Freitag, 02. Juni 2023

30. September bis 06. Oktober 2013

Diese Woche: Tipps und Termine

Rhein-Neckar, Tipps und Termine für den 30. September bis 06. Oktober 2013. Montags erscheinen unsere Veranstaltungstipps für die laufende Woche. Die Redaktion nimmt gerne weitere Termine und Anregungen auf. Die Kontaktmöglichkeiten finden Sie am Ende der Seite.

Mehr Veranstaltungen vor Ort finden Sie ins unseren Kalendern auf allen Blogseiten im Menü Nachbarschaft im Menü “Termine”. [Weiterlesen…]

Heddesheimer Lebensqualität oder nix wie raus?

Guten Tag!

Heddesheim, 12. November 2010. Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, was Heddesheimer, Heddesemer und auch Hellesemer als Qualitätsmerkmal für die Gemeinde Heddesheim ganz oben in der Skala der Frage vorteilhaften Wohnens ansiedeln? Richtig: Heddesheims Qualität besteht in der Hauptsache darin, dass es „so zentral“ liegt. Einerseits „ländliches Idyll“ draußen vor der Stadt. Und ratzfatz ist man von hier aus in Viernheim, Weinheim, Ladenburg, Mannheim, Heidelberg oder sonst wo. Auf jeden Fall anderswo, also schlicht und einfach raus aus Heddesheim. Heddesheim mag bis jetzt noch einigermaßen Wohnqualität haben, die Lebensqualität indes weist schwere Defizite auf. Denn zum Leben gehört mehr, oder?

Von Renate Fernando und Sabine Prothmann

Um die Lebensqualität in Heddesheim zu beschreiben, nützt es auch herzlich wenig, das sommerliche Badevergnügen am heißgeliebten Baggersee anzuführen, zumal wenn die Sommer sind, wie sie nun mal sind.

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Leblose Leere.

Das winterliche Pendant dazu, Schlittschuh laufen unter freiem Himmel, hat sein sogenanntes USP, seine unique selling proposition, was neu- und marketingdeutsch für Alleinstellungsmerkmal steht, in den letzten Jahren ebenfalls verloren. Allerorts in der Region kann man unter hippen Adventspartybedingungen mit teils bemerkenswertem Gastroangebot dem Freizeitsport auf Kufen frönen. Demnächst sogar mitten in Mannheim, todschick direkt zwischen Rosengarten und Weihnachtsmarkt. Das klingt mondän, also: Nix wie hin!

Die Heddesheimflucht beginnt im zarten Alter von 10 Jahren

Tatsächlich beginnt die Heddesheimflucht bereits im zarten Alter von 10 Jahren, sobald der unumgängliche Schulwechsel ansteht. Mit der Realschul- oder Gymnasialempfehlung sind Heddesheimer SchülerInnen schon seit jeher gezwungen zwecks Bildung aus der dörflichen Idylle auszubrechen. Neuerdings ereilt, der Schulfusion sei Dank, dieses Schicksal auch die Haupt- und Werkrealschüler, die nun in Teilzeit zur Bergstraße pendeln dürfen. Besser eine halbe Schule als gar keine, sagen sich da die Bildungsentscheider, und die Dorfobersten geben sich bescheiden.

Die Jugend ist also sowieso schon mal raus und orientiert sich anderswo: Und schon sind wir wieder in Ladenburg, Mannheim, Weinheim, Viernheim, Heidelberg und neuerdings auch in Hirschberg, der anderen Hälfte des Haupt- und Werkrealschulstandorts. In Leutershausen gibt es immerhin ein Kino und zwei Handballvereine. Handball wird zwar auch in Heddesheim gespielt, aber nicht so attraktiv hochklassig.

Ja sicher, das gerühmte Sportzentrum mit all den Hallen und Plätzen und Möglichkeiten! Mal ehrlich, auch wenn man immer noch versucht, sich darauf auszuruhen, diese Lorbeeren dürften seit den Mitte 80ern doch endgültig in Sachen Ruhm und Profil abgefrühstückt sein.

Eine Befragung von Teenies im fortgeschrittenen Alter veranschaulicht das Bild, wie erfolgreich das Heddesheimer Freizeitangebot praktisch eine Parallelwelt zu den Bedürfnissen der Jugendlichen aufbaut . Wie man hier (Heddesheimer Jugendliche: Wir kommen hier nicht weg) nachlesen kann.

Was nützt die zentrale Lage ohne Taxibereitschaft?

Was bleibt also? Nix wie raus! Wenn du kannst. Denn die superzentrale Lage Heddesheims nützt ohne die Taxibereitschaft von Eltern eher wenig. Die kann allerdings wortwörtlich auf der Strecke bleiben, nämlich etwa auf der nach Ladenburg, Mannheim, Weinheim, Viernheim oder Heidelberg, wenn die Alten für schlichtes Einkaufen Ortsgrenzen oder gar Landesgrenzen passieren müssen und das Privattaxi deshalb gerade nicht verfügbar ist.

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Der jüngste ehemalige Laden: eine Metzgerei.

Wer sich etwa einen natur-, reformköstlichen oder doch inzwischen weit verbreiteten mediterranen Speiseplan auf den Einkaufszettel geschrieben hat, muss die passenden Zutaten sehr wahrscheinlich außerhalb besorgen. Da kommt es schon mal vor, dass man für ein Kräuterlein wie frischen Salbei oder Minze ins hessische Ausland fahren muss. Oder nach Ladenburg, Mannheim, Weinheim und Sie wissen schon… Und jetzt mal Hand aufs Herz: Selbst der eingefleischteste Verfechter von „Kaufen am Ort“ wird und muss eigentlich schon aus energie-ökologischen Gründen dann dort vor Ort auch gleich den Resteinkauf erledigen.

Ist ja nicht so, dass es niemals andere Gemüsehändler, durchaus auch mit exotischerem Angebot, als Edeka oder Hege gegeben hätte, die sind aber: Nix wie weg!

Warum auch immer. Gleiches gilt für diverse Bekleidungs- und Modegeschäfte, Geschenkvitrinen, Kurzwaren- und Hobbyläden, Fahrradhändler und Discounter im Ortskern. Heddesheim hat schon bei Weitem bessere Tage und Strukturen im Einzelhandel gesehen. In den letzten Jahren macht die gewerbliche Entwicklung an der Stelle eine Rückwärtsrolle nach der anderen.

Wer sich umschaut, sieht sie an vielen Stellen, die Geschäftsleichen, die leeren Räume und Schaufenster, teilweise reanimiert durch Versicherungs- oder Immobilienbüros, jedoch allenfalls in einen Zustand mit Zombiecharakter. Entsprechend deprimierend, blutleer, unsympathisch zeigt sich das Ortsbild.

Lebendig geht jedenfalls anders!

Lebendig geht jedenfalls anders! Zum Beispiel mit dem revolutionären Vorstoß, einen Wochenmarkt einzurichten. Was für eine Diskussion im Vorfeld! Fast ist man geneigt, ein „Monopol-itikum“ zu unterstellen, verfolgt man die Debatte um einen wöchentlichen Markt, den Orte und Städte wie Ladenburg, Mannheim, Weinheim, Viernheim, Heidelberg, selbst einzelne Stadtteile davon, bürgerfreundlich selbstverständlich vorweisen.

Nun denn, der Markt soll ja kommen. Bleibt nur viel Glück, Erfolg und ein gutes Angebot zu wünschen. Neben Lebensmitteln müsste der allerdings speziell vor Weihnachten seine Stände um ein Vielfaches erweitern, möchte man den Versuch unternehmen, seine Weihnachtseinkäufe inklusive Geschenken für die Liebsten ausschließlich am Ort zu kaufen.

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Kiosk am Dorfplatz - Geschäftsaufgabe.

Wem das derzeit gelingen sollte, der ist in jedem Fall ernst zu nehmender Kandidat für die Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz. Denn wer nicht die ganze Familie mit Büchern, Teearrangements oder Brillenetuis beglücken möchte, scheitert spätestens am Wunsch nach aktuellen CDs, DVDs, dem begehrten Konsolenspiel, einer passablen Auswahl an Wohn- und Modeaccessoires oder einfach dem Lieblingsparfum.

Muss man sich im Alter aus dem Staub machen?

Wohl dem, der noch mobil ist in diesem Heddesheim. Alten Menschen kann man nur raten, sich rechtzeitig aus dem Staub zu machen. Wohin? Natürlich nach Ladenburg, Mannheim, Weinheim, Viernheim, Heidelberg oder auch in einzelne Stadtteile davon, die nicht selten – eigentlich immer – bei Weitem bessere Infrastrukturen aufweisen, als das doch bislang ach so wohnliche Heddesheim.

Bleibt am Ende die Frage, frei nach dem Slogan eines bekannten schwedischen Möbelhauses (übrigens vom zentral gelegenen Heddesheim aus in zwei Richtungen über Super-Autobahnanbindungen wunderbar zu erreichen): “ Wohnst Du noch oder lebst Du schon?“ Wer Letzteres anstrebt, für den gilt ganz klar, mit oder ohne Pfenning: Nix wie raus!

Die Parole vom lebens- und liebenswerten Heddesheim läuft angesichts der Realtität leer. Heddesheim ist zentral gelegen, aber hat weder ein Zentrum, noch Subzentren. Das beste Beispiel ist der Dorfplatz, der leider ohne Leben ist.

Der Trend scheint eindeutig – es gibt immer weniger Läden und Geschäfte. Die Frage ist, ob sich jemand tatsächlich dafür interessiert, diesen Trend umzukehren?

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