Freitag, 09. Juni 2023

Ringstraßen-Debatte

Aufklärung für Kessler

Heddesheim, 24. September 2012. (red/pro) Der Gemeinderat will Daten anfordern, um die Priorisierungseinschätzung der Ringstraßen-Erweiterung einsehen zu können. Man darf gespannt sein, welche Daten übermittelt werden und welche Schlüsse man daraus ziehen kann. Klar ist: Vor 2020 geht nichts in Sachen Ringstraße. Und klar ist auch, wer die politische Verantwortung trägt: Die alte CDU-Landesregierung im Allgemeinen und Herr Kessler im Besonderen.

Kommentar: Hardy Prothmann

Bürgermeister Michael Kessler ist zwar parteilos, fährt aber auf einem schwarz-rot-gelben Ticket. Richtig komisch ist, dass ausgerechnet er nun „Aufklärung“ fordert. „Pfenning“ wurde vorbereitet, in nicht-öffentlicher Sitzung beschlossen und dann in öffentlicher Sitzung mit dem Aufstellungsbeschluss zementiert. Einflussmöglichkeiten für die Bürger? Keine Chance.

Der Meister der Intransparenz und der nicht-Öffentlichkeit geriert sich nun zum „Aufklärer“. Was für ein Treppenwitz. Aber zu den Fakten.

Im Mai 2009 haben wir Harald Protz, Leiter des Referats Straßenplanung, zu den einzelnen Schritten befragt und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, bis die Umgehungsstraße tatsächlich fertig sein wird (das Interview können Sie hier nachlesen):

Was Harald Protz im Gespräch mit dem Heddesheim-Blog nicht klären kann, ist die Finanzierung und die Bauzeit, weil das zum jetzigen Zeitpunkt unwägbare Faktoren sind. Der Abschluss des Planfestellungsverfahrens fällt in die Zeit der Landtagswahlen – danach gibt es einen neuen Landeshaushalt, wie dort welche Mittel verteilt sein werden, ist unklar. Die Bauzeit der Umgehungsstraße dürfte etwa drei Jahre betragen.

Die Auskunft von Herrn Protz war also korrekt. Es gab Landtagswahlen, die CDU ist nach fast 60 Jahren Regierungszeit abgewählt worden und die neue grün-rote Landesregierung steht vor den Trümmern der CDU-Regenschaft: 734 „Straßenbauprojekte“ wurden „begonnen“. Der dafür benötigte Gesamtetat: 2,5 Milliarden Euro. Sofern das reicht. Wenn wie in Schriesheim oder Neckargemünd nachfinanziert werden muss, sind es auch schnell 5 Milliarden Euro. So gut wie keines dieser Projekte ist durchfinanziert. Es sind hohle Versprechungen, angefangene Straßen, angefangene Planungen, gebaute Brücken ohne Anschlüsse. Lauter hohle Versprechungen. Es ist ein einziges Desaster.

Landesrechnungshof: Straßenhaushalt stark belastet

Ich kann mich noch gut an den CDU-Gemeinderat Rainer Hege erinnern, als dieser den Ex-Ministerpräsidenten Stefan Mappus während des Wahlkampfs 2011 in Heddesheim empfangen hat. Stolz wie Bolle war Hege. So aufgepumpt stolz, dass ihm schier die Reifen seines Traktors zu platzen drohten. Wie ein König wurde Mappus empfangen – mittlerweile deutet alles daraufhin, dass man ihn wie einen Dieb vom Hof jagen muss. Das hat Herr Hege aber noch nicht realisiert.

Vielleicht hilft ihm sein Parteifreund Dr. Josef Doll dabei. Der könnte  ihm erklären, was diese Einschätzung des „Impulsprogramms“ der CDU durch den Landesrechnungshofs bedeutet:

Der Rechnungshof hat das Programm geprüft. Max Munding, Präsident des Rechnungshofs, fasst das Ergebnis der Prüfung wie folgt zusammen: „Das Impulsprogramm war schlecht durchgerechnet. Mit den viel zu niedrigen Kostenansätzen nahm die Straßenbauverwaltung in Kauf, dass für die Finanzierung der allgemeine Straßenbauhaushalt in großem Umfang herhalten muss. Dies wird dort letztlich zulasten des Straßenerhalts gehen.“

Das zuständige Innenministerium hatte 2008 vier Maßnahmen mit geschätzten Gesamtkosten von 99 Millionen Euro für das Programm vorgeschlagen. Die fehlenden 39 Millionen Euro sollten über den originären Haushalt für Straßenbau finanziert werden. Bis 2011 sind die geschätzten Bauausgaben für die vier Maßnahmen jedoch auf 140 Millionen Euro gestiegen. Drei Maßnahmen sind im Bau: Ortsumfahrung Schriesheim (Regierungsbezirk Karlsruhe); Westtangente Konstanz (Regierungsbezirk Freiburg); Ortsumfahrung Darmsheim (Regierungsbezirk Stuttgart). Die Ortsumfahrung Bermatingen/Salem-Neufrach (Regierungsbezirk Tübingen) wird noch geplant.

Die Umsetzung der Maßnahmen des Impulsprogramms wird den Straßenbauhaushalt in den nächsten Jahren stark belasten. Die fehlenden Mittel können nur aus den Erhaltungsmitteln für Landesstraßen aufgefangen werden. Dies ist rechtlich zulässig, da die Haushaltsansätze für den Erhalt sowie für Aus- und Neubau der Landesstraßen gegenseitig deckungsfähig sind. Es führt aber dazu, dass die für 2012 im Staatshaushaltsplan für den Straßenerhalt notwendigen und veranschlagten 100 Millionen Euro nicht vollständig zweckentsprechend eingesetzt werden können. Dringende Erhaltungsarbeiten bei den Landesstraßen müssen daher aufgeschoben werden.

Wille zum Sparen vs. Lust am Prahlen

Die grün-rote Landesregierung hat für die nächsten zehn Jahre im Generalsverkehrsplan 380 Millionen Euro für Landesstraßen vorgesehen. Das sind im Schnitt knapp 40 Millionen Euro pro Jahr und wird nicht reichen. Die neue Regierung zeigt aber im Gegensatz zur alten Realitätssinn und den Willen zum Sparen statt die Lust am Prahlen.

Geradezu hinterhältig ist der Vorwurf, den der FDP-Gemeinderat Hasselbring gebracht hat, die „Grünen wollen keine Straßen bauen“. Sie können ebensowenig wie die CDU die Straßen bauen, die die CDU den Menschen vorgelogen hat. Das ist die Wahrheit. Und Herr Hasselbring schafft es wieder nicht über das Format eines stänkernden Nörglers hinauszukommen.

Wer so krakelt und Investitionen verspricht, ohne Geld dafür zu haben, muss Schulden machen. Und das auf Kosten der nachfolgenden Generationen. Die aber sind viel mehr an intelligenten Verkehrssystemen interessiert. Sie wollen ebenso wie die Alten mobil sein. Aber nicht nur auf Straßen, sondern vermehrt mit dem ÖPNV und mit kurzen Wegen.

Vielerorts haben Umgehungen dazu beigetragen, dass der innerörtliche Handel gelitten hat. Was klar ist. Der Verkehr und damit die Menschen, fahren am Ort vorbei. Die Lastwagenfahrer im Ort halten nicht beim Bäcker – die stinken, machen Lärm und krank, die Straßen kaputt und fahren durch. Und darum wird es in Zukunft gehen müssen: Den richtigen Verkehr in den Ort zu lenken und den falschen raus zu halten.

Kessler nicht Herr der Ringstraße

Die Ringstraße hat für Herrn Kessler eine politische Bedeutung. Deswegen ist er auch so sauer. Denn hier läuft was „verkehr-t“. Wie wir im Rahmen der Gerichtsverhandlung gegen den Bebauungsplan berichtet haben, wird „Pfenning“ mit „Partnern“ kooperieren. Dazu gehört auch Kraftverkehr Nagel in Ladenburg. Die kleinen und größeren Lkw dieser „Kooperation“ werden durch den Ort fahren müssen, um Waren hin und her zu transportieren. Und die Menschen werden darunter leiden. Und es wird viele gefährliche Situationen geben. Und die Immobilien entlang der Werderstraße werden enorm an Wert verlieren. Ebenso wie die Versprechungen von Herrn Kessler.

Soviel zur Aufklärung. Auch Bürgermeister Kessler hat sich auf die Versprechungen der CDU, hier auch Herrn Georg Wacker, verlassen und fühlt sich nun verlassen. Denn die Ringstraße hatte er auf dem Plan, um „Pfenning“ und Edeka anzubinden. Aus keinem anderen Grund. Ob die Straße kommt oder nicht, ist dem Verkehrserzeuger vermutlich egal. Aber er ist extrem sauer, dass es keinen Wacker mehr gibt, der sagt: „Die Ringstraße ich auf einem guten Weg.“

Kessler steht sogar noch „alleiner“ da, denn auch der Regionalverband hat die Ringstraße in seiner „Wunschliste“ nicht aufgeführt.

P.S. Dass die Heddesheimer Grünen nur dem Wunsch nach Aufklärung zur Stuttgarter Studie zugestimmt haben, enttäuscht und lässt eine mangelnde Vorbereitung vermuten. Es wäre angebracht gewesen, das Planungsdesaster der früheren CDU-Regierung und die hohlen Versprechungen umfangreich zu thematisieren. Aber dafür gibt es ja das Heddesheimblog.de.

Ortsumfahrung Heddesheim in der Warteliste

L 597- neu bleibt im Rennen

Rhein-Neckar/Heddesheim/Ladenburg, 29. Juni 2012. (red/pm) Die Landtagsabgeordneten Hans-Ulrich Sckerl (Grüne) sowie Gerhard Kleinböck (SPD) haben sich zu zwei Straßenbauprojekten im Wahlkreis Weinheim geäußert – die L 597 samt Neckarbrücke hat demnach Chancen auf eine Umsetzung in den kommenden Jahren. Die Ortsumgehung Heddesheim nicht vor 2020.

Information von MdL Sckerl/MdL Kleinböck:

„Trotz des von CDU und FDP übernommenen riesigen Schuldenbergs will die grün-rote Landesregierung in den kommenden Jahren 380 Millionen Euro in den Neu- und Ausbau  von Landesstraßen investieren“, sagte Uli Sckerl, Parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Fraktion anlässlich eines am Freitag vom Verkehrsministerium in Stuttgart veröffentlichten Prioritätenkatalogs. Damit soll der Generalverkehrsplan (GVP) des Landes von 2010 fortgeschrieben werden. Der Entwurf trifft auch Aussagen zu Straßenprojekten im Wahlkreis Weinheim und im nördlichen Rhein-Neckar-Kreis.

„Die L 597-neu inklusive der geplanten Neckarbrücke bei Ladenburg bleibt im Rennen“, sagte der SPD-Abgeordnete Gerhard Kleinböck. “Damit bleiben alle Chancen zu ihrer Realisierung gewahrt“.

Nicht im vorderen Dringlichkeitsbereich landete die Ortsumfahrung in Heddesheim. „Es gibt sehr viele Projekte im Land, deren Planungs- und Realisierungsstand weiter ist und die aufgrund objektiver Kriterien zuerst zum Zuge kommen sollen“, sagte Uli Sckerl dazu. Das müsse man einfach zur Kenntnis nehmen. Man habe seitens grün-rot immer darauf hingewiesen, dass eine Realisierung der Ortsumfahrung vor 2020 unrealistisch sei.

Gerhard Kleinböck ergänzte, dass auch die L 597 noch in der Warteschleife sei. „Die Maßnahmen des GVP beginnen erst 2015, bis dahin können wir nur dringende Sanierungsarbeiten an bestehenden Landesstraßen finanzieren“, sagte er. Die L 597 befinde sich in einem Extra-Katalog von vier teuren Großprojekten mit einem Gesamtvolumen von rund 140 Millonen Euro. Dort rangiere die Straße aufgrund ihres weit fortgeschrittenen Planungsstandes auf dem ersten Rang. Es komme in den nächsten Jahren nun darauf an, zur Finanzierung ein Extraprogramm des Landes zu entwickeln.

Uli Sckerl verdeutlichte, dass für den Generalverkehrsplan insgesamt 734 Maßnahmen mit einem Gesamtvolumen von 2,496 Milliarden Euro angemeldet worden seien. „Das Land muss eine Haushaltslücke von 2,5 Milliarden Euro schließen. Wie sollen wir diesen Betrag zusätzlich für Straßen aufbringen? Das ist völlig ausgeschlossen. Deshalb geht es nur mit strengen Kriterien und nach Prioritäten“, sagte er. Der Haushalt gebe nicht mehr als 38 Millionen pro Jahr her, man lege sich jetzt auf einen Maßnahmenkatalog für 10 Jahre fest.

Sckerl und Kleinböck erläuterten dann das Verfahren zur Fortschreibung des GVP. In diesem würden alle noch nicht realisierten Maßnahmen aus dem Planungsstand von 1995 und alle neu angemeldeten Maßnahmen zusammengeführt und einer gründlichen Priorisierung unterzogen. Dafür habe das Verkehrsministerium mit Hilfe von externem Sachverstand 10 Kriterien entwickelt.

Der Vorschlag gehe nun an den Landtag und anschließend in die Verbandsanhörung. „Er ist nicht in Stein gemeißelt. Da reden jetzt u.a. die kommunalen Landesverbände mit. Auf deren Sachverstand legen wir großen Wert“, führte Kleinböck aus. 

Uli Sckerl machte abschließend deutlich, dass das Land sich bereits mit über 80 Millionen Euro beim Bau de Branichtunnels in Schriesheim engagiere. „Der Tunnel ist das mit Abstand teuerste Straßenprojekt des Landes. Es ist nur natürlich, dass ebenso dringende Projekte in anderen Landesteilen nun erst einmal zum Zuge kommen. Wir können nicht verlangen, dass der ganze Kuchen bei uns verspeist wird“, sagte er.“