Dienstag, 30. Mai 2023

Geprothmannt

Darf man Rechte mit Eiern bewerfen?

Rhein-Neckar, 18. Februar 2013. (red) In Mannheim haben Bürger/innen, Politik-Vertreter und Mitglieder der linken Szene der NPD wieder einmal gezeigt, dass sie Widerstand gegen Rechtsradikale leisten. Das ist gut so. Nicht gut sind die Begleitumstände.

Von Hardy Prothmann

Es gibt Kommentare, die schreibt man nicht gerne. Aber sie müssen trotzdem geschrieben werden. Am Samstag hat die rechtsradikale NPD eine Kundgebung in Mannheim angemeldet. Die Partei nimmt damit ein Grundrecht unserer Verfassung wahr – ob das den Gegnern der Partei passt oder nicht. Artikel 8 Grundgesetz legt fest:

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

„Darf man „Rechte“ mit zweierlei Maß messen?“ „Nein!“ findet Chefredakteur Hardy Prothmann

Grundrechte gelten grundsätzlich für alle. Wer für sich diese Rechte in Anspruch nimmt, muss sie auch anderen zugestehen, ansonsten wäre die Verfassung nichts wert. Die Polizei hat die Aufgabe, das Recht auf Versammlungsfreiheit abzusichern, wenn ohne diese Sicherungsmaßnahme die Versammlungsfreiheit nicht möglich wäre.

Selbstverständlich hat man auch das Recht eine Gegendemonstration durchzuführen. Von diesem Recht haben die Gegner der Rechtsradikalen Gebrauch gemacht. Die Frage ist aber, wie sie das gemacht haben und ob alle Teilnehmer tatsächlich Demokraten sind. Und hier fangen die Fragwürdigkeiten an.

Wer Polizisten, die sich äußerst defensiv und deeskalierend verhalten, anpöbelt und provoziert, ist ein Störer der öffentlichen Ordnung. Wer sich vermummt und damit eine Identifizierung verhindert, begeht eine Straftat, wer geeignete Dinge mit sich führt, um sich vermummen, begeht eine Ordnungswidrigkeit.

Und wer mit Eiern wirft, nimmt potenziell eine Verletzung von Personen in Kauf, mindestens eine Sachbeschädigung, eventuell liegt eine Beleidigung vor. Das entscheiden bei einer Anzeige Gerichte nach der jeweiligen Situation. Und eigentlich hätte die Polizei eingreifen müssen – da die Veranstaltung aber als beendet erklärt worden war, hat sich die Polizei auch hier „maßvoll“ entschieden und für einen reibungslosen Abzug der Rechten gesorgt. Was, wenn die Polizei Vermummte und Eierwerfer festgesetzt hätte? Dann wäre ordentlich was los gewesen. Der Katalog der Vorwürfe und Beschuldigungen und Beleidigungen wäre immens. Und ein Wort würde sicher die Runde machen: unverhältnismäßig.

Was, wenn man sich die Situation umgekehrt vorstellt?

Jetzt stellen wir uns die umgekehrte Situation vor. Sagen wir mal, ein „Bündnis für Demokratie“ meldet eine Veranstaltung an. Auf den Plan treten vermummte Rechte, die die Versammelten anpöbeln und mit Eiern bewerfen. Was würden die Versammelten fordern? Selbstverständlich ein Einschreiten der Polizei und eine strafrechtliche Verfolgung.

Wer mit zweierlei Maß misst, für sich Verfassungsrechte in Anspruch nimmt, die er anderen nicht zugesteht, zeigt, dass er sich eigentlich nicht an das halten möchte, was er vorgibt zu verteidigen und zu beschützen – die Demokratie.

Eine Zivilgesellschaft hat zivile Mittel, um sich zu positionieren. Sie kann auf einen Rechtsstaat zählen, der für die öffentliche Ordnung sorgt. Wer die öffentliche Ordnung einerseits fordert und andererseits stört und verhöhnt, zeigt sich undemokratisch.

Der überwiegende Teil der Gegendemonstranten hat sich korrekt verhalten. Sie haben Präsenz gezeigt und Lärm gemacht. Das ist ein guter, vorbildlicher ziviler Protest.

Wie kleingeistig sich teils die Antifa-Leute zeigen, erkennt man an der Anzeige gegen den Halter des NPD-Busses, weil dieser mit einer roten Plakete in die Umweltzone der Stadt eingefahren ist. Auf Twitter und bei Facebook sowie bei der Pressemeldung des Bündnisses gegen Rechts fand diese Plakete und die Anzeige dagegen reichlich Beachtung. Mal ehrlich? Wie peinlich ist das denn?

Es geht um mehr. Am liebsten um einen klaren und eindeutigen Widerstand gegen Rechtsradikale. Aber bitte vorbildhaft und respektvoll – nicht gegenüber den Rechten, sondern gegenüber sich selbst, der Polizei. Es geht darum, sich so zu verhalten, wie man auch von anderen erwartet, dass diese sich einem selbst gegenüber verhalten.

Dokumentation "Pfenning": Deal und Fragen ohne Antwort

Der „ver-antwortungslose“ Kessler

Heddesheim/Rhein-Neckar, 26. Juli 2012. (red) Bürgermeister Michael Kessler macht seinem Namen alle Ehre. Er kesselt sich ein. Und mit ihm die „etablierten Dienstleister-Medien“. Eine Anfrage unserer Redaktion zur wichtigsten Ansiedlungspolitik seiner Amtszeit bleibt  zwei volle Tage unbeantwortet. Kann man diesem Bürgermeister noch verantwortliches Handeln zutrauen?

Von Hardy Prothmann

Behörden und deren Leiter sind zur Auskunft gegenüber der Presse verpflichtet. Seit dem Start des Heddesheimblogs verstößt Bürgermeister Michael Kessler gegen diese Auskunftspflicht immer wieder. Er ist und bleibt ein Feind der grundgesetzlich garantierten freien Meinungsbildung.

Pressefeind Kessler

Gegen diese „Behandlung“ haben wir in der Vergangenheit protestiert und Dienstaufsichtsbeschwerden beim Landratsamt eingereicht. Dort wurden wir zunächst darüber informiert, dass man ein Blog nicht für „Presse“ hält. Ein freundlicher Hinweis unserseits „zur Fortbildung“ auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts führte dann dazu, dass das Landratsamt Bürgermeister Kessler „empfohlen“ hat, uns doch als „Presse“ zu berücksichtigen.

Auch ein Hinweis von unserer Seite an den aktuell stellvertretenden Landrat und ersten Landesbeamten Joachim Bauer vor einigen Wochen, der sich „kümmern wollte“ hat an der demokratisch-deformierten Haltung des Bürgermeisters wohl nichts geändert.

Die damalige Empfehlung hat bis heute nur zur Minimallösung geführt. Wir erhalten als Unterlagen die Tagesordnung der Gemeinderatssitzung und ab und an eine Pressemitteilung, bevorzugt zu Baustellen. Zu vielen vor Ort Terminen werden wir nicht eingeladen – der Mannheimer Morgen hingegen ist immer vor Ort. Vermutlich hat die Zeitung die besseren „Spurnasen“.

MM als investigativstes Bratwurstmedium Deutschlands

Vielleicht ist ein „Dieter Kolb“ (diko) auch einfach nur ein „harter Hund“ und einfach investigativer als wir und wir müssen unser Haupt gegenüber diesem enormen Reporter-Potenzial beugen – oh, MM, du findest einfach jede Bratwurst vor uns. Es gibt kein Fest, keinen Wettergott, keinen Gerstensaft, kein Lob, keine Stimmung, die du, glorreiche Zeitung, nicht vor uns findest.

Zurück zum Ernst der Sache: Die Zeitung weiß um die Sonderbehandlung und hat noch nie in Sachen „Pressefreiheit“ diese unsägliche Haltung des Bürgermeisters Kessler kritisiert – warum auch? Der Mannheimer Morgen (wie auch andere unkritische Medien) genießt die Nutznießer-Rolle. Kost und Logis. „Exklusive Verlautbarungsinformationen“.

Presse- und Meinungsfreiheit – so muss man mutmaßen – ist der Zeitung keine Zeile wert. Das ist für den Berufsstand so ziemlich das Verwerflichste, das Erbärmlichste, was man einem Medium vorwerfen kann. Das bedeutet jegliches Fehlen eines Restes von berufsständiger Ehre. Doch das ist die Realität. Belegt durch keine einzige geschriebene Zeile, wie ein „kleines, unabhängiges Medium“ durch einen gewählten Bürgermeister vorsätzlich schlechter gestellt wird. Und sollte das der Zeitung „zufällig“ entgangen sein, müsste man sich fragen, ob man die noch ernst nehmen kann. Die Zeitung kann sich im Dilemma aussuchen, ob sie doof oder vorsätzlich handelt – viel Spaß dabei.

(Wir begrüßen übrigens geradezu dankbar eine eventuelle Abmahnung durch den Mannheimer Morgen zur Feststellung von Tatsachen – nur zu… Und stellen hier fest, da eine Abmahnung infolge geringer Erfolgsaussichten nicht stattfinden wird, dass unsere Feststellung solange zutrifft, solange uns diese nicht gerichtlich untersagt wird.)

Versagen der lokalen Medien

Es gibt aber auch andere Medien wie die Rhein-Neckar-Zeitung, die Weinheimer Nachrichten, die Rheinpfalz, SWR-Hörfunk und -Fernsehen, die jämmerlich versagen. (RNF haben wir nicht vergessen – der Sender hat nun gar nichts mit einem Restpotenzial von Journalismus zu tun, den wir bei den anderen Medien zumindest mutmaßen.) Denn diese Medien machen überwiegend schon längst keinen Journalismus mehr, sondern haben sich komfortabel eingerichtet – von Event zu Event. Party bis zum Abwinken.

Wir geben gerne eine Form von Nachhilfe und stellen den nicht-berichtenden Redaktionen unsere Fragen zur freien Verwendung zur Verfügung. Vielleicht erhalten diese ja eine Antwort – und wir zitieren dann gerne diese Medien mit ihren „exklusiven Meldungen“.

Dokumentation unserer Anfrage vom 24. Juli 2012, 17:47 Uhr:

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kessler,

nach unseren Informationen steht ein 100-Millionen-Euro schwerer Immobiliendeal in Heddesheim bevor.

Die Union Investment Real Estate GmbH will das „Pfenning“-Logistikzentrum übernehmen.

Wir haben dazu Fragen:

  • Seit wann ist Ihnen der geplante Verkauf bekannt?
  • Wann wurde der Gemeinerat über die Verkaufsverhandlungen unterrichtet?
  • Seit wann wissen Sie, dass es sich um ein Immobiliengeschäft handelt und Pfenning nicht vorhatte, selbst Besitzer zu bleiben?
  • Sind Sie über die Entwicklung überrascht?
  • Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Gemeinde?
  • Was wird aus den bis zu 1.000 Arbeitsplätzen, der erheblichen Gewerbesteuerzahlung und dem Verkehrslenkungsvertrag?
  • Ist Ihnen jemand aus dem Gemeinderat oder der lokalen Geschäftswelt bekannt, der aus dem Geschäft profitiert?
  • Sehen Sie persönliche Konsequenzen für sich durch den Immobiliendeal?
  • Es ist zwar noch ein wenig hin, aber: Planen Sie erneut für den Bürgermeisterposten zu kandidieren?

Über eine zeitnahe Beantwortung wären wir dankbar.“

Wir sind gespannt, ob eine der „journalistischen Redaktionen“ eine, manche oder sogar viele der Fragen auch stellt und ebenso auf die Antworten gespannt ist, die wir nicht erhalten. Noch mehr sind wir über eventuelle „Erklärungen“ gespannt, zu denen keine Fragen gestellt werden, die aber über die „etablierten Medien“ verbreitet werden.

Tot schweigen oder Aufklärung?

Vielleicht gibt es auch einen verabredeten Konsens, das Thema „tot zu schweigen“. Dieser Konsenz trägt allerdings zum Tod der Glaubwürdigkeit von „unabhängigen“ Zeitungen und einem „unabhängigen öffentlich-rechtlichem Rundfunk-System“ bei.

Man darf also gespannt sein, ob und wie die „etablierten Medien“ drei Tage nach unserem exklusiven Bericht das Thema aufnehmen. Tun sie es nicht, sind sie journalistisch nicht mehr ernst zu nehmen – denn ehemals feierten sie „Pfenning“ als größte Investition im Raum. Tun sie es doch, muss man genau darauf achten, wie sie das tun und sich dann eine Meinung bilden, ob das etwas mit „unabhängigem“, „objektivem“ Journalismus zu tun hat.

„Ich bin die Gemeinde“ entzieht sich der Kontrolle

Der Heddesheimer Bürgermeister Michael Kessler hat sich schon längst jeder öffentlichen Kontrolle durch Fragen und Antworten entzogen. Er „hält sich für die Gemeinde“ – die Frage ist, wie lang sich ein solch verirrter Mensch noch in dieser verantwortlichen Position halten kann.

Dazu ist der Heddesheimer Gemeinderat gefragt – die Riege der Abnicker wird dazu „keinen Beitrag leisten  können“. Und die Grünen haben einen Beitrag verpasst.

Sie wollten Kessler in seiner Kesselei schmoren lassen – das könnte man verstehen, wenn es nicht so dringliche Fragen geben würde, die auch die Grünen vor lauter – was weiß ich – nicht gestellt haben.

Dafür-dagegen reicht nicht. Handeln ist gefragt.

Wer das System der „Kessler“ auflösen möchte, muss anders handeln. Sonst macht man sich mitschuldig. Bürgermeister Michael Kessler ist polistisch betrachtet ein „Versager“ – einer, dem man nicht mehr glauben kann, wofür er eigentlich eintritt.

„Pfenning“ hat er sich zum Schicksal gemacht – genau wie alle anderen. Daran wird man ihn messen. Müssen.

Im Fall von „Pfenning“ waren die Grünen dafür, dann dagegen – aber bis jetzt haben sie zu wenig gemacht, um etwas zu verändern.

Maul-Helden gibt es genug. Beispielsweise Bürgermeister Michael Kessler, der auf die Frage, wer die Gemeinde sei, einfach „Ich“ geantwortet hat.

Maul-Helden, die sagen, das ist aber nicht in Ordnung, erreichen genau nichts. Helden, die den Mut haben, sich nicht das Maul verbieten zu lassen und sagen und fragen, was notwendig ist, fehlen leider bis jetzt.

Wir werden erneut eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen und sind gespannt, wie Landrat Stefan Dallinger darauf reagieren wird.

Wie immer gilt – die Hoffnung stirbt zuletzt.

Landtagsabgeordnete sprechen sich für Verbot aus - die Lage ist unklar

NPD-Verbotsdebatte

Ladenburg/Rhein-Neckar, 11. Mai 2012. (red) Am Dienstag hatte der Ladenburger Verein „Wir gegen rechts“ die Wahlkreis-Abgeordneten zur Debatte über ein NPD-Verbot eingeladen. Rund 70 Besucher debattieren mit. Ein Verbot ist allgemein gewünscht, wenn auch viele sich dagegen aussprechen, weil die positive Wirkung nicht gesehen wird.

Wir haben auf dem Ladenburgblog.de dazu drei Texte veröffentlicht. Einen umfassenden Bericht über die Veranstaltung „NPD-Verbot jetzt  – Ja oder Nein?“. Dazu eine Zusammenfassung des heute veröffentlichten Jahresberichts des Landesamts für Verfassungsschutz in Bezug auf die rechte Szene.

Sowie einen Kommentar, der sich inhaltlich mit einem NPD-Verbot auseinandersetzt und die Rolle der Parteien dabei kritisch betrachtet. Insbesondere die SPD hat sich im Wahlkreis bislang eher durch Schweigen denn Handeln hervorgetan.

Das braune Thema ist sicher ein unliebsames – wir wünschen trotzdem eine angenehme Lektüre und hoffen, dass sie unsere kritische Berichterstattung ebenfalls kritisch zu schätzen wissen.

NPD-Verbot: Einhelliges Ja, aber…

NPD-Verbot: Verfassungsschutz sieht “Schulterschluss” mit gewaltbereiten Neonazis

NPD-Verbot vs. Zivilcourage

Passend zum Thema unser Bericht über die NPD-Demo in Mannheim am 01. Mai 2012.

Warten auf den rechten Pöbel

 

Geprothmannt: Die Bundespräsidenten und die Meinungsfrage

Die Medien, die Macht und die Moral

Joachim Gauck soll der 11. Bundespräsident werden. Es gibt Kritik an ihm, aber auch Hoffnung. Jeder entscheidet sich selbst über seine Meinung aufgrund von Informationen. Bild: J. Patrick Fischer. BY-SA CC 3.0 Wikipedia

 

Rhein-Neckar, 23. Februar 2012. (red) Neben der Debatte um Wulff und Gauck wird auch eine über die Rolle der Medien geführt. Wie viel Macht haben sie? Wie viel Moral? Was dürfen Medien, was nicht? Diese Fragen und das Suchen von Antworten begleiten die Debatte um „den“ Bundespräsidenten und das ist gut so. Medien sollen kontrollieren und meinungsfördernd sein – aber sie müssen auch kontrolliert werden: Man darf sich durch sie eine Meinung bilden und eine Meinung zu ihnen haben.

Von Hardy Prothmann

Was rauschte der Blätterwalt, was wurde nicht alles gepostet – zu Wulff und Gauck? Zum zurückgetretenen 10. und zum designierten 11. Bundespräsidenten.

Und parallel zum unwürdigen Verhalten des Vorteilspräsidenten Wulff wurde das Verhalten der Medien diskutiert. Gut oder schlecht? Mächtig oder überschätzt?

Und mit der Entscheidung für Gauck kam der angebliche „shitstorm“ in den sozialen Netzwerken, falsche oder verfälschte Quellen und Zitate bei elektronischen Medien. Behaupten vor allem „traditionelle“ Medien.

Kritik vs. Kritik

Kritik folgte auf Kritik. Aber nicht vorurteilsfrei, sondern verurteilungsfreudig. Meinungsmache vs. „Meinung haben“. Standpunkt vs. Polemik – je nachdem, aus welcher Perspektive man die Debatten über den zurückgetretenen und vermutlich künftigen Bundespräsidenten eben hat, haben kann, haben will.

Hardy Prothmann, verantwortlich für dieses Blog, tritt für subjektiv-objektiven Journalismus ein: Seine Meinung auf Basis von Fakten finden und äußern.

Diese Debatten sind sehr erstaunlich: Während viele Bürger die Macht der Meinungsmacher, also der (traditionellen) Medien thematisieren, thematisieren (traditionelle) Medien die Äußerungen von Bürgerinnen und Bürgern als unzulässig, unprofessionell und als „shitstorm“.

Und „schuld“ daran ist dieses Internet: Ein Medium ohne zentrale Struktur, ohne Redaktionsschluss, ohne Redaktionslinie, ohne Seilschaften, ohne Parteibuch, ohne jede Abhängigkeit, bis auf die, ob man einen Online-Zugang hat oder nicht.

Informationsfreiheit

Ohne auf Einzelheiten zu Wulff oder Gauck eingehen zu wollen: Jeder hat die Möglichkeit, sich ungehindert über das Internet zu informieren und zu kommentieren. Jeder hat die Möglichkeit, eine Information, die er hier findet, mit anderen Informationen zu vergleichen.

Und zwar auch unabhängig von Öffnungszeiten von Kiosken, Zustellzeiten von Zeitungen, Sendungszeiten von Hörfunk oder Fernsehen.

Das Internet ermöglicht allen Bürgerinnen und Bürgern, sich ungehinderter denn je ihre Meinungen zu bilden und ebenso ungehinderter denn je, ihre Meinungen zu äußern. Nicht nur zu äußern, sondern sogar zu verbreiten.

Irritationen

Das irritiert die „Torwächter“ (Gatekeeper), die traditionelle Medien lange waren. Die Politiker, die mit traditionellen Medien lange gemeinsame Sache gemacht haben wie auch alle anderen, die „die Medien“ als das genutzt haben, was „die Medien“ aus sich selbst gemacht haben – eine Meinungsverkaufstheke.

Bei den konservativen Medien gabs Schwarzbrot, bei den linken Medien Habssattbrot und bei der Bild gibts seit jeher Brot und Spiele.

Kein anderes Medium beherrscht den Kosmos von Blut und Sperma, Moral und Empörung, Star und gefallener Engel, Teufel und Hoffnungsträger so gut, wie das Springerblatt.

Tiere – Titten – Tote

Die einfache Formel TTT – Tiere, Titten, Tote – zieht seit Jahrzehnten.

Mit der Bild nach oben und dann ab in den Keller: Das Ehepaar Wulff. Bild: Franz Richter, BY-SA CC 3.0, Wikipedia

Die Bild-Zeitung ist ein Drecksblatt, skrupellos und habgierig. Es bemächtigt sich allem und jedem, womit man Aufmerksamkeit erzielen und diese verkaufen kann.

Und jeder, der sich auf die Bild einlässt, muss wissen, dass man mit ihr „nach oben fährt, aber auch nach unten“ (Anm. d. Red.: Es gibt einen „Pater noster“ im Axel-Springer-Hochhaus“, der unaufhörlich nach oben und nach unten wandert.)

Aber die Bild-Zeitung ist das professionellste Blatt in ganz Europa. Sie beschäftigt sich mit Schmutz und wenn keiner da ist, dann erfindet sie welchen. Die Rechtsabteilung ist groß, Schadensersatz ins Produkt „Bild“ mit einkalkuliert.

Leidmedium Bild

Und die meisten anderen Medien folgen der Bild – die wird im Kanzleramt wie auf der Schicht wie in den Redaktionen zuallerst gelesen.

Hat sie deshalb Macht? Missbraucht sie diese? Sind alle Personen, die in Bild auftauchen nur Opfer?

Keineswegs und ganz klar ja.

Der Skandalbundespräsident Christan Wulff wurde von der Bild nicht gezwungen, sich von einem befreundeten Unternehmer einen Kredit geben zu lassen. Auch nicht, von anderen Unternehmern Vorteile zu erlangen.

Er wurde nicht Home-Stories gezwungen, zu Urlaubsstories und was sonst noch privat alles so interessant am Glück der Wulffs war.

Sündenfälle

Die Bild zwingt niemanden ins Bett mit Sekretärinnen und Geliebten. Sie veranstaltet keine Drogen- und/oder Prostituiertenparties, sie stiftet nicht zur Steuerflucht an, sie ist nicht verantwortlich für Gammelfleisch, einen „Wir sind Papst“, für Korruption und Vorteilsnahme und schon gar nicht für Mord und Totschlag, der immer gerne genommen wird.

Und die Bild hat die Staatsanwaltschaft Hannover nicht gezwungen, um Aufhebung der Immunität von Wulff zu bitten, um zu Verdachtsmomenten ermitteln zu können.

Die „Macht der Medien“ basiert auf Artikel 5 Grundgesetz:

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Die Bild nutzt dieses Bürgerrecht gnadenlos aus. Das muss man ihr genauso vorwerfen, wie jedem, der nur „Scheiße“ loswerden will bei einem Shitstorm im Internet.

Haltung

Jede journalistische Redaktion muss prüfen, welche Linie sie vertreten will, was wichtig und was nicht wichtig ist. Worauf man Wert legt und worauf nicht. Das ist eine Stilfrage – aber auch eine, die über Aufmerksamkeit entscheidet.

Wird Jochim Gauck ein "guter" Bundespräsident werden? Darüber darf und sollte man sich seine eigene Meinung bilden. Bild: J. Patrick Fischer. BY-SA CC 3.0 Wikipedia

Die Nutzer dieses Produkts „Meinungsbildung“, haben das Recht und die Pflicht, sich ebenso verantwortlich zu verhalten. Dreck als Dreck zu identifizieren und ihre Macht durch ihre Aufmerksamkeit und was sie dafür „bezahlen“ auszuspielen.

Christian Wulff hat durch sein Verhalten das Amt des Bundespräsidenten beschädigt – diese Meinung teilen viele, aber nicht alle.

Joachim Gauck wird kein einfacher Bundespräsident werden und ob er geeignet ist, wird die Zukunft zeigen.

Der „shitstorm“ ist gut, denn Herr Gauck wird über- und geprüft. Das ist ein großer Vorteil, denn alles, was er vor der Amtsübernahme gesagt hat, kann er nun selbst prüfen, sich eine neue Meinung bilden und dann als Bundespräsident dafür einstehen, was er im Amt tut oder sagt.

Meinungsfreiheit

Darüber urteilen werden alle die, die interessieren und sich interessieren – mit der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit.

Die Menschen, die Medien und die Moral der daraus resultierenden Gesellschaft.

Dieser Mann ist in diesem Amt nicht mehr tragbar

Die „Wulff-Affäre“ ist ein Schlag ins Gesicht der Demokratie

Rhein-Neckar/Berlin, 04. Januar 2012. (Aktualisiert, 05. Januar, 16:10 Uhr, 22:10 Uhr) Heute Abend hat Bundespräsident Christian Wulff (CDU) den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF ein Interview unter dem Titel „Bundespräsident Wulff stellt sich“ gegeben. Das ist der vorerst makaberste Höhepunkt in der mittlerweile mehr als unappetitlichen Affäre Wulff. Denn ein Staatsoberhaupt stellt sich nicht. Ein Bundespräsident gibt keine Rechtfertigungsinterviews oder macht sonstige Kinkerlitzchen. Der Bundespräsident repräsentiert das deutsche Volk und Christian Wulff macht uns schämen.

Von Hardy Prothmann

Die Details der Geschmacklosigkeit dieses Auftritts sind so zahlreich, dass man nicht ins Detail gehen muss.

Der noch amtierende Bundespräsident Christian Wulff (CDU) hat sich um Kopf und Kragen geredet und man muss befürchten, dass er selbst diese öffentliche Pein als Bestätigung seiner selbst sehen wird.

Geld, Freundschaften, Amt

Herr Wulff glaubt tatsächlich, dass ein solcher Satz Verständnis erzeugt:

Ich möchte nicht Präsident in einem Land sein, in dem man sich nicht von Freunden Geld leihen kann.

Klar, das versteht jeder, der sich mal Geld in der Kneipe leiht oder ein paar hundert Euro für eine „Investition“ oder sogar ein paar tausend, wobei das nur wirklich gute Freude locker machen (können).

Die Freunde eines Herrn Wulff sind sehr unterschiedlich zur Lebenssituation der allermeisten Deutschen. Worüber Herr Wulff spricht, über Freundschaft und Unternehmergeld, sind in seinem Fall 500.000 Euro – die er zu Konditionen erhalten hat, von der andere noch nicht mal träumen können.

Und man stelle sich die Angestellten, Arbeiter, Aushilfen vor, die eineinhalb Jahre nach Antritt des Jobs im öffentlich-rechtlichen Fernsehen vor einem Millionenpublikum feststellen, „dass man keine Karenzzeit“ hatte, sondern ins kalte Wasser geworfen worden ist:

Hey, Leute, sorry, wir sind doch alle Menschen – niemand hat mich auf den Fließbandjob vorbereitet.

Protokoll und Probezeit

Immerhin hat Herr Wulff seinen „Fehler“, die Pressefreiheit zu bedrohen, eingestanden. Vermutlich denkt er, damit sei das Thema „abgehakt“. Protokollnotiz: „Entschuldigung abgehakt“ – nächstes Thema.

Ist das so? Beim besten Willen nicht. Der Bundespräsident ist das Protokoll. Er ist der Repräsentant unsere Staates, unserer Verfassung. Und ein Bundespräsident verletzt das nicht und sagt hinterher: „Tschuldigung, ich muss das noch lernen.“

Das ist nicht mehr nur „peinlich“, das ist peinigend.

Der Vorgänger Horst Köhler hat aus seiner Perspektive heraus gedacht, dass Wirtschaftskriege legitim seien. Als er belehrt wurde, dass er mit solchen Äußerungen gegen die Verfassung, also die innere Verfasstheit, die innere Haltung des Staatswesens verstößt, hat er den „Kindergarten“ sofort und konsequent verlassen. Der Mann war Unternehmer und hat entschieden. Seine geäußerte Haltung war inakzeptabel, sein Rücktritt zu respektieren.

Taktieren als Normalzustand

Christian Wulff ist Berufspolitiker und taktiert. Das ist nicht zu respektieren. Aber aus seiner Sicht ist das der Normalzustand und es ist zu befürchten, dass er die Aufmerksamkeit auch ein wenig genießt, denn die vergangenen eineinhalb Jahre registrierte kaum jemand, wo er sich gerade wieder hat fotografieren lassen. Dass er nach seinen Verfehlungen auch noch behauptet, das Amt gestärkt zu haben, macht einen fassungslos.

Und hier kommt der große Schaden ins Spiel. Nicht für Wulff – der hat sich selbst den größtmöglichen Schaden zugefügt. Sondern für das Amt, die Verfassung, die Verfassheit der Deutschen. Für die große Frage, ob eigentlich alles geht, wenn man nur dreist genug ist.

Eitles Aussitzen

Der Bundespräsident Christian Wulff schickt sich an, durch sein „Vorbild“ dem deutschen Volk und seinem Staatswesen den größtmöglichen Schaden zuzufügen – aus purer Eitelkeit -, weil er gerne fünf Jahre im Amt sein möchte. Egal, was ist. Das will er aussitzen.

Angeblich habe sich das Amt des Bundespräsidenten verändert. Dem ist nicht so. Die Amtsinhaber haben sich verändert und nach einem Rau und einem Köhler folgt nun ein Wulff – und diese Entwicklung nimmt keinen guten Lauf.

Die ZDF-Journalistin Bettina Schausten stellt die Schlussfrage: „…heißt, dass Herr Christian Wulff, ein Bundespräsident auf Bewährung vorerst bleibt?“ Die Antwort ist bezeichnend:

Die Begrifflichkeit finde ich völlig daneben, weil wir diesen Begriff kennen, wenn gegen Gesetze verstoßen wurde. Ich habe weder jetzt im Amt als Bundespräsident gegen irgendein Gesetz verstoßen, noch vorher. Es geht nicht um Rechtsverstöße, sondern es geht um Fragen von Transparenz, von Darlegung, von Erklärung und dazu nutze ich auch diese Gelegenheit, um zu erklären, was ist und was war, aber –wie gesagt – den Begriff der Bewährung halte ich für abwegig, sondern ich bin jetzt schweren Herausforderungen ausgesetzt, aber man muss eben auch wissen, dass man nicht gleich bei der ersten Herausforderung wegläuft, sondern dass man sich der Aufgabe stellt, und auch weiß, wem es in der Küche zu heiß ist, der darf nicht Koch werden wollen, wie es Harry S. Truman gesagt hat, und deswegen muss man offenkundig auch durch solche Bewährungsproben hindurch.

Wie absurd ist das? Christian Wulff hat als Staatsoberhaupt versucht, Transparenz zu verhindern und stellt sich nun dar, dass er diese verteidigen und retten wolle?

Sollte Christian Wulff (CDU) damit durchkommen, wird er als historisches Beispiel in der Geschichte als der Bundespräsident „gewürdigt“ werden müssen, der die Bundesrepublik Deutschland offiziell in eine Bananenrepublik überführt hat.

Grundlegendes Missverständnis

Es gibt viele, die glauben, dass Deutschland längst nicht mehr weit weg ist von Frankreich oder Italien. Christian Wulff schickt sich an, den Beweis zu führen, dass er es mit Sarkozy und Berlusconi aufnehmen kann.

Leider fehlt ihm auch dafür jegliches Format.

Am Ende wird er verlangen, dass man ihm auch noch dafür dankbar sein muss.

Das aber ist das grundlegende Missverständnis der allermeisten deutschen Politiker in diesem Land: Nicht die Menschen müssen dankbar sein, einen dieser „Amtsinhaber“ zu haben, sondern die „Amtsinhaber“ müssten dankbar und willens sein, dass sie die Verantwortung übernehmen dürfen.

Doch das ist zu theoretisch wie einen vom Schlage Wulff.

Weitere Informationen:

Tagesschau.de

Komplette Abschrift bei netzpolitik.org

Themenseite bei Spiegel.de

Wikipedia-Eintrag zu Christian Wulff

Wikipedia-Eintrag Bundespräsident

Aktualisierung, 05. Januar, 16:40 Uhr:

Bild-Chefreakteur Kai Diekmann hat Bundespräsident Wulff gebeten, den Inhalt der Mailbox-Nachricht öffentlich machen zu dürfen, nachdem dieser im Interview eine von der Bild-Darstellung abweichende „Einschätzung“ über den Inhalt gemacht hatte und „Transparenz“ versprochen hat. Wulff hat in einem offenen Brief auf die Anfrage geantwortet:

Sehr geehrter Herr Diekmann,

für Ihr heutiges Schreiben danke ich Ihnen. Meine Nachricht vom 12. Dezember 2011 auf Ihrer Telefon-Mailbox war ein schwerer Fehler und mit meinem Amtsverständnis nicht zu vereinbaren. Das habe ich gestern auch öffentlich klargestellt. Die in einer außergewöhnlich emotionalen Situation gesprochenen Worte waren ausschließlich für Sie und für sonst niemanden bestimmt. Ich habe mich Ihnen gegenüber kurz darauf persönlich entschuldigt. Sie haben diese Entschuldigung dankenswerterweise angenommen. Damit war die Sache zwischen uns erledigt. Dabei sollte es aus meiner Sicht bleiben. Es erstaunt mich, dass Teile meiner Nachricht auf Ihrer Mailbox nach unserem klärenden Telefongespräch über andere Presseorgane den Weg in die Öffentlichkeit gefunden haben. Es stellen sich grundsätzliche Fragen zur Vertraulichkeit von Telefonaten und Gesprächen. Hier haben die Medien ihre eigene Verantwortung wahrzunehmen.

Wie ich gestern auf Nachfrage im Fernsehinterview sagte, ging es mir darum, der Bild-Zeitung meine Sicht darzulegen, bevor sie über eine Veröffentlichung entscheidet. Da ich mich auf Auslandsreise in der Golfregion mit engem Programm befand, konnte ich das aber erst nach meiner Rückkehr nach Deutschland am Abend des Dienstag, 13. Dezember, tun. Wie sich aus der Ihrem Schreiben beigefügten Mail ergibt, hatte deshalb mein Sprecher den recherchierenden Redakteur der Bild-Zeitung um Verschiebung der Frist zur Beantwortung des differenzierten Fragenkatalogs zu meinem Eigenheimkredit gebeten. Der Redakteur hatte aber nur Verlängerung bis zum Nachmittag des Montag, 12. Dezember, zugesagt. Es gab für mich keinen ersichtlichen Grund, warum die Bild-Zeitung nicht noch einen Tag warten konnte, wo die erfragten Vorgänge schon Jahre, zum Teil Jahrzehnte zurückliegen.

Das habe ich nach meiner Erinnerung auf der Mailbox-Nachricht trotz meiner emotionalen Erregung auch zum Ausdruck gebracht.

Angesichts der Veröffentlichung Ihres Schreibens an mich mache ich auch meine Antwort öffentlich.

Mit freundlichem Gruß

Aktualisierung, 05. Januar, 22:10 Uhr:

Der Bundespräsident hat wertvolle Begriffe wie Menschenrechte, Freundschaft und Pressefreiheit in seinen Rechtfertigungszusammenhang gebracht, den man nur als tief verstörend empfinden kann. Dass das Staatsoberhaupt in Zeiten der Ökonomisierung von allem und jedem zwischen Freundschaft und Geschäftsbeziehung nicht zu unterscheiden vermag, die interesselose Freundschaft betont, wo es ihm nutzt, und sich gleichzeitig als interessantes Anlageobjekt für ebendiese Freunde empfiehlt, um deutlich zu machen, dass es eben keine freundschaftlichen Gründe waren, die Frau Geerkens leiteten – das ist widersprüchlich, falsch und missbraucht Begriffe sozialer Identität, die sich dem politischen und ökonomischen Zugriff jenseits von sizilianischen Patenbeziehungen bislang entzogen haben.

-Frank Schirrmacher, FAZ

Gastbeitrag: Anonymität im Internet – wohl oder wehe?


Verkleidung und Anonymität sind beim Karneval "normal". Die Verwendung von Pseudonymen fördert im Netz Meinungsfreiheit. Bundesinnenminister Friedrich will das verbieten. Quelle: wikipedia/Muu-karhu

Rhein-Neckar/Gmund, 10. August 2011. (red) Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich fordert vor dem Hintergrund der Terroranschläge in Norwegen, dass Blogger beim Verfassen von Beiträgen ihre Identität preisgeben sollten. Er bezieht damit auch anonyme Kommentatoren mit in die Diskussion ein. Die Frage ist, ob das wirklich Sinn macht. Unser Partnerblog „TegernseerStimme.de“ sieht den Vorstoß kritisch.

Von Peter Posztos

Friedrich begründet seine Forderung nach der Preisgabe des Namens damit, dass ansonsten politisch motivierte Täter ihre Hassparolen ungeniert im Internet preisgeben können. Er ist der Ansicht, dass gewöhnliche Blogger oder Kommentatoren sich nicht zu versteckten bräuchten.

Vielmehr sollten sie „mit offenem“ Visier schreiben. Gerade das anonymisierte Internet habe dazu geführt, dass sich radikalisierte Einzeltäter herangebildet hätten, die vor nichts zurückschrecken würden.

Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke gibt allerdings zu Bedenken, dass der mutmaßliche Attentäter von Norwegen ein wenig gelungenes Beispiel ist. Er sei nämlich dort unter seinem Namen aufgetreten.

Darüber hinaus könnten sich Menschen gerade auch in Foren häufig viel offener äußern, wenn sie unter einem Pseudonym auftreten. „Hier reicht es aber vollkommen aus, wenn der Blogbetreiber etwa gegen rassistische oder diffamierende Beiträge vorgeht und diese löscht“, weiß Christian Solmecke.

„Anonyme Kommentare sind für mich nicht relevant, egal was derjenige zu sagen hat“

Bei der Tegernseer Stimme werden wir des öfteren mit dem Vorwurf konfrontiert, dass anonyme Kommentare aufgrund ihrer Anonymität nicht Ernst genommen werden könnten. Gerade die weniger netzaffinen Personen mit hohem Verantwortungsbereich sind schnell mit Forderungen nach der Auflösung der Anonymität von Kommentatoren zur Stelle. „Andernfalls werden wir uns mit solchen Anfragen nicht beschäftigten“ ist eine gängige Floskel, die mit der Realität wenig zu tun hat.

Denn vor allem bei politischen Themen wird immer wieder deutlich, wie wichtig Anonymität ganz allgemein sein kann. Und das nicht nur in totalitären Staaten wie China oder bei demokratischen Vorgängen wie einem Wahlgang.

Auch im Netz ist Anonymität manchmal heilsam und nötig. Kommentare unter Klarnamen werden noch Jahre später gefunden. Eine objektive, aber trotzdem klare Meinungsäußerung gegenüber dem Lieblingsprojekt eines Bürgermeisters wird zwar möglicherweise die Chance auf den Bau des Eigenheimes nicht entscheidend verringern. Vergrößern dürfte sie diese jedoch auch nicht.

Was auch immer der genaue Anlass ist. Im Endeffekt gibt es tausende guter Gründe warum jemand einen anderen Namen benutzen möchte, als seinen Geburtsnamen. Manche Leute haben Sorge, dass ihr Leben oder ihre Existenzgrundlage bedroht werden. Oder dass ihnen politische beziehungsweise ökonomische Nachteile entstehen.

Andere wollen Diskriminierung vermeiden – das kann auch Diskriminierung im Bekannten- und sogar Freundeskreis beinhalten. Oder auch einfach nur einen Namen nehmen, der leichter zu merken oder buchstabieren ist.

Der Betreiber kann, im Gegensatz zu seinen Kommentatoren, nie anonym sein

Ganz anders ist es mit dem Betreiber eines Blogs. Denn dieser, so Solmecke, könne sich nach der aktuellen Rechtslage nicht hinter seiner Anonymität verstecken. Auch Blogs müssen bereits heute zumindest mit Name und Anschrift des Betreibers versehen sein.

Dies ergibt sich bei werbefinanzierten Angeboten bereits schon aus § 5 Abs. 1 TMG und bei redaktionell gestalteten Webseiten aus § 55 Abs. 2 des Rundfunkstaatsvertrages (RStV). Für die übrigen Blog-Angebote folgt das aus § 55 Abs. 1 RStV. Hiernach ist ein Impressum lediglich bei Webseiten entbehrlich, die ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen. Aus dem Grund warnt Solmecke: „Wer diesen Vorgaben nicht genügt, gegen den kann durch Abmahnung oder einstweilige Verfügung vorgegangen werden.“

Uns interessiert nicht, ob ein Kommentator anonym ist, sondern was jemand zu sagen hat

Bei der immer öfter diskutierten Frage aber, ob das Internet ein besserer Ort wird, wenn wir alle nur noch mit unserem echten Namen unterwegs sind, hilft das jedoch nicht weiter.

Wir meinen: diese Frage soll und darf jeder für sich selbst beantworten. Man muss anonyme Kommentare nicht mögen. Aber man sollte sie akzeptieren als anerkanntes Mittel seine Meinung im rechtlichen Rahmen – und dies gilt auch für das Internet – kundzutun. Oder wie die Zeit schreibt:

Anonyme Kommentare bieten zwei unschätzbare Vorteile: Auch die Ängstlichen, die Schwachen und die Zögerlichen trauen sich, unter dem Schutz der Anonymität ihre Meinung zu sagen. Und dank des Schutzes der Anonymität können wir sehen, was Menschen wirklich denken.

Das mag manchmal affektiert, arrogant oder sogar atemberaubend dumm daherkommen. Nur sind dies alles keine Gründe das in jeder Hinsicht schützenswerte Gut der Meinungsfreiheit einzuschränken. Und so werden wir es auf der Tegernseer Stimme auch zukünftig handhaben wie bisher. Die Gründe, die jemand für einen anonymen Kommentar hat, sind uns egal. Wenn er oder sie anonym kommentieren möchte, ist das in Ordnung. Entscheidend ist nur was jemand zu sagen hat.

Bedeutet: Gegen allzu persönliche oder sogar diffamierende Leserkommentare werden wir auch weiterhin vorgehen, diese eventuell kürzen oder gegebenfalls löschen.

Denn solche „Wortmeldungen“ sind oft nicht nur rechtlich unzulässig, sondern bringen auch eine fruchtbare Diskussion im Normalfall nicht weiter. Und an der sollte uns allen – ob anonym oder nicht – gelegen sein.

Peter Posztos ist Geschäftsführer des Netzwerks LokaleStimme.de

Zur Person:

Peter Posztos (33) betreibt seit April 2010 das lokale Informationsportal TegernseerStimme.de.

Als Mitgründer von verschiedenen Online-Portalen ist der Diplom-Kaufmann und Jungunternehmer bereits ein „alter Hase“ im Internet.

Er gehört zu den Mitgründern von istlokal.de, einem Verband unabhängiger, lokaljournalistischer Angebote in Deutschland. Istlokal.de vereint zur Zeit rund 50 Angebote in ganz Deutschland, die alle unabhängig voneinander arbeiten, sich aber über die gemeinsame Plattform unterstützen.

Dazu gehört auch der Austausch von Texten – um die Meinungsvielfalt zu fördern und zu zeigen. Das Thema Meinungsfreiheit ist eines der zentralen Anliegen von istlokal.de. Der aktuelle Vorstoß von Bundesinnenminister Friedrich ist ein Thema, dass alle Internet-Redaktionen und deren Leserinnen und Leser betrifft.

 

Nix hören, nix sehen, nix sagen – Die SPD vor Ort macht die drei Affen


Guten Tag

Heddesheim/Hirschberg/Ladenburg/Weinheim/Viernheim/Rhein-Neckar, 03. Mai 2011. Wir haben verschiedene SPD-Ortsverbände, den Kreisverband und den Landtagsabgeordneten Gerhard Kleinböck um Stellungnahmen zur Debatte um den Parteiausschluss von Thilo Sarrazin gebeten. Die Antworten sind ernüchternd. Niemand hat geantwortet. Auch das ist eine Antwort. Nämlich die einer angeblichen Volkspartei, für die innerparteiliche Demokratie, Meinungsfreiheit, Integration und sozialdemokratisches Gedankengut offenbar keinerlei Wertgefühl mehr hat. Oder zumindest keins, das man öffentlich äußern kann, möchte, sollte.

Von Hardy Prothmann

Hardy Prothmann ist fassungslos. Was ist aus der SPD geworden?

Während überall in Deutschland Thilo Sarrazin „Thema“ ist, scheint das nicht für unseren Raum zu gelten. Der Spiegel nannte ihn wegen seiner umstrittenen Thesen zur „Integrationsdebatte“ einen „Spalter der Nation“. Die Wogen schlugen sehr hoch, es wurde ein Parteiausschlussverfahren gegen Sarrazin beantragt und beerdigt. Thilo Sarrazin bleibt in der Partei.

Doch was denkt die Basis? Was denken die „einfachen Parteimitglieder“? Die, die die Arbeit vor Ort machen? Für ihre Partei werben, Plakate aufhängen, Veranstaltungen organisieren, die Partei „zum Kennenlernen und Anfassen“ sind?

Erschütternde Haltungsfragen.

Welche Haltung haben SPD-Ortsverveine, der Kreisverband Rhein-Neckar, der Landtagsabgeordnete Gerhard Kleinböck zum Thema Integration und zu den sozialdarwinistischen Thesen eines Top-Beamten, der Türken und anderen Ausländern per „Genpool“ Intelligenz und die Fähigkeit zur Integration abspricht?

Die Antwort ist erschüttend. Sie haben genau keine Meinung.

Vielleicht haben Sie eine. Aber sie äußern sie nicht.

Unsere Umfrage stellt legitime Fragen. Einfache Fragen. Naheliegende Fragen. Doch keiner der SPD-Ortsvereine antwortet. Auch nicht der Kreisverband. Auch nicht der Abgeordnete Gerhard Kleinböck.

In Artikel 21 Absatz 1 des Grundgesetzes steht:

„Die Parteien wirken an der Bildung des politischen Willens des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.“

Hier steht nicht: „Der Bundesverband entscheidet, was die Mitglieder zu denken haben.“ Wenn dem so wäre, müsste die SPD sofort als verfassungsfeindlich verboten werden.

Paragraf 2 Absatz 1 des deutschen Parteiengesetzes definiert Parteien:

„Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten. Mitglieder einer Partei können nur natürliche Personen sein.“

Also Vertretung des Volkes, politische Willensbildung, Einfluss nehmen, Ernsthaftigkeit der Zielsetzung. Kann es wirklich sein, dass mehrere Ortsverbände, ein übergeordneter Verband und ein Landtagsabgeordneter beschließen, eine journalistische Anfrage zu einem Top-Thema, das die ganze Republik bewegt, genau nichts sagen?

Lokale SPD: Genau nichts. Genau keine Meinung.

Es kann nicht nur sein. Es ist so. Wir haben über unsere Leserinnen und Leser „gute Kontakte“ in die Partei und wissen, dass sich die angesprochenen Personen ausgetauscht und beschlossen haben, unsere Fragen einfach zu ignorieren.

Keine der angesprochenen Personen innerhalb der SPD ist verpflichtet, eine Antwort zu geben. Aber kann sich die „Volkspartei“ das wirklich leisten? Ist es vorstellbar, dass ein so wichtiges Thema wie das der Integration und Fragen dazu, einfach ignoriert wird?

Glauben die verantwortlichen Personen tatsächlich, dass niemand „mitkriegt“, dass sie gefragt werden und genau zu keiner Äußerung bereit sind?

Ist diesen verantwortlichen Personen bewusst, dass die SPD rasant Mitglieder verliert? Kennen sie die „Berliner Erklärung zur Beendigung des Parteiordnungsverfahrens gegen Dr. Thilo Sarrazin“:

Viele Menschen in Berlin, in der gesamten Bundesrepublik und auch im Ausland haben kein Verständnis für das Ergebnis und den Verfahrensablauf des Parteiordnungsverfahrens gegen Genossen Dr. Thilo Sarrazin. Nicht nachvollziehbar erscheint vor allem der Zickzackkurs der Partei.

Kann es sein, dass man vor Ort versucht, das Thema „auszusitzen“. Nix hören, nix sehen, nix sagen? Ist das die Haltung der heutigen SPD-Mitglieder, die wie keine sonst Kämpfer für soziale Gerechtigkeit in ihren Reihen weiß?

Die Schlagzeilen auf Bundesebene zeigen, wie dringend das Thema ist – vor Ort soll es keine Rolle spielen.

Frei nach dem Motto (Focus):
Kein Interesse an weiterer Debatte über Thilo Sarrazin

Der stern schreibt:
Sarrazin macht der SPD Beine

Und die taz titelt:
Gabriel will Zickzack-Kurs korrigieren

Zweifel an der inneren demokratischen Verfassung der Partei.

Das Verhalten der angefragten SPD-Ortsvereine – wie soll man es bewerten? Das entscheidet jeder selbst.

Für mich steht fest, dass ich komplett enttäuscht bin.

Ich denke an Dinge wie Vertretung des Volkes, politische Willensbildung, Einfluss nehmen, Ernsthaftigkeit der Zielsetzung. Genau keine Antwort zu geben stellt dies alles in Frage.

Zur Erinnerung.

Im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung heißt es:

„Baden-Württemberg ist das Flächenland mit dem höchsten Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund. Viele leben und arbeiten seit Jahrzehnten und in nunmehr vierter Generation in unserem Land. Ihr wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Beitrag zum Wohlstand verdient unsere Achtung und Anerkennung. Diese Vielfalt ist unsere Stärke und unser Potenzial für die Zukunft.“

Weder Achtung, noch Anerkennung, noch Vielfalt, Stärke und Potenzial sind zu erkennen, wenn die politischen Vertreter der SPD sich darauf einigen, lieber nix zu sagen, nix zu sehen und nix zu sagen.

Leserbrief: Grundgesetz verlangt Volksabstimmungen


Guten Tag!

Rhein-Neckar, 17. Januar 2011. Matthias Hördt, Kandidat Die Linke im Wahlkreis 39 Weinheim, äußert sich einem Leserbrief zu Bürgerentscheiden, Wutbürger, Bildung und Arbeitswelt

Leserbrief: Matthias Hördt

Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus! So steht es seit 1949 in unserem Grundgesetz. „Ja wo geht sie denn hin?“, fragen seitdem nicht wenige. Sie, die Gewalt, wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen […] ausgeübt. Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, allerdings nur, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Im Jahr 2010 hat der Bürgerprotest, die gemütliche Variante des Widerstands, Dimensionen erreicht, die dem Wutbürger Einzug in deutsche Feuilletons bescherte.

Obwohl „Wort des Jahres“ ist er noch nicht im allgemeinen Sprachgebrauch. Zu Recht! Denn von Wut sind die ausdauernd und intelligent Protestierenden noch weit entfernt.

Demonstrieren gegen Projekte der Herrschenden ist im demokratischen Rechtsstaat dem einfachen Volk ausdrücklich erlaubt. Dafür wird erwartet, die Unwirksamkeit des Protests zu akzeptieren. Wer auf die Idee kommt, dies anders zu sehen, hat seine Lektionen in Sachen Demokratie nicht gelernt.

Trotz Erwähnung im Grundgesetz hat es noch keine bundesweite Volksabstimmung gegeben. Die Hürden für Bürgerentscheide und Volksabstimmungen in Baden-Württemberg sind unüberwindbar hoch.

Die Herrschenden sagen, weil das Volk zu dumm ist, um alle Zusammenhänge überschauen zu können. Deshalb müsste die Regierung dem Volk die Möglichkeit geben, sich entsprechend zu bilden.

Wir brauchen mehr Bildung, insbesondere Erwachsenenbildung, anstatt mehr Konkurrenz und Ausbeutung. Arbeitnehmer brauchen bezahlte Bildungsferien.

Überhaupt müssen die Menschen von ihrem permanenten Existenzkampf befreit werden. Unter anderem durch eine solidarische Organisation der Arbeitswelt.

Das Volk hat am 27. März die Wahl dazu.

Internet:
Homepage von Matthias Hördt

Anmerkung der Redaktion:
Leserbriefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für den Inhalt sind die Verfasser selbst verantwortlich.

Über Sachlichkeit, Fairness, Ämter, Geschenke und den Rest

Guten Tag!

Heddesheim, 10. Januar 2011. Diese Woche war relativ ereignislos in Heddesheim. War sie das? Überhaupt nicht. Sie startete mit Berichten über „Sachlichkeit und Fairness“, die sich selbst und deren Wortführer ad absurdum führen.

Von Hardy Prothmann

Die Berichte im Mannheimer Morgen am 10. und 12. Januar 2011 haben mich geschockt.

Als Bürger. Als Journalist. Als Gemeinderat.

Als verantwortlicher Journalist für das Heddesheimblog stelle ich fest, dass Bürgermeister Michael Kessler den Neujahrsempfang und den Neubürgerempfang für eine Art inoffizieller Pressekonferenz missbraucht hat.

Das ist für Herrn Kessler nicht ungewöhnlich. Das Pressegesetz legt er sehr „frei“ aus.

Und dass der Mannheimer Morgen sich als Komplize am Missbrauch beteiligt, ist nicht ungewöhnlich.

Journalistische Ehre hat wenig Bedeutung für den Mannheimer Morgen und seine Mitarbeiter.

„Wundert“ irgendjemanden diese „exklusive“ Berichterstattung?:

Beim Neujahrsempfang wird der Fortuna quasi ein Kunstrasenplatz als „Geburtstagsgeschenk“ versprochen (eine sicherlich enorme Investition) und beim Neubürgerempfang wird die neue „Leiterin“ der Volkshochschule im Vorbeigehen „präsentiert“.

Neujahrsansprache mit Rätseln.

Als Gemeinderat habe ich keine Ahnung, wovon Herr Bürgermeister Kessler eigentlich spricht, respektive, was er da verlautbaren lässt.

Nicht, weil ich mich nicht interessieren würde, sondern, weil ich nicht darüber informiert worden bin.

Die Stimmung ist zu erkennen: Ratlosigkeit. "Bürgerinformation" im April 2009. Die "Emotionen kochen hoch".

Mir ist weder bekannt, dass die Fortuna zum Geburtstag einen Kunstrasenplatz erhalten soll, noch kenne ich den Namen „Theresia Brück“, noch wurde mir die Dame vorgestellt, noch weiß ich als einer von 23 Mitgliedern des Gemeinderats, dass schon beschlossen wurde, dass sie die neue Leiterin der VHS sein wird, die seit 1983 von Frau Ursula Brechtel geleitet wird/wurde.

Und als Bürger frage ich mich: Was ist eigentlich los in dieser Gemeinde? Lässt man sich hier einfach ein X für ein U vormachen oder hat das Folgen?

Zur Sache.

„Was 2010 vor sich ging, können die Gäste Kesslers Neujahrsansprache entnehmen“, schreibt die mittlerweile als Hofberichterstatterin vollständig etablierte MM-„Journalistin“ Anja Görlitz.

Den Satz muss man mehrmals lesen, um zu verstehen, was Frau Görlitz denkt, wie sie denkt und für wen sie denkt. Und genauso für wen nicht, was nicht und wie nicht.

Vollständig fassungslos macht aber jeden, der sich für die Gemeinde Heddesheim interessiert, dieser Satz zur „Pfenning“-Ansiedlung: „Ein Verfahren mit einem bei uns noch nie dagewesenen Umfang an Bürgerbeteiligung“, so Kessler, der eben darin einen Unterschied zu „Stuttgart 21″ sieht.“

Bürgerbeteiligung? In Heddesheim? Ein Schock.

Wer sich für Heddesheim interessiert und die Debatte um diese „Pfenning“-Ansiedlung interessiert verfolgt hat, versteht meinen Schock.

Kann es sein, dass ein bürgerferner Bürgermeister Kessler tatsächlich diesen Satz gesagt hat? Und kann es sein, dass eine bürgerferne Journalistin diesen einfach so aufschreibt?

Zur Erinnerung. Als der „100-Millionen-Euro-Kessler“ im April 2009 die Bürger über die geplante „Pfenning“-Ansiedlung „informierte“, war schon alles entschieden. Für die Bürger gab es keine Möglichkeit der „Beteiligung“ mehr.

Komplett andere Bildsprache. Applaus, Applaus, Applaus. Positiv soll es sein.

Aufgrund der massiven Sorgen und Unzufriedenheit der Bürger kam es erst zu einer kommunalpolitischen Sensation: Die Wähler verschafften den „Grünen“ einen sensationellen Erfolg. Die stellen nunmehr sechs, statt vorher drei Gemeinderäte.

Die vollkommen aussichtlosen Kandidaten Michael Bowien (SPD) und ich (FPD-Liste, parteilos) wurden aus dem Stand an sehr vielen „verdienten“ Persönlichkeiten vorbei tatsächlich gewählt.

Im Sommer 2009 wurde für 35.000 Euro ein Unternehmen (IFOK) engagiert, dessen „Spezialität“ es ist, „Konflikte zu lösen“, sprich, dem „Auftraggeber“ Stress zu ersparen.

Als die IFOK fertig war, kam es zu einer Bürgerbeteiligung mit Suggestivfragen, die eine „Mehrheit“ von 0,7 Prozent oder 40 Stimmen bei über 5.000 abgegebenen Stimmen für „Pfenning“ ergab und die fluchs in einen „politischen Willen“ der Bevölkerung umvergewaltigt wurde.

2010 gab es weder einen „IFOK-Dialog“, noch eine Bürgerbefragung, noch sonst eine Bürgerbeteiligung.

Von was also redet Herr Kessler, wenn er von einem noch „nie dagewesenen Umfang von Bürgerbeteiligung“ spricht? Und wo war Frau Görlitz in der ganzen Zeit? Hat sie nichts mitbekommen, weil sie das einfach so hinschreibt, als wäre es wahr?

Es gab weder 2010 noch 2009 eine durch den Bürgermeister Kessler gewünschte noch geförderte „Bürgerbeteiligung“. 2009 war das der „Not“ geschuldet, 2010 hat keine stattgefunden.

Richtig ist allein der Passus: „noch nie dagewesen“. Der beschreibt auch das Dilemma zutreffend – allerdings sehr unabsichtlich.

„Bürgerbeteiligung“ ist in Heddesheim ein Fremdwort. Nicht ganz. BürgerInnen, die alles abnicken und keine Fragen stellen, sind Teil der Heddesheimer Tradition. Kritische Bürger nicht. Und jeder, der sich als BürgerIn am „Verfahren“ kritisch beteiligen wollte, hat seine Lektion erhalten.

Das Ergebnis: Lügen.

Im Ergebnis lügen also sowohl der Bürgermeister als auch seine Hofberichterstatterin Görlitz. Einfach so, wie gewohnt.

Und positiv geht es weiter. Die Bildsprache "Applaus" bleibt: Kein Wort vom Ärger mehr. Schon gar kein Bild von Ablehnung. Vorne rechts im brauen Anzug der "SPD-Chefgrinser" Jürgen Merx nebst Gattin, die 2010 Sekretärin des Bürgermeisters geworden ist und sich langsam, aber sicher in ihrer Rolle zurechtfindet.

Es passt hervorragend aus Sicht des Bürgermeisters und seines Verlautbarungsorgans Mannheimer Morgen, dass „wir insgesamt 2010 eines der besten Ergebnisse der letzten Jahrzehnte erwirtschaften konnten“, zitiert Görlitz ihren Kessler.

Auch das ist eine knallharte Lüge. Kommunen sind keine Wirtschaftsbetriebe. Folglich „erwirtschaften“ sie auch nichts. Sie geben überwiegend aus, was andere erwirtschaftet haben. Ein wichtiger Teil ihrer Einnahmen ist die Gewerbesteuer und hier gab es 2010 höhere Einnahmen, als „vermutet“. Das heißt, die Gemeinde profitiert von der Wirtschaftsleistung der Betriebe am Ort, von der Steuerkraft der BürgerInnen und von Umlagen und Gebühren.

„Natürlich lässt er (Kessler) nicht unerwähnt, dass die Zahlungen der Firma Pfenning neben erheblichen Steuer-Mehreinnahmen Anteil an der derzeit sehr guten finanziellen Lage der Gemeinde haben“, steht im Mannheimer Morgen.

Wer das unaufmerksam liest, hat den Eindruck, dass Pfenning schon Steuern zahlt. Tatsächlich ist das nicht so und das ist auch nicht für die Zukunft zu erwarten, sondern es sind die vorhandenen Betriebe. Und einige davon sind absolut gegen „Pfenning“ eingestellt und spielen mit dem Gedanken, von Heddesheim wegzugehen, wenn „Pfenning“ kommen sollte.

Die „Rücklage“ von knapp sechs Millionen Euro ermögliche die Finanzierung „unserer wichtigsten Ziele“. Die sind, so MM, eine neue Heizung für die „Kepler-Schul“ (die Johannes-Kepler-Schule heißt, aber nicht mehr lange), die Umsetzung des Neubaugebiets am nördlichen Ortsrand (hier verdienen mutmaßlich örtliche Bauern und sonstige Verwandte) und „nicht zuletzt ein Geburtstagsgeschenk für die Fortuna, von dem auch andere Sportler profitieren: ein Kunstrasenplatz anstelle des Hartplatzes im Sportzentrum“, heißt es im MM.

Fairness, blabla, sachlich, blabla.

Und „bei all dem hofft Kessler auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat, bei der wir zwar nicht einer Meinung sein müssen, jedoch stets die Bereitschaft haben sollten, uns sachlich und menschlich fair (…) auseinanderzusetzen“, schreibt die Zeitung.

Bürgermeister Kessler hat durch seine unsachliche und unfaire Leitung des Gemeinderats seit der vergangenen Kommunalwahl durchgehend und „nachhaltig“ bewiesen, dass er der letzte ist, der über „Sachlichkeit und Fairness“ kompetent reden kann.

Darin steht ihm seine in Sachen „Pfenning“ geschlossen-nichtredende Mehrheit von 12:9 in nichts nach. Und auch sonst ist „Sachlichkeit“ und „Fairness“ im Heddesheimer Gemeinderat in etwa so präsent wie Sonnenschein in der Nacht.

Wie verkorkst das Verständnis von Demokratie aus Sicht dieses selbstherrlichen Bürgermeisters und seiner Vasallen ist, dokumentiert die „Journalistin“ Anja Görlitz zwei Tage später.

Im Mitteilungsorgan MM der Gemeinde Heddesheim erscheint dieses mehr als unvorteilhafte Foto aus der "journalistischen Not" geboren, schon drei Monate vor der Wahl eine "gewählte" neue VHS-Leiterin zu präsentieren. Der Verlust des journalistischen Anstands und leider auch der der Dame wird bewusst aufs Spiel gesetzt.


Am 12. Januar 2010 betitelt sie einen Artikel: „Theresia Brück übernimmt das Amt von Ursula Brechtel“.

Immerhin, der „MM“ hat recherchiert: „Offiziell wird die Amtsübergabe mit der Wahl Theresia Brücks durch den Gemeinderat. Sie steht voraussichtlich in der März-Sitzung auf der Tagesordnung, wie Hauptamtsleiter Julien Christof auf „MM“-Nachfrage sagte.“

Hätte der „MM“ bei Gemeinderäten nachgefragt, hätte die „offizielle“ Antwort lauten müssen: Frau Theresia Brück ist nicht bekannt. Von einer „Wahl“ kann keine Rede sein, weil es keine Wahl-Alternative gibt. Warum eigentlich nicht? Ist Frau Brück die einzige Bewerberin und wenn ja, warum?

Brechtel im Amt seit 1983 – Brück im Amt, ohne Wahl seit 2011.

Und wenn der „MM“ nachgedacht hätte, hätte er sich die Frage gestellt, wieso Frau Ursula Brechtel (1. stellvertretende Bürgermeisterin) seit 1983 noch niemals „zur Wahl“ gestanden hat, sondern immer wieder im Amt bestätigt wurde. Gab es schon jemals eine Wahl? Andere Bewerber? Echte Bewerber? Wie hat sich Frau Brechtel eigentlich seit 1983 für die Aufgabe weitergebildet? Welche Qualifikationen werden andernorts vorausgesetzt? Das sind interessante journalistische Fragen.

Und ganz unabhängig von so vielen Fragen bleibt die Frage, wieso eine Zeitung eigentlich vermelden kann, dass eine Einzelkandidatin ohne gewählt zu sein und ohne öffentliche Beteiligung einfach so ein Amt übernimmt?

Weil die „Wahl“ im Hinterzimmer zwischen interessierten Geheimkreisen schon entschieden wurde, denken Sie? Sie denken richtig.

Bürgermeister Michael Kessler hat sich den Ort schon längst zur Beute gemacht.

Aufgrund willfähriger Gemeinderatssitzern, einer willfährigen „Presse“ und einer Amtsführung, die von allem geprägt ist, nur nicht von „Sachlichkeit und Fairness“.

Und schon gar nicht vor dem Respekt vor „Bürgerbeteiligung“, Transparenz und gelebter Demokratie.

Die Intoleranz, die Bürgerferne und die Intransparenz der Entscheidungen sind „gelebte Demokratie“ in Heddesheim – zumindest aus Sicht eines Herrn Kessler, seiner „Sprecher“, Josef Doll, Jürgen Merx und Frank Hasselbring und den zumeist „sprachlosen“ Fraktionsmitgliedern.

Die schon Anfang Januar durch einen „Pressebericht“ bestätigte „neue VHS-Leiterin“ Theresia Brück, die „voraussichtlich erst im März“ dazu „gewählt“ wird, ist durch dieses verkrebste Demokratieverständnis schon derart beschädigt, dass man ihr wünschen muss, schnell Reißaus zu nehmen.

Wer wird schon gerne als einzige Kandidatin drei Monate vor der Wahl im Amt bestätigt? Das kennt man sonst nur aus Diktaturen. Oder sagen wir mal, aus „demokratiefernen“ Systemen.

Erstwähler, Hoffnung und Realitäten.

Die „Hoffnung auf mehr Sachlichkeit und Fairness“, verbunden mit der Einladung an „Erstwähler“ zur Landtagswahl im März, hat Frau Görlitz bratwurstig irgendwie in den Artikel reingeschwurbelt. Ebenso wie den Hinweis auf „Stuttgart 21“.

Man darf gespannt sein, wie die Wahl ausgehen wird.

Ob die „Grünen“ zusammen mit anderen den „Machtwechsel“ schaffen, ist offen. Als sicher darf gelten, dass es in Zukunft sehr wohl um das „Trennende“ gehen wird.

„Nicht das Trennende, sondern die Gemeinsamkeit solle in den Vordergrund rücken“, zitiert Frau Görlitz den Bürgermeister Michael Kessler.

Ich vermute mal, dass es eine neue „Gemeinsamkeit“ der Menschen gibt. Die wünschen sich Transparenz und Bürgerbeteiligung. Und diese Menschen wollen sich von intransparenten Strukturen, Vetterleswirtschaft, Hinterzimmerpolitik und Patronage sehr bewusst trennen.

Das könnte eine neue Gemeinschaft ergeben. Zum Wohl der Bürger. Zum Wohl der Gemeinde.

Und nicht zum Wohl derer, die selbstherrlich bestimmen wollen, wem welches Wohl sein soll oder nicht.

Ich bin wie viele BürgerInnen in diesem Land geschockt von der Selbstherrschlichkeit derer, die sich die „Gemeinschaft“ zur Beute gemacht haben.

Und ich stehe wie viele Wähler vor der Frage, ob ich, wenn ich das eine Übel abwähle nicht das andere wähle.

Ich als Journalist stehe für Transparenz. Dafür bin ich auch als Gemeinderat angetreten und dafür setze ich mich auch als Bürger ein.

Als Bürger wünsche ich mir Beteiligung. Als Journalist den Zugang zu und die Verbreitung von Informationen. Und als Gemeinderat ein wenig Würde, um diesen Ehrenamt auch nur ansatzweise „ehrenvoll“ angesichts der „herrschenden Zustände“ ausüben zu können.

Anmerkung der Redaktion:
Hardy Prothmann ist verantwortlich für das heddesheimblog, sowie das hirschbergblog, das ladenburgblog, das weinheimblog und das rheinneckarblog. Er ist seit 20 Jahren als freier Journalist tätig, darunter für fast alle „großen“ deutschen Medien und seit Mai 2009 wieder Lokaljournalist.
Bei der Kommunalwahl 2009 gewann er „chancenlos“ die „FDP-Liste“ als parteiloser Kandidat mit 20 Prozent Vorsprung zu den anderen beiden Kandidaten und ist seitdem partei- und fraktionsfreier Gemeinderat in Heddesheim.

Anmerkung der Redaktion:
Sollten die Links auf Berichte des Mannheimer Morgen nicht mehr funktionieren, benötigen Sie voraussichtlich einen Code, den Sie durch Erwerb der Zeitung für zwei Tage erstehen können. Sollte Ihnen das nicht möglich sein, schicken Sie uns eine email. Wir versuchen Ihnen dann den Zugriff auf die Quelle zu ermöglichen.

Gläserner Gemeinderat: Der Schauprozess

Guten Tag!

Heddesheim, 23. Dezember 2010. CDU, FDP, SPD und Bürgermeister Michael Kessler haben in der Gemeinderatssitzung vom 22. Dezember 2010 ihren „Sündenbock-Antrag“ bestätigt und gegen die Meinungsfreiheit und eine Gleichbehandlung gestimmt.

Was aus Sicht der „Anti-Prothmann-Front“ zunächst die eigenen „Rache-Gelüste“ befriedigt hat, wird sich langfristig als Fehler herausstellen. Die selbsternannte „Allianz der Anständigen“ hat ohne Sinn und Verstand ein Bekenntnis zur Meinungsfreiheit und zur demokratischen Ordnung abgelehnt.

Von Hardy Prothmann

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Hardy Prothmann, freier Journalist. Bild: sap

Der Blick in die Gesichter der Gemeinderäte der CDU, FDP und SPD und Bürgermeister Kessler war aufschlussreich. Die Mimiken schwankten zwischen versteinerter Härte und einer gewissen lustvollen Befriedigung.

Man hatte sich verabredet, einem Mitglied aus dem Rat den „moralischen Prozess“ zu machen.

Absurde Zustände.

Dass der „Missbilligungsantrag“ durchgehen würde, war klar. Auch die Absurdität zwischen Äußerungen und Abstimmungsverhalten war klar. Der SPD-Fraktionschef Jürgen Merx konnte sich wie die SPD-Fraktion zwar dem Antrag wegen „seiner Art“ nicht anschließen, die vier SPD-Gemeinderäte stimmten aber zu (Michael Bowien fehlte in der Sitzung).

Auch CDU-Gemeinderat Martin Kemmet betonte ausdrücklich, dass er nicht allein mich für die „Zustände“ im Gemeinderat verantwortlich macht, sondern auch viele andere (ohne Namen zu nennen) und stimmte dann doch für den Antrag.

Das muss man nicht verstehen. Das muss man aber zur Kenntnis nehmen.

Gegen das Grundgesetz.

Ebenso das Abstimmungsverhalten zu meinem erweiterten Antrag. CDU, SPD, FDP und Bürgermeister Kessler haben in der Sitzung vom 22. November 2010 ausdrücklich gegen die Anerkennung von Artikel 5 Grundgesetz, sich frei eine Meinung bilden und diese äußern zu können, gestimmt. Martin Kemmet hat sich enthalten.

Und sie haben ebenso gegen eine geordnete Gleichbehandlung im Gemeinderat gestimmt. Ganz selbstverständlich. Ohne Zögern. Aus Überzeugung.

Ist der Schluss also richtig, dass Bürgermeister Kessler und die vierzehn Gemeinderäte von CDU, SPD und FDP Antidemokraten sind, weil sie gegen die Anerkennung eines Grundgesetzartikels und gegen die korrekte Einhaltung der Gemeindeordnung stimmen?

Ich hoffe nicht. Ich befürchte aber, dass in der wütenden Auseinandersetzung mit meiner Person demokratische Spielregeln und demokratische Überzeugungen seit geraumer Zeit keine Rolle spielen.

Gestern wurde wieder das übliche Rollenspiel von vorab nicht-öffentlich verabredeten Entscheidungen „öffentlich“ aufgeführt.

„Sie sind ekelhaft.“ Bürgermeister Michael Kessler zu Gemeinderat Hardy Prothmann.

In nicht-öffentlicher Sitzung darf Bürgermeister Michael Kessler zu mir sagen: „Sie sind ekelhaft“, ohne dass es auch nur den Hauch einer geheuchelten Welle der Empörung gibt. Auch damals war in den Gesichtern der „Allianz der Anständigen“ eine lustvolle Befriedigung zu sehen. Der Bürgermeister hat sich später dafür „entschuldigt“. Aber nicht offen und ehrlich, sondern nur irgendwie.

Ich habe gestern meine Bemerkung gegenüber Herrn Hasselbring als „unangebracht“ zurückgezogen und bemängelt, dass die Mehrheit im Gemeinderat zweierlei Maß in Sachen Anstand und Moral anlegt.

Dies wurde auch prompt durch das gewohnte Sitzungsverhalten des Bürgermeisters und gewisser Gemeinderäte wie Herrn Dr. Doll bestätigt.

Dreckspatzigkeit.

Und durch den SPD-Gemeinderat Reiner Lang, der das journalistische Angebot des heddesheimblogs als „Dreckspatzigkeit“, als „Sauerei“ und „Schwachsinn“ bezeichnete.

Diese üble Vulgärsprache fand offensichtlich die stillschweigende Anerkennung sowohl des Bürgermeisters Kessler als auch die der anderen Gemeinderäte, die sich im Besitz des Anstands wähnen.

Unter diesen „Anständigen“ ist auch CDU-Gemeinderat Rainer Hege. Der hat mir gestern am Ratstisch erstmals Gruß und Handschlag verweigert. Warum, hat er nicht gesagt. Auch FDP-Gemeinderätin Ingrid Kemmet verzichtet sein gestern darauf.

Doppelmoral.

Auch der Bürgermeister Michael Kessler verweigert schon seit gut einem Jahr Gruß und Handschlag. CDU-Fraktionschef und Antragsteller Josef Doll sowieso wie auch FDP-Fraktionschef Frank Hasselbring und SPD-Fraktionschef Jürgen Merx.

Auch CDU-Gemeinderat Hans Siegel ist seit kurzem nicht mehr in der Lage der einfachsten und erwartbarsten Form der Respektsbezeugung nachzukommen, ebensowenig wie Reiner Lang und Jürgen Harbarth (beide SPD).

Die Form wahren bis heute Karin Hoffmeister-Bugla und Michael Bowien (SPD), Walter Gerwien, Dieter Kielmayer und Volker Schaaf sowie alle Gemeinderäte der Grünen.

Ich habe dazu gestern deutlich meine Meinung gesagt: Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, wie „Moral“ von Teilen des Gemeinderats öffentlich geheuchelt und nicht-öffentlich gemeuchelt wird.

Die selbstgefällige, pharisäerhafte Doppelmoral vieler Gemeinderäte ist offensichtlich.

Selbst die Brücken, die die Gemeinderäte der Grünen mit ihren Wortbeiträgen gebaut haben oder der Apell von Martin Kemmet (CDU), dass viele Personen an den „Heddesheimer Zuständen“ beteiligt sind, erreichte keinen der „Missbilliger“.

Front der Verhärtung.

Die Front der Verhärteten ist derart negativ belastet, dass eine Entspannung überhaupt nicht zur erwarten ist.

Das zeigten auch Form, Inhalt und Vortrag des Antrags. Statt eines Apells mit Aussicht auf eine Veränderung oder Erneuerung der Verhältnisse, ging es um die Festschreibung der verbohrten Stellungen und den innigen Wunsch, mich loszuwerden.

Statt sich dem Bibelsatz „Wer unter euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein“ anzuschließen, gingen die Hände mit versteinerten Mienen der „Ankläger“ in diesem „Schauprozess“ hoch.

„Unbequemlichkeit ist wichtig.“ Andreas Schuster

Ich werde es weiter so halten, wie der Grünen-Gemeinderat Andreas Schuster es formulierte: „Ich halte eine gewisse Unbequemlichkeit für wichtig.“

Das haben andere vor mir auch schon so gehalten, beispielsweise Georg Büchner, der wegen seiner politischen Schriftstellerei per Haftbefehl gesucht wurde und nach dem heute der bedeutendste Literaturpreis Deutschlands benannt ist.

Oder Heinrich Heine, der großartige Dichter, der für seine Dichtung „Deutschland. Ein Wintermärchen“ ebenfalls per Haftbefehl gesucht wurde und dessen Werk zensiert wurde. Darin heißt es:

„Noch immer das hölzern pedantische Volk,
Noch immer ein rechter Winkel
In jeder Bewegung, und im Gesicht
Der eingefrorene Dünkel.“

Besser als mit diesem Heine-Wort kann man die Haltung von CDU, FDP, SPD und Bürgermeister Michael Kessler mit einer „gewissen Unbequemlichkeit“ nicht wiedergeben.

Download:
Antrag zu Meinungsfreiheit und Gleichbehandlung

hardyprothmann

Journalismus? Was ist das?

Guten Tag!

Heddesheim, 10. Februar 2010. Der Kommentar „Kein „Kinderlachen“ für das heddesheimblog“ regt auf. Oder regt sein Inhalt auf? Welcher? Der dargestellte oder wie die Darstellung eingeordnet wird? Oder dass überhaupt dargestellt und eingeordnet, also berichtet wird? Oder eine „Darstellung“, die nicht so ist, wie „man das will“? Und wer hat was davon? Und wer regt sich auf? Das sind viele Fragen – die alle mit Journalismus zu tun haben.

Von Hardy Prothmann

Mitte August 2009 sprach mich vor dem Edeka-Markt in Heddesheim eine ältere Dame an und sagte: „Herr Prothmann, ich versuche ja mit der Zeit zu gehen und bin im Internet. Und ich lese jeden Tag interessiert Ihr heddesheimblog. Ihr letzter Kommentar war, wie soll ich das sagen, ganz schön heftig. Dürfen Sie das so schreiben, wie Sie das geschrieben haben? Im Mannheimer Morgen gibt es auch Kommentare, aber die sind nicht so heftig wie Ihre.“

Die Dame benannte diesen Kommentar: High Noon in Heddesheim – Ist dieser Bürgermeister noch zu halten?

Ich habe mit der Dame daraufhin ein langes Gespräch geführt und ihr erklärt, warum ich einen Kommentar so schreiben „darf“. Und was, und warum und wie ich es geschrieben habe.

Die W-Fragen und das Interesse

Was, wann, wo, wer, wie und warum? Diese Fragen sind die „Grundausrüstung“ für Journalismus. Aber auch für die Polizei, für die Feuerwehr, für Krisenmanager, für Wissenschaftler, für Politiker. Eigentlich für alle Menschen, die sich berufsmäßig für was auch immer interessieren müssen.

Genau darum geht es im Journalismus. Um das Interesse.

Inter-esse ist lateinisch und heißt ungefähr: Dazwischen (inter) sein (esse).

Die Geschichte der Menschheit ist gleichzeitig die Geschichte des „Journalismus„. Angefangen bei den Höhlenmalereien über die Erfindung des Buchdrucks bis hin zum Internet. „Jour“ ist das französische Wort für Tag. Im Journalismus geht es ums „Tagesgeschäft“, über das berichtet wird.

Was ist passiert? Worüber reden die Menschen? Was betrifft die Menschen? Was müssen/sollten sie wissen?

Journalismus ist die professionelle Umsetzung des Alltags in Informationen, ob in Text, Bild oder Ton.

Tiere – Titten – Tote

Die „Bild“ übersetzt Alltag mit TTT. Tiere-Titten-Tote. Diese Themen liebt das Boulevardblatt – weil die Leser sie lieben und die Zeitung kaufen.

Die FAZ kommt konservativer daher und hat dahingehend beste Beziehungen zur Wirtschaft und Politik. Dort wird die Zeitung geliebt, weil sie so staatstragend daherkommt und überwiegend auf TTT verzichtet.

Die Süddeutsche Zeitung ist da vielseitiger und hat die FAZ längst bei der Auflage deutlich wiederholt. Die Berliner taz ist unter den überregionalen Zeitungen die bissigste und gilt als verkappte Journalistenschule. Viele frühere „tazler“ haben später woanders Karriere gemacht. Die tagesschau ist scheinbar neutraler.

Das öffentlich-rechtliche SWR3 und der Privatsender RPR konkurrieren um den Hörermarkt. Ihre Information: Unterhaltung und gute Laune. Radio ist ein sehr emotionales Medium. Deswegen hat das öffentlich-rechtliche Deutschlandradio auch vergleichsweise wenige Hörer: Es ist zwar das „journalistisch“ mit Abstand informativste Radio von allen was „wichtige“ Nachrichten und Hintergründe angeht – aber es ist anstrengend.

Guter oder schlechter Journalismus
ist eine moralische Unterscheidung

Damit sind wir mitten im Thema. Was ist Journalismus? Was ist „guter“ und was ist „schlechter“ Journalismus?

Die erste Antwort: „Gut“ oder „schlecht“ sind moralische Fragen, die nur jeweils moralisch beantwortet werden können.

Gut oder schlecht lässt sich aber relativ einfach in zutreffend oder nicht-zutreffend übersetzen. „Gut“ wäre demnach „zutreffend“ und „schlecht“ wäre „nicht-zutreffend“.

Die Bild-Zeitung berichtet häufig „nicht-zutreffend“, also „schlecht“. Trotzdem oder gerade deswegen ist sie die nach Auflage „größte“ und erfolgreichste Tageszeitung Europas.

TTT – Tiere-Titten-Tote sind das Erfolgsrezept der Boulevard-Zeitung, die jeder „wichtige“ Mensch, angefangen von der Kanzlerin bis hin zum „Volk“ jeden Tag als erstes liest.

Denn, was in der Bild steht, findet statt. Es ist Tagesthema. Der Bild gelingen auch immer wieder geniale Schlagzeilen, beispielsweise: „Wir sind Papst!“

Ebenfalls zum Axel-Springer-Verlag gehört die Zeitung „Die Welt“ – ein überwiegend anerkannt seriöses Blatt. Beide Zeitungen bedienen unterschiedliche Zielgruppen und damit Märkte.

Journalismus ist also auch eine Form der Wirtschaft und betreibt Wertschöpfung. Die Ausgangsmaterialien sind Informationen, die zu neuen Informationen zusammengefügt und „verpackt“ werden: Als TV- oder Hörfunksendung, als Printprodukt oder als elektronisch verteilte Information im Internet.

Was muss, kann, sollte berichtet werden? Und vor allem wie?

Außer TTT gibt es die Liebe, die Menschenrechte, den Fußball, die Diät, die Schule, den Verein, die Finanzanlage und noch viele andere Themen mehr.

Was, wann, wo, wie, wer und warum? Ohne Journalismus wüssten wir alle nur wenig von dem, was um uns herum passiert.

Aber es gibt ganz bewusst kein Gesetz, dass vorschreibt, wie, wann in welchem Umfang worüber berichtet wird. Daraus ergibt sich die Medienvielfalt mit ihren unterschiedlichsten Angeboten.

Länder ohne Pressefreiheit, also ohne Journalismus, sind meist primitive Kulturen oder Diktaturen. Meist beides.

Denn Journalismus ist eine demokratische Dienstleistung und erfüllt in einer Demokratie eine wichtige Aufgabe: Journalismus übt durch die „Veröffentlichung“ Kontrolle aus. Das bekannteste Beispiel dürfte die „Watergate„-Affäre sein, die Präsident Nixon zum Rücktritt zwang. Zwei Journalisten hatten durch die Hilfe eines „Informanten“ den politischen Skandal öffentlich gemacht.

Journalismus hat also eine „Wächterfunktion“.

Vergleichbar mit der eines Steuerberaters: Es wird „Buch geführt“. Über Einnahmen und Ausgaben.

Vergleichbar mit der Polizeiarbeit: Es wird ermittelt.

Vergleichbar mit dem Gericht: Es wird aber be- und nicht gerichtet. Es wird nicht ver- aber geurteilt.

Vergleichbar mit einem Kaffeekranz oder Stammtisch: Es wird über vieles geschwätzt.

Meinungsfreiheit ist eine Grundvoraussetzung für Demokratie

Und das ist mit dem Artikel 5 in unserem Grundgesetzes verankert: Alle Menschen in Deutschland dürfen eine Meinung haben und diese öffentlich äußern. Eine Zensur von staatlicher Seite findet nicht statt.

Öffentlichkeit ist der Kern einer jeden Demokratie. Auch wenn das nicht jedem passt und es manchmal schwerfällt andere Meinungen auszuhalten: Rechtsradikale dürfen schreiben: Ausländer raus Linksradikale dürfen meinen: Soldaten sind Mörder.“ Beides sind extreme Äußerungen und bewegen sich am äußersten Rand, aber eben noch im Bereich des Zulässigen.

Nicht erlaubt sind Diffamierungen oder Beleidigungen oder falsche Tatsachenbehauptungen – Journalismus muss sich hier wie alle an Recht und Gesetz halten.

Journalismus ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. Denn Journalismus beeinflusst wie die PR, wie die Politik, wie die Werbung oder Lobbyismus oder unser aller Tun in vielfältigen Funktionen die Öffentlichkeit.

Mit Meinungen, mit Fakten, mit Emotionen. Mit „schönen“ Geschichten, aber auch mit den weniger schönen Geschichten des Alltags.

Öffentlichkeit ist ein hohes Gut. Sie schafft transparente Märkte, Werbung für Produkte, politische Debatten, kulturellen Austausch, sportlichen Wettkampf und: Bildung.

Deshalb ist eine „positive“ Öffentlichkeit den meisten Menschen und Unternehmen wichtig – denn die bringt Erfolg. Geschäftlich, politisch, persönlich, kulturell und sportlich.

Journalismus ist ein Informationsangebot

Es gibt kein Gesetz, was Journalismus ist oder sein sollte. Es gibt den Artikel 5 und es gibt in den Bundesländern „Pressegesetze„. Danach sind staatliche Behörden und Institutionen verpflichtet, Journalisten Auskünfte zu erteilen. Das ist wichtig, sonst könnte über das „Öffentliche“, also die Ämter, die durch die Steuerzahler bezahlt werden, nicht berichtet werden.

Und börsennotierte Unternehmen müssen ihrer Veröffentlichungspflicht nachkommen.

Sonst ist niemand verpflichtet, Journalisten eine Information zu geben. Weder ein Geschäftsführer, noch ein Sportler, noch ein Künstler und schon gar nicht ein Privatmensch. Umgekehrt gibt es auch keine Pflicht für Journalisten, irgendetwas zu veröffentlichen oder so, wie das jemand möchte. Bürger können aus vielen Informationsangeboten wählen und sich informieren, sie müssen aber nicht.

Trotzdem erscheinen jeden Tag hunderte von Zeitungen, jeden Monat tausende von (Fach-)Zeitschriften, es gibt hunderte Radio- und Fernsehsender in Deutschland. Hinzu kommt das Internet – das neue Medium, das sind mit rasender Geschwindigkeit zum weltweiten Hauptmedium entwickelt, wenn es das nicht schon bereits ist.

Das Internet ist ein hochgradig demokratisches Medium, denn es erlaubt eine einfache und grenzenlose Veröffentlichung von Meinungen durch jeden Bürger – außer in Diktaturen wie dem Iran beispielsweise.

Für den oben genannten „heftigen“ Kommentar hätte ich dort mit harten Strafen rechnen müssen. In unserem Land nicht. Hier dürfen ich und jeder andere das grundsätzlich und im Speziellen, wenn zutreffende Tatsachen berichtet und Meinungen geäußert werden.

Der Bürgermeister ist immer noch im Amt und ich in Freiheit. Auch wenn das eine oder das andere dem einen oder anderen nicht passt.

Wikipedia hat den „Bratwurstjournalismus“ zensiert – ist das gut oder schlecht? Und was hat das mit Heddesheim zu tun?

Guten Tag!

Heddesheim, 16. Januar 2010. Was hat die Debatte über die Löschung des „Bratwurstjournalismus“ auf Wikipedia mit dem heddesheimblog zu tun? Sehr viel. Denn auch in Heddesheim gibt es Zensur. Sie ist „politisch“ verordnet und findet statt. Der Zensor heißt Michael Kessler und ist Bürgermeister. Ob diese Zensur „gut oder schlecht“ ist, müssen Zensor und Zensierte selbst entscheiden.

Kommentar: Hardy Prothmann

„Zensur“ wird von den meisten Menschen eindeutig als etwas „Schlechtes“, „Verwerfliches“ , „Missbräuliches“ verstanden. Ist Zensur per se „schlecht“? Welche Zensur ist „schlecht“? Überhaupt, was ist Zensur?

Zensur ist tatsächlich ein sehr vielfältiges Wort, das mehr als eine „negative“ Bedeutung hat. Wikipedia selbst unterscheidet zwischen verschiedenen Zensur-Formen, beispielsweise politischer Zensur oder der Zensur in der Schule (Benotung).

Die Schulzensur an sich ist aber etwas vollkommen Normales. Sie ist eine Leistungsbeurteilung. Eine schlechte Benotung, eine schlechte Zensur also, wird der betroffene Schüler meist als negativ begreifen und vielleicht als „Aufforderung“, es künftig besser zu machen. Der „1er“-Schüler wird seine Note aber nicht als Zensur verstehen, sondern als „Würdigung“ der „sehr guten'“ Leistung.

Zensur findet (nicht) statt.

„Politische Zensur“ lehnt instinktiv jeder Demokrat ab. Wie heißt es doch so schön im Artikel 5, Grundgesetz: „Eine Zensur findet nicht statt.“

„(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“

Das aber ist falsch. Zensur findet sehr wohl, sogar demokratisch legitimiert statt. Ein Widerspruch? Auch hier kommt wieder der Artikel 5, Grundgesetz, zum Tragen:

„(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.“

Wer also bei dem „Meinungsrecht“ gegen allgemeine Gesetze usw. verstößt, darf oder muss sogar zensiert werden. Beispielsweise politisch-extremistische Vereinigungen. Gesetzes- und Verfassungstreue werden auch für die  „freie Wissenschaft und Kunst“ vorausgesetzt:

„(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.“

Die freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen (FsF) der Fernsehsender „indiziert“, sprich „zensiert“ beispielsweise Filme. Danach steht auf der Verpackung: Freigegeben ab Alter X. Pornographie ist generell erst ab 18 Jahren zulässig (FSK 18) – obwohl pubertierende Jugendliche schon in jüngeren Jahren unbändig das „Verbotene“ konsumieren wollen.

Halt den Mund!

Zensur findet auch in der kleinsten Einheit unserer Gesellschaft, der Familie statt: „Halt den Mund!“, hat sicherlich fast jeder Elternteil gegenüber dem Nachwuchs mindestens ein Mal im Laufe von vielen Erziehungsjahren gesagt. Zu recht?

Die Frage, ob Zensur gut oder schlecht ist, kann man nicht pauschal beantworten. Vermeintlich besser ist die Frage: Ist Zensur gerecht oder ungerecht? Der zensierte Mensch wird meistens zu „ungerecht“ tendieren, der Zensor sein „Recht“ betonen.

Wie komplex der Begriff der Zensur ist, zeigt wiederum Wikipedia selbst. Der Artikel „Zensur (Informationskontrolle)“ ist nicht nur schwach definiert, er ist so irrelevant definiert, dass er sofort gelöscht werden sollte. Auch dem „Bratwurstjournalismus“ wurde vorgeworfen, als Begriff irrelevant zu sein.

Ist das so? Sicher nicht. Der Begriff „Zensur“ ist sehr relevant, aber schlechter definiert als die gelöschte Fassung über den „Bratwurstjournalismus“.

Vermutlich ist „Zensur“ bei Wikipedia so unzureichend definiert, weil die „Wikipedianer“ selbst damit ein großes Problem haben, wie die Löschdebatte nicht nur um den „Bratwurstjournalismus“ zeigte.

Ist Zensur „gut oder schlecht?“

Im November gab es dazu eine Tagung, wie Radio Bremen berichtet: „Der Verein Wikimedia, der das Projekt Wikipedia finanziert, sich aber nicht in inhaltliche Diskussionen einmischt, lädt nun Wikipedia-Autoren und -Administratoren, Blogger und andere Interessierte ein, am Donnerstag, 5. November, 18 Uhr, in Berlin über Lehren aus der Löschdebatte zu diskutieren.“

Zurück zur Ausgangsfrage: Ist es gut oder schlecht (gerecht oder ungerecht), dass ein Wikipedia-Administrator den „Bratwurstjournalismus“ gelöscht hat?

Aus meiner Sicht ist es „schlecht“ – weil ich keinen Willen bei den „Löschern“ erkennen konnte, dieses relevante „Phänomen“ nachhaltig beschreiben zu wollen. Ob das nun „Bratwurstjournalismus“ heißen muss, stelle ich dahin.

Der Hinweis, der „Bratwurstjournalismus“ sei eine Untermenge von „Gefälligkeitsjournalismus“ trifft in meinen Augen nicht zu. Vor allem, wenn er so mangelhaft definiert ist, wie bei Wikipedia. Dort steht unter dem Begriff „Lokaljournalismus“ folgende Erklärung:
„Ein weit verbreitetes Vorurteil besagt, dass ein Lokaljournalist in erster Linie einen „Gefälligkeitsjournalismus“ produziere, indem er etwa über Vereinsfeste, Firmenjubiläen oder Geburtstagsfeiern lokaler Politiker berichtet. Berichte dieser Art gibt es häufig, vor allem in kleineren Lokalzeitungen und Anzeigenblättern. Grundsätzlich aber nehmen Lokaljournalisten mit der Berichterstattung über die Kommunalpolitik, über soziale, wirtschaftliche und kulturelle Ereignisse und Entwicklungen vor Ort eine gesellschaftliche Aufgabe wahr. Die Vielfalt, Auflagenhöhe und Reichweite der Lokalzeitungen ist eine Besonderheit der deutschen Medienlandschaft, ihre Reichweite in der Bevölkerung wird von keinem anderen Medium erreicht.“

Wikipedia ist eine „Quelle“. Mehr nicht.

Ein „weit verbreitetes Vorurteil besagt“, dass ein Lokaljournalist in erster Linie einen Gefälligkeitsjournalismus produziere.

Ein Vorurteil also.

Für das allerdings im Wikipedia-Artikel jede Quelle fehlt.

Ein Vorurteil wiederum wird auch gemeinhin unter Demokraten als „schlecht“ verstanden, als „unwahr“. Die Wikipedia-Definition negiert die Aussage sogleich, indem sie bestätigt, dass es „Berichte dieser Art häufig gibt“. Um dann wieder „grundsätzlich“ eine „gesellschaftliche Aufgabe“ herauszustellen. Und die Relevanzbegründung ist: „Ihre Reichweite in der Bevölkerung wird von keinem anderen Medium erreicht.“

Auch hier sollten die Wikipedianer nacharbeiten. Eine hohe Reichweite ist nicht per se „gut“.

Dazu ein „Totschlagargument“: Adolf Hitler hatte nahezu die „totale Reichweite“. War das gut?

Gerade wenn das „Vorurteil“ keines sein sollte, sondern die „Tatsache“, dass überwiegend „Gefälligkeitsjournalismus“ produziert wird, wäre das extrem „schlecht“ – wegen der großen Reichweite. Die haben auch Pandemien wie die Pest.

„Gefälligkeitsjournalismus“ ist eine Pest.

In der Konsequenz hieße das nämlich, dass eine große Zahl Menschen mit „Informationen“ versorgt wird, die ihnen „zu gefallen“ haben, tatsächlich aber vor allem ganz wenigen nützlich sind.

Ein solcher Journalismus ist viel wert für die Sender der Botschaft („Mächtigen“) und nichts für die Empfänger („Leser“). Auch Gefälligkeitsjournalismus ist also eine Art von Zensur.

„Gut“ an der Löschdiskussion um den Bratwurstjournalismus ist die hohe Aufmerksamkeit, die diese nicht nur in Journalistenkreisen gefunden hat.

Denn dadurch werden die Kolleginnen und Kollegen mit der Frage konfrontiert, ob das, was sie tun, „ethisch“ vertretbar ist oder nicht. Ich danke deswegen allen Kollegen, die darüber berichtet haben. Und allen „Konsumenten“, die sich für diese Frage interessieren.

Tatsächlich verlinkt das heddesheimblog oft auf Wikipedia. Die Begründung ist einfach: Wikipedia ist aus Sicht der Redaktion eine „Quelle“. Hier gibt es Informationen – ob die „stimmen“, haben wir damit nicht beantwortet. Jede Verlinkung ist nur ein Hinweis auf eine andere „Quelle“. Ob Meinungsäußerung oder „faktische“ Information.

Wir verlinken auch auf andere Medien, Institutionen usw.. Alle Verlinkungen sind „Informationsquellen“. Mehr nicht.

Darüber informieren wir unsere Leserinnen und Leser immer wieder.

„Gefälligkeitsjournalismus“ ist Zensur.

Der Heddesheimer Bratwurstjournalismus Gefälligkeitsjournalismus des Mannheimer Morgens ist aus meiner Sicht auch eine Form der Zensur. Und das ist mehr als bedauerlich – weil die Abonnenten des MM vorsätzlich mit minderwertigen Informationen „versorgt“ werden, für die diese auch noch bezahlen müssen.

Wie „gefällig“ der MM dabei ist, zeigt seine „Nicht-Berichterstattung“ über die „politische Zensur“.

Die freie Journalistin Miriam Bunjes hat beispielsweise für das Internet-Portal der Evangelischen Kirche, „evangelisch.de“ ein Porträt über das heddesheimblog geschrieben. Sie schreibt im September 2009:
„Seine Texte sind unbequem. Die Kritisierten wollen deshalb öffentlich am liebsten gar nichts über Hardy Prothmann und das „heddesheimblog“ sagen. „Wir beobachten das Blog aufmerksam und kritisch“, sagt ein Sprecher der Gemeinde Heddesheim, der namentlich nicht zitiert werden will. Mehr möchte er nicht über das „neue Medium in der Stadt“ sagen.“ (Anm. d. Redaktion: Unterstreichung durch die Redaktion heddesheimblog)

Ein „Sprecher“, der namentlich nicht zitiert werden will? Ist so jemand ein Sprecher?

Die Redaktion des heddesheimblogs wurde später darüber unterrichtet, dass „Presseanfragen“ an die Gemeinde nicht mehr an einzelne Mitarbeiter, sondern an „gemeinde@heddesheim.de“ zu richten seien. Wenn geantwortet wird, dann vom Bürgermeister Kessler oder seinem Sekretariat.

In Heddesheim wird „politische Zensur“ aktiv angewendet.

Aus „am liebsten gar nichts sagen“ soll eine Dienstanweisung geworden sein: Bürgermeister Michael Kessler hat nach unseren Informationen angeordnet, jede Anfrage des heddesheimblogs nicht zu beantworten, sondern an ihn weiterzuleiten. Wir haben dazu die Gemeinde angeschrieben und werden über die Antwort berichten.

Wenn dies zutrifft, wäre das „politische Zensur“ in Reinkultur. Antidemokratisch. Nicht akzeptabel. Aber „rechtlich“ absolut zulässig.

Mitarbeitern wäre per Ukas (auch unzureichend definiert bei Wikipedia) der „Mund verboten“. Jede Recherche (=Frage) soll „zentral“ (=Bürgermeister) kontrolliert werden.

Das wäre der Versuch einer zensierten „Informationskontrolle“. Jeder Mitarbeiter, der dagegen verstößt, muss mit „arbeitsrechtlichen Konsequenzen“ rechnen. Mehr noch: Mit Druck, mit nicht-Beförderung, also mit Nachteilen.

Das heddesheimblog erfährt trotzdem viel. Weil die Unzufriedenheit der Mitarbeiter der Verwaltung mit ihrer „Führung“ enorm hoch ist. Sie lassen sich nicht „das Maul verbieten“ und vertrauen darauf, dass die Redaktion des heddesheimblogs diese Informanten schützt. Das tun wir.

„Quellen“, also Menschen, die etwas erzählen wollen, werden von uns geschützt. Was heißt das? Ganz einfach: Eine Quelle erzählt uns etwas und wir sorgen dafür, dass die „Spur“ zwischen Quelle und Bericht nicht zurückverfolgt werden kann. Wenn das nicht möglich ist, verzichten wir auf den Bericht.

Wenn die Redaktion des heddesheimblogs über eine ähnliche Behinderung der „Redaktion“ des Mannheimer Morgen erfahren würde – wir würden sofort solidarisch den Sachverhalt prüfen und uns sofort für die Informationsfreiheit und die Möglichkeit einer freien Recherche einsetzen. Konkurrenzgedanken spielen dabei keine Rolle. Informationsfreiheit ist ein hohes Gut, das das heddesheimblog ungeachtet der Umstände vor alles andere stellt.

Der MM denkt da anders. Er ist ja schon längst nicht mehr an „freier Berichterstattung“ interessiert, sondern betreibt aktiv „Gefälligkeitsjournalismus“.

Der Mannheimer Morgen ist ein Zensurorgan.

Damit stellt sich wieder die Frage: „Gut oder schlecht“? Als Behördenleiter darf ein Bürgermeister seinen Mitarbeitern einen „Maulkorb“ verordnen. Er hat das Recht dazu. Er ist berechtigt, seinen Beschäftigten die freie Meinungsäußerung in Bezug auf ihre Arbeit zu zensieren. Er hätte aber auch das „Recht“, dies zuzulassen.

Die Frage war: „Ist das gut oder schlecht?“

Das muss jeder, der davon weiß, selbst beurteilen.

Der Redaktion kann der „Bürgermeister“ Kessler nichts anordnen. Er kann versuchen, Recherchen zu behindern und sich damit zu einem Verhinderer von „Informationsfreiheit“ zu definieren.

Unseren Leserinnen und Lesern kann der „Bürgermeister“ Michael Kessler nichts „anweisen“. Für die Leserinnen und Leser gilt Artikel 5 des Grundgesetzes: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“ (Anm. d. Red.: Unterstreichung durch die Redaktion.)

Das heddesheimblog ist eine „allgemein zugängliche Quelle“, aus der sich alle Bürger „ungehindert unterrichten können“.

Und das ist ganz eindeutig „gut so“.

Zensur findet übrigens in Heddesheim und auch in anderen Gemeinden über „nicht-öffentliche“ Gemeinderatssitzungen statt.

Darüber wird das heddesheimblog exklusiv in den kommenden Tagen berichten.

Das Recht am eigenen Bild

Guten Tag!

Heddesheim, 05. September 2009. Weil die Redaktion mehrere emails bekommen hat mit der Frage: „Wieso es in Ordnung ist, wenn Sie Bilder veröffentlichen – andere das aber verboten bekommen?“, versucht die Redaktion zu erklären, auf was man achten sollte und wie man Probleme vermeidet. Hintergrund ist der Bericht: „Werben um Bürgerstimmen – Polizei vor Ort wegen Fotoaufnahmen“.

Teil 1: Die Persönlichkeitsrechte

Für allgemeine Persönlichkeitsrechte gibt es kein besonderes Gesetz, dafür aber die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts. Das hat in entsprechenden Urteilen die Persönlichkeitsrechte überwiegend aus dem Grundgesetz abgeleitet. Grundlage für das „Recht auf das eigene Bild“ sind hier die Artikel 1 (Schutz der Menschenwürde) und Artikel 2 (Freie Entfaltung der Persönlichkeit).

Grundsätzlich hat jeder Mensch in Deutschland danach das Recht am eigenen Bild, also Video- und Bildaufnahmen, aber auch anderen künstlerischen Darstellungen. Desselbe gibt für das gesprochene Wort – geheime Tonbandaufnahmen (Mitschnitte ohne Kenntnis) sind also verboten. Bedingung für diese Rechte ist aber, dass es um den privaten Menschen geht.

Privat ist ein Mensch immer dann, wenn er nicht-öffentlich und keine „absolute Person der Zeitgeschichte“ (bekannte Künstler, Politiker, Sportler usw.) ist.

Sobald jemand die Privatsphäre aufgibt und sich öffentlich betätigt, muss er meistens eine Einschränkung seines Persönlichkeitsrechts hinnehmen. Beispiele für „öffentliche“ Personen sind: Künstler aller Art, Politiker, Sportler, Journalisten, Amtsinhaber, Pressesprecher usw.

In der vorliegenden Situation (Unternehmsangestellte fotografiert Personen, die sich am Stand einer Bürgerinitiative erkundigen) wurden Privatpersonen fotografiert, die aus privatem Interesse an einem Stand Informationen suchen, um sich eine Meinung zu bilden. Die Personen haben das bemerkt und die Löschung dieser Fotos verlangt – und damit die Beachtung ihres Persönlichkeitsrecht ausgesprochen.

Gleiche Situation: Ein Journalist fotografiert dieselbe Szenerie. Auch hier können die fotografierten Privatpersonen die Löschung der Bilder verlangen – außer, sie sind „nur Teil des Geschehens“ auf dem Bild und sind nur als eine unter vielen Personen, also einer Grupppe, erkennbar.

Wie groß eine Gruppe sein muss, um eine Gruppe zu sein, wird kontrovers diskutiert. Ab 20 Personen ist man „auf der sicheren Seite“, 12 sollten auch reichen, es können aber auch weniger sein. Es hängt von der Situation ab.

Teil 2: Journalisten und andere Fotografen

Journalist kann jeder sein. Das ist keine geschützte Berufsbezeichnung und wird es wahrscheinlich auch nie werden, da nach Artikel 5 GG über die Meinungsfreiheit praktisch jeder Bürger Journalist sein kann – wenn er will. Typischerweise ist aber jemand Journalist, wenn diese Arbeit nachweisbar betrieben wird. Sonst erhält man über die Berufsverbände auch keinen Journalistenausweis. Redakteur beispielsweise ist eine Berufsbezeichnung für einen angestellten Journalisten oder Öffentlichkeitsarbeiter.

Der Unterschied zwischen Journalisten und privaten Fotografen liegt im Interesse der Öffentlichkeit. Dem Journalisten wird dabei „unterstellt“, dass er ein eher „übergeordneteres“ Interesse hat als eine Privatperson, eine Szene abzulichten.

Der Unterschied liegt aber auch in der Professionalität und vor allem in der Erkennbarkeit seines Vorhabens: Meist ist die Kamera groß und der Fotograf durch sein Verhalten erkennbar. In besonderen Situationen, beispielsweise bei (kleinen) Kindern, fragt der professionelle Fotograf selbstverständlich die Eltern nach der Erlaubnis, Fotos machen zu dürfen. Ebenso bei Privatpersonen, die im Bild besonders hervorgehoben werden. Professionell ist das aus mehreren Gründen: Der Fotograf sichert sich ab, versucht also Ärger zu vermeiden, der Fotograf achtet das Persönlichkeitsrecht und: der Fotograf ist höflich – er verlangt schließlich „Persönlichkeit“ – je mehr, desto eindrucksvoller ist das Foto.

Der (professionelle) Fotograf muss nicht jede Person fragen, ob sie mit einem Bild einverstanden ist: Verständigung per Blickkontakt, die Person weiß, sie wird fotografiert, die Kamera geht ans Auge, Foto. Oder eine Person kommt ins Bild der Kamera, bemerkt diese und posiert, Foto. In beiden Fällen kann der Fotograf nachvollziehbar ein Einverständnis annehmen – es könnte aber auch später dagegen prozessiert werden.

Am Rande der Legalität (aber mitunter sehr einträchtig) sind alle „geheimen“ Aufnahmen (Paparazzi).

Teil 3: Umgang mit Persönlichkeitsrechten

Für Privatpersonen ist der Umgang mit Persönlichkeitsrechten ziemlich einfach: Tu niemand das, was Du nicht willst, dass es jemand mit Dir tut. Jede heimliche Aufnahme, jedes aus der Hüfte mit dem Fotohandy geschossene Foto, jede Sprachaufzeichnung ohne Einverständnis ist im Zweifel ein Verstoß nicht nur gegen Persönlichkeitsrechte.

Es geht darum, ab man mit der Aufzeichnung selbst „einverstanden“ ist. Hier ist das eigene Gewissen gefragt.

Wer auf einem Konzert die Masse um sich herum fotografiert, muss sich wenig Gedanken machen. Wer mit der Foto- oder Videokamera im Urlaub Plätze abschwenkt und die Familie fotografiert, muss sich wenig Gedanken machen.

Überlegen muss man immer dann, wenn man annehmen könnte, dass sich jemand gestört fühlt. Der gesunde Menschenverstand reicht dafür meist aus. Wenn man sich korrekt verhält, macht man es richtig.

Bestes Beispiel sind dafür die Medien selbst: Die Fotos der Opfer des School-shootings von Winnenden waren in den meisten Fällen klare Verstöße gegen die Persönlichkeitsrechte der Opfer, die über das „Leben“ hinausandauern. Alle Medien, die unautorisierte Fotos veröffentlicht haben, haben sich nicht „korrekt“ verhalten.

Grundsätzlich gilt: Der vernünftige Umgang regelt fast alle Situationen. In Ausnahmefällen gilt immer das Persönlichkeitsrecht vor anderen Rechten.

Sollten Sie ungewollt fotografiert werden – fordern Sie Ihr Recht ein. Und folgen Sie ohne Diskussion dem Recht, wenn es jemand bei Ihnen einfordert. Dann gibt es auch keine Probleme.

Beim heddesheimblog können Sie davon ausgehen, dass alle Bilder mit Einverständnis gemacht wurden. Häufig sehen Sie auch Bilder, die eine relativ „weite“ Perspektive zeigen und Privatpersonen schlecht identifizierbar sind. Das ist gewollt: Die Szene soll dargestellt werden ohne einzelne Personen hervorzuheben.
Oder Personen werden von hinten oder der Seite fotografiert – auch hier geht es um die Situation und nicht darum, eine Person in den Vordergrund zu stellen.