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Heddesheim, 21. Januar 2011. Die IFOK feiert den „Dialog“ in Heddesheim als Erfolg. Auf einem Logistik-Kongress. Die angeblich „neutrale“ Firma verdient ihr Geld damit, in scheinbar ergebnisoffenen „Dialogen“ den „Dampf“ aus strittigen Projekte zu bekommen. Hardy Prothmann schreibt in einem offenen Brief an einen der IFOK-GeschĂ€ftsfĂŒhrer, Jochen Tscheulin. Denn die beiden haben mal zusammen studiert und wĂ€ren fast Freunde geworden.
Von Hardy Prothmann
Lieber Jochen,
ich hoffe, es geht Dir gut. Wir haben uns ja schon gut sechszehn Jahre nicht mehr gesehen. Erst 2009 habe ich erfahren, dass Du erfolgreich Karriere gemacht hast und einer der IFOK-GeschĂ€ftsfĂŒhrer bist.
Unsere Freundschaft damals war noch nicht gereift und ich dachte mir, dass es besser ist, im Frieden verschiedene Wege zu gehen, weil wir teils doch sehr unterschiedliche Einstellungen hatten.
Das hat sich viele Jahre spĂ€ter bestĂ€tigt – ich auf der einen Seite mit einem „lokalen Blog, das kritisch berichtet„, wie Ihr das in Eurem Vortrag beim „Logistik Kongress 2010“ in Stuttgart bezeichnet und auf der anderen Seite Du mit Deinem Spin-Doctor-Unternehmen, das angeblich „neutral“ Konflikte löst.
Ich bin nicht enttĂ€uscht – Ă€rgere mich aber ein bisschen.
Ganz ehrlich? Ich bin nicht enttĂ€uscht, sondern sehe mich in meiner Haltung Dir gegenĂŒber bestĂ€tigt. Ein bisschen Ă€rgert mich, dass Deine Firma, die ohne die „kritische Berichterstattung eines lokalen Blogs“ niemals diesen Auftrag in Höhe von 35.000 Euro (oder sogar mehr?) bekommen hĂ€tte, nicht einmal in der Lage ist, das Wort „heddesheimblog“ zu schreiben.
Soviel Anstand hĂ€tte ich schon erwartet. Auf ein Danke-Schön fĂŒr das viele Geld bestehe ich da gar nicht. Aber RoĂ und Reiter zu nennen sollte doch fĂŒr eine Firma möglich sein, die sich angeblich dem „offenen Dialog“ verschrieben hat. Und auch die ErwĂ€hnung der jĂ€mmerlichen Berichterstattung im Mannheimer Morgen wĂ€re einen Satz wert gewesen, aber wahrscheinlich ist das nicht im Sinne der Auftraggeber und auch nicht in Deinem.
Ihr schreibt das wirklich hĂŒbsch auf und analytisch brillant, wie und warum es zu Konflikten kommt und habt da eine lukrative GeschĂ€ftsidee vermarktet: Die bornierte Sturheit von machtbesessenen BĂŒrgermeistern, Politikern und sonstigen FunktionĂ€ren oder verstĂ€ndnislosen GeschĂ€ftsfĂŒhrern oder „Investoren“ bietet jede Menge „Beratungsbedarf“, der sicherlich sehr, sehr, sehr gut bezahlt wird. Immerhin gehts bei solchen Projekten ja auch um sehr viel Geld.
Aber selbst die besten machen Fehler. So auch Du und Deine Dialog-Truppe.

FĂŒr wen war was eigentlich schon "klar"? Solche SĂ€tze können auch als Hohn aufgefasst werden. Quelle: IFOK
Erst zu behaupten, es gĂ€be keine AbhĂ€ngigkeit vom Auftraggeber (Gemeinde Heddesheim, respektive der BĂŒrgermeister Michael Kessler) ist schon wenig glaubwĂŒrdig gewesen. Dann aber auf einem Logistik-Kongress einen Vortrag ĂŒber den „Erfolg“ in Heddesheim zu halten, das ist ein strategischer Fehler. Denn damit ist allen, selbst den begriffstutzigsten Menschen klar, dass der „Erfolg“ das Erreichen einer „knappen Mehrheit“ von BĂŒrgerstimmen fĂŒr das Projekt war.
Nicht mehr und nicht weniger.
Viel Geld fĂŒr Blabla.
Oder wĂ€ret Ihr auch zu dem Logistik-Kongress eingeladen worden, hĂ€tte eine „knappe Mehrheit“, konkret 40 BĂŒrgerstimmen oder 0,7 Prozent der abgegebenen Stimmen gegen das Projekt gestimmt? Wohl kaum. Und im ĂŒbrigen haben wir beide dasselbe studiert, deswegen weiĂ ich, dass Du weiĂt, dass ein solches Votum als nicht erfolgreich gesehen werden muss und keine demokratische Legitimation haben kann, denn das Projekt wird gegen die HĂ€lfte des Ortes durchgefĂŒhrt.
Da sind weitere Konflikte programmiert und so ist das auch gekommen. Soviel zum Erfolg.
Ihr von der IFOK habt das Geld genommen, ein bisschen Blabla gemacht, Schaubilder gezeichnet und gebetsmĂŒhlenhaft den „offenen Ausgang“ beschworen – wie man sieht, sind der Wirtschaftsminister Pfister, der Logistik-Lobbyist der Dualen Hochschule Mannheim Schröder und nicht zuletzt Karl-Martin Pfenning so sehr zufrieden, dass Ihr (sicher nochmals gegen Geld) einen Vortrag halten durftet.
Und irgendwie stellt sich dann heraus, dass die „Pfenning-Gegner“ ĂŒberhaupt keine Chance hatten, aber ihre Erregung derart bedrohlich war, dass das Netzwerk, in dem Du aktiv bist, alles aufbieten musste. Regionalverband, Metropolregion Rhein-Neckar, Heinrich-Vetter-Stiftung, Duale Hochschule, Wirtschaftsministerium. Schon beeindruckend.

"Erfolg" enttarnt: "Umsetzung sicherstellen" ist das Ziel der IFOK. Nichts anderes. DafĂŒr wird sie bezahlt. Und sie macht ihren Job. Der "Erfolg" fĂŒhrt ĂŒber einen "Dialog" - fĂŒr viel Geld macht die IFOk eine "Einigung" möglich. Quelle: IFOK
Ich lade Dich herzlich dazu ein, hier in Heddesheim (ohne Geld) mal vor den Projektgegnern ĂŒber diesen Erfolg zu referieren. ĂĆber die ArbeitsplĂ€tze, die nicht kommen, die Gewerbesteuer, die ein MĂ€rchen ist, den fehlenden Bahnanschluss und, und, und. Du hĂ€ttest es auch gar nicht mal weit von Bensheim hierher, ich bin mir aber irgendwie sicher, dass Du Dich das nicht traust.
Ist der „Dialog“ auch „erfolgreich“, wenn ein Projekt stirbt?
Und mal ganz ehrlich, Jochen! Was wĂŒrde passieren, wenn die nĂ€chsten drei, vier Dialogverfahren auch „erfolgreich“ sind, aber dazu fĂŒhren, dass die Projekte nicht umgesetzt werden? WĂŒrde Euch dann noch einer engagieren, fĂŒr das viele Geld, das Ihr nur bekommt, weils in der HĂŒtte brennt?
Ich kann mich noch genau an Dich erinnern, wie Du immer fein gelĂ€chelt hast, wenn wir heiĂe Diskussionen hatten und Dir die Argumente ausgegangen sind. Und ich kann mich gut erinnern, wie wir damals die „Westpoint-Absolventen“ fĂŒr ZUMA (Zentrum fĂŒr Umfragen, Methoden, Analysen) untersucht haben und Du Dich ĂŒber die kaputten Typen totgelacht hast. Und wie Deine Augen gestrahlt haben, als es ums GeschĂ€ftliche ging – die haben echt viel Geld fĂŒr diese Untersuchung bezahlt und die Uminterpretation der Ergebnisse in eine „freundliche Lesart“ war echt harte Arbeit.
FĂŒr mich sind das alte Zeiten – Du bist den Umfragen, Methoden und Analysen treu geblieben. SchlieĂlich kann man damit viel Geld machen und muss keine sĂ€ckeweise gehorteten „Bundeswehr-Verpflegungsmittel“ futtern. Die Kekse waren echt komplett geschmackfrei – aber wie Du sagtest, mit Kaffee konnte man die „essen“, selbst noch Jahre ĂŒber das Verfallsdatum hinaus, wie Du mir erklĂ€rt hast. Und nahrhaft waren sie auch. Du konntest dadurch im Studium viel Geld sparen.
Man sieht sich immer zwei Mal im Leben.
Eins möchte ich Dir noch gerne mitteilen: FĂŒr mich war es das erste „Dialog-Verfahren“ in meinem Leben. Und ich habe dabei viel gelernt. Und nachdem ich ein wenig drĂŒber nachgedacht habe, ist mir die Idee gekommen, dass ich auch ganz gut damit Geld verdienen könnte. Sicher nicht soviel wie Du, denn Du und Deine ĂŒber 100 Berater und den teuren StundensĂ€tzen arbeiten ja schlieĂlich fĂŒr „Investoren“ und jede Menge Geld.
Aber, wie Ihr treffend in Eurer WerbebroschĂŒre schreibt: Der Widerstand ist lĂ€ngst nicht mehr Sache von Chaoten, sondern in der bĂŒrgerlichen Mitte angekommen. Ein einzelner hat viel Geld, aber viele haben auch ne Menge Geld. Crowd-Sourcing nennt man das, glaube ich.
Und warum sollte ich das nicht einsammeln, ein paar clevere Analytiker davon bezahlen und dann bei kĂŒnftigen Dialogen fĂŒr die Projektgegner in den Dialog eintreten? Das wird sicher ein RiesenspaĂ. Du kennst den Spruch: Man sieht sich immer zwei Mal im Leben.
Vor allem aber könnte es durchaus sein, dass der „Erfolg“ dann ganz anders aussieht. Deswegen hoffe ich fĂŒr Dich, dass Du Dir ein paar Bundeswehrkekse aufbewahrt hast – fĂŒr schlechte Zeiten.
Es grĂŒĂt Dein frĂŒherer Kommilitone
Hardy
Anmerkung der Redaktion: Der IFOK-GeschĂ€ftsfĂŒhrer Jochen Tscheulin und Hardy Prothmann, freier Journalist und verantwortlich fĂŒr das heddesheimblog, haben zusammen in Mannheim Politische Wissenschaften studiert und gemeinsam gut zwei Jahre beim Institut ZUMA als studentische HilfskrĂ€fte gearbeitet.
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