
Nach "langer" Fahrt gefunden: Der Bahnhof Heddesheim/Hirschberg. Bild: heddesheimblog.de
Guten Tag!
Heddesheim, 09. Dezember 2010. Wie man einen „Ortsfremden“ quält? Man schickt ihn an einen vermeintlich einfach zu erreichenden Ort. Findet er diesen nicht, entstehen Gespräche wie dieses: „Suchen Sie was bestimmtes? Sie sind ja offenbar nicht von hier“ – „Ja, ich such den Bahnhof“. Was folgt ist die Untertreibung des Jahrhunderts: „Der ist gleich da vorne, bisschen schlecht beschildert.“ Gar nicht beschildert trifft es wohl besser.
Von Christian Mühlbauer
Ja, Navigationssysteme gehören heute zum Standard in allen Fahrzeugen. Ich hab auch eins. Leider etwas älter. Aber die großen Straßen kennt das gute Stück.
Die Redaktion beauftragt mich: „Fahr zum Bahnhof Heddesheim und fotografier das neue Bahnhofsschild.“ Wir hatten keine Zeit für den Pressetermin vor ein paar Tagen.
Ich fahre los. „Kann ja nicht so schwer werden, den Bahnhof zu finden“, denke ich.
Das Navi packe ich gar nicht erst aus. Die Wegbeschreibung meines Chefs klingt schließlich einfach. Immer der „Hauptstraße“ nach in Richtung Hirschberg. Irgendwann ganz spät kommt ein Kreisverkehr, da musst du dann raus. Ist sicher beschildert.
Klingt perfekt. Immer geradeaus fahren, rein in den Kreisverkehr, Schilder kucken, Ausfahrt „Bahnhof“ nehmen. Selbst wenn man auf Anhieb nicht alle Schilder lesen kann: Kein Problem, dann fährt man einfach nochmal im Kreis herum.
Zonk…
Als der Kreisverkehr naht, wähne ich mich bereits an meinem Ziel. Abfahrt 1, 2 oder 3. Die Auswahl ist ja wirklich nicht groß. Die Schilder der ersten Ausfahrt bieten schon mal keinen Bahnhof an. Ok. An der zweiten Ausfahrt dasselbe. „Super“ ist mein erster Gedanke, dann kanns ja nur noch die Nummer 3 sein. Ein Blick auf die Schilder zeigt: Keins zum Bahnhof.
Ich entschließe mich trotzdem, die dritte Ausfahrt zu nehmen. Da unten sieht es ruhig aus. Da kann ich auch anhalten und das Navigationsgerät in Ruhe einschalten. Eine Adresse habe ich natürlich nicht dabei. Aber es gibt ja internetfähige Handys. Am Bundesbahnhof 2, so das nüchterne Suchergebnisse für „Bahnhof Heddesheim Adresse“.
Ich tippe sie ins Navi ein: „Bitte wenden Sie!“. Aha. Gut, dass ich nicht blind auf die allmächtige Stimme vertraue. Das Navi zeigt an, dass ich 100 Meter zurückfahren soll. Laut der Karte ist da auch das Ziel. Ein kurzer Blick durch die Heckscheibe bestätigt mir: Nein, das kann nicht richtig sein.
Heddesheim 21 – Ist der Bahnhof unterirdisch?
„Ok, denke ich mir. Probierst du es eben mit ner anderen Hausnummer.“ Muss ja wohl direkt daneben liegen. Der Prozessor des Navis werkelt sich erneut halbtot. Die Karte wird angezeigt. Ich traue meinen Augen nicht.
Die Zielmarkierung und „mein Fahrzeug“ liegen übereinander. Im selben Augenblick ertönt mein Navi: „Sie haben ihr Ziel erreicht“. Tatsache? Weit und breit kein Bahnhof.
Ob Heddesheim über einen unterirdischen Bahnhof verfügt? Nunja, das Thema dürfte in Baden-Württemberg erstmal durch sein. Mein Blick schweift in die Ferne, als ich plötzlich so ein Ding sehe.
Sie wissen schon. Gleis-Signalanlagen.
Ha! Da vorne muss also irgendwie ein Gleis sein.
Gut versteckt. Aber nicht unterirdisch.
Ein bisschen schlecht beschildert
Ich will gerade wieder den Motor starten, als jemand ans Fenster klopft.
„Ja?“ – „Suchen Sie was bestimmtes? Sie sind ja offenbar nicht von hier, wie ich an ihrem Nummernschild sehe“ – „Ja, ich such den Bahnhof“ – „Das ist gleich da vorne, bisschen schlecht beschildert“. Ich bedanke mich und fahre langsam in Richtung „Ziel“. Und um ehrlich zu sein, auch fast wieder dran vorbei. Wieso?
Es fehlt ein Schild vor dem Gebäude, auf dem „Bahnhof“ steht.
Auch von der Hirschberger Seite aus ist der Bahnhof nicht zu finden, wenn man nicht weiß, wo der ist.
Rund 13.000 Euro soll das neue Schild auf dem Bahnsteig: „Heddesheim-Hirschberg“ gekostet haben – also nicht das Schild allein, sondern auch die Änderungen im neuen Fahrplan und die für die Stationsanzeigen, der ab 12. Dezember 2010, gilt.
Das ist verdammt viel Geld für einen Bahnhof, der zwar einen neuen Namen hat, den man als Ortsfremder aber fast nicht finden kann.
Einen schönen Tag wünscht
Das heddesheimblog
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