasium von Vorteil ist. „Im Prinzip ist die Berliner Lösung bis zur 6. Klasse gar nicht so verkehrt“, sagte uns Professor Lehmann auf Anfrage: „Nur eben für diese Gruppe der leistungsstarken Schüler nicht.“ Dabei verweist der Professor auf eine Vielzahl von Einflussfaktoren, beispielsweise dass in der Grundschule fast keine Fachlehrer des Bereichs Mathematik zum Lehreinsatz kommen und es eine „gewisse Infantilisierung der Grundschule in den vergangenen Jahren“ gegeben habe: „Der Übergang zum Gymnasium ist für viele Kinder dann ein Schock.“
Herr Dr. Doll schreibt:
„Nichts ist ungerechter als die Gleichbehandlung Ungleicher.“ Dieser Satz ist eine Behauptung – weder logisch, noch empirisch begründet. Herr Dr. Doll verwendet dieses chiastisch angelegte Postulat als Beleg gegen das Konzept der Gesamtschulen.
Herr Dr. Doll hat vor allem eines – keine Ahnung von dem, über das er schreibt
Mal unabhängig davon, ob man nun für oder gegen ein solches Konzept ist, verkennt Herr Dr. Doll in krasser Unkenntnis der praktischen Umsetzung von Lerninhalten an Gesamtschulen, dass dort die Kinder keineswegs gleich behandelt werden.
Es gibt Kurs- und Fördersysteme, die Schüler nach ihren Leistungen in Teilen eben unterschiedlich unterrichten – nur eben überwiegend zusammen. Herr Dr. Doll behauptet, dass alle Schüler „gleich“ behandelt würden. Das ist falsch.
Das gemeinsame Lernen hat vor allem einen sozialen Ansatz und soll die „soziale Trennung“ der Schüler eindämmen – etwas, was der Christdemokrat Doll anscheinend überhaupt nicht will.
Herr Dr. Doll schreibt:
„Die Jugendarbeitslosigkeit ist in Deutschland deutlich niedriger als in den benachbarten Ländern. Dies wird auch auf das gegliederte Schulsystem zurückgeführt.“
Knapp vorbei ist auch daneben. So drückt sich ein Experte aus: „Länder mit geringer Jugendarbeitslosigkeit haben zudem ein duales Ausbildungssystem, das den Jugendlichen den Übergang von der Schule in die Arbeitswelt erleichtert. In Frankreich und Spanien, wo die Jugendarbeitslosigkeit besonders hoch ist, gibt es dieses System nicht. Die hierzulande oftmals kritisierte Lehrlingsausbildung gilt dort als Modell“, sagt der Sozialforscher Peter Auer in einem Interview mit der Zeit (28. Oktober 2009).
Wieder bringt Herr Dr. Doll also mächtig etwas durcheinander.
„Die Gegner des Schulantrages nehmen keine Rücksicht auf die Interessen der Heddesheimer Schüler. Die dahinter stehende Ideologie ist falsch. Siehe die Ergebnisse von PISA und die Tatsache, dass Gesamtschulen bis heute nicht mehr Bildungsgerechtigkeit schaffen als Schulen des gegliederten Schulsystems.“
Auch hier geht Herrn Dr. Doll wieder Einiges durcheinander. „Die Gegner des Schulantrages“ sind nicht gegen die Werkrealschule – sie sind gegen die Zusammenführung der Schulen unter eine Leitung. Dahinter steht keine „Ideologie“, sondern der Gedanke, dass eine Hauptschule am Ort mit eigener Leitung besser ist, als eine unter „fremder“ Leitung. Die Hinführung auf einen Werkrealschulabschluss würde auch an dieser Hauptschule stattfinden – nur eben nicht mehr die zehnte Klasse „Werkrealschule“.
Was PISA und die Bildungsgerechtigkeit angeht, kommt der Aktionsrat Bildung der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. zu folgendem Schluss: „Deutschland erreichte in allen Kompetenzbereichen ein Leistungsniveau, das dem OECD-Durchschnitt entsprach (vgl. Prenzel u. a. 2004, S. 70, S. 99, S. 118; vgl. Abb. 2). Allerdings liegen die durchschnittlichen Leistungen einer ganzen Reihe von Staaten (in mehr oder weniger allen Bereichen) deutlich über den in Deutschland beobachteten. Der internationale Vergleich führt so vor Augen, dass Jugendliche im Alter von 15 Jahren ein sehr viel höheres Kompetenzniveau als in Deutschland erreichen können. Wenn man will, kann man diesen Befund so interpretieren, dass deutsche Jugendliche im Vergleich zu denen anderer Staaten in gewisser Weise „benachteiligt“ sind, denn sie erhielten offensichtlich nicht die gleichen Chancen, ein entsprechend hohes Kompetenzniveau zu entwickeln.“
Dr. Doll und seine „Ideologien“
Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft dürfte eher unverdächtig sein, einer im Sinne von Dr. Doll unterstellten „Ideologie“ zu folgen, der angeblich die Grünen und der Gemeinderat Hardy Prothmann (Anm. d. Red.: Verantwortlich für das heddesheimblog) folgen.
Dr. Doll befürchtet bei einer „Einheitsschule bis zur zehnten, selbst bis zur sechsten Klasse“, dass „Privatschulen, auch für die Grundschule aus dem Boden schießen. Dies ist nicht Ziel der CDU. Ob dies im Sinne der Ablehner ist, wagen wir zu bezweifeln.“
Was genau Herr Dr. Doll da im pluralis majestatis zu „bezweifeln wagt“, kann man nur erahnen.
Weiter schreibt Herr Dr. Doll:
„In jedem Fall ist das ganze schwach recherchiert und ein erneutes Beispiel dafür, dass von den genannten Gruppierungen Ideologie wissenschaftlicher Erkenntnis vorgezogen wird.“
Dieser Satz ist ausnahmsweise richtig – allerdings nur, wenn man ihn auf die Ausführung von Herrn Dr. Doll bezieht.
Als guter Christ sollte Herr Dr. Doll vielleicht öfter mal die Bibel zur Hand nehmen und die zehn Gebote durchgehen. Das achte Gebot sagt: „Du sollst kein falsch Zeugnis ablegen.“
Einen schönen Tag wünscht
Das heddesheimblog
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