Sonntag, 26. MĂ€rz 2023

Gift-Einsatz: „Der Einsatz von Herbiziden ist kontraproduktiv“

Guten Tag!

Heddesheim, 25. Oktober 2010. Die Gemeindeverwaltung Heddesheim will ĂŒberhaupt keinen Fehler in der Gift-Spritzaktion erkennen – vor kurzer Zeit wurde eine FlĂ€che, auf der eine Wildblumenwiese entstehen soll mit dem Wirkstoff MCPA gespritzt, um „Disteln“ zu bekĂ€mpfen. NABU-Sprecher Paul Hennze erklĂ€rt im Interview, warum das absolut falsch ist. Dass Bauern die Distel auf Feldern bekĂ€mpfen, findet er zwar nicht richtig, kann aber die Sicht der Bauern zumindest verstehen. Im Fall der Blumenwiese fehlt ihm jedes VerstĂ€ndnis. Der Gemeinde bietet er Beratung an.

Herr Hennze, die Gemeinde Heddesheim plant eine Wildblumenwiese auf einem ehemaligen Acker anzulegen, wird das klappen?
Paul Hennze: „Die meisten Wildblumen lieben magere Böden, die sind schwer zu finden in unserer Region. Ackerböden sind grundsĂ€tzlich hoffnungslos ĂŒberdĂŒngt.“

hennze

Paul Henze klĂ€rt ĂŒber Naturschutz auf. Bild: privat

Sie meinen, es wird nichts mit der BlĂŒtenpracht?
Hennze: „Es gibt auch Pflanzen, die stickstoffreiche Böden lieben, beispielsweise die Brennessel und Distel. Die sind gleichzeitig hervorragende Futterpflanzen fĂŒr Raupen, die wiederum zu Schmetterlingen werden. Die Schmetterlinge bestĂ€uben andere BlĂŒtenpflanzen und Raupen und Schmetterlinge sind eine tolle Nahrung fĂŒr Vögel.“

Disteln sind nĂŒtzliche Pflanzen.

Disteln sind also nĂŒtzliche Pflanzen?
Hennze: „Auf alle FĂ€lle.“

In Heddesheim wurden die Disteln auf Anordnung des BĂŒrgermeisters auf diesem GelĂ€nde gerade totgespritzt, weil die angeblich das Hochkommen der Wildblumen behindern wĂŒrden.
Hennze: „So ein Quatsch. Wie gesagt werden nur wenige Wildblumen ĂŒberhaupt wachsen, aber nicht wegen der Disteln, sondern wegen der ÃƓberdĂŒngung. Und Disteln blĂŒhen wunderschön. FĂŒr mich klingt das schon makaber, dass man blĂŒhende Pflanzen, die zudem sehr nĂŒtzlich sind, tot spritzt, um blĂŒhende Pflanzen zu sĂ€hen.“

gift

Das Gift tötet die Distel - und noch jede Menge andere Pflanzen.

Gibt es weitere positive Eigenschaften der Distel?
Hennze: „Ja. Die Distel blĂŒht sehr spĂ€t, also zu einer Zeit, in der die BlĂŒte der meisten anderen Pflanzen schon vorbei ist und bietet somit weiterhin eine Nahrungsgrundlage fĂŒr Insekten. Und wenn man die Stauden stehen lĂ€sst, sind deren Samen die Nahrung fĂŒr teils schon verschwundene Vogelarten wir den Distelfink oder HĂ€nflinge.“

Vor allem die Bauern bekÀmpfen aber die Distel.
Hennze: „Das ist bedauerlich, aber aus deren Sicht zu verstehen. Ein hoher Distelbesatz in einem Weizenfeld vermindert die QualitĂ€t der Ernte und damit den Erlös fĂŒr den Bauern.“

Macht es deshalb Sinn, auch in der NĂ€he von Äckern Disteln zu bekĂ€mpfen?
Hennze: „ÃƓberhaupt nicht. Die Distel lĂ€sst sich nicht bekĂ€mpfen. Sie lĂ€sst sich nur töten, kommt aber immer wieder. Die Äcker werden dementsprechend gespritzt – ob da in der Nachbarschaft Disteln wachsen oder nicht, spielt keine große Rolle.“

MCPA tötet nicht nur die Distel, sondern auch andere KrÀuter.

Nach Auskunft der Gemeindeverwaltung hat die Spritzaktion nur die Disteln getötet.
Hennze: „Dann gucken Sie mal auf die Wirkung von MCPA, außer der Distel werden noch jede Menge andere KrĂ€uter abgetötet, die aus Sicht der Bauern „UnkrĂ€uter“ sind, aus Sicht des Naturschutzes aber Nutzpflanzen. Mal ehrlich: Man kann doch froh sein, wenn ĂŒberhaupt was wĂ€chst.“

Warum?
Hennze: „Durch die intensive Landwirtschaft gibt es kaum noch BlĂŒtenpflanzen. Und wo keine BlĂŒten sind, verschwinden viele Insekten, unter anderem die Biene, einer der wichtigsten BestĂ€uber. Das hat Auswirkungen auf das gesamte Öko-System. Ab Juni haben Insekten große Schwierigkeiten, BlĂŒten in ausreichender Menge zu finden, sie verhungern oder ziehen weiter.“

Die Anwendung von Herbiziden ist kontraproduktiv.

ZurĂŒck zur Wildblumenwiese. Wir lange wird es dauern, bis die Wirklichkeit wird?
Hennze: „Das kann bis zu 15 Jahre dauern. Man kann den Boden im Lauf von Jahren etwas ausmagern, indem man mĂ€ht und das MĂ€hgut beispielsweise in eine Biogasanlage gibt. Dennoch sollte man nicht die gesamte FlĂ€che auf einmal mĂ€hen, sondern im Interesse der von „Unkraut“samen lebenden Vögel (z.b.HĂ€nfling) jedes Jahr einen anderen Teil der FlĂ€che vom MĂ€hen aussparen. Man kann Sand unterpflĂŒgen und nach und nach verĂ€ndert sich die Natur von selbst. Die Anwendung von Herbiziden ist kontraproduktiv. Deren Einsatz ist ĂŒberhaupt nicht gerechtfertigt. Wenn die Gemeinde dazu Beratung benötigt, stehen wir gerne bereit, um beispielsweise einen Pflegeplan zu erstellen.“

Info:
Der Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU) ist eine „Nicht-Regierungsorganisation“ (NGO), die sich dem Schutz und dem VerstĂ€ndnis fĂŒr die Natur verschrieben hat. Der NABU-Bezirksverband Rhein-Neckar-Odenwald umfasst 11 NABU-Gruppen im Rhein-Neckar-Kreis und 7 NABU-Gruppen im Neckar-Odenwald-Kreis sowie die Stadtgruppen Heidelberg und Mannheim mit insgesamt rund 6000 Mitgliedern. Paul Hennze ist einer der Mannheimer Sprecher.

Internet:
www.nabu-mannheim.de
NABU Rhein-Neckar-Odenwald

High noon bei der Ernte

Guten Tag!

Heddesheim, 19. Juli 2009. Die reichhaltigen NiederschlĂ€ge der vergangenen Wochen bedrohen die Ernte der Bauern – auch in Heddesheim.

Der Vorsitzende des Heddesheimer Bauernverbands, Rupert Bach, sagte dem heddesheimblog auf Nachfrage: „Es ist nicht fĂŒnf vor zwölf, sondern zwölf Uhr. Wir brauchen in der kommenden Woche einige trockene und warme Tage, sonst wird unsere Ernte nicht den erhofften Erfolg bringen.“

feld

Das Wetter spielte lange mit, aber jetzt ist es zu feucht und stĂŒrmig. Bild: pro

Das Problem ist das zu feuchte Wetter. Getreidesorten wie Braugerste, Weizen und Roggen befinden sich zur Zeit in der „Todreife“. Das heißt, dass die Frucht gereift ist und nun ruht. Bleibt es zu lange feucht, keimt die Frucht aber. Aus Braugerste wird dann schnell Futtergerste. Der sowieso angespannte Marktpreis fĂŒr Braugerste reduziert sich dann auf einen Bruchteil des möglichen wirtschaftlichen Ertrags.

Die 18 Heddesheimer Bauern greifen bei der Ernte auf einen Dienstleister zurĂŒck, der fĂŒr sie das Getreide mĂ€ht: „Wenn das Zeitfenster dann eng ist, wollen alle den MĂ€hdrescher, der arbeitet aber die Felder in der Reihe der Bestellung ab.“

Eigentlich hat der viele Regen eine gute Ernte begĂŒnstigt. Doch zu viel Regen schadet dem Ergebnis: „Wir werden auf jeden Fall eine reiche Ernte haben, wenn es aber weiter regnet, leidet die QualitĂ€t“, sagte Rupert Bach.

Die Tabakernte hingegen verspricht sehr gut zu werden und hat vor einer Woche begonnen. Aber auch hier ist zum Trocknen der TabakblÀtter gutes Wetter nötig.

Einen schönen Tag wĂŒnscht
Das heddesheimblog