Montag, 29. Mai 2023

Die Verwaltungsvorschrift für eine "Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit" im Überblick

Wagnis „Mehr Demokratie“ – geht das gut?

Rhein-Neckar, 22. Januar 2013. (red/ms) Die grün-rote Landesregierung hat im Wahlkampf eine „Politik des Gehörtwerdens“ versprochen. Jetzt steht ein Mammut-Projekt kurz vor seinem Abschluss: Am ersten März 2014 – also noch kurz vor den Kommunalwahlen – wird eine neue Verwaltungsvorschrift in Kraft treten, die die Bürgerbeteiligung verbessern soll: Das Volk soll fortan früher in die Planungsvorhaben mit einbezogen werden, auf offener Dialogbasis will man die bestmöglichen Lösungen für die Gestaltung größerer Bauprojekte finden. Doch lohnt sich dieser Aufwand? Oder gibt es am Ende nur mehr Bürokratie und höhere Kosten? [Weiterlesen…]

Bundestagswahl am 22. September

Dallinger: „Politische Verantwortung ernst nehmen“

Landrat_Stefan_Dallinger

Landrat Dallinger. Foto: LRA RNK

Rhein-Neckar, 06. September 2013. (red/pm) Am 22. September sind die Bürgerinnen und Bürger des Rhein-Neckar-Kreises zur Wahl ihrer Abgeordneten zum Deutschen Bundestag aufgerufen. Dabei sind die Städte und Gemeinden des über 525.000 Einwohner starken Rhein-Neckar-Kreises wie bei den vorangegangenen Bundestagswahlen drei verschiedenen Wahlkreisen zugeordnet. Die Zuschnitte haben sich gegenüber der Wahl 2009 nicht geändert. [Weiterlesen…]

Geprothmannt

Darf man Rechte mit Eiern bewerfen?

Rhein-Neckar, 18. Februar 2013. (red) In Mannheim haben Bürger/innen, Politik-Vertreter und Mitglieder der linken Szene der NPD wieder einmal gezeigt, dass sie Widerstand gegen Rechtsradikale leisten. Das ist gut so. Nicht gut sind die Begleitumstände.

Von Hardy Prothmann

Es gibt Kommentare, die schreibt man nicht gerne. Aber sie müssen trotzdem geschrieben werden. Am Samstag hat die rechtsradikale NPD eine Kundgebung in Mannheim angemeldet. Die Partei nimmt damit ein Grundrecht unserer Verfassung wahr – ob das den Gegnern der Partei passt oder nicht. Artikel 8 Grundgesetz legt fest:

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

„Darf man „Rechte“ mit zweierlei Maß messen?“ „Nein!“ findet Chefredakteur Hardy Prothmann

Grundrechte gelten grundsätzlich für alle. Wer für sich diese Rechte in Anspruch nimmt, muss sie auch anderen zugestehen, ansonsten wäre die Verfassung nichts wert. Die Polizei hat die Aufgabe, das Recht auf Versammlungsfreiheit abzusichern, wenn ohne diese Sicherungsmaßnahme die Versammlungsfreiheit nicht möglich wäre.

Selbstverständlich hat man auch das Recht eine Gegendemonstration durchzuführen. Von diesem Recht haben die Gegner der Rechtsradikalen Gebrauch gemacht. Die Frage ist aber, wie sie das gemacht haben und ob alle Teilnehmer tatsächlich Demokraten sind. Und hier fangen die Fragwürdigkeiten an.

Wer Polizisten, die sich äußerst defensiv und deeskalierend verhalten, anpöbelt und provoziert, ist ein Störer der öffentlichen Ordnung. Wer sich vermummt und damit eine Identifizierung verhindert, begeht eine Straftat, wer geeignete Dinge mit sich führt, um sich vermummen, begeht eine Ordnungswidrigkeit.

Und wer mit Eiern wirft, nimmt potenziell eine Verletzung von Personen in Kauf, mindestens eine Sachbeschädigung, eventuell liegt eine Beleidigung vor. Das entscheiden bei einer Anzeige Gerichte nach der jeweiligen Situation. Und eigentlich hätte die Polizei eingreifen müssen – da die Veranstaltung aber als beendet erklärt worden war, hat sich die Polizei auch hier „maßvoll“ entschieden und für einen reibungslosen Abzug der Rechten gesorgt. Was, wenn die Polizei Vermummte und Eierwerfer festgesetzt hätte? Dann wäre ordentlich was los gewesen. Der Katalog der Vorwürfe und Beschuldigungen und Beleidigungen wäre immens. Und ein Wort würde sicher die Runde machen: unverhältnismäßig.

Was, wenn man sich die Situation umgekehrt vorstellt?

Jetzt stellen wir uns die umgekehrte Situation vor. Sagen wir mal, ein „Bündnis für Demokratie“ meldet eine Veranstaltung an. Auf den Plan treten vermummte Rechte, die die Versammelten anpöbeln und mit Eiern bewerfen. Was würden die Versammelten fordern? Selbstverständlich ein Einschreiten der Polizei und eine strafrechtliche Verfolgung.

Wer mit zweierlei Maß misst, für sich Verfassungsrechte in Anspruch nimmt, die er anderen nicht zugesteht, zeigt, dass er sich eigentlich nicht an das halten möchte, was er vorgibt zu verteidigen und zu beschützen – die Demokratie.

Eine Zivilgesellschaft hat zivile Mittel, um sich zu positionieren. Sie kann auf einen Rechtsstaat zählen, der für die öffentliche Ordnung sorgt. Wer die öffentliche Ordnung einerseits fordert und andererseits stört und verhöhnt, zeigt sich undemokratisch.

Der überwiegende Teil der Gegendemonstranten hat sich korrekt verhalten. Sie haben Präsenz gezeigt und Lärm gemacht. Das ist ein guter, vorbildlicher ziviler Protest.

Wie kleingeistig sich teils die Antifa-Leute zeigen, erkennt man an der Anzeige gegen den Halter des NPD-Busses, weil dieser mit einer roten Plakete in die Umweltzone der Stadt eingefahren ist. Auf Twitter und bei Facebook sowie bei der Pressemeldung des Bündnisses gegen Rechts fand diese Plakete und die Anzeige dagegen reichlich Beachtung. Mal ehrlich? Wie peinlich ist das denn?

Es geht um mehr. Am liebsten um einen klaren und eindeutigen Widerstand gegen Rechtsradikale. Aber bitte vorbildhaft und respektvoll – nicht gegenüber den Rechten, sondern gegenüber sich selbst, der Polizei. Es geht darum, sich so zu verhalten, wie man auch von anderen erwartet, dass diese sich einem selbst gegenüber verhalten.

Zeitgemäßes Design, "neue Maßstäbe" (bisher) Fehlanzeige

Ländle mit neuer Homepädsch

Rhein-Neckar, 04. Februar 2013. (red/zef) Seit dem 01. Februar 2013 hat das Land Baden-Württemberg eine neue Online-Plattform. Die Homepage soll neue Maßstäbe setzen, damit „sich die Bürgerinnen und Bürger mit Politik auseinandersetzen“, sagt die Silke Krebs, Ministerin im Staatsministerium. Wir haben uns die Seite angeschaut: „Neue Maßstäbe“ gilt im Vergleich mit der alten Seite bestimmt, das Design ist frisch und modern – inhaltlich und konzeptionell kann die Seite aber durchaus noch zulegen. Immerhin: In den ersten drei Stunden nach dem Start am 1. Februar haben bereits 2.500 Menschen insgesamt 15.000 Seiten aufgerufen – und das innerhalb von drei Stunden.

Von Ziad-Emanuel Farag

Oben sind die fünf strukturierenden Elemtente zu sehen, darunter der anschauliche Slider mit aktuellen Artikeln. Quelle: www.baden-wuerttemberg.de

 

Sofort sticht der ansprechende Slider ins Auge. Dieser präsentiert aktuelle politische Themen anschaulich. Hier kommen nicht nur Artikel, sondern auch andere Medien wie Videos oder Fotostrecken zum Einsatz  Aktuelle Beispiele wären: Ein Zeitstrahl darüber,was die grün-rote Landesregierung bisher geleistet hat, die Ganztagsschule oder die Bildungsgerechtigkeit. Man kann den Slider automatisch die Artikel abspielen lassen oder einfach bequem per Pfeil in der Mitte oder der Navigationsleiste unten wechseln.

Besonders brisant wirkt der „transparente Landeshaushalt“. Hier gibt es zwar viel Zahlenwerk: Das Regierungspräsidium Stuttgart erhält 8,4 Millionen Euro für Bundesautobahnen, während Kalrsruhe 4,4 Millionen Euro erhält . Viele Fragen bleiben hier aber völlig unbeantwortet: Wieviel Geld wird in welche Autobahnen investiert? Da stehen viele Zahlen – ohne weitere Informationen sind sie kaum zu nutzen. Da steht gar nichts! Bei den Hochschulen ist der Landeshaushalt auch sehr pauschal: Einzeln aufgeschlüsselt werden die aktuellen Zuwendungen für Baumaßnahmen. Über die Verteilung der restlichen 336 Millionen Euro erfährt man nichts. Bloß keine Verteilungskritik riskieren, scheint hier die Devise zu lauten. Der „transparente Landeshaushalt“ verspricht mehr als er hält. Die Bedienung ist zudem äußerst umständlich.

Die Seite unterteilt sich ingesamt in fünf Rubriken: “Unser Land”, “Regierung”, “BW gestalten” “Service” und “Beteiligungsportal”. Die ersten vier ermöglichen eine einfache Orientierung. Legt man den Cursor auf einer dieser Buttons, wird eine umfangreiche, aber übersichtliche Auflistung der Unterpunkte angezeigt. In der Rubrik „Regierung“ gelangt man schnell zu Vorstellungen der Regierungsmitglieder und ihrer Ministerien. „Unser Land“ bietet einen Überblick über alles Erdenkliche zu Baden-Württemberg. Geschichte, Geografie, Landesverfassung, ein Quiz zur Unterhaltung, Traditionen, hier ist alles dabei.

„BW gestalten“ erklärt, wie Baden-Württemberg künftig aussehen soll:  „Erfolgreiches Baden-Württemberg“ (Wirtschaftspolitik), „Schlaues Baden-Württemberg“ (Bildungspolitik), „Nachhaltiges Baden-Württemberg (Energiepolitik)“, „Bürgernahes Baden-Württemberg (Bürgerbeteiligung und Integration)“ und „Gerechtes Baden-Württemberg (Gleichstellung, Inklusion, Gesundheitspolitik)“. Dies liest sich aber zunehmend fade, irgendwann hat man dann genug von Baden-Württemberg. Wenigstens fasst die Landesregierung hierbei ihre politischen Ziele unter wenigen, verständlichen Schlagworten zusammen. In der Rubrik „Service“ erhält der Leser viele Informationen, um Kontakt zu Ämtern aufzunehmen, sich einen Überblick über Publiktationen zu verschaffen oder einfach einen Ansprechpartner zu erhalten.

Die Detailansicht in den einzelnen Rubriken. Quelle: www.baden-wuerttemberg.de

 

Das „Beteiligungsportal“ schließlich soll künftig “Mehr Demokratie klicken” gewährleisten. Dem müssen jedoch außer bloßen Ankündigungen Taten folgen. Dafür gibt es bereits auf der Startseite einen Textkasten, in dem man schnell eine Frage an die Landesregierung eintippen kann. Wir haben diese Funktion mit einer Frage am Freitag selbst getestet. Bis heute, den 04. Februar 2013, 17:00 Uhr haben wir noch keine Antwort erhalten.  Am, Dienstag, den 05. Februar, wurde sie um 14:43 beantwortet.

Wir erinnern uns: Baden-Württemberg soll gerecht werden. „Menschen mit Behinderung gehören in die Mitte der Gesellschaft. Deshalb bauen wir Barrieren und Benachteiligungen ab.“ Nirgendwo geht das schneller und einfacher als online. Eine Seite, die möglichst alle mit Behinderungen leicht nutzen können, ist unverhandelbar: Nirgendwo gibt es so wenige Barrieren wie am eigenenen Rechner. Hier scheitert die neue Homepage aber: Einige Artikel können zwar vorgelesen werden. Dies geschieht jedoch so blechern, dass man dem nicht folgen kann. Wenn doch, würde man es nicht wollen. Mit den verbreiteten Lesegeräten für Blinden fällt es diesen also deutlich einfacher, sich zu informieren. Der Button dafür ist viel zu klein. Sehbehinderte dürften ihn nicht ausmachen können. Hier wäre es ratsam, die entsprechende Funktion in der Zeile der Überschrift zu platzieren anstatt neben der Unterüberschrift.

Die Vorlesefunktion ist in dieser Zeile nur schwer zu sehen. Quelle: www.baden-wuerttemberg.de

 

Der neue Maßstab muss also noch ordentlich Maß nehmen, um tatsächlich überzeugen zu können. Immerhin, ein Anfang ist gemacht und man darf gespannt sein, was noch folgt.

Kritik der reinen Unmündigkeit

Geprothmannt: Eine „grasse“ Debatte

Günter Krass hat mit seinem Gedicht "Was gesagt werden muss" eine längst notwendige Debatte ausgelöst. Bild: Wikipedia, Florian K, CC BY-SA 3.0

 

Rhein-Neckar, 16. April 2012. (red/pro) Was stimmt mit uns Deutschen nicht? Können wir nicht normal sein? Einfach mit Kritik umgehen? Uns ihr stellen, mit ihr an uns arbeiten? Der Schriftsteller Günter Grass hat mit seinem Beitrag den Nerv einer chronisch leidenden Gesellschaft getroffen und das ist gut so. Die Debatte erreicht jede Stadt, jedes Dorf in Deutschland. Sie sollte jeden Stammtisch und jede Familie, jeden Menschen erreichen, denn die Zeit ist längst reif dafür.

Von Hardy Prothmann

Ganz sicher ist die Debatte um den Beitrag des Literaturnobelpreisträgers Günter Grass auf den ersten Blick ein nationales und sogar internationales Thema.

Ist das so?

Ganz sicher zeigt der zweite Blick auf das Thema eine Debatte, das uns alle betrifft. Überall. Hier und dort. Vor Ort. Direkt.

Das vermeintliche “Gedicht” von Herrn Grass, “Was gesagt werden muss”, hat enorme internationale Wellen geschlagen und einen politischen Diskurs ausgelöst, der uns alle angeht.

Meinungsfragen

Die entscheidenden Fragen lauten:

Wie geht man mit Kritik um? Was bedeutet Meinungsfreiheit? Was Meinungsvielfalt? Gibt es die Möglichkeit der freien Rede und Gegenrede? Wer urteilt, was richtig, was falsch ist? Was bedeutet Verantwortung im Zusammenhang mit Fragen? Gibt es in der Postmoderne tatsächlich noch Tabu-Themen, über die man nicht reden darf?

Der Schriftsteller Günter Grass musste im Alter von 84 Jahren etwas loswerden. Wäre Günter Grass nur ein alter Mann – wer hätte sich dafür interessiert?

Niemand? Richtig.

Günter Grass ist aber ein bekannter Schriftsteller. Und Literaturnobelpreisträger. Und er war als junger Mann Mitglied der Waffen-SS im Dritten Reich, was er lange verschwiegen hat.

Und er tut, was niemand tut, will man nicht sofort in eine rechte Ecke gestellt werden. Und das trotz seiner Vergangenheit: Er äußert harsche Kritik an der Außenpolitik Israels.

Nicht an der Innenpolitik, der Wirtschaftspolitik, der Sozialpolitik. Grass macht das große Fass auf und spricht davon, dass Israel den “Weltfrieden gefährdet”.

Die vernichtenden Kritiken über seinen Text sind zahlreich. Die Empörung eindeutig. Die Haltung klar: Man kritisiert Israel nicht. Schon gar nicht als Aggressor im Nahen Osten.

Staaträsonismus

Vor allem nicht als Deutscher. Denn es gibt eine historische “Verantwortung”, die jede Kritik und jede Frage verbietet, das gebietet allein schon die von der Bundeskanzlerin zur “Staatsräson” erklärten “Haltung”.

Ist das so?

Man muss Günter Grass für seine extreme Überzeichnung dankbar sein, denn er hat erreicht, dass sich die Extreme und die Überzeichnungen zu Wort melden und verorten.

Das durch den israelischen Innenminister Eli Jischai gegenüber dem Schriftsteller erlassene Einreiseverbot wird selbst in israelischen Medien als “hysterisch” bezeichnet.

Bundestagsvizepräsident Thierse wirft sich für den Schriftsteller in den Ring und bezeichnet Anwerfungen, dieser sei ein Antisemit als “haltlos”.

Was denken wir über all das? Jeder von uns? Ich, Sie, Du? Debattieren wir darüber?

Debattiert so viel ihr könnt

Günter Grass 2004 bei der Buchmesse in Frankfurt. Bild: Wikipedia, Florian K, CC BY-SA 3.0

Hoffentlich tun das viele unserer Leserinnen und Leser. Und das ist gut so. Sich mit einer Sache auseinanderzusetzen. Denn das ist die Übersetzung von Kritik.

Und nichts anderes hat Herr Grass getan. Er hat sich auseinander gesetzt, seine Meinung geäußert und sich damit demokratisch dem Diskurs gestellt.

Inhaltlich mag sein “Gedicht” große Schwächen haben. Die größte ist, dass man eine solch verfahrene Situation, wie sie im Nahen Osten herrscht, noch so sehr “verdichten” kann – sie ist zu komplex, um sie vernünftig in einem Text abbilden zu können.

Deshalb muss man sie aufteilen und die Teile diskutieren. Und den Anfang zu dieser Debatte hat Herr Grass erreicht. Er hat es geschafft, dass sich viele besserwissende sofort empört geäußert haben, um feststellen zu müssen, dass die grass’sche Kritik vielleicht nicht ganz richtig, aber auch nicht ganz falsch ist.

Günter Grass hat es erreicht, dass über Tabus gesprochen wird, die viele Menschen beschäftigen und die, weil Tabus, öffentlich nicht thematisiert werden dürfen sollen. Grass hat also Öffentlichkeit geschaffen, den Austausch von Meinungen angeregt und hat damit einen demokratischen Prozess ausgelöst.

Deutungshoheiten der Zirkel

Wer ihn deswegen sofort zum Antisemiten abstempelt, will keinen demokratischen Diskurs, sondern einen Hieb mit der Moralkeule. Es sollen keine Fragen gestellt werden dürfen. Die Deutungshoheit ist allein kleinen Zirkeln überlassen. Ist das demokratisch?

Wer das Gesamtwerk von Grass sieht und seine über Jahrzehnte verschwiegene Mitgliedschaft in der Waffen-SS, erkennt eine zerrissene Figur. Einen, der eitel und selbstherrlich ist. Neudeutsch “erfolgsgeil”, was ihm viele vorwerfen, die aber wie ein Reich-Ranicki oder Broder selbst auf der Debatten-Welle mitschwimmen, ohne viel zum Thema beitragen zu können. Aber Hauptsache, sie reden mit oder es wird über sie geredet, wobei sie jedem, der ihnen nicht genehm ist, genau das vorwerfen.

Wer die Debatte um das Thema verfolgt, sieht jede Menge Anwürfe, die jede Interessengruppe für sich zu nutzen sucht.

Und wer über all dem darüber nachdenkt, was der Text von Grass bewirkt hat, erkennt: Es ist eine “grasse” Debatte.

Mit einem Für und Wider. Einem Hin und Her. Und all das ist gut und sinnvoll.

Denn “Positionen” haben die Chance, neu überdacht und definiert zu werden. Man kann aus der Vergangenheit lernen, sie mit dem Jetzt abgleichen und für die Zukunft Ziele entwickeln.

Das geht nur durch Einlassungen von kritischen Geistern.

Tabus brechen

Abnicker, Zusager, Nichtfrager, Nichtwisser haben in der Vergangenheit und Gegenwart immer nur für großes Leid und viel Blutvergießen gesorgt.

Günter Grass hat weder ein literarisch wertvolles, noch stilistisch anerkennenswertes “Gedicht” geschrieben. Das ist meine persönliche Meinung.

Ebenso finde ich seine Position zu überzeichnet. Aber ich bin sehr froh, dass er das Gewicht seiner Persönlichkeit nutzt, um die Debatte über Tabus anzuregen.

Er ist ein alter Mann, hat sein Leben und sein Geld verdient, schließt irgendwann mit “letzter Tinte” ab. Und er hat enorm viel negative Energien auf sich gezogen – egal, ob zu Recht oder Unrecht -, statt einfach seinen “Lebensabend zu genießen”.

Persönlich hat mich Grass als Schriftsteller nicht interessiert. Mich spricht sein Werk nicht an. Das ist aber eine Geschmackssache.

Persönlich habe ich großen Respekt vor diesem Mann, weil er sich traut, eine Meinung zu haben. Trotz aller Kritik, die seine Meinung durch andere auf sich zieht.

Persönlich habe ich meine Meinung und meine Geschichte. Mein Großvater beispielsweise ist 1928 geboren worden und hat als 16-Jähriger jüngere Kinder in den letzten Kriegsjahren in Sachsen als “Gebirgsjäger ausgebildet”.

Und er hat mir gegenüber zugegeben, dass er damals an den “Führer” geglaubt hat und erst später erkannt hat, welchem Übel er anhängig war. Fast jeder von uns Deutschen hat so einen “Link”, so eine Verbindung, in die Vergangenheit. Und egal, wie wenig man damit “persönlich” zu tun hat. Die historische Schuld bleibt. Und sie ist schrecklich.

Verantwortung fordert Fragen

Die Verantwortung aber, sich gegen Krieg, gegen Genozid, gegen Unrecht einzusetzen, ist eine Verantwortung, die gerade die Deutschen historisch am besten vertreten können. So kann die Schuld zur Chance werden. Wenn man bereit ist, verantwortlich zu sein. Um verantwortlich zu sein, muss man aber Fragen stellen dürfen, können und wollen.

Verantwortung ergibt sich sicherlich nicht dadurch, indem man sich keinem Diskurs stellt, keinen Fragen, keinen Haltungen. Wer sich so verhält, muss sich den Vorwurf des Gleichschaltens, des Gleichmarschierens, des Faschistischen gefallen lassen.

Wer bereit ist, sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen, Kritik zu üben und auszuhalten, für seine Haltung zu werben unter Anerkennung unseres Grundgesetzes, der agiert demokratisch und verantwortlich.

Wer eine berechtigte Kritik eines Schriftstellers missbraucht, um diesen und andere mundtot zu machen, agiert antidemokratisch.

Günter Grass hat mit seinem “Gedicht” sehr krasse Reaktionen hervorgerufen, die zeigen, wie wenig demokratisch viele Medien in Deutschland gesinnt sind, obwohl wir doch schon mindestens sechs Jahrzehnte Zeit hatten, um zu üben.

Die Debatte hat gezeigt, wie wenig demokratisch der Staat Israel unter seiner aktuellen Regierung ist.

Traumatisierungen

Und er hat ins Bewusstsein gerufen, dass ein Konflikt droht, der sicherlich kein iranisches Volk auslöscht, aber die Region und die Welt massiv zu traumatisieren in der Lage ist.

Und wer, wenn nicht wir Deutschen, haben eine bessere Vorstellung davon, was es heißt, andere zu traumatisieren und selbst traumatisiert zu sein? Und wer, wenn nicht wir Deutschen können ehrlicher und glaubhafter uns dafür einsetzen, dass es nicht woanders zu Verwüstung, Zerstörung und Verfolgung kommt?

Mein Deutschland ist ein Land der Demokratie, des Austausches von Meinungen, des Ringens um Mehrheiten um eine größtmögliche Freiheit der Menschen zu ermöglichen.

Ein Land, dass sich um Fortschritt des Lebens statt für den Rückschritt des Tötens einsetzt.

Ich empfinde es als ekelhaft, wenn irgendjemand argumentiert, ein israelischer “Erstschlag” würde nicht das “gesamte” iranische Volk auslöschen, sondern nur “Teile”. Mir wird schlecht, wenn ich Argumente lese, man müssen Israel einen “Zweitschlag” ermöglichen, um, nachdem man selbst größte Verluste habe, dem anderen auch noch welche zufügen zu können. Wer so zynisch argumentiert, hat keine Respekt vor dem Leben.

Jeder vernünftige Mensch wird solche “Debatten” nicht nur ablehnen, sondern sich vernünftigerweise verweigern, weil sie an Dummheit nicht zu übertreffen sind.

Meinungsvernichtungswaffen

Jeder von uns ist aufgerufen, sich dringlich eine Meinung zum Thema zu bilden. Günter Grass hat in Deutschland zu Recht eine Debatte ausgelöst, bevor “Fakten” geschaffen werden. Die Konflikte im Nahen Osten sind geeignet, den Weltfrieden zu gefährden – die Konflikte bestimmen schon seit Jahrzehnten unser Leben, ohne das es “möglich” war, sich widersprüchlich dazu zu “äußern”.

Die Zeit ist reif, Meinungen zu überprüfen, zu definieren und zu vertreten. Und vor allem wir Deutsche sollten sagen können müssen:

Wir lehnen jede Form von Massenvernichtungsmöglichkeiten ab.

Denn wir Deutsche wissen wie kein anderes Volk, dass jede fehlende demokratische Debatte nur fürchterliche Folgen haben wird. Deswegen sollten man sich nicht von Meinungsvernichtungswaffen wie sinnfreien Antisemitismusvorwürfen beeindrucken lassen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann schreibt S21-Gegnern auf Facebook

Rhein-Neckar, 07. Februar 2012. (red/pm) Winfried Kretschmann wendet sich mit einem offenen Brief über das soziale Netzwerk Facebook an die Gegner von Stuttgart 21. Er selbst bezeichnet sich ebenfalls als S21-Gegner und den Ausgang der Abstimmung als „schmerzlich“. Wie bereits zuvor angekündigt, hält er sich an das Ergebnis und schreibt: „Ungleich schlimmer wäre es, das Votum letztlich nicht anzuerkennen.“

Dokumentation; Offener Brief von Ministerpräsident Winfried Kretschmann
(Anm. d. Red.: Zwischenüberschriften durch die Blogredaktion eingefügt.) 

„in den letzten Tagen und Wochen erreichten mich Schreiben sowie Beiträge auf Facebook und Twitter von Bürgerinnen und Bürgern, deren Inhalt mir sehr zu denken gibt. Mal mehr, mal weniger deutlich wird darin gefordert, Stuttgart 21 dürfe auch nach dem Ergebnis der Volksabstimmung nicht gebaut werden. Daher möchte ich Ihnen mit diesem offenen Brief meine Sicht der Dinge darstellen.

Der 27. November 2011 ist ein Datum, das bei mir ganz unterschiedliche Gefühle weckt. Einerseits konnten mit der Volksabstimmung über das „S 21-Kündigungsgesetz“ zum ersten Mal in der Geschichte Baden-Württembergs die Bürgerinnen und Bürger jenseits von Wahlen unmittelbar Einfluss nehmen und in einer Sachfrage eine Entscheidung treffen.

Wenngleich das Wort für uns Deutsche aus geschichtlichen Gründen nicht nur positiv besetzt ist, so bin ich doch ein wenig stolz darauf, dass es uns gelungen ist, mit der Volksabstimmung einen historischen ersten Schritt in eine echte Bürgergesellschaft gemacht zu haben.

Volksabstimmung ein „sehr bitterer und schmerzlicher Tag“

Andererseits ist der 27. November für mich persönlich ein sehr bitterer und auch schmerzlicher Tag gewesen. Denn an diesem Tag hat sich eine klare Mehrheit der Abstimmungsberechtigten Baden-Württembergs für eine finanzielle Beteiligung des Landes an dem Bahnprojekt Stuttgart 21 ausgesprochen. Lediglich in sieben von insgesamt 44 Stimmkreisen hat das „S 21-Kündigungsgesetz“ eine Mehrheit von Ja-Stimmen gefunden. Demgegenüber haben 58,9 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen in Baden-Württemberg gegen den Gesetzentwurf votiert.

Selbst im Stadtkreis Stuttgart, wo ich ein anderes Ergebnis erwartet hatte, hat sich keine Mehrheit der Wählerinnen und Wähler für das S 21-Kündigungsgesetz ausgesprochen:

Mit 52,9 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen wurde ein Ausstieg aus der Finanzierung von Stuttgart 21 abgelehnt. Über ein Jahrzehnt hinweg haben ich und die Grünen im Landtag und darüber hinaus gegen das Projekt argumentiert und für Alternativen geworben und so ist dieses Votum des Volkes für mich eine schmerzliche Entscheidung, an der ich persönlich schwer trage.

Ich hatte mir einen anderen Ausgang gewünscht, denn ich bin weiterhin der Überzeugung, dass die Alternativen zu Stuttgart 21 besser gewesen wären. Schmerzlich ist der Ausgang aber auch deshalb, weil ich eingestehen muss, dass wir die Mehrheit der Bevölkerung mit unseren guten sachlichen und fachlichen Argumenten nicht überzeugen konnten.

Auch ungeliebte Mehrheitsentscheidungen akzeptieren

Am 27. November 2011 hat das Volk entschieden. Und als überzeugter Demokrat und Ministerpräsident akzeptiere ich den Willen des Souveräns.

Damit entfällt in einer Demokratie für die Politik und für mich als Ministerpräsident die Legitimation, das Projekt Stuttgart 21 dem Grunde nach immer und immer wieder in Frage zu stellen. Nicht ausgeschlossen ist es hingegen, die Fehler und Schwächen des Projekts deutlich aufzuzeigen, den Finger in die Wunde zu legen und auf Nachbesserungen zu drängen. Das verstehe ich unter einem kritisch-konstruktiven Begleiten von Stuttgart 21 PLUS.

Wer allerdings meint, die Landesregierung und insbesondere ich als Ministerpräsident könnten oder müssten das Projekt über solche Schwächen noch endgültig zu Fall bringen, dem muss ich ganz klar sagen, dass ich dies nicht machen werde. Die Bahn darf Stuttgart 21 bauen. So hat das die klare Mehrheit der Abstimmenden gewollt. Es gehört zum Wesenskern der Demokratie, dass man Mehrheitsentscheidungen akzeptiert, ob sie einem nun gefallen oder nicht.

Allen war bewusst, dass mit der Volksabstimmung über das S 21-Kündigungsgesetz selbstverständlich mittelbar über die Realisierung der Projekte Stuttgart 21 und die Alternativen abgestimmt wird.

Alle Argumente, die gegen Stuttgart 21 und für die Alternativen sprechen, sind im Zuge der äußerst umfassenden Diskussionen im Vorfeld der Volksabstimmung, in der Schlichtung und/oder bereits weit vorher, geäußert und vorgetragen worden. Ich will auch gerne erneut betonen, dass ich viele der kritischen Argumente zu Stuttgart 21 persönlich teile. Sämtliche Argumente in der Debatte sind vorgebracht, gewendet und abgewogen worden. Jede Bürgerin und jeder Bürger hatte umfassenden Zugang zu ihnen. Es gab hunderte Veranstaltungen und Foren sowie Diskussionsrunden unterschiedlichster Art.

Es gab die Schlichtung. Niemand wurde ausgeschlossen.

Pro und Contra hinlänglich bekannt

Über mehr als ein Jahr hinweg ist das Thema in der Stadt, regional und überregional intensiv verhandelt worden. Und gerade in Zeiten des Internets und anderer moderner Kommunikationsmittel kann keine Rede davon sein, dass Informationen hinter dem Berg gehalten oder verschwiegen worden seien.

Die Fakten, die für oder gegen Stuttgart 21 sprachen und sprechen, lagen offen auf dem Tisch. Und allen war klar, was im Falle eines Scheiterns des S 21-Kündigungsgesetzes unaufhaltsam kommen wird:

Abriss des Südflügels, Freimachung des Baufeldes im Mittleren Schlossgarten zur Errichtung des Trogbauwerkes durch Fällen oder Versetzen der Bäume und Grundwasserentnahme.

Die Argumente, die Sie gegen Stuttgart 21 anführen, waren der Bevölkerung hinlänglich bekannt. In der Broschüre zur Volksabstimmung konnten Pro- und Contra-Seite Ihre Argumente kompakt vortragen. Jeder, der wollte, konnte darüber hinaus sich jede Facette und noch differenzierte Argumente beschaffen. Gleichwohl hat sich deren Mehrheit am Ende für das Projekt entschieden. An dieser Erkenntnis führt einfach kein Weg vorbei.

In der Regierungsform der Demokratie – und bei der direkten Demokratie zumal – gehen wir von einer mündigen Bürgerschaft aus. Wir nehmen an, dass Menschen informiert sind bzw. sich Informationen beschaffen (können), bevor sie zu Wahlen und Abstimmungen gehen, und dass sie dann abgewogene Urteile und Entscheidungen fällen. Allerdings können wir niemanden dazu zwingen.

One Man, one vote“

Jede (volljährige) Bürgerin und jeder (volljährige) Bürger hat eine Stimme, und alle Stimmen haben den gleichen Wert. „One Man, one vote“ ist zu Recht ein Kernsatz demokratischer Verfassung. Und jede Stimme zählt gleich, egal wer sie abgibt, ob etwa Professorin oder Putzfrau, aus welchen Gründen und Motiven auch immer, ob sie sich gut oder schlecht informiert hat.

Ein weiterer Kernsatz der Demokratie ist, dass Mehrheiten entscheiden. Darauf ist demokratische Politik angewiesen, denn etwas Besseres als die Mehrheitsregel ist noch niemandem eingefallen.

Wer, wenn nicht die Mehrheit in einer demokratischen Abstimmung soll denn die Legitimität einer Entscheidung begründen? Wie soll denn verfahren werden, wenn eine klare Mehrheit in einer strittigen Frage vorliegt? Soll dann das Votum dieser Mehrheit etwa nicht umgesetzt werden? Mit welchem Recht wollte man sich als Regierung dem verweigern? Woran sollen sich Entscheidungen ausrichten, wenn nicht an vorangehenden Mehrheiten in Wahlen und Abstimmungen?

Die Grün-Rote Koalition ist hier ohnehin schon sehr weit gegangen, nachdem große Mehrheiten im Parlament Stuttgart 21 längst beschlossen hatten, diese Entscheidung erneut in Form einer Volksabstimmung wieder aufzurufen. Wenn wir uns dieser Mehrheitsentscheidung bei Stuttgart 21 verweigern würden, wie könnten wir dann in Zukunft selbst auf unseren Mehrheitsentscheidungen bestehen?

„Streiten bis in alle Ewigkeit“?

Niemand verlangt, die Position der anderen Seite zu übernehmen. Und niemand verlangt, mit der eigenen Meinung künftig hinter dem Berg zu halten. Aber der – in vielen Schreiben und anderen Veröffentlichungen der letzten Wochen zu findende – Appell an die Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger und der Verweis auf die großen Erwartungen, denen man gerecht werden müsse, der Hinweis auf die verantwortlichen Politiker und Planer gehen darüber hinaus: sie dokumentieren, dass man das Votum der Volksabstimmung nicht akzeptiert.

Was bedeutet die Nichtanerkennung solcher Ergebnisse für die Demokratie allgemein und für das an Recht und Gesetz gebundene Regieren im Konkreten? Wie soll Legitimation für politisches Handeln hergestellt werden? Wer bestimmt, entscheidet und handelt dann in staatlichen Angelegenheiten? Soll dies eine elitäre Expertokratie sein, von der manch antiker Denker schrieb?

Der Konflikt um Stuttgart 21 war ein tiefer und heftiger Konflikt, der Stadt und Land mehr und mehr zu spalten drohte. Wie sollen schwierige Konflikte beigelegt werden, wenn nicht einmal eine Volksabstimmung als letzte Autorität anerkannt wird? Soll man weiter streiten bis in Ewigkeit?

Grundsätze der Demokratie werden in Frage gestellt

Ganz allgemein: Wie soll Demokratie dann überhaupt funktionieren? Was sind die Alternativen?

Diese Fragen drängen sich mir bei der Lektüre Ihrer Briefe, E-Mails, Postings und Tweets auf. Welche Antworten wollen Sie finden, ohne grundsätzliche demokratische Prinzipien unseres Gemeinwesens in Frage zu stellen?

Vielleicht gibt es auch noch andere Gründe, die Sie bewogen haben, ihre Schreiben so zu formulieren. Halten Sie komplexe politische Sachfragen für nicht geeignet, um sie durch die Bevölkerung direkt abstimmen zu lassen?

Und schließen sich damit den Gegnern bzw. Skeptikern der direkten Demokratie an, von denen es ja manche gerade in den konservativen Parteien gibt?

Eine solche Position ist keineswegs ehrenrührig und hat gute Argumente auf ihrer Seite – man sollte sie nur klar benennen.

Ich persönlich teile diese Auffassung jedenfalls nicht, im Gegenteil: Die im Vergleich sehr hohe Beteiligung der Bürgerschaft an der Volksabstimmung ist für mich ein deutliches Indiz, dass die Menschen in unserem Lande über mehr Themen direkt mitentscheiden wollen und nicht über weniger.

Prinzipiell gilt allerdings, dass das Volk in seiner Mehrheit natürlich genauso Fehlentscheidungen treffen kann, wie die Mehrheit in einem Parlament. Denn in der Demokratie wird nicht über Lüge und Wahrheit entschieden, sondern über Alternativen.

Wer der Auffassung ist, dass die Volksabstimmung nicht rechtmäßig abgelaufen sei, für diejenige oder denjenigen gibt es in einem Rechtsstaat ebenfalls den Weg, den die gewaltenteilende Demokratie vorsieht:

Die Klage vor den Gerichten. Der entsprechende Weg ist ja von einigen auch bereits beschritten worden. Aber gewiss kann dies keine Forderung an die Exekutive sein. Schon gar nicht wenn sie wie in diesem Fall die Volksabstimmung nach sorgfältiger Prüfung selber eingeleitet hat.

Wie sollen Bürgergesellschaft und Bürgerdemokratie funktionieren?

Zu diesen Themen hinzu kommt eine Sorge, die mich umtreibt. Es ist die Sorge, dass das, was die Protestbewegung gegen Stuttgart 21 an Positivem und Wegweisendem für die Republik bereits erreicht hat – für die Zukunft ein grundsätzliches Überdenken von Planungsprozessen, eine Ausweitung und Verbreiterung der Beteiligung der Bürgerschaft auf unterschiedlichsten Ebenen, Transparenz und Offenheit bei den Alternativen und manches mehr –, dass diese großen Erfolge also gefährdet und womöglich konterkariert werden, weil maßgebliche Protagonisten des Protestes das Resultat der Volksabstimmung nicht akzeptieren.

All dies zusammengenommen stelle ich mir eine grundsätzliche Frage: Wenn auch bekannte und anerkannte Persönlichkeiten das Ergebnis einer Volksabstimmung nicht anerkennen und respektieren wollen – wie soll dann die Bürgergesellschaft und die neue Bürgerdemokratie eigentlich funktionieren?

Und ins Konkrete gewendet leitet sich daraus eine für den politischen Alltag elementare Frage ab. Nachdem die Volksabstimmung ein so klares Votum hervorgebracht hat:

Können Sie sich ernsthaft einen Ministerpräsidenten und eine Landesregierung wünschen, die sich – weil ihnen ein politisches Ergebnis missfällt – über den Willen der Mehrheit in einem Gesetzgebungsverfahren (denn nichts anderes ist eine Volksabstimmung nach unserer Landesverfassung) hinwegsetzt, dagegen opponiert und sich schlichtweg nicht an Gesetz und Recht gebunden fühlt?

Niemand, der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ernst nimmt, kann sich dies am Ende wünschen, auch die nicht, die in der Sache verloren haben. Denn wir würden dann Tür und Tor öffnen für eine Entwicklung, an der keinem von uns ernsthaft gelegen sein kann.

So schmerzlich und bitter die Entscheidung des Volkes für Stuttgart 21 in der Sache für uns Gegner war. Ungleich schlimmer wäre es, das Votum letztlich nicht anzuerkennen. Denn dies hieße nichts anderes, als unseren demokratischen Rechtsstaat in Frage zu stellen.

Mit freundlichen Grüßen

Winfried Kretschmann“

Gemeinderat verweigert auf Vorschlag des Bürgermeisters Änderungen im Protokoll

Der gläserne Gemeinderat: Der protokollierte Skandal – kein Respekt vorm Wort und Amt

Das bleibt von beharrlichem Nachfragen zum Thema Lärm in der Gemeinderatssitzung "laut Protokoll" übrig. Kein Wort über den Inhalt der Fragen oder die dauerhafte Störung durch Frank Hasselbring. Kein Wort, wie sich der Sachverständige geziert hat, eine klare Antwort zu geben, kein Wort von den Unterbrechungen durch Bürgermeister Kessler.

 

Heddesheim, 19. Dezember 2011. Wieder einmal wurde ein Protokoll verfasst, wie es dem Bürgermeister Michael Kessler und den Abnicker-Fraktionen CDU, SPD und FDP gefällt. Ein Einspruch im Gremium ist gegen diese mangelhaften Protokolle zwecklos – die Bestätigung des Protokolls ist Sache des Gemeinderats. Der hat aktuell wieder entschieden, dass das Protokoll den Diskussionsverlauf der Oktobersitzung „der Sache nach“ wiedergibt. Das ist schlecht, denn damit ist belegt, dass die Mehrheit im Gemeinderat in öffentlicher Sitzung bereit ist, unvollständige und damit falsche Protokolle zu bestätigen. Aber der Vorgang ist gut – denn damit werden diese „Verhältnisse“ öffentlich.

Von Hardy Prothmann

Kritische Fragen, Unterbrechungen, Störungen, Grunzen, Wortwahl, Manieren, Wertesystem, Geschäftsordnung, Verwarnung, Rüge und Protokoll sind die Begriffe, die in diesem Artikel zur Sprache kommen. Aber auch Respekt, Amt, Würde, Funktion, Selbstverständnis und Demokratie. [Weiterlesen…]

Transparente Politik: Wie die kleine Gemeinde Seelbach anderen zeigt, was die Zukunft ist

Guten Tag!

Rhein-Neckar/Seelbach, 16. November 2011. Während sich die Bundesregierung seit kurzem scheinbar transparent gibt, gibt es sie bereits seit langem: Die echte Transparenz. Ein kleiner Ort im Schwarzwald macht vor, was andere nur vorgeben zu tun: transparente Politik. Die Gemeinde Seelbach überträgt, als wäre das eine Selbstverständlichkeit, die Gemeinderatssitzungen übers Internet. Einfach so. Und alle sind zufrieden.

Kommunalpolitik zuhause über den Bildschirm des Computers im Internet verfolgen – was vor zehn Jahren schier undenkbar schien, ist heutzutage kein Problem mehr. Zumindest technisch gesehen – in vielen Köpfen hingegen ist das noch eine „unerhörte“ Sache.

Weniger Zuschauer im Saal können es nicht werden.

Dabei ist die Zuschauerresonanz bei den Gemeinderats- und Ausschusssitzungen meist mehr als überschaubar. Häufig kommen gar keine Gäste.

Dabei ist das politische Interesse der Bevölkerung durchaus gegeben – aber zwei, drei Stunden, manchmal noch länger zum Schweigen verurteilt im Raum zu sitzen, dafür haben nur wenige Zeit. Dabei interessieren sich die Menschen für die Ortspolitik. Reden auf der Straße, in der Kneipe, im Freundeskreis über das, was sie aus zweiter, dritter, vierter Hand haben.

Viele Themen sind nicht wirklich spannend – andere dafür aber von großer Bedeutung.

Wer noch arbeitet, gerade müde nach Hause gekommen ist oder sich um die Kinder kümmern muss, kann eventuell den Sitzungstermin nicht wahrnehmen, würde sich aber gerne später anschauen, was verhandelt worden ist.

Transparenz gibt Antworten und vermeidet Spekulationen.

Wer will es aber dem eigentlich interessierten Bürger verübeln, sich den Weg ins Rathaus zu sparen, wenn Entscheidungen und Beschlüsse in den Medien nachzulesen sind? Aber berichten diese Medien wirklich vorbehaltlos? Haben sie wirklich alle wichtigen Informationen richtig übermittelt? Oder wird gerne was vergessen, was nicht „in den Bericht passt“?

Wer wirklich informiert sein will, kennt das Original und vergleicht das mit der „Übermittlung“ durch andere.

Wird jemand falsch oder nicht zutreffend zitiert? Wie soll man das wissen, wenn man nicht dabei war? Was sagen Bürgermeister und Gemeinderäte in den öffentlichen Sitzungen tatsächlich? Wer sagt was? Worüber und wie wird abgestimmt?

Alles live oder im Archiv abrufbar: Die Seelbacher Gemeinderatssitzungen werden bereits seit 2004 im Internet übertragen.

Eine Live-Berichterstattung kann den Bürgern all diese Fragen beantworten, ohne dass diese das Haus verlassen müssen – beispielsweise auch ältere Menschen, von denen immer mehr das Internet als Anschluss zur Welt schätzen lernen.

Widerstand kommt vor allem von den Gemeinderäten.

Die Betreiber lokaler Blogs und Internet-Lokalzeitungen kämpfen gegen viel Widerstand – gegen verstaubte Hauptsatzungen und viele Vorurteile lokaler Politiker. Einen (vorerst) weiteren, bedingt erfolgreichen Versuch, Lokalpolitik live ins Netz zu übertragen, gab es im September in Passau, wo einiger Wirbel um das Thema entstand.

Vor allem die SPD machte die Modernisierung zur Provinzposse – die SPD-Mitglieder wollten sich auf keinen Fall aufnehmen und zeigen lassen. So hätte die Übertragung mit jeder SPD-Wortmeldung unterbrochen werden müssen. Nachdem sich die SPD in Passau der Lächerlichkeit preisgegeben hat, hat man sich besonnen und ist nun doch „auf Probe“ einverstanden, wie der Bayerische Rundfunk berichtet.

Engagierte Schüler und 5.000 Euro Budget fürs Bürgerfernsehen.

Es geht aber auch anders, wie eine kleine Gemeinde im Schwarzwald zeigt. Unter dem Titel Seelbach-TV überträgt die Gemeinde Seelbach bereits seit 2004 alle Gemeinderatssitzungen ins Netz und bietet sie anschließend lückenlos zum Download übers Internet an.

Das Gesamtbudget dafür beträgt vergleichsweise günstige 5.000 Euro pro Jahr. Acht bis neun Schülerinnen und Schüler der örtlichen Realschule führen in wechselnden Teams zwei Kameras und bedienen die sonstige Technik. Die Fachhochschule Kehl betreut das Projekt als Partner.

In den Sitzungen haben wir nie so viele Zuschauer, sagt Pascal Weber.

Hauptamtsleiter Pascal Weber ist begeistert: „Aus unserer Sicht ist das Projekt ein toller Erfolg.“ Das zeigen die „Einschaltquoten“ der 5.000-Einwohner Gemeinde: mehrere Dutzend bis weit über 100 „Zuschauer“ hat das Bürger-TV in Seelbach. Regelmäßig.

Rechnet man diese Zahlen hoch, wären das beispielsweise für Hirschberg an der Bergstraße 60-180 Besucher pro Sitzung, für Ladenburg 70-200, für Weinheim 250-720 Besucher. Tatsächlich nimmt in Hirschberg oft niemand, manchmal wenige und sehr selten vielleicht ein Dutzend Besucher teil. Der aktuelle Besucherrekord in Weinheim war 2011 im Oktober mit rund 130 Zuschauern zum Aufregerthema „Breitwiesen“ – sonst sind ein paar bis höchstens ein Dutzend Zuschauer die „Höchstgrenze“ an Interesse.

SeelbachTV.de - Transparenz als Normalzustand.

Die Skepsis war schnell vorbei.

Gab es keine Bedenken? „Doch“, sagt Hauptamtsleiter Weber:

Zu Beginn waren rund ein Drittel unserer 18 Gemeinderäte skeptisch. Was wenn ich stammle oder blöd wirke, so in der Art waren die Bedenken. Aber nach den ersten paar Sitzungen hat sich die Skepsis gelegt und seitdem achtet keiner mehr auf die Kameras. Die gehören dazu.

Wer denkt, Seelbach ist vielleicht ein Ort, den „Aktivisten“ übernommen haben, irrt. Seelbach ist eine absolut typische Gemeinde. Die CDU stellt sieben, eine Freie Wählerliste sechs und die SPD fünf Gemeinderäte – die meisten sind zwischen 50 und 60 Jahre alt.

Rechtlich abgesichert.

Rechtlich ist die Übertragung abgesichert: Alle Gemeinderäte und Verwaltungsangestellte haben ihre Zustimmung erklärt und Bürger werden in der Fragestunde um Erlaubnis gebeten: „Da hat noch nie einer widersprochen“, sagt Pascal Weber. Und laufen die Sitzungen anders als sonst? „Überhaupt nicht, die Gemeinderäte sprechen ihr breites Badisch und diskutieren die Themen wie immer.“

Seelbach ist insgesamt ein anschauliches Beispiel, wie transparente Lokalpolitik aussehen kann. Auf der Gemeindeseite werden die Beschlussvorlagen zu den Gemeinderatssitzung schon im Vorfeld veröffentlicht (inkl. aller Zahlen und Fakten) und auch die Sitzungsprotokolle stehen nach den Sitzungen schnell und dauerhaft online zur Verfügung.

Das sind traumhaft transparente Zustände – im Vergleich zu dem Großteil der Kommunen im Land ist Seelbach hier Spitzenreiter. Universitätsstädte wie Heidelberg sind dagegen altbacken – hier wurde Ende 2009 eine Live-Übertragung aus dem Gemeinderat per Beschluss verhindert.

Teilhabe erfodert auch mehr Transparenz der Entscheidungen.

Und wie traurig sind die Zustände in Nordbaden, unserem Berichtsgebiet: Pfenning in Heddesheim, der Sterzwinkel in Hirschberg und aktuell „Breitwiesen“ in Weinheim sind drei absolute Negativbeispiele. Intransparente Entscheidungen am Bürger vorbei präg(t)en diese „Vorhaben“. Vieles wurde im Hinterzimmer entschieden, nicht-öffentlich und es ist kein Wunder, dass die Menschen alle Formen von Klüngel mutmaßen.

Der Forderung nach Transparenz und Bürgerbeteiligung steht die Realität gegenüber. Hier vor Ort werden so viele Themen wie möglich sogar bevorzugt „nicht-öffentlich“ verhandelt.

Wer das ändern möchte, kann sich an den Gemeinderat seines Vertrauens wenden und nachfragen, wie lange das noch mit der Geheimniskrämerei weitergehen soll und ob man nicht endlich bereit ist, im 21. Jahrhundert anzukommen und sich das Interesses und die Kompetenz der Bürgerinnen und Bürger zunutze zu machen.

Mehr zum Thema gibt es auf dem Politblog [x Politics]. Dort geht es um Trends und Bewegungen, die fernab der parteipolitischen Tagesagenda die gesellschaftliche Zukunft gestalten und verändern.

Anmerkung der Redaktion:
Der vorliegende Artikel ist eine überarbeitete Fassung. Das Original wurde von der Tegernseer Stimme im bayerischen Gmund veröffentlicht, die ein ähnliches Lokalzeitungsnetzwerk betreibt wie unser Angebot. Der Geschäftsführer der Lokalen Stimme, Peter Posztos und Hardy Prothmann, verantwortlich für dieses Blog, betreiben zusammen die Firma istlokal Medienservice UG (haftungsbeschränkt), deren Geschäftsziel der Aufbau von unabhängigen Lokalredaktionen zur Förderung der Meinungsvielfalt und Demokratie ist.

Unter istlokal.de sind bislang rund 50 lokaljournalistische Angebote in einer Arbeitsgemeinschaft organisiert. Die Lokaljournalisten tauschen über weite Strecken hinweg Themen und Erfahrungen aus, die woanders vor Ort ebenfalls wichtig sind. Dabei nutzen sie das „weltweite Netz“ heißt, um vor Ort kompetent, interessant, aktuell und hintergründig zu informieren.

Leserbrief: Herr Kessler, verzichten Sie auf den Brunnen und zollen Sie den Menschen Respekt

Guten Tag!

Heddesheim, 15. November 2011. (red/Leserbrief) Der Unfriede im Dorf ist Thema eines Leserbriefes, der sich in einem dringenden Appell an den Bürgermeister Michael Kessler richtet. Der Verfasser fordert Transparenz, Ehrlichkeit und Offenheit – all das vermisst er anscheinend. Ebenso Respekt – vor der Aufgabe, dem Amt und der Verantwortung des Bürgermeisters durch diesen selbst. Der Appell ist eindeutig – Kehrtwende oder Konsequenzen ziehen. [Weiterlesen…]

Plakatabreißer zeigen fragwürdige Haltung und müssen mit Strafe rechnen

„Trauriger Anblick“ und „trauriger Einblick“ in die verkorkste Haltung von Dummköpfen

Rhein-Neckar/Heddesheim, 03. November 2011. (red) Derzeit sind überall in den Kommunen Plakatwände aufgestellt worden. Parteien und Gruppierungen können auf diesen für oder gegen „Stuttgart 21“ werben. Doch nicht jeder kann und will die Meinung anderer akzeptieren. Immer wieder kommt es zu Sachbeschädigungen – Plakate werden abgerissen oder besprüht. Die Sachbeschädigung ist kein „Spaß“ und kann hart bestraft werden.

Die Proteste gegen Stuttgart 21 haben tatsächlich etwas bewegt. Engagierte Menschen in ganz Baden-Württemberg und darüber hinaus haben einen weitreichenden politischen Entschluß erfolgreich in Frage gestellt. Zum Projekt Stuttgart 21 wird es am 27. November 2011 eine Volksabstimmung geben.

Gegner und Befürworter sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. „Beide Parteien“ können auf Plakatwänden in den Kommunen für „ihre Sache“ die verschiedenen Standpunkte und Argumente öffentlich machen.

Immer wieder kommt es jedoch vor, dass Plakate verschmutzt oder entwendet werden. Nein-Sager wollen das Ja nicht akzeptieren und umgekehrt. Sind sich die intoleranten Sachbeschädiger ihrer Straftat bewusst, die da gerade mal eben so im Vorbeilaufen begannen wird?

Aus Sicht der Polizei handelt es sich um ein „Offizialdelikt“.

Bei Beschmutzung und Zerstörung von Wahlplakaten ist die Polizei verpflichtet, zu ermitteln.

Dies gilt, sobald das Delikt registiert wurde. Die strafrechtliche Verfolgung geschieht also unabhängig davon, ob es einen Betroffenen gibt, der Anzeige erstattet. Zusätzlich kann es zu einer Anzeige durch einen Betroffenen oder einer unbetroffenen Person kommen. Eine Anzeige kann dabei nicht mehr zurückgenommen werden, da es Amts wegen die Verpflichtung zur Verfahrenseinleitung gibt.

In den folgenden Paragraphen nach Strafgesetzbuch (StGB) ist die Gesetzeslage dazu geregelt:

Paragraph 303 regelt Strafmaß und Definition der Straftat bei generellen Sachbeschädigungen. Hierbei sieht die Justiz eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe vor.

§303 – Sachbeschädigung

(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.
(3) Der Versuch ist strafbar.

Die „gemeinschaftseinbezogene Sachbeschädigung“ kann sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren Haft oder eine Geldstrafe zufolge haben.

§304 – Gemeinschädliche Sachbeschädigung

(1) Wer rechtswidrig Gegenstände der Verehrung einer im Staat bestehenden Religionsgesellschaft oder Sachen, die dem Gottesdienst gewidmet sind, oder Grabmäler, öffentliche Denkmäler, Naturdenkmäler, Gegenstände der Kunst, der Wissenschaft oder des Gewerbes, welche in öffentlichen Sammlungen aufbewahrt werden oder öffentlich aufgestellt sind, oder Gegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen oder zur Verschönerung öffentlicher Wege, Plätze oder Anlagen dienen, beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer in Absatz 1 bezeichneten Sache oder eines dort bezeichneten Gegenstandes nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.
(3) Der Versuch ist strafbar.

Aber zu einem solchen Verhalten zählen nicht nur die juristischen Folgen. Das Zerreißen und Beschmieren von Partei- oder Wahlplakaten zeigt eine mehr als fragwürdige „Haltung“.

Es ist das Zeichen der Intoleranz anderer Standpunkte und der Respektlosigkeit vor anderen Meinungen. Also genau das Gegenteil von dem, was Demokratie eigentlich ausmacht.

Sollte das politische Wirken also derzeit nicht eher einen fairen Wettbewerb der Positionen der Menschen, als einen unerhenhaften Wettbewerb der Zerstörung und Sachbeschädigung darstellen?

Somit bleibt auch jenseits aller Paragraphen die Frage, ob das eigene Verhalten einer demokratischen Haltung und einem respektvollen Umgang miteinander entspricht – oder nicht.

Geprothmannt: „Occupy“ ist kein Schlachtruf, sondern ein Bekenntnis


"Niemand ist hoffnungsloser versklavt als der, der fälschlich glaubt, frei zu sein." Die junge Frau demonstriert mit einem Goethe-Zitat in New York bei "Occupy Wall Street". Foto: CC David Shankbone/wikipedia

Guten Tag!

Rhein-Neckar, 17. Oktober 2011 (red) Heute vor einem Monat „besetzten“ rund 1.000 Demonstranten die Wall-Street – also vielmehr Parks und Straßen in der Nähe der New Yorker-Börse. Als demokratische Vorbild nennen die Demonstranten den „arabischen Frühling“ – als Symbol für die Vertreibung der Diktatoren und Regimes. Für die „Occupy“-Bewegung sind das im Westen vor allem die Banken. Aber auch Politiker, vornehmlich konservative, werden kritisiert.

Von Hardy Prothmann

Was hat man davon zu halten? Von „Occupy Wall Street“? Alles nur eine Art „Demo-Mode“ junger, wohlhabender Freizeitdemonstranten, die ein wenig „Action“ brauchen? Oder ist das eine ernstzunehmende Entwicklung eines politischen Protestes gegen Systeme, die das Volk nicht mehr versteht? Vor allem das der Spekulation der „Hochfinanz“?

Die Demonstranten nehmen sich die Aufständischen des arabischen Frühlings zum Vorbild und sitzen oder marschieren gegen das Regime. Aus Ihrer Sicht nicht gegen waffenstarrende Dikatatoren, sondern gegen eine viel größere Macht. Das Regime des Geldes. Kontrolliert von den Banken. Und von der mit diesen auf vielfältige Weise verflochtetenen Politik.

Menschen haben Rechte – nicht nur die Pflicht zu zahlen

Es ist das gute Recht dieser Menschen, das sie wahrnehmen. Sie haben das Recht ihre Meinung zu äußern, sich zu versammeln und zu protestieren.

Auch in Deutschland haben mehrere zehntausend Menschen am Samstag demonstriert. Gegen die Banken. Gegen Geld-Systeme, die angeblich so erfolgreich sind und doch ständig „Rettungsschirme“ brauchen – also unser aller Geld. Weil sie sich mal eben „aus Versehen“ in ihrer Gier wieder verzockt haben. Die Boni der Manager sind meistens nicht gefährdet.

Der Seele des Protestes der Demonstranten nährt sich nicht aus Gier oder Neid. Sondern aus dem Austausch von Informationen. Und einer neuen Sicht auf die Welt. Und einer fehlenden Kontrolle der ehemaligen Kontrolleure über Informationen.

Hardy Prothmann sieht die Welt mit seiner Kolumne "Geprothmannt" ganz subjektiv.

„Occupy“ hat als ein Vorbild den „arabischen Frühling“ – aber es steckt mehr dahinter. Beispielsweise Wikileaks – die Aufdeckungsplattform hat für viel Aufregung gesorgt. Durch die Weitergabe geheimer Informationen. Dadurch wurde der Schmutz, nein, der Dreck der angeblich schönen, reinen Welt der angeblich so verantwortungsvollen Mächtigen nicht nur in Frage gestellt, sondern als System aus Lügen und Betrug entttarnt.

Wikileaks wäre ohne vernetzte Computer nicht vorstellbar. Geheimnisse wurden schon immer verraten – aber noch nie in diesem Ausmaß. Mordende amerikanische Soldaten im Irak oder haarsträubende Politikerdepeschen – die Wahrheiten kommen ans Licht.

Aber Wikileaks und Occupy haben noch andere Vorläufer. Greenpeace und Attac beispielsweise – zwei Gruppen, die sich durch gute Vernetzung immer wieder Informationen verschaffen und veröffentlichen konnten, die geheim bleiben sollten. Unsere heutige „moderne“ Umweltpolitik wäre ohne Greenpeace nicht vorstellbar.

Occupy ist weit mehr als ein bislang überschaubarer Protest

Auch Gruppen wie Transparency International oder der deutsche Verein Foebud tragen zur Information der Gesellschaft und zur Abschaltung von Missständen bei. Und überall gibt es jede Menge anderer „Aktivisten“, die nicht mehr hinnehmen, was ihnen vorgesetzt wird, sondern Fragen stellen, ihre Rechte einfordern und sich nicht einschüchtern lassen.

Auch die Gegner von Stuttgart 21 sind eine Art „Occupy“-Bewegung. Ein knappes Dutzend Bürger haben in Stuttgart fluegel.tv gegründet. Was mit einer Webcam begonnen hat, ist mittlerweile auch für die Politik ein ernstzunehmender „Medienpartner“. Denn fluegel.tv erreicht übers Internet so viele Menschen, wie sich erreichen lassen wollen. Und es sind viele. Und es werden immer mehr.

„Die Politik“ reagiert kopflos bis bösartig. Als am „schwarzen Donnerstag“, dem 30. September 2010, die Demonstranten mit Wasserwerfern und Pfefferspray angegriffen worden sind, war das politische Schicksal des damals amtierenden Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) besiegelt.

Die Menschen, die Mappus als Chaoten bezeichnet hat, sind Bürgerinnen und Bürger. Keine Gesetzlosen. Sondern anständige Leute, die ihre Rechte wahrnehmen. Nämlich sich zu versammeln und ihre Meinung zu äußern. Und die ist halt nicht die der CDU, FDP und großen Teilen der SPD. Was im Umkehrschluss nicht heißen muss, dass all „Grün“ oder „Links“ wählen – manche wählen aus „Pflichtgefühl“ trotzdem CDU oder SPD. Manche sind unbelehrbar und wählen FDP. Und andere die „Piraten“. Und viele vielleicht in Zukunft lieber die Straße als eine Partei.

Und jetzt steht fest, dass die CDU-Politiker Stefan Mappus und sein ehemaliger Finanzminister Willi Stächele Verfassungsbrecher sind. Politische Ganoven, die vermutlich schadlos davonkommen.

Selbst die konservative Welt schreibt:

„Baden-Württembergs Landtagspräsident Willi Stächele (CDU) ist zurückgetreten. „Ich gebe mein Amt zurück“, sagte Stächele in Stuttgart. Damit zog er die Konsequenz aus einem Urteil des Staatsgerichtshofs vom vergangenen Donnerstag.

Die Richter hatten ihm einen Verfassungsbruch bescheinigt, weil er als Finanzminister Ende 2010 beim Rückkauf der EnBW-Anteile durch das Land die Mitwirkungsrechte des Landtags umgangen hatte.“

Der „ehrenvolle“ Landtagspräsident Stächele war sich vor seinem Rücktritt nicht zu schade, den Verfassungsbruch als „staatsmännische Handlung“ zu umschreiben:

„Stächele hatte bisher einen Rücktritt abgelehnt und betont, es sei ihm beim EnBW-Deal um eine schnelle Entscheidung im Interesse und zum Wohle des Landes gegangen.“

Es ging Stächele also um das „Wohl des Landes“. Dass dabei Banken einen guten Schnitt gemacht haben und persönliche Verbindungen zwischen Mappus und Bankmanagern eine Rolle gespielt haben könnten – das soll man nicht denken dürfen.

Auch Stuttgart 21 hat viel mit Geld von Banken und anderen „Interessierten“ dem „Wohl des Landes“ zu tun. Das Projekt, das angeblich mal keine zwei Milliarden Euro kosten sollte, soll aktuell 4,5 Milliarden kosten – es gibt genug Hinweise, dass es viel mehr kosten wird. Und der neue starke Mann der Baden-Württembergischen CDU, Peter Hauk, hat im Wahlkampf verkündet, dass es „Baden-Württemberg egal sein kann, ob es zehn oder fünfzehn Milliarden Euro kostet„. Weiß der Mann mehr als andere? Kennt er schon die „echten“ Zahlen?

Hat er „aus dem Nähkästchen geplaudert“, vor einem Jahr in Hirschberg an der Bergstraße, einem kleinen Ort, wo er niemanden vermutet hat, der seine Worte weiterträgt? Unser Artikel über seinen Auftritt hatte innerhalb von zwei Tagen 26.000 Leserinnen und Leser. Wir haben email aus Moskau, London und Istanbul erhalten.

Das Spiel heißt Monopoly – wie es ausgeht, weiß jeder

Das ist noch nicht „Occupy“ – aber die Informationen führen dahin. Sie führen dazu, dass sich Menschen empören und dieses „Spiel“ nicht mehr mitmachen wollen.

Warum sind die Menschen in einigen arabischen Ländern auf die Straße gegangen? Zuerst in Tunesien, dann in Ägypten? Weil sie gut ausgebildet sind und Informationen austauschen. Und weil sie gemerkt haben, dass sie reingelegt werden.

Und weil sie merken, dass etwas nicht stimmt. Dass es der Mehrzahl immer schlechter geht, während wenige immer mehr haben.

In Griechenland und Spanien (zwei Ländern mit „erzkonservativen“ Gesellschaften) gibt es seit Monaten Massenproteste – in anderen Ländern gärt es. Auch in Deutschland sind solche Proteste nur noch eine Frage der Zeit.

Wenn immer mehr Menschen in Billigjobs „beschäftigt“ werden, die später noch nicht einmal eine Rente am Existenzminimum ermöglichen, dann steigen die Menschen aus. Das verstehen sie nicht mehr. Deswegen fordern sie Veränderungen.

Niemand muss deswegen das Gespenst des Kommunismus an die Wand malen. Sondern einfach nur nachdenken, was man will und wo man leben möchte.

Für viele ist Amerika immer noch ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Sofern man Geld hat, ist das gar nicht so falsch. Wenn man genau hinschaut, stellt man fest, dass Amerika pleite ist und die meisten Bürger dort vor existenziellen Fragen stehen.

Tunesien und Ägypten waren bis vor den Revolutionen beliebte Urlaubsländer – wenn man genau hinschaut, hat man aber nur gut bezahlte „Resorts“ gesehen und vom Elend der Leute nichts mitbekommen (wollen).

Auch in Deutschland wächst die Armut – auch wenn die Wirtschaft brummt

Und wenn man in Deutschland genau hinschaut, weiß man, dass Kinder ein Armutsrisiko bedeuten. Wenn man genau hinschaut, sieht man, wie die Armut wächst – obwohl die Wirtschaft bis vor kurzem brummte.

Die Konsequenzen werden – wenn man nicht hinschauen will – so sein, wie in vielen Teilen der Welt. Fürchterlich. Dort sind die Straßen gefährliche Orte und wer es sich leisten kann, meidet sie. Die „wohl“-habenden (siehe Stächele und andere, deren „Wohl“ immer auch Haben bedeutet) leben in bewachten Quartieren hinter hohen Mauern – wie im Knast. Wer ein wenig außerhalb von „idyllischen Paradisen“ der Urlaubsscheinwelt herumgekommen ist, weiß das.

Wer gerne dafür eintritt, in einem freien Land zu leben, das Bürgerrechte schützt und verteidigt, das die Zivilgesellschaft als Ziel hat und Bildung und Meinungs- sowie Informationsfreiheit als selbstverständlich erachtet, der wird ab einem gewissen Punkt sehr genau darüber nachdenken müssen, ob „Occupy“ nicht nur ein Bekenntnis, sondern im Zweifel ein Schlachtruf sein sollte. Für die Freiheit. Von möglichst vielen Menschen.

Bleiben Sie aufmerksam!

Ihr

P.S.
Wer die Meinung des Autors für eine „Einzelmeinung“ hält, kann gerne beim Debattenmagazin „Cicero“ weiterlesen.

Gläserner Gemeinderat: Wer oder was ist eigentlich „Pseudo“?

Guten Tag!

Heddesheim/Rhein-Neckar, 27. Juli 2011. (red) In der Gemeinderatssitzung habe ich einen erweiterten Antrag gestellt, den Bürgermeister Michael Kessler als „Pseudo“-Antrag bezeichnet hat. Was Pseudo ist und wer Pseudo ist, darüber kann man trefflich diskutieren.

Von Hardy Prothmann

Herr Bürgermeister Kessler unterstellt mir, ich hätte einen „Pseudo“-Antrag gestellt. Herr Kessler, der hoffentlich weiß, dass „Pseudo“ so viel wie „falsch“ oder „gelogen“ heißt, weiß hoffentlich, was er tut, wenn er solche Äußerungen tätigt.

Er unterstellt einem unabhängigen freien Gemeinderat, dass dieser „Lügen“-Anträge stellt, um es mal zu übersetzen.

Partei- und fraktionslos: Hardy Prothmann, Foto: sap

Was ist der Inhalt meines „Lügen“-Antrags? Ganz einfach. Das Unternehmen Edeka Südwest plant ein richtig großes Getränkelager in Heddesheim. Wieder werden dafür 80.000 Hektar Ackerland vernichtet. Muss das so sein oder gibt es eine andere Lösung. Um meinen Antrag zu erklären, hole ich aus:

Wie auch bei der „Pfenning“-Entscheidung wird von Arbeitsplätzen und Gewerbesteuer gesprochen und die Edeka-Erweiterung mit Wohl und Wehe Heddesheims begründet: Kommt die Erweiterung ist das „Wohl“, kommt sie nicht, ist das „Wehe“.

Wohl und Wehe.

Ein gewichtiges Argument des Bürgermeisters Kessler und seiner Abnickerfraktionen war, dass man erst den Hauptsitz von Edeka verloren habe und ab diesem Sommer auch das Fleischwerk. Man brauche den „regional-verwurzelten“ Investor „Pfenning“, der neue Arbeitsplätze schaffen und viel Gewerbesteuer zahlen werde, um das zu kompensieren und sogar noch zu erweitern. Ob will jemand, dass man Hallenbad, Spielplätze und andere wohltätige Angebote schließen muss?

Wie zu jedem guten Märchen gehört die Angst zur Geschichte und die wurde trefflich von CDU, SPD und FDP unter Führung von Michael Kessler gestreut. Doch es gibt auch eine Geschichte hinter der Geschichte. Herr Kessler und viele der Abnicker-Gemeinderäte wussten seit langem, dass Edeka unter Umständen eine Erweiterung plant. Davon haben sie während des „Pfenning“-Entscheidungsprozesses aber nie etwas gesagt.

Zufälle gibts…

Kaum ist der „Pfenning“-Bebauungsplan rechtskräftig geworden, nimmt Edeka Kontakt zur Gemeide auf und kurz darauf werden Pläne vorgestellt, dass Edeka erweitern möchte. Das habe sich alles so ganz zufällig ergeben. Das kann man glauben oder nicht.

Man kann auch weiterhin glauben, dass „Pfenning“ seine regionalen Standorte in Heddesheim konzentriert, den Unternehmenssitz hierher verlagert, bis zu 1.000 Arbeitsplätze schafft und kräftig Gewerbesteuer zahlt. Man kann das aber auch nicht glauben und wenigstens zur Zeit stehen die Zeichen eher auf „nicht glauben“.

Es gibt auch Leute, die sind unerschütterlich in ihrem Glauben, geradezu fanatisch. Dazu gehört auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Jürgen Merx, der im aktuellen Mitteilungsblatt in blumigen Zeilen seinem Glauben Ausdruck verleiht. Man sei bei Pfenning direkt gewesen und dort wurde versichert, dass alles so geschieht, wie angekündigt. Wie beruhigend.

Zwar hat das Unternehmen vor kurzem selbst dem Mannheimer Morgen Auskunft gegeben, dass man zunächst keine Konzentration mehr plane, sondern „Neugeschäft“ und gut Ding Weile haben will. Herr Merx glaubt anscheinend dem MM nicht und hat sich entschlossen, seinen Träumen nachzuhängen. Das brachte er auch im Gemeinderat zum Ausdruck, was für „Lacher“ im Zuschauerraum sorgte. Herr Merx sagte an den Zuschauerraum gewandt: „Es freut mich, dass sie mich beachten.“

Glaubensfragen.

Man darf fürn Herrn Merx hoffen, dass sich die Vorsilbe „be“ nicht in ein „ver“ verwandelt.

Jetzt kann man glauben oder denken – das sind zwei verschiedene Zugänge zur Welt. Ich habe als Gemeinderat die Aufgabe, das Wohl der Gemeinde nach Möglichkeiten zu fördern oder Schaden (Wehe) abzuwenden.

Deswgen habe ich mich auch konsequent gegen eine „Pfenning“-Ansiedlung ausgesprochen und als klar war, dass man gegen die Mehrheit keine Chance hat, habe ich mit den Grünen zusammen versucht, diese Fehlentscheidung möglichst erträglich zu gestalten. Nur durch unsere kritische Haltung wurden Zugeständnisse gemacht, die sonst nicht gemacht worden wären.

Bürgermeister Kessler und die Abnicker haben alles getan, um möglichst unkritisch „Pfenning“ voranzubringen und siehe da: Es passiert genau nichts. Der MM verkündete, dass „im April die Bagger rollen“. Vier Monate später „renaturiert“ sich das Gelände und „Pfenning“ kündigt an, es laufe alles nach Plan. Ist das so? Das kann man glauben oder nicht.

Pseudo-Antrag?

Jetzt will Edeka erweitern, die haben Geld und die habens eilig. Mein Gedanke ist ein naheliegender: Das „Pfenning“-Gelände ist entwickelt, aber „Pfenning“ hat vermutlich Schwierigkeiten, dass Projekt umzusetzen. „Pfenning“ will „Neugeschäft“ ansiedeln. Wer eins und eins zusammenzählen kann, versteht meinen Gedanken: Es gibt das Gelände, es gibt einen Bebauungsplan, Edeka hat es eilig und Geld und will in Heddesheim bleiben… Warum sollte man nicht mal drüber sprechen, ob Edeka nicht auf dem „Pfenning“-Gelände seine Getränkehallen hinstellen kann. Das kommt der „Eile“ entgegen, das Gelände ist entwickelt, „Pfenning“ hat wieder Luft und wenigstens die Edeka wird Arbeitsplätze bieten und hoffentlich Gewerbesteuer zahlen. Und ein großes Stück Ackerland wird nicht verbraucht, sondern bleibt erhalten.

Diesen Gedanken wertet Bürgermeister Kessler als „Lüge“, als „falsch“ ab. Ohne Begründung, einfach so. In der Sitzung sagt er, ich könne das nur sagen, weil ich den Besichtigungstermin bei Edeka nicht wahrgenommen habe. Die Faktenlage sei eine andere. Daraufhin bitte ich den Bürgermeister, mich und die Öffentlichkeit doch aufzuklären, was die Fakten seien. Er sagt daraufhin, dass er sich von mir nicht zu Aussagen zwingen lasse. Wieder mal ein „Lehrstück“ in Sachen Demokratie, Öffentlichkeit und Transparenz des Herrn Michael Kessler. Es wird noch nicht einmal der Versuch gemacht, eine vielleicht bessere Lösung zu finden. Oder weiß Herr Kessler schon wieder mehr als der Gemeinderat?

Spekulationen.

Auf meine Frage, wann er den beabsichtige, den Gemeinderat und die Öffentlichkeit über die neuen Entwicklungen bei „Pfenning“ zu informieren, antwortet er, dass er sich an „Spekulationen“ nicht beteilige. Aha. Dem MM hat er auf Anfrage gesagt, dass er die Entwicklung begrüße und man Unternehmen auch eine gewisse „Flexibilität“ zugestehen müssen. Jetzt kann man spekulieren, was er damit meint.

Überhaupt geht es in beiden Prozessen insgesamt um „Spekulationen“ – was, wer, wie spekuliert? Die aufmerksamen Bürgerinnen und Bürger haben dazu sicher ihre Meinung.

Mein Antrag ist also nach Auffassung von Bürgermeister Kessler eine Lüge oder falsch.

Die Zukunft wird zeigen, was von den Versprechungen übrig bleibt. Und auf wen oder was das Wort „Pseudo“ zutreffen wird.

Anmerkung der Redaktion: Hardy Prothmann ist ehrenamtlicher, partei- und fraktionsfreier Gemeinderat und verantwortlich für das redaktionelle Angebot von heddesheimblog.de.

Über Sachlichkeit, Fairness, Ämter, Geschenke und den Rest

Guten Tag!

Heddesheim, 10. Januar 2011. Diese Woche war relativ ereignislos in Heddesheim. War sie das? Überhaupt nicht. Sie startete mit Berichten über „Sachlichkeit und Fairness“, die sich selbst und deren Wortführer ad absurdum führen.

Von Hardy Prothmann

Die Berichte im Mannheimer Morgen am 10. und 12. Januar 2011 haben mich geschockt.

Als Bürger. Als Journalist. Als Gemeinderat.

Als verantwortlicher Journalist für das Heddesheimblog stelle ich fest, dass Bürgermeister Michael Kessler den Neujahrsempfang und den Neubürgerempfang für eine Art inoffizieller Pressekonferenz missbraucht hat.

Das ist für Herrn Kessler nicht ungewöhnlich. Das Pressegesetz legt er sehr „frei“ aus.

Und dass der Mannheimer Morgen sich als Komplize am Missbrauch beteiligt, ist nicht ungewöhnlich.

Journalistische Ehre hat wenig Bedeutung für den Mannheimer Morgen und seine Mitarbeiter.

„Wundert“ irgendjemanden diese „exklusive“ Berichterstattung?:

Beim Neujahrsempfang wird der Fortuna quasi ein Kunstrasenplatz als „Geburtstagsgeschenk“ versprochen (eine sicherlich enorme Investition) und beim Neubürgerempfang wird die neue „Leiterin“ der Volkshochschule im Vorbeigehen „präsentiert“.

Neujahrsansprache mit Rätseln.

Als Gemeinderat habe ich keine Ahnung, wovon Herr Bürgermeister Kessler eigentlich spricht, respektive, was er da verlautbaren lässt.

Nicht, weil ich mich nicht interessieren würde, sondern, weil ich nicht darüber informiert worden bin.

Die Stimmung ist zu erkennen: Ratlosigkeit. "Bürgerinformation" im April 2009. Die "Emotionen kochen hoch".

Mir ist weder bekannt, dass die Fortuna zum Geburtstag einen Kunstrasenplatz erhalten soll, noch kenne ich den Namen „Theresia Brück“, noch wurde mir die Dame vorgestellt, noch weiß ich als einer von 23 Mitgliedern des Gemeinderats, dass schon beschlossen wurde, dass sie die neue Leiterin der VHS sein wird, die seit 1983 von Frau Ursula Brechtel geleitet wird/wurde.

Und als Bürger frage ich mich: Was ist eigentlich los in dieser Gemeinde? Lässt man sich hier einfach ein X für ein U vormachen oder hat das Folgen?

Zur Sache.

„Was 2010 vor sich ging, können die Gäste Kesslers Neujahrsansprache entnehmen“, schreibt die mittlerweile als Hofberichterstatterin vollständig etablierte MM-„Journalistin“ Anja Görlitz.

Den Satz muss man mehrmals lesen, um zu verstehen, was Frau Görlitz denkt, wie sie denkt und für wen sie denkt. Und genauso für wen nicht, was nicht und wie nicht.

Vollständig fassungslos macht aber jeden, der sich für die Gemeinde Heddesheim interessiert, dieser Satz zur „Pfenning“-Ansiedlung: „Ein Verfahren mit einem bei uns noch nie dagewesenen Umfang an Bürgerbeteiligung“, so Kessler, der eben darin einen Unterschied zu „Stuttgart 21″ sieht.“

Bürgerbeteiligung? In Heddesheim? Ein Schock.

Wer sich für Heddesheim interessiert und die Debatte um diese „Pfenning“-Ansiedlung interessiert verfolgt hat, versteht meinen Schock.

Kann es sein, dass ein bürgerferner Bürgermeister Kessler tatsächlich diesen Satz gesagt hat? Und kann es sein, dass eine bürgerferne Journalistin diesen einfach so aufschreibt?

Zur Erinnerung. Als der „100-Millionen-Euro-Kessler“ im April 2009 die Bürger über die geplante „Pfenning“-Ansiedlung „informierte“, war schon alles entschieden. Für die Bürger gab es keine Möglichkeit der „Beteiligung“ mehr.

Komplett andere Bildsprache. Applaus, Applaus, Applaus. Positiv soll es sein.

Aufgrund der massiven Sorgen und Unzufriedenheit der Bürger kam es erst zu einer kommunalpolitischen Sensation: Die Wähler verschafften den „Grünen“ einen sensationellen Erfolg. Die stellen nunmehr sechs, statt vorher drei Gemeinderäte.

Die vollkommen aussichtlosen Kandidaten Michael Bowien (SPD) und ich (FPD-Liste, parteilos) wurden aus dem Stand an sehr vielen „verdienten“ Persönlichkeiten vorbei tatsächlich gewählt.

Im Sommer 2009 wurde für 35.000 Euro ein Unternehmen (IFOK) engagiert, dessen „Spezialität“ es ist, „Konflikte zu lösen“, sprich, dem „Auftraggeber“ Stress zu ersparen.

Als die IFOK fertig war, kam es zu einer Bürgerbeteiligung mit Suggestivfragen, die eine „Mehrheit“ von 0,7 Prozent oder 40 Stimmen bei über 5.000 abgegebenen Stimmen für „Pfenning“ ergab und die fluchs in einen „politischen Willen“ der Bevölkerung umvergewaltigt wurde.

2010 gab es weder einen „IFOK-Dialog“, noch eine Bürgerbefragung, noch sonst eine Bürgerbeteiligung.

Von was also redet Herr Kessler, wenn er von einem noch „nie dagewesenen Umfang von Bürgerbeteiligung“ spricht? Und wo war Frau Görlitz in der ganzen Zeit? Hat sie nichts mitbekommen, weil sie das einfach so hinschreibt, als wäre es wahr?

Es gab weder 2010 noch 2009 eine durch den Bürgermeister Kessler gewünschte noch geförderte „Bürgerbeteiligung“. 2009 war das der „Not“ geschuldet, 2010 hat keine stattgefunden.

Richtig ist allein der Passus: „noch nie dagewesen“. Der beschreibt auch das Dilemma zutreffend – allerdings sehr unabsichtlich.

„Bürgerbeteiligung“ ist in Heddesheim ein Fremdwort. Nicht ganz. BürgerInnen, die alles abnicken und keine Fragen stellen, sind Teil der Heddesheimer Tradition. Kritische Bürger nicht. Und jeder, der sich als BürgerIn am „Verfahren“ kritisch beteiligen wollte, hat seine Lektion erhalten.

Das Ergebnis: Lügen.

Im Ergebnis lügen also sowohl der Bürgermeister als auch seine Hofberichterstatterin Görlitz. Einfach so, wie gewohnt.

Und positiv geht es weiter. Die Bildsprache "Applaus" bleibt: Kein Wort vom Ärger mehr. Schon gar kein Bild von Ablehnung. Vorne rechts im brauen Anzug der "SPD-Chefgrinser" Jürgen Merx nebst Gattin, die 2010 Sekretärin des Bürgermeisters geworden ist und sich langsam, aber sicher in ihrer Rolle zurechtfindet.

Es passt hervorragend aus Sicht des Bürgermeisters und seines Verlautbarungsorgans Mannheimer Morgen, dass „wir insgesamt 2010 eines der besten Ergebnisse der letzten Jahrzehnte erwirtschaften konnten“, zitiert Görlitz ihren Kessler.

Auch das ist eine knallharte Lüge. Kommunen sind keine Wirtschaftsbetriebe. Folglich „erwirtschaften“ sie auch nichts. Sie geben überwiegend aus, was andere erwirtschaftet haben. Ein wichtiger Teil ihrer Einnahmen ist die Gewerbesteuer und hier gab es 2010 höhere Einnahmen, als „vermutet“. Das heißt, die Gemeinde profitiert von der Wirtschaftsleistung der Betriebe am Ort, von der Steuerkraft der BürgerInnen und von Umlagen und Gebühren.

„Natürlich lässt er (Kessler) nicht unerwähnt, dass die Zahlungen der Firma Pfenning neben erheblichen Steuer-Mehreinnahmen Anteil an der derzeit sehr guten finanziellen Lage der Gemeinde haben“, steht im Mannheimer Morgen.

Wer das unaufmerksam liest, hat den Eindruck, dass Pfenning schon Steuern zahlt. Tatsächlich ist das nicht so und das ist auch nicht für die Zukunft zu erwarten, sondern es sind die vorhandenen Betriebe. Und einige davon sind absolut gegen „Pfenning“ eingestellt und spielen mit dem Gedanken, von Heddesheim wegzugehen, wenn „Pfenning“ kommen sollte.

Die „Rücklage“ von knapp sechs Millionen Euro ermögliche die Finanzierung „unserer wichtigsten Ziele“. Die sind, so MM, eine neue Heizung für die „Kepler-Schul“ (die Johannes-Kepler-Schule heißt, aber nicht mehr lange), die Umsetzung des Neubaugebiets am nördlichen Ortsrand (hier verdienen mutmaßlich örtliche Bauern und sonstige Verwandte) und „nicht zuletzt ein Geburtstagsgeschenk für die Fortuna, von dem auch andere Sportler profitieren: ein Kunstrasenplatz anstelle des Hartplatzes im Sportzentrum“, heißt es im MM.

Fairness, blabla, sachlich, blabla.

Und „bei all dem hofft Kessler auf eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat, bei der wir zwar nicht einer Meinung sein müssen, jedoch stets die Bereitschaft haben sollten, uns sachlich und menschlich fair (…) auseinanderzusetzen“, schreibt die Zeitung.

Bürgermeister Kessler hat durch seine unsachliche und unfaire Leitung des Gemeinderats seit der vergangenen Kommunalwahl durchgehend und „nachhaltig“ bewiesen, dass er der letzte ist, der über „Sachlichkeit und Fairness“ kompetent reden kann.

Darin steht ihm seine in Sachen „Pfenning“ geschlossen-nichtredende Mehrheit von 12:9 in nichts nach. Und auch sonst ist „Sachlichkeit“ und „Fairness“ im Heddesheimer Gemeinderat in etwa so präsent wie Sonnenschein in der Nacht.

Wie verkorkst das Verständnis von Demokratie aus Sicht dieses selbstherrlichen Bürgermeisters und seiner Vasallen ist, dokumentiert die „Journalistin“ Anja Görlitz zwei Tage später.

Im Mitteilungsorgan MM der Gemeinde Heddesheim erscheint dieses mehr als unvorteilhafte Foto aus der "journalistischen Not" geboren, schon drei Monate vor der Wahl eine "gewählte" neue VHS-Leiterin zu präsentieren. Der Verlust des journalistischen Anstands und leider auch der der Dame wird bewusst aufs Spiel gesetzt.


Am 12. Januar 2010 betitelt sie einen Artikel: „Theresia Brück übernimmt das Amt von Ursula Brechtel“.

Immerhin, der „MM“ hat recherchiert: „Offiziell wird die Amtsübergabe mit der Wahl Theresia Brücks durch den Gemeinderat. Sie steht voraussichtlich in der März-Sitzung auf der Tagesordnung, wie Hauptamtsleiter Julien Christof auf „MM“-Nachfrage sagte.“

Hätte der „MM“ bei Gemeinderäten nachgefragt, hätte die „offizielle“ Antwort lauten müssen: Frau Theresia Brück ist nicht bekannt. Von einer „Wahl“ kann keine Rede sein, weil es keine Wahl-Alternative gibt. Warum eigentlich nicht? Ist Frau Brück die einzige Bewerberin und wenn ja, warum?

Brechtel im Amt seit 1983 – Brück im Amt, ohne Wahl seit 2011.

Und wenn der „MM“ nachgedacht hätte, hätte er sich die Frage gestellt, wieso Frau Ursula Brechtel (1. stellvertretende Bürgermeisterin) seit 1983 noch niemals „zur Wahl“ gestanden hat, sondern immer wieder im Amt bestätigt wurde. Gab es schon jemals eine Wahl? Andere Bewerber? Echte Bewerber? Wie hat sich Frau Brechtel eigentlich seit 1983 für die Aufgabe weitergebildet? Welche Qualifikationen werden andernorts vorausgesetzt? Das sind interessante journalistische Fragen.

Und ganz unabhängig von so vielen Fragen bleibt die Frage, wieso eine Zeitung eigentlich vermelden kann, dass eine Einzelkandidatin ohne gewählt zu sein und ohne öffentliche Beteiligung einfach so ein Amt übernimmt?

Weil die „Wahl“ im Hinterzimmer zwischen interessierten Geheimkreisen schon entschieden wurde, denken Sie? Sie denken richtig.

Bürgermeister Michael Kessler hat sich den Ort schon längst zur Beute gemacht.

Aufgrund willfähriger Gemeinderatssitzern, einer willfährigen „Presse“ und einer Amtsführung, die von allem geprägt ist, nur nicht von „Sachlichkeit und Fairness“.

Und schon gar nicht vor dem Respekt vor „Bürgerbeteiligung“, Transparenz und gelebter Demokratie.

Die Intoleranz, die Bürgerferne und die Intransparenz der Entscheidungen sind „gelebte Demokratie“ in Heddesheim – zumindest aus Sicht eines Herrn Kessler, seiner „Sprecher“, Josef Doll, Jürgen Merx und Frank Hasselbring und den zumeist „sprachlosen“ Fraktionsmitgliedern.

Die schon Anfang Januar durch einen „Pressebericht“ bestätigte „neue VHS-Leiterin“ Theresia Brück, die „voraussichtlich erst im März“ dazu „gewählt“ wird, ist durch dieses verkrebste Demokratieverständnis schon derart beschädigt, dass man ihr wünschen muss, schnell Reißaus zu nehmen.

Wer wird schon gerne als einzige Kandidatin drei Monate vor der Wahl im Amt bestätigt? Das kennt man sonst nur aus Diktaturen. Oder sagen wir mal, aus „demokratiefernen“ Systemen.

Erstwähler, Hoffnung und Realitäten.

Die „Hoffnung auf mehr Sachlichkeit und Fairness“, verbunden mit der Einladung an „Erstwähler“ zur Landtagswahl im März, hat Frau Görlitz bratwurstig irgendwie in den Artikel reingeschwurbelt. Ebenso wie den Hinweis auf „Stuttgart 21“.

Man darf gespannt sein, wie die Wahl ausgehen wird.

Ob die „Grünen“ zusammen mit anderen den „Machtwechsel“ schaffen, ist offen. Als sicher darf gelten, dass es in Zukunft sehr wohl um das „Trennende“ gehen wird.

„Nicht das Trennende, sondern die Gemeinsamkeit solle in den Vordergrund rücken“, zitiert Frau Görlitz den Bürgermeister Michael Kessler.

Ich vermute mal, dass es eine neue „Gemeinsamkeit“ der Menschen gibt. Die wünschen sich Transparenz und Bürgerbeteiligung. Und diese Menschen wollen sich von intransparenten Strukturen, Vetterleswirtschaft, Hinterzimmerpolitik und Patronage sehr bewusst trennen.

Das könnte eine neue Gemeinschaft ergeben. Zum Wohl der Bürger. Zum Wohl der Gemeinde.

Und nicht zum Wohl derer, die selbstherrlich bestimmen wollen, wem welches Wohl sein soll oder nicht.

Ich bin wie viele BürgerInnen in diesem Land geschockt von der Selbstherrschlichkeit derer, die sich die „Gemeinschaft“ zur Beute gemacht haben.

Und ich stehe wie viele Wähler vor der Frage, ob ich, wenn ich das eine Übel abwähle nicht das andere wähle.

Ich als Journalist stehe für Transparenz. Dafür bin ich auch als Gemeinderat angetreten und dafür setze ich mich auch als Bürger ein.

Als Bürger wünsche ich mir Beteiligung. Als Journalist den Zugang zu und die Verbreitung von Informationen. Und als Gemeinderat ein wenig Würde, um diesen Ehrenamt auch nur ansatzweise „ehrenvoll“ angesichts der „herrschenden Zustände“ ausüben zu können.

Anmerkung der Redaktion:
Hardy Prothmann ist verantwortlich für das heddesheimblog, sowie das hirschbergblog, das ladenburgblog, das weinheimblog und das rheinneckarblog. Er ist seit 20 Jahren als freier Journalist tätig, darunter für fast alle „großen“ deutschen Medien und seit Mai 2009 wieder Lokaljournalist.
Bei der Kommunalwahl 2009 gewann er „chancenlos“ die „FDP-Liste“ als parteiloser Kandidat mit 20 Prozent Vorsprung zu den anderen beiden Kandidaten und ist seitdem partei- und fraktionsfreier Gemeinderat in Heddesheim.

Anmerkung der Redaktion:
Sollten die Links auf Berichte des Mannheimer Morgen nicht mehr funktionieren, benötigen Sie voraussichtlich einen Code, den Sie durch Erwerb der Zeitung für zwei Tage erstehen können. Sollte Ihnen das nicht möglich sein, schicken Sie uns eine email. Wir versuchen Ihnen dann den Zugriff auf die Quelle zu ermöglichen.

Gläserner Gemeinderat: Der Schauprozess

Guten Tag!

Heddesheim, 23. Dezember 2010. CDU, FDP, SPD und Bürgermeister Michael Kessler haben in der Gemeinderatssitzung vom 22. Dezember 2010 ihren „Sündenbock-Antrag“ bestätigt und gegen die Meinungsfreiheit und eine Gleichbehandlung gestimmt.

Was aus Sicht der „Anti-Prothmann-Front“ zunächst die eigenen „Rache-Gelüste“ befriedigt hat, wird sich langfristig als Fehler herausstellen. Die selbsternannte „Allianz der Anständigen“ hat ohne Sinn und Verstand ein Bekenntnis zur Meinungsfreiheit und zur demokratischen Ordnung abgelehnt.

Von Hardy Prothmann

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Hardy Prothmann, freier Journalist. Bild: sap

Der Blick in die Gesichter der Gemeinderäte der CDU, FDP und SPD und Bürgermeister Kessler war aufschlussreich. Die Mimiken schwankten zwischen versteinerter Härte und einer gewissen lustvollen Befriedigung.

Man hatte sich verabredet, einem Mitglied aus dem Rat den „moralischen Prozess“ zu machen.

Absurde Zustände.

Dass der „Missbilligungsantrag“ durchgehen würde, war klar. Auch die Absurdität zwischen Äußerungen und Abstimmungsverhalten war klar. Der SPD-Fraktionschef Jürgen Merx konnte sich wie die SPD-Fraktion zwar dem Antrag wegen „seiner Art“ nicht anschließen, die vier SPD-Gemeinderäte stimmten aber zu (Michael Bowien fehlte in der Sitzung).

Auch CDU-Gemeinderat Martin Kemmet betonte ausdrücklich, dass er nicht allein mich für die „Zustände“ im Gemeinderat verantwortlich macht, sondern auch viele andere (ohne Namen zu nennen) und stimmte dann doch für den Antrag.

Das muss man nicht verstehen. Das muss man aber zur Kenntnis nehmen.

Gegen das Grundgesetz.

Ebenso das Abstimmungsverhalten zu meinem erweiterten Antrag. CDU, SPD, FDP und Bürgermeister Kessler haben in der Sitzung vom 22. November 2010 ausdrücklich gegen die Anerkennung von Artikel 5 Grundgesetz, sich frei eine Meinung bilden und diese äußern zu können, gestimmt. Martin Kemmet hat sich enthalten.

Und sie haben ebenso gegen eine geordnete Gleichbehandlung im Gemeinderat gestimmt. Ganz selbstverständlich. Ohne Zögern. Aus Überzeugung.

Ist der Schluss also richtig, dass Bürgermeister Kessler und die vierzehn Gemeinderäte von CDU, SPD und FDP Antidemokraten sind, weil sie gegen die Anerkennung eines Grundgesetzartikels und gegen die korrekte Einhaltung der Gemeindeordnung stimmen?

Ich hoffe nicht. Ich befürchte aber, dass in der wütenden Auseinandersetzung mit meiner Person demokratische Spielregeln und demokratische Überzeugungen seit geraumer Zeit keine Rolle spielen.

Gestern wurde wieder das übliche Rollenspiel von vorab nicht-öffentlich verabredeten Entscheidungen „öffentlich“ aufgeführt.

„Sie sind ekelhaft.“ Bürgermeister Michael Kessler zu Gemeinderat Hardy Prothmann.

In nicht-öffentlicher Sitzung darf Bürgermeister Michael Kessler zu mir sagen: „Sie sind ekelhaft“, ohne dass es auch nur den Hauch einer geheuchelten Welle der Empörung gibt. Auch damals war in den Gesichtern der „Allianz der Anständigen“ eine lustvolle Befriedigung zu sehen. Der Bürgermeister hat sich später dafür „entschuldigt“. Aber nicht offen und ehrlich, sondern nur irgendwie.

Ich habe gestern meine Bemerkung gegenüber Herrn Hasselbring als „unangebracht“ zurückgezogen und bemängelt, dass die Mehrheit im Gemeinderat zweierlei Maß in Sachen Anstand und Moral anlegt.

Dies wurde auch prompt durch das gewohnte Sitzungsverhalten des Bürgermeisters und gewisser Gemeinderäte wie Herrn Dr. Doll bestätigt.

Dreckspatzigkeit.

Und durch den SPD-Gemeinderat Reiner Lang, der das journalistische Angebot des heddesheimblogs als „Dreckspatzigkeit“, als „Sauerei“ und „Schwachsinn“ bezeichnete.

Diese üble Vulgärsprache fand offensichtlich die stillschweigende Anerkennung sowohl des Bürgermeisters Kessler als auch die der anderen Gemeinderäte, die sich im Besitz des Anstands wähnen.

Unter diesen „Anständigen“ ist auch CDU-Gemeinderat Rainer Hege. Der hat mir gestern am Ratstisch erstmals Gruß und Handschlag verweigert. Warum, hat er nicht gesagt. Auch FDP-Gemeinderätin Ingrid Kemmet verzichtet sein gestern darauf.

Doppelmoral.

Auch der Bürgermeister Michael Kessler verweigert schon seit gut einem Jahr Gruß und Handschlag. CDU-Fraktionschef und Antragsteller Josef Doll sowieso wie auch FDP-Fraktionschef Frank Hasselbring und SPD-Fraktionschef Jürgen Merx.

Auch CDU-Gemeinderat Hans Siegel ist seit kurzem nicht mehr in der Lage der einfachsten und erwartbarsten Form der Respektsbezeugung nachzukommen, ebensowenig wie Reiner Lang und Jürgen Harbarth (beide SPD).

Die Form wahren bis heute Karin Hoffmeister-Bugla und Michael Bowien (SPD), Walter Gerwien, Dieter Kielmayer und Volker Schaaf sowie alle Gemeinderäte der Grünen.

Ich habe dazu gestern deutlich meine Meinung gesagt: Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, wie „Moral“ von Teilen des Gemeinderats öffentlich geheuchelt und nicht-öffentlich gemeuchelt wird.

Die selbstgefällige, pharisäerhafte Doppelmoral vieler Gemeinderäte ist offensichtlich.

Selbst die Brücken, die die Gemeinderäte der Grünen mit ihren Wortbeiträgen gebaut haben oder der Apell von Martin Kemmet (CDU), dass viele Personen an den „Heddesheimer Zuständen“ beteiligt sind, erreichte keinen der „Missbilliger“.

Front der Verhärtung.

Die Front der Verhärteten ist derart negativ belastet, dass eine Entspannung überhaupt nicht zur erwarten ist.

Das zeigten auch Form, Inhalt und Vortrag des Antrags. Statt eines Apells mit Aussicht auf eine Veränderung oder Erneuerung der Verhältnisse, ging es um die Festschreibung der verbohrten Stellungen und den innigen Wunsch, mich loszuwerden.

Statt sich dem Bibelsatz „Wer unter euch ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein“ anzuschließen, gingen die Hände mit versteinerten Mienen der „Ankläger“ in diesem „Schauprozess“ hoch.

„Unbequemlichkeit ist wichtig.“ Andreas Schuster

Ich werde es weiter so halten, wie der Grünen-Gemeinderat Andreas Schuster es formulierte: „Ich halte eine gewisse Unbequemlichkeit für wichtig.“

Das haben andere vor mir auch schon so gehalten, beispielsweise Georg Büchner, der wegen seiner politischen Schriftstellerei per Haftbefehl gesucht wurde und nach dem heute der bedeutendste Literaturpreis Deutschlands benannt ist.

Oder Heinrich Heine, der großartige Dichter, der für seine Dichtung „Deutschland. Ein Wintermärchen“ ebenfalls per Haftbefehl gesucht wurde und dessen Werk zensiert wurde. Darin heißt es:

„Noch immer das hölzern pedantische Volk,
Noch immer ein rechter Winkel
In jeder Bewegung, und im Gesicht
Der eingefrorene Dünkel.“

Besser als mit diesem Heine-Wort kann man die Haltung von CDU, FDP, SPD und Bürgermeister Michael Kessler mit einer „gewissen Unbequemlichkeit“ nicht wiedergeben.

Download:
Antrag zu Meinungsfreiheit und Gleichbehandlung

hardyprothmann

Chance vertan

Guten Tag!

Heddesheim, 23. Dezember 2010. Der Heddesheimer Gemeinderat hat mit der Zustimmung zum „Missbilligungsantrag“ und der Ablehnung einer „Gleichbehandlung“ die Chance auf eine Annäherung vertan. Die Fronten sind verhärteter denn je.

Kommentar: Sabine Prothmann

Bürgermeister Michael Kessler und 14 Gemeinderäte haben das Verhalten von Gemeinderat Hardy Prothmann in der Sitzung vom 18. November 2010 dieses Jahres missbilligt. Der Antrag war gemeinsam von der CDU- und der FDP-Fraktion eingebracht worden.

sap

Sabine Prothmann meint, dass der Heddesheimer Gemeinderat eine Chance vertan hat. Bild: privat

Und um es gleich vorweg zu nehmen, ich bin mit Hardy Prothmann verheiratet und folglich „befangen“. Ich darf aber trotzdem meine eigene Meinung haben.

Die Bemerkung meines Mannes gegenüber Herrn Hasselbring fand ich „richtig daneben“. Ebenso aber die Provokation durch Herrn Hasselbring.

Und noch mehr eine „öffentliche Missbilligung“ in dieser Art, denn es gibt einige Gemeinderäte, die besser nochmal über ihr eigenes Verhalten nachdenken sollten.

Die fünf Gemeinderäte der Grünen haben den Antrag ablehnend entschieden. Hardy Prothmann hat sich selbst als befangen erklärt und an der Abstimmung nicht teilgenommen.

Der Antrag von Gemeinderat Prothmann wurde mit 14 Gegenstimmen und 1 Enthaltungen abgeschmettert.

Eindeutiges Ergebnis?

Das Ergebnis war demnach eindeutig. War es das?

Martin Kemmet (CDU) verstand nach eigener Aussage den Antrag als „Mahnung an alle“ und weiter „die Provokationen kommen nicht nur von Herrn Prothmann“.

Dieser Sicht wollten sich die Gemeinderäte der CDU, FDP und SPD nicht anschließen.

Und Herr Kemmet stimmte dann doch für den Antrag seiner Fraktionskollegen, das Verhalten von Herrn Prothmann zu missbilligen.

Dagegen haben die Wortbeiträge der Grünen-Fraktion, von Fraktionssprecher Klaus Schuhmann und seinen Kollegen Ulrich Kettner, Andreas Schuster und Günther Heinisch unmissverständlich klar gemacht, dass sie das Verhalten von Hardy Prothmann in der vergangenen Sitzung, die maßgeblich für den Antrag war, nicht gut heißen und dennoch haben sie den Antrag abgewiesen.

Der Antrag machte sich fest an der Sitzung vom 18. November 2010 als Hardy Prothmann auf eine provozierende Anfrage von Herrn Hasselbring, der von Prothmann Auskunft zu seinem Hörvermögen verlangte, diesen mit dem „freundlichen Hinweis“ konfrontierte, er habe möglicherweise ein Zahnproblem und rieche.

Was wurde jetzt eigentlich genau missbilligt?

Freundlicher Hinweis, Beleidigung, schamlose Bemerkung oder derber Schlag unter die Gürtellinie? Darüber kann man geteilter Meinung sein, aber die weiteren Ausführungen des Antrags richteten sich eher an das „allgemeine Verhalten“ des freien Gemeinderats Hardy Prothmann.

Hätte der Antrag dann nicht auch so gestellt werden müssen? Und zwar: Der Gemeinderat missbilligt grundsätzlich das Verhalten des Gemeinderats Prothmann.

Der „Webblog“, wie Herr Doll immer wieder betonte – und damit meint er wohl das heddesheimblog – ist der eigentliche Dorn im Auge der Betrachter.

So war es denn auch der journalistische Beruf, der immer wieder als Stein des Anstoßes empfunden wurde. Dürfen Journalisten also keine Gemeinderäte sein? Steht das irgendwo in der gern zitierten Gemeindeordnung? Oder wenn, dürfen sie dann nicht aus der Gemeinde berichten, in der sie leben?

Bürgermeister Kessler sagte: „Sie bekommen von mir als Gemeinderat jederzeit einen Termin, als Journalist nicht.“

Folglich kann ein Architekt oder ein Bauunternehmer, niemals ein Geschäft mit der Gemeinde machen, selbst wenn er das beste Angebot hätte. Auch ein Fotograf oder ein Landwirt oder ein Polizist oder eine Unternehmerfrau oder jemand im Bildungsbereich müssten dann die gleiche Behandlung durch den Bürgermeister erfahren. Ist das so?

Journalismus ist eine Dienstleistung, die auf Artikel 5 des Grundgesetztes basiert: Dem Recht auf freie Meinungsbildung und -äußerung.

Was in der Debatte, Disput oder Diskussion nicht geklärt wurde, ist die Frage, ob es um die journalistische Tätigkeit als solche, um die Art der Berichterstattung oder um die Person Hardy Prothmann geht.

Auch das „demonstrative Twittern“ wurde als Affront und sichtliches „Desinteresse“ gewertet. Auch wenn dies nicht Thema der Gemeinderatssitzung vom 18. November 2010 war, bot es sich an, das auch noch drauf zu packen.

Andreas Schuster (Grüne) hat sich mit dem Thema beschäftigt und festgestellt, das „Twittern“ auch bei Bundestagsdebatten inzwischen zur üblichen Praxis gehört und man sich in Heddesheim vielleicht mit diesem Phänomen noch nicht beschäftigt habe.

Die SPD-Fraktion hat geschlossen dem Antrag zugestimmt – Michael Bowien war nicht anwesend – obwohl Herr Merx in seiner Stellungnahme der Fraktion erklärte, man habe sich dem Antrag nicht angeschlossen, da man in der Form nicht übereinstimme. Worin man nicht übereinstimme, hat Herr Merx leider nicht gesagt. Er hat sichtlich zufrieden zugestimmt.

Sein Kollege Reiner Lang bezeichnete zuvor das Angebot des heddesheimblogs als „Dreckspatzigkeit“ – und der „Dreckspatz“ ist demnach Hardy Prothmann, sollte man es so verstehen? Auch er stimmte sichtlich gerne dem „Missbilligungsantrag“ zu.

Ablehnung der Meinungsfreiheit und Gleichbehandlung.

Der Antrag meines Mannes, die Meinungsfreiheit zu respektieren und auf eine Gleichbehandlung zu achten, wurde mit 14 Gegenstimmen abgeschmettert.

Das heißt 14 Gemeinderäte missbilligen nicht Sanktionierungen, die insbesondere dem Artikel 5 des Grundgesetzes (Meinungsfreiheit) widersprechen, sie erkennen nicht an, dass Michael Kessler eine verantwortungsvolle Aufgabe hat und sich dieser bewusst ist. Sie beschließen nicht, auf eine gleichwertige Behandlung durch den Sitzungsleiter zu achten und missbilligen eine Ungleichbehandlung ausdrücklich nicht.

Waren sich die Gemeinderäte überhaupt bewusst, was sie da abgelehnt haben? Oder ging es nur darum, jeden Antrag von Hardy Prothmann grundsätzlich abzulehnen?

Dieser Abend hätte das Zeug gehabt, eine Chance für Heddesheim und seinen Gemeinderat zu werden. Diese Chance wurde vertan. Die Fronten haben sich nur noch mehr verhärtet.

Die „guten, alten Zeiten“ sind vorbei.

Manch ein Gemeinderat möchte vielleicht von der „guten alten Zeit“ träumen, von einer Zeit als noch nicht 6 Gemeinderäte der Grünen und noch kein Hardy Prothmann im Gemeinderat saßen.

Oft wird die Politikverdrossenheit der Bevölkerung bemängelt. In der gestrigen Sitzung des Gemeinderats saßen 40 Zuschauer. Teils waren es sogar schon über 120. In anderen Gemeinden freut man sich schon über zehn oder zwanzig Gäste, meist sind es nur eine Handvoll, oft gibt es gar keine Bürgerinnen und Bürger, die sich interessieren.

Mit den Grünen und Hardy Prothmann ist die Heddesheimer Bevölkerung in einem Maße politisiert worden, wie es das in den Nachbargemeinden überhaupt nicht gibt. Ist das ein Erfolg? Oder eine Niederlage?

Wünschenswert wäre es, dass alle Gemeinderäte plus Bürgermeister Michael Kessler die Festtage nutzen, um noch einmal über ihre Haltung nachzudenken.

Um eine Haltung zu finden, muss man über seine eigenen Werte nachdenken.

Ist das ein zu frommer Wunsch?

Vielleicht. Aber Wünsche darf man haben. Selbst befangene. Und morgen ist Weihnachten.

Anmerkung der Redaktion:
Sabine Prothmann ist mit Hardy Prothmann verheiratet. Hardy Prothmann ist verantwortlich für das heddesheimblog und ist partei- und fraktionsfreier Gemeinderat.

Ist Stuttgart 21 überall?

Guten Tag

Heddesheim, 22. September 2010. (red) Die „IG neinzupfenning“ hat heute mit der Verteilung eines neuen Flyers begonnen. Darin fordert die Interessengemeinschaft auf, „hörbar und sichtbar Widerstand zu leisten“.

Von Hardy Prothmann

Die „IG neinzupfenning“ ruft mittels eines Flugblatts erneut zum Widerstand gegen die geplante „Pfenning“-Ansiedlung auf. Für den kommenden Samstag ist eine „Tour de Flur“ geplant, Treffpunkt ist um 11:00 Uhr.

Zur kommenden Gemeinderatssitzung am 30. September 2010 ruft die IG zu einem „Treffen“ vor dem Rathaus um 16:30 Uhr auf.

Beide Veranstaltungen sind nach unseren Informationen nicht als Demonstrationen angemeldet und sollen das auch nicht sein.

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Ist Stuttgart 21 überall?

Ausweislich des Flyers orientiert sich die IG nun an den Protesten zu „Stuttgart 21“, dem vermutlich größten Infrastrukturprojekt Europas, dem Gegner „Unsinn, Großmannssucht und Geldverschwendung“ vorwerfen und dessen Befürworter die „wirtschaftlichen und konjunkturellen Vorteile“ hervorheben.

Stuttgart ist weit, aber nicht sehr weit weg. Die entscheidende Frage lautet: „Ist Stuttgart 21 überall?“ Die IG behauptet das.

Wie groß aber sind die Chancen, dass die IG tatsächlich viele BürgerInnen für eine friedliche „Tour de Flur“ am Samstag und ein „Treffen“ zur kommenden Gemeinderatssitzung motivieren kann?

Rückschau.

Hier lohnt eine Rückschau.

In der Auseinandersetzung in Sachen „Pfenning“ gibt es auf der politischen Ebene, also dem Gemeinderat zwei Fraktionen: Die Befürworter mit 12 Stimmen und die Gegner der Ansiedlung mit 9 Stimmen.

Die Mehrheit ist eindeutig und in der vergangenen Gemeinderatssitzung wurde der Bebauungsplan als Satzung mit ebendieser Mehrheit 12:9 beschlossen.

Das entspricht einem prozentualen Mehrheitsverhältnis von 57,1 Prozent zu 42,9 Prozent. Nimmt man die Stimme des Bürgermeisters heraus und betrachtet nur die Mehrheitsverhältnisse der Gemeinderäte, bleibt noch eine Mehrheit von 55 zu 45 Prozent.

Berechnungen.

Diese Mehrheit entspricht nicht dem Ergebnis der Bürgerbefragung, die mit 50,35 Prozent zu 49,65 Prozent ausgegangen ist. Nur 0,7 Prozentpunkte Unterschied liegen zwischen den Befürwortern und den Gegnern. Konkret stimmten 2.910 Bürgerinnen für und 2.870 Bürgerinnen gegen die Ansiedlung von „Pfenning“. Die „absolute Mehrheit“ entsprach also 40 Stimmen. 59 Stimmen wurden nicht gezählt, weil sie ungültig waren.

Übertrüge man dieses „Mehrheitsverhältnis“ auf den Gemeinderat, hätte es dort eine Patt-Situation gegeben, weil 0,7 Prozentpunkte nicht darstellbar sind.

Ein Patt, also gleich viele Stimmen für und gegen ein Projekt bedeutet automatisch die Ablehnung.

Nähme man nun also an, die Stimmen der Gemeinderäte wären zehn zu zehn ausgegangen und die hauchdünne Mehrheit wäre die Stimme des Bürgermeisters, hätte dieser auch mit 11:10 trotzdem die entscheidende Mehrheit hergestellt.

Falls Sie meinen, das dies haarspalterische Rechenbeispiele sind, dann verkennen Sie die politische Dimension der Deutung. Bei der Mehrheit der 12 Stimmen scheint eine klare Mehrheit zu herrschen. Dem ist aber nicht so.

In der Tradition der gemeinderatlichen Entscheidungen ist jeder Bürgermeister immer sehr bemüht, klare Mehrheiten für sich zu gewinnen. Eine Mehrheit von fünf oder sieben Prozentpunkten ist eine Mehrheit, aber eben keine klare.

Was klare Mehrheiten sind, zeigen andere Verfahren, bei denen zwei Drittel der Stimmen eine solche klare Mehrheit darstellen.

In der Wirtschaft sind beim Aktienrecht klare Mehrheiten 75 Prozent plus eine Stimme, das heißt, die „Minderheit“ hat nur 24,9 Prozent. Häufig werden sogar Mehrheiten von 80 Prozent plus eine Stimme angestrebt, um keine Zweifel aufkommen zu lassen.

Davon ist die Mehrheit im Heddesheimer Gemeinderat weit entfernt. Um es nochmals zu verdeutlichen. Hätte sich nur ein Gemeinderat „gegen Pfenning“ umentschieden, wäre es 11:10 ausgegangen. Dünner könnte keine Mehrheit sein. Größer kann aber auch kein Druck auf einzelne sein, dieser „eine“ zu sein.

Formale vs. politische Diskussion.

In der formalen Diskussion um die Frage, welche Mehrheiten aktzeptabel sind und nicht, ist die Frage schnell und eindeutig beantwortet: 12:9 oder auch 11:10 sind eine Mehrheit, die ausreicht, um in der Sache einen Beschluss für oder wider zu fassen.

Im politischen Alltag hingegen sind beide Mehrheiten höchst problematisch, da beide beim besten Willen keine „Konsens“-Entscheidung auch nur vermuten lassen. (Lesen Sie unser Interview mit Hans-Georg Wehling zur Sache – einem der anerkanntesten Experten in Sachen Kommunalpolitik.)

Eine politisch „akzeptable“ Mehrheit von zwei Dritteln würde im Falle des Heddesheimer Gemeinderats bei 23 Stimmen mindestens 16 Ja-Stimmen voraussetzen. Da zwei Gemeinderäte „befangen sind“, also nur 21 stimmberechtigte Gemeinderäte übrig bleiben, genau 14 Ja-Stimmen.

Zurück zur „politischen Bewertung“ der 40 Stimmen, die als „Mehrheit“ für die Ansiedlung von „Pfenning“ definiert wurden.

Einen Unterschied von 0,7 Prozentpunkten kann niemand „allen Ernstes“ als „Mehrheit“ begreifen.

Die Bürgerbefragung ist als Patt ausgegangen – also von der Bürgerschaft so entschieden worden, dass sich Ja- und Nein-Stimmen aufheben.

Übertragen auf den Gemeinderat, hätte man erwarten dürfen, dass die Gemeinderäte (von denen jeder einzelne souverän ist und von denen jeder einzelne sich zum Wohl der Gemeinde verpflichtet hat) dies zur Kenntnis genommen hat und einen entsprechenden Beschluss herbei geführt haben müsste – nämlich den der Bürgerbefragung. Ein Patt und damit eine klare Ablehnung.

Konsens?

Und zurück zum Konsens. Nach Aussagen des Bürgermeisters Michael Kessler und der Befürwortersprecher Dr. Josef Doll (CDU), Jürgen Merx (SPD) und Frank Hasselbring (FDP) handelt es sich bei dieser Ansiedlung um eine „Jahrhundertentscheidung“. Und das ist sie tatsächlich.

Das Schicksal der Gemeinde Heddesheim ist mit Inkrafttreten des Satzungsbeschlusses und dem Beginn der Bautätigkeiten über Generationen hinweg an das Schicksal des Vorhabens „Pfenning“ gebunden.

Die Satzung ist noch nicht in Kraft getreten – dazu muss sie erst veröffentlicht werden. Einen Tag nach der Veröffentlichung ist die Satzung gemäß Ortsrecht in Kraft. Vermutlich wird die Veröffentlichung am morgigen Donnerstag im Gemeindeblatt erfolgen, in Kraft tritt sie demnach am Freitag, den 24. September 2010.

„Stuttgart 21“ ist im Vergleich zu „Pfenning“ klein, denn „Stuttgart 21“ wird weder für das Schicksal der Stadt Stuttgart, noch für das des Landes Baden-Württemberg und schon gar nicht für Deutschland verantwortlich sein. „Stuttgart 21“ hat aber ein enormes Potenzial, die politischen Kräfteverhältnisse in der kommenden Landtagswahl deutlich zu beeinflussen.

Auf die Kommunalwahl hat das Projekt schon gewirkt – die Grünen stellen in Stuttgart die stärkste Fraktion. Und auch bundespolitisch kann dieses Projekt Einfluss nehmen.

Kommunalwahl 2014.

„Pfenning“ wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kommunalwahl 2014 bestimmen. Sollten die versprochenen Segnungen nicht eintreffen, wird die Fraktion Bündnis90/Die Grünen vermutlich hinzugewinnen und hat beste Chancen, die stärkste Fraktion zu werden.

Was noch keinen „Machtwechsel“ bedeutet, denn zurzeit stellt die Fraktion ein knappes Viertel des Gemeinderats. Die Grünen könnten aber stärkste Fraktion werden und die CDU ablösen.

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Wieviele BürgerInnen werden kommen?

Denkbar ist auch, dass sich eine weitere kommunalpolitische Gruppe aufstellt, ob die nun Freie Wähler oder anders heißt, sei dahingestellt.

Sollten die versprochenen Segnungen eintreffen, würde das die Positionen der „Befürworter-Fraktion“ stärken. Davon ist allerdings nicht auszugehen, weil der „Segen“ erst Jahre nach Betriebsaufnahme Auswirkungen auf die Gemeinde haben könnte – vorher wird „abgeschrieben“.

Diese „parteipolitischen“ Planspiele sind nur für die interessant, die Kommunalpolitik betreiben und sich für „Kräfteverhältnisse“ interessieren.

Die IG neinzupfenning hat ein anderes „Kräfteverhältnis“ im Blick: „Stuttgart 21“. Eine Protestbewegung, die „unorganisiert“ aus vielen Quellen schöpft. Eine der Hauptquellen ist der zivile Widerstand gegen eine klüngelnde Parteipolitik und Wirtschaftslobbyismus. Gegen „Zentralisierung“ und „Gigantismus“.

Insofern ist der Vergleich „Stuttgart-Heddesheim“ nicht von der Hand zu weisen. Während in Stuttgart aber „große Kräfte“ wirken, muss man sich fragen, wie kraftvoll eine „Heddesheimer Bewegung“ einzustufen ist?

Während in Stuttgart viele Kräfte überregional auf das Projekt wirken, muss man fragen, ob es in Heddesheim allein zur „nachbarschaftlichen“ Solidarität reicht?

Öffentlichkeit.

Die Mitglieder der „IG neinzupfenning“ haben zweifellos einen wichtigen Beitrag im Prozess der geplanten Ansiedlung des Logistik-Riesen „Pfenning“ geleistet, aber niemals die Region, die Nachbarn eingebunden. Ein Fehler? Vermutlich.

Die IG hat Öffentlichkeit gesucht und hergestellt. Im Hintergrund wurden viele Informationen gesammelt und so gut es ging, aufbereitet. Sicherlich sind hier auch „persönliche“ Interessen der Gewerbetreibenden vor Ort wichtig gewesen.

Dies ist bis heute der „Hauptvorwurf“ der „Pfenning-Befürworter“ gegenüber den Initiatoren der IG, die aus einer Arbeitsgruppe des Bundes der Selbstständigen (BdS) hervorgegangen ist.

Innerhalb des BdS kam es zu einer Spaltung. Die Vorsitzende Nicole Kemmet verhehlt zwar bis heute ihre eindeutige Befürworter-Haltung und tut so, als vertrete sie alle im BdS organisierten Geschäftsleute. Offensichtlich tut sie das nicht und verfolgt vermutlich „eigene“ Interessen für ihren eigenen Betrieb, was legitim ist.

Was die IG nicht geschafft hat, ist, aus einer Masse von Gegnern, immerhin die Hälfte der abstimmenden BürgerInnen bei der Bürgerbefragung, eine organisierte Bewegung zu bilden, die sich „hörbar und sichtbar“ gegen das Projekt „Pfenning“ stellt. Also ein „Heddesheim 21“.

„Gemeinschaft der Interessen“?

Denn dafür hätte diese „Interessengemeinschaft“ eine tatsächliche „Gemeinschaft der Interessen“ sein müssen. Ein Sammelbecken für die Interessen der Bürger. Meiner Meinung nach wurde in dieser Hinsicht viel zu wenig gearbeitet und erreicht. Die IG hat den Impuls (was gut ist), aber bis heute nicht die Nachhaltigkeit gesucht (was schlecht ist).

Politik und Gegenpolitik wie bei „Stuttgart 21“ lebt von Ideen, vom Einsatz, vom Willen zur Entscheidung und vor allem von den Menschen, die sich für die eine oder andere Politik einsetzen.

Im Fall von „Stuttgart 21“ erlebt das Land Baden-Württemberg und auch ein wenig die gesamte Bundesrepublik einen Bürgerzorn, der so nicht erwartet wurde. „Stuttgart 21“ ist eine Metapher für Politikverdrossenheit, Frust, Zorn, Aufstand gegen „Verflechtungen“, die kaum noch jemand versteht.

Die „IG neinzupfenning“ lehnt sich zu recht daran an. Auch in Heddesheim gibt es viel Frust, Zorn und den Willen zum Aufstand gegen „Verflechtungen“, die sich aus Sicht der Gegner des „Pfenning“-Projekts in der Person des Bürgermeisters Michael Kessler und seiner „gezimmerten Mehrheit“ (MM) manifestieren.

Die IG hat versäumt, sich als „Organisation“ kontinuierlich zu etablieren und dem „System Kessler“ ein klar anderes System entgegenzusetzen.

Die Politikverdrossenheit der Bürger ist aber scheinheilig, wenn diese sich immer nur darauf verlassen, dass jemand anderes für sie „Systeme“ etabliert. Wo das hinführt, erkennt man an der „Linken“, die keine echte Partei sind, sondern nur ein „Frustsammelbecken“, das nicht mit Substanz überzeugen kann. Oder an „extremistischen“ Gruppierungen, die „Proteste“ einsammeln und dann nicht weiter wissen.

Politische und juristische „Konsequenzen“.

Heddesheimer BürgerInnen, die sich am Samstag und dann vor der Gemeinderatssitzung „treffen“ wollen, muss klar sein, dass diese Treffen im Verfahren „formal“ nichts mehr bewirken werden.

„Wirkungen“ werden nur noch juristische Auseinandersetzungen haben, die von Gewerbetreibenden angekündigt sind. Nach meinem Kenntnisstand werden sie juristisch sehr fachkundig vertreten.

Unabhängig davon versucht die IG, die Heddesheimer Bevölkerung zu Aktionen zu motivieren.

Das finde ich gut. Noch besser fände ich, wenn BürgerInnen Ansprüche an die IG stellten, Forderungen und Ziele definierten und sich aktiv für diese Gemeinde einsetzten.

Die IG bietet einen Termin an. Die Frage ist, ob sich genug Bürgerinnen finden, die für sich, für ihre Verantwortung, für ihre Gemeinde daran teilhaben werden und aus ihrem Engagement etwas machen wollen.

Ich bin gespannt, wie viele BürgerInnen am Samstag ein Zeichen setzen werden.

Niemand muss für seine persönliche Meinung Mitglied einer „IG“ oder einer Partei sein und werden. Artikel 5 Grundgesetz erlaubt uns allen, eine eigene Meinung zu haben und dafür einzutreten.

Wer sich konkret für Heddesheim interessiert und sich über „Pfenning“ hinaus mit der Zukunft der Gemeinde beschäftigen will, dem empfehle ich unser Interview mit Professor Hans-Georg Wehling, einem der renommiertesten Professoren in Sachen Kommunalpolitik.

Dieses Interview haben wir vor fast einem Jahr, am 06. Oktober 2009, veröffenlicht.

Anmerkung der Redaktion:
Hardy Prothmann ist freier Journalist, verantwortlich für das heddesheimblog und ist fraktions- und parteifreier Gemeinderat in Heddesheim.

Offener Brief an Konstantin Groß

Guten Tag!

Heddesheim, 16. September 2010. Der MM-Redakteur Konstantin Groß hat einen bemerkenswerten Kommentar geschrieben – was daran bemerkenswert ist, lesen Sie in unserem offenen Brief an den Journalisten.

Sehr geehrter Herr Groß,

mit Interesse haben ich Ihren Kommentar gelesen.

Ein Kommentar, dass wissen wir von Kollege zu Kollege, soll einen Standpunkt vertreten, eine Meinung, eine bestimmte, klar subjektive Sicht der Dinge.

gross

Kommentiert aus den Gräben der (bleibenden?) Unkenntnis: MM-Redakteur Konstantin Groß. Quelle: MM

Diese Kriterien erfüllt Ihr Kommentar – fast – nicht. Schon der erste Satz macht stutzig: „Nun liegt es endlich hinter uns.“ Was meinen Sie damit? Wer ist „uns“? Als Beobachter der ersten Stunde kann ich mich nicht erinnern, dass Sie und Ihre Berichterstattung eine wesentliche Rolle gespielt hätten. Und wenn? Machen Sie sich etwa gemein mit einer Sache? Also „uns“?

Folgt man dem Duktus Ihres Kommentars und kennt die Hintergründe, dann ist schnell klar, wer uns ist: Der Bürgermeister Kessler, die Mehrheit der 11 Gemeinderäte, das Unternehmen „Pfenning“, die Metropolregion-Rhein-Neckar-Strippenzieher, die IFOK, das RNF und die Pseudo-Wirtschaftspostille „econo“, in der Logistikprofessoren den halben Ort verunglimpfen dürfen und an der der MM beteiligt ist. Und natürlich der MM, respektive Sie. Meinten Sie das mit „uns“? Habe ich noch etwas vergessen?

Ach ja, Frau Görlitz – die hat durch konsequente Nicht-Recherche eigentlich nichts herausgefunden und immer nur brav berichtet, was sie berichten sollte. Auch sie steht wohl für uns. (A propos – das muss schlimm für die „Kollegin“ gewesen sein, dass sie nach all der harten Arbeit an „unserer Sache“ den Vollzug nicht berichten durfte. Warum auch immer.)

Ebenso klar, Herr Groß, ist, wer „nicht uns“ ist. Die Gegner des von Ihnen „endlich“ begrüßten Beschlusses. Das sind die Menschen, die Ihnen mehr und mehr immer weniger glauben und die ihre Abos kündigen.

Doch zurück zu Ihrem Kommentar: Sie lehnen sich hier weit aus dem Fenster für jemanden, der keine Ahnung hat. Sie schreiben von „Unterlegenen“, die sich „verletzt“ fühlen. Und behaupten, der „Vorwurf, man habe Bürger-Engagement nicht honoriert, gehe ins Leere.“

Sie ziehen falsche Schlüsse. Das Grund: Sie reden nicht mit denen, über die Sie schreiben. Ich jedenfalls habe noch keine „Unterlegenen“ getroffen, schon gar keinen „verletzten“.

Ganz im Gegenteil habe ich sehr viele BürgerInnen getroffen, die den Mut und den Charakter haben, Ihre Meinung zu äußern, sozialen Druck, Einschüchterungen und Diffamierungen auszuhalten und trotzdem noch aufrecht durch den Ort gehen. Hinterhältige Gemeinheiten, Herr Groß, gab es genug, seit „Pfenning“ sich Heddesheim als neue „Heimat“ ausgesucht hat. Das wüssten Sie, wenn Sie Teil von „uns“ wären. Sind Sie aber nicht.

Sie haben also etwas ganz und gar falsch verstanden, was nicht schlimm ist, das passiert Ihnen sicher öfter. Zurück zum Kommentar: „Protest von Bürgern ernst zu nehmen, bedeutet nicht, ihm zu folgen.“ Das ist ein merkwürdiger Satz. Meinen Sie wirklich, dass die Befürworter die Kritik ernst genommen haben? Dann haben Sie ein anderes Geschehen verfolgt als ich. Und auch die analytische Aussage stimmt nicht: Immer dann, wenn es eng wurde, hat der Bürgermeister schnell noch so getan, als würde er etwas ernst nehmen. Ob „Dialogrunde“, Verkehrslenkungsvertrag oder die Zusage von „Arbeitsplätzen“.

Und wo haben Sie jemanden getroffen, der dem Beschluss die „Legitimation abspricht“? Ich kenne keinen, der das sagt. 12:9 ist 12:9. Basta.

Erstaunlich ist Ihre Aussage, dass eine Mehrheit „nicht automatisch recht“ haben muss. Aber Mehrheit ist Mehrheit oder „sollte man eine Minderheit entscheiden lassen?“, fragen Sie. Natürlich nicht, Herr Groß. Wie kommen Sie denn auf eine so blöde Idee? Das hat nie jemand verlangt. Sondern die Minderheit hat versucht, die Mehrheit davon zu überzeugen, dass sie nicht recht hat. Das wollte die Mehrheit aber nicht einsehen. Basta.

Nebenbei bemerkt, Herr Groß. Was halten Sie für „größer“? Einer Mehrheit zu folgen, die sich durchsetzt oder einer Minderheit, die das nicht kann? Interessanter Gedanke, oder? Aber ich will Sie nicht überfordern.

Sie schreiben, dass die Ansiedlung die Verkehrsprobleme „verschärfen wird“. Da haben Sie aber nicht gut aufgepasst. Die Mehrheit aus BM Kessler und 11 Räten sagt nein. Pfenning sagt nein. Ein doppeltes Verkehrsgutachten sagt nein.

Und Sie behaupten einfach so, dass das so sein wird? Und finden, dass Logistikhallen keine „Fachwerkhäuschen“ sind? Respekt.

Sie überraschen mich wirklich. Anscheinend sind Sie ein eifriger Leser des heddesheimblogs, wenn Sie konstatieren, dass der Bürgermeister den „Protest zunächst abgetan hat“. Denn in Ihrer Zeitung konnte man davon nichts lesen. Allerdings übersehen Sie dabei schon wieder viele, viele Details – man merkt, dass Sie nicht im Thema sind. Was schlecht ist für einen Kommentar.

Bürgermeister Michael Kessler hat nie an seiner Haltung Zweifel gelassen und tut den Protest bis heute ab. Und wo sehen Sie, dass er „gewachsen“ ist? Etwa an seiner Führung des Gemeinderats? Dass er Mitglieder seiner „zusammengezimmerten“ Mehrheit nie unterbricht, frei schwafeln lässt und oft der Eindruck aufkommt, dass hier „Verabredungen“ herrschen?

Oder daran, dass er acht von neun „Nein-Stimmern“ (einer sagt nie was), immer wieder übers Maul fährt, ihnen das Wort entzieht, fast jeden Wortbeitrag dieser Gruppe schon fast neurotisch mit ätzenden Kommentaren versehen muss. Nennen Sie das „gewachsen“? Halten Sie das für „groß“?

Diese Mehrheit stand nach Ihrer Meinung „bis zuletzt, ohne jedes Wackeln.“ Herr Groß, woher nehmen Sie diese Kenntnis? Das Rumgeschwurbel des CDU-Fraktionsvorsitzenden Dr. Joseph Doll bezeichnen Sie als „standhaft“?

Selbst der Bürgermeister musste in seiner unendlichen Nachsicht auf seine „gezimmerte Mehrheit“ irgendwann den Mann ermahnen, endlich wieder zur Sache zu kommen. Aber vielleicht haben Sie das nicht gehört, weil Sie im Kopf schon Ihre Helden „gezimmert“ haben.

Auch als Augure sind Sie, Sie verzeihen das, eher mittelmäßig. Bis zur nächsten Bürgermeisterwahl sind es noch mehr als dreieinhalb Jahre. Schon heute stellen Sie fest, dass es einen Wahlkampf ohne Gegenkandidaten nicht mehr geben wird. Kennen Sie heute schon einen Gegenkandidaten? Ich nicht. Vermutlich vermuten Sie das.

Und wieso vermuten Sie eigentlich, dass Herr Kessler nochmal antritt? Um zu „kämpfen“, wie Sie das so schön gesagt haben? Für was? Der Mann hat nach zwei Amtsperioden Anspruch auf seine vollen Rentenbezüge. Und vielleicht gibt es ja ein besseres Angebot für ihn, als sich für geschätzte knappe 100.000 Euro im Jahr ständig ärgern zu müssen.

Und Sie schreiben: „Der Preis für ihn ist hoch.“ Auch das zeigt Ihre Perspektive, die leider, leider an der vieler bisheriger LeserInnen des MM vorbeigeht. Denn die fühlen sich zwar nicht verletzt oder unterlegen, aber doch verkauft. Während Herr Kessler tatsächlich seinen „Marktwert“ gesteigert haben dürfte.

Wenn Sie schon vermuten, dann könnten Sie auch auf die Idee kommen, dass es Herr Kessler dank Amtsbonus mit „Ach und Krach“ nochmal schaffen könnte – um dann einem Rat mit einer ihm nicht blind folgenden Mehrheit gegenüber zu sitzen. Vielleicht steht es dann 12:9 oder 11:10 – nur nicht im Sinne des Bürgermeisters. Und dann?

Meine Meinung ist, dass Sie sicher davon ausgehen können, dass Herr Kessler nicht mehr antritt. Denn so bleibt er der Gröbaz (der größte Bürgermeister aller Zeiten, wie ihn einer unserer Leser im Kommentar bezeichnet hat). Ein Gröbaz wäre vollkommen bescheuert, wenn er sich seine Gröbazigkeit durch eine Niederlage versauen würde.

Eines allerdings haben Sie ganz richtig beobachtet, Herr Groß: „Die Gräben bleiben.“ Aus Ihrer unkenntnisreichen Grabensicht sicherlich so lange, bis die „Gegner“ eben eingesehen haben, dass man noch mehr Verkehr für die „Stärkung des Wirtschaftsstandortes Heddesheim“ in Kauf nehmen muss.

Bis man eingesehen hat, dass Billigarbeitsplätze die Volkswirtschaft schädigen, was aber nicht schlimm ist, wenn man vorher durch Tod oder Aussiedlung davon nicht betroffen ist.

Bis man akzeptiert, dass die Landschaft verschandelt ist und die Nerven ob des Lärms blank liegen und die Kinder leider, leider Probleme mit der feinverstaubten Lunge haben.

Bis man erkennt, dass die 12 sich leider geirrt haben, aber eine politische Mehrheitsentscheidung getroffen haben. Denn Sie können mit Sicherheit davon ausgehen, dass einem arbeitnehmerfremden SPD-Fraktionsvorsitzenden Jürgen Merx, einem Lobbyisten wie dem FDP-Chef Frank Hasselbring und einem senilen Prediger des „demographischen Wandels“ eines ganz sicher nicht gelingen wird: Die Größe, einen großen Irrtum im Rausch des Größenwahns eines Gröbaz einzugestehen.

Mit kollegialen Grüßen
Hardy Prothmann

hardyprothmann

Am Montag knackt der „100-Millionen-Euro-Kessler“ seinen Jackpot

Guten Tag!

Heddesheim, 09. September 2010. Unsere Dokumentation zu dem „erfundenen Zitat“: „Ich bin die Gemeinde“, macht eines deutlich, was die Menschen in Heddesheim instinktiv wissen. Bürgermeister Michael Kessler hat längst die Demut vor seinem Amt verloren.

Von Hardy Prothmann

Kein Mensch ist ohne Fehler.

Für die Christen unter uns ist Jesus das beste Beispiel. Für Anhänger der Pop-Kultur ist es sicherlich Michael Jackson.

In Heddesheim gibt es einen Menschen, der ohne Fehl und Tadel ist oder zumindest alles dafür tut, so zu scheinen: Michael Kessler.

Der Heddesheimer Bürgermeister Michael Kessler, Sohn des allgegenwärtigen früheren Bürgermeisters Fritz Kessler, ist nicht mehr kritisierbar. Anders formuliert: Für Kritik nicht mehr zugänglich. Noch anders formuliert: Kritikresistent. Noch anders formuliert: Kritikbefreit.

100-Millionen-Euro-Kessler.

Ich habe Herrn Bürgermeister Kessler zum ersten Mal Anfang 2009 zum Neubürgerempfang gesehen, dass zweite im April 2009 bei der Bürgerversammlung im Bürgerhaus, bei der er versprach, er würde ein „bedeutendes Unternehmen“ nach Heddesheim holen.

Ich habe damals den mir (bis heute) fremden Bürgermeister Kessler gefragt, ob er der „100-Millionen-Euro-Kessler“ werden will.

Diese Frage hat bis heute ihre Berechtigung. Denn es gibt keine guten Argumente mehr.

Das einzige, was bleibt: Sollte diese Investiton getätigt werden, kann Herr Michael Kessler mit Fug und Recht behaupten, dass er der Bürgermeister mit der größten Investionssumme seit vielen Jahrzehnten im Rhein-Neckar-Kreis ist. Der „100-Millionen-Euro-Kessler“.

Für seine Gemeinde Heddesheim ist in Sachen „Bedeutung“, „beträchtliche Gewerbesteuereinnahmen“, „bis zu 1.000 Arbeitsplätze“, „Gewinn für die Gemeinde“ längst keine Rede mehr.

Auch seine Marionetten im Gemeinderat, allen voran der sinnentleerte Dr. Joseph Doll, die „Einheit der 12“, hebt nur noch die Hand zur Bestätigung der Macht – Argumente, Fakten werden längst nicht mehr benannt. Denn sein Prestige-Objekt, die Ansiedlung des Logistik-Unternehmens „Pfenning“ entwickelt sich konkret mehr und mehr zum Fiasko.

Meister des Fiaskos.

Stattdessen wird über „noch mehr Verkehr“, „Belastungen“, „Spaltung“, „Unfrieden“, „Absolutismus“ und „Ich bin die Gemeinde“ geredet. Das beschauliche Dorf ist seit mehr als einem Jahr schon in höchster Alarmbereitschaft. Unfrieden, Bruch von Freundschaften, Übergriffe, Anfeindungen, ja sogar offener Hass bestimmen das Gemeindeleben.

Die Verantwortung dafür trägt Bürgermeister Michael Kessler, der sich immer mehr von seiner Funktion als Meister aller Bürger hin zum Despoten entwickelt.

Es gibt keinen Zweifel, dass sich der Leiter der Verwaltung, ein politischer Beamter auf Zeit, über das höchste Gremium der Gemeinde, den Gemeinderat, als „Ich bin die Gemeinde“ erhebt.

Herr Kessler wollte dieses „Zitat“ mit allen Mitteln aus der Welt schaffen und hat es durch seine unnachgiebige Sturheit nur verfestigt.

Alle BürgerInnen in Heddesheim haben sein „Ja“ auf die Frage: „Sind Sie die Gemeinde?“, genauso absolut richtig verstanden, wie er sich geäußert hat.

Seine Schwäche ist die vermeintliche Stärke.

Sein verzweifeltes Bemühen, nicht gesagt zu haben: „Ich bin die Gemeinde“, sondern nur „Ja“ gesagt zu haben auf die Frage: „Sind Sie die Gemeinde?“, zeigt nichts anderes als seine Schwäche.

Die BürgerInnen erwarten zu recht, dass ihr Bürgermeister weiß, was er will. Dass er Führung zeigt, um sich für ihr Wohl einzusetzen.

Weiß er, was er will? Will er das für die Gemeinde oder für sich?

Mindestens die Hälfte der BürgerInnen glauben in Bezug auf Herrn Kessler nicht mehr, dass er etwas für die Gemeinde will.

Sie sehen einen herrischen, unwirrschen, absolutistisch auftretenden „Bürgermeister“, der etwas durchpeitscht – ohne Rücksicht auf Verluste für die Allgemeinheit, für die Dorfgemeinschaft, für das allgemeine Wohl. Für alle, auch seine Kritiker.

Wer kann sich daran erinnern, dass ein freudiger Bürgermeister Kessler ein tolles Projekt beworben hat? Glaubwürdig, hoffnungsvoll, positiv?

Keine positive Ausstrahlung.

Wer kann sich an „Visionen“ erinnern? An das Versprechen, das es „voran geht“? Dass man eine positive Entscheidung getroffen hat?

Keiner? Das ist so absolut richtig. Genauso, wie die Beobachtung, dass der Bürgermeister Kessler die Gemeinderatssitzungen weitgehend aggressiv, herrisch, unwirsch und ohne das geringste Interesse auf den doch so oft beschworenen „Konsens“ führt.

Es gibt kein Werben für sein Projekt, sondern nur noch die Exekution der Macht. „Sind Sie die Gemeinde?“ – „Ja.“ Eine kürzere und klarere Antwort gibt es nicht.

Die Einsicht, dass nicht er selbst die Gemeinde ist, ist Herrn Kessler fremd. Er kann versuchen, seine Selbstsicht hinter dem Satz: „Ich vertrete die Gemeinde“ zu verschleiern. Jeder weiß, dass er das nicht denkt.

Herr Bürgermeister Kessler vertritt schon lange nicht mehr die Gemeinde, sondern nur noch die Hälfte plus „40 Stimmen“. Wenn überhaupt.

Größter Bürgermeister aller Zeiten.

Am kommenden Montag wird Herr Kessler sein „100-Millionen-Projekt“ zur Satzung bringen. Dann wird er seinen Vater um Längen überflügelt haben und der „100-Millionen-Euro-Kessler“ sein. Der größte Bürgermeister aller Zeiten im Rhein-Neckar-Kreis. Er wird der Phönix sein, „seiner Gemeinde“ hinterlässt er die Asche – und damit ist kein Geld gemeint, sondern verbrannte Erde.

Sein Dr. Joseph Doll (CDU) und sein Jürgen Merx (SPD) werden für die Fraktionen sprechen und je eine „Gegenstimme“ in ihren Reihen als „Demokratie“ missverstehen und sich im Schatten des selbstherrlichen Bürgermeisters zu sonnen versuchen. FDP-Chef Frank Hasselbring wird irgendetwas murmeln.

Tatsächlich wird es so sein, dass Michael Kessler als der „100-Millionen-Euro-Kessler“ in die Geschichte eingeht. Die Namen Doll, Merx und Hasselbring bleiben im Schatten. Niemand wird sich an sie erinnern. Schon gar nicht an die „stimmlosen Schweiger“ in den jeweiligen Fraktionen, die ebenfalls die Hand heben für etwas, dass sie auch nicht im Ansatz verstanden haben. Sie alle bleiben so bedeutungslos wie ihr „Engagement“ zur Sache.

Warum auch? Inhaltlich haben sie keine Rolle gespielt. Wichtig war nur, dass sie im entscheidenden Moment die Hand gehoben haben. Auch wenn sie es nicht wahrhaben wollen – das ist ihre einzige, verbliebene „Bedeutung“.

CDU, SPD und FDP zahlen die Kessler-Zeche.

Und wenn das alles vorbei ist, werden sich die Herren und die Mitstimmer vielleicht fragen, ob sie dieses Schattendasein verdient haben.

Und die Prügel, die sie beziehen werden. Und die Wahlverluste bei der Kommunalwahl 2014.

Die Grünen schicken sich an, dann die stärkste Fraktion zu werden.

Das ist mehr als wahrscheinlich, denn weder die SPD, noch die FDP und schon gar nicht die CDU liefern inhaltlich eine überzeugende Rolle ab, während die Grünen längst ihr ursprüngliches Dilemma der frühen Zustimmung zu Pfenning überwunden haben.

Im Dorf wird seit langem spekuliert, ob Michael Kessler bei Pfenning einen „fetten Beratervertrag“ erhält. Das weiß Herr Kessler. Wenn nicht, dann hat er jegliche Nähe verloren.

Und wenn, wo bleibt sein glaubwürdiges Bekenntnis, der Bürgermeister sein zu wollen? Auch dann, wenn „Pfenning“ da sein wird?

Es scheint, dass sich Herr Kessler dann vom Acker macht, wenn „Pfenning“ den Acker umgepflügt hat.

„Sind sie die Gemeinde?“ – „Ja!“

Vielleicht ist die Frage kleinlich. Denn egal, ob Michael Kessler sich 2014 noch mal zur Wahl stellt oder nicht. Seine Rente ist sicher. Vielleicht kann er sie und sich mit einem „Beratervertrag“, wo auch immer, noch ein wenig aufbessern.

Doch das ist nicht so wichtig wie die Geschichte.

Wenn die Satzung am Montag durchgeht, ist er der unangefochtene „100-Millionen-Euro-Kessler“. Der Titel wird ihm bleiben. Er wird die Gemeinde sein, denn die „Pfenning“-Investition unter seiner Ägide ist eine „Generationenentscheidung“.

Dazu würde er gerne noch „gut dastehen“. Doch dafür stehen die Chancen eher schlecht.

Michael Kessler hat seinen Ruf untrennbar mit „Pfenning“ verknüpft.

Wenn er seinen „Gewinn“ einstreicht, muss er damit rechnen, dass er seinen „Einsatz“ bezahlen muss.

Der Zahltag kommt.

Kein Mensch ist ohne Fehler – und jeder Mensch bezahlt für seine Fehler.

Irgendwann. Irgendwie.

Diese Demut ist Herrn Kessler so fremd wie die Kraft, einen Fehler einzugestehen.

Es ist kein Trost, dass auch Herr Kessler irgendwann abgerechnet wird.

Die Bilanz der Schäden trägt die Dorfgemeinschaft.

Auf Gedeih und Verderb.

Der gläserne Gemeinderat: Was die Zahlen 910, 220, 12 und 9 bedeuten

Guten Tag!

Heddesheim, 30. Juni 2010. Das Ergebnis der Gemeinderatssitzung vom 24. Juni 2010 stand von vorne herein fest. Der Verlauf nicht – aber um den ging es auch nicht. Erstaunlich ist das Ergebnis trotzdem.

Von Hardy Prothmann

Von außen betrachtet kann man das, was im Heddesheimer Gemeinderat am 24. Juni 2010 verhandelt wurde, überhaupt nicht glauben.

Kann es tatsächlich sein, dass bis auf die Grünen das Gremium bei 910 Einwendungen durch BürgerInnen nicht wenigstens eine „kritische Anmerkung“ teilen kann?

Kann es sein, dass sich 220 BürgerInnen die außerordentliche Mühe machen, Einwendungen zu formulieren, die von der „Mehrheit“ von 12 gegenüber den neun kritischen Gemeinderäten einfach überstimmt werden?

Das kann nicht nur so sein, das ist so.

Die Fraktionen der CDU, SPD und FDP haben keine kritischen Fragen in Sachen „Pfenning“ – ausgenommen die Gemeinderäte Michael Bowien (SPD) und Martin Kemmet (CDU).

CDU, SPD und FDP halten die Einwendungen für „Kopien“ der Vorlagen der „Grünen“.

Und wenn?

Es ist bestürzend, dass CDU, SPD und FDP in der Sache nicht einen Schritt weiterkommen und sich jeglichem Nachdenken verweigern.

Alle Einwender sind namentlich benannt worden. „Einfache“ BürgerInnen, die mir ihrem Namen für ihre Einwendungen einstehen. Für ihre Meinung, ihre Haltung, ihre Sorgen.

CDU, SPD (bis auf die Ausnahmen) und FDP diskreditierten in dieser Gemeinderatssitzung die öffentliche Anteilnahme dieser Bürger aufs Übelste.

Es ist das gute Recht dieser BürgerInnen, sich der „Textbausteine“ der „Grünen“ zu bedienen, wenn diese ihre Meinung, ihre Haltung, ihre Sorgen wiedergeben.

Und es ist ein enormer Erfolg der „Grünen“, dass so viel BürgerInnen sich dieser bedienten – darunter viele, die nicht „grün“ sind, sondern CDU, SPD und vielleicht auch FDP.

Und es ist eine Schande für CDU, SPD und FDP, dass es nicht auch einen Einwand von deren Seite gab. Diese Schande hat die Koalition der 11+1=12 bislang nicht bemerkt.

Es ist eine Schande, dass alle „Vereinbarungen“ mit „Pfenning“ nicht auf die Arbeit der Befürworter dieser mehr als umstrittenen Ansiedlung zurückgehen, sondern auf die Gegner.

Es ist eine Schande, dass diese Befürworter sich im Gemeinderat so abfällig über die BürgerInnen äußern, deren Wohl sie angeblich repräsentieren.

Es ist eine Schande, dass es kein Werben, keine Argumentation, keine Angebote, keine Beweise aus dieser „Ecke“ gibt, sondern nur die sture Gewissheit, dass 12 mehr als 9 ist.

Und es ist eine große Schande für die 12, dass diese denken, sie handelten demokratisch.

Sie repräsentieren mit 12 Stimmen die stumme Mehrheit gegenüber 220 Bürgern, die 910 Einwendungen formuliert haben – mehr nicht.

Diese zwölf Stimmen, die sich auf ihre drei Sprecher Doll, Merx und Hasselbring reduziert haben, bestätigten öffentlich, dass sie „außerstande“ waren, die 910 Einwendungen zu lesen.

Diese auf drei Stimmen geschmolzene „Mehrheit“ beschränkt sich auf die Zusammenfassung und verzichtet auf eine Prüfung. Diese drei „Vorstimmer“ sagen, wo der Rest die Hand zu heben hat – das Wort erhebt der Rest so gut wie nie.

Die Namen hinter Herrn Doll, Herrn Merx, Herrn Hasselbring lauten Ursula Brechtel, Reiner Hege, Walter Gerwien, Dieter Kielmayer, Hans Siegel, Karin Hoffmeister-Bugla, Jürgen Habarth, Rainer Lang. Dazu kommt ein Bürgermeister, der noch nicht mal mehr so tut, als würde er die Einwendungen „schätzen“.

Diese zwölf Personen haben keine Sorgen, keine Nöte und sind ausschließlich am „Wohl der Gemeinde“ interessiert, was sie durch ihre „konsequente“ Abstimmung demonstrieren.

Demokratie ist mit Sicherheit mehr, als eine Mehrheit zu haben.

Eine Debatte darüber hat es nicht gegeben.

hardyprothmann

Anmerkung der Redaktion:
Hardy Prothmann ist verantwortlich für das heddesheimblog und ist partei- sowie fraktonsfreier Gemeinderat.

Der gläserne Gemeinderat: Fragen zur Feuerwehr

Guten Tag!

Heddesheim, 21. Mai 2010. Die Gemeinderatssitzung vom 20. Mai 2010 dokumentiert nicht zum ersten Mal den maroden Zustand dieser Versammlung, deren Vertreter demokratisch legitimiert gewählt wurden, dessen innere Verfassung aber alles andere ist. Denn allen voran glaubt der Bürgermeister Michael Kessler entscheiden zu können, welche Fragen zulässig sind und welche nicht – die Mehrheit beugt sich diesem Verhalten.

Von Hardy Prothmann

In der Gemeinderatssitzung vom 20. Mai 2010 stand als Tagesordnungspunkt (TOP) 4 die Zustimmung zur Wahl des Feuerwehrkommandanten und seines Stellvertreters nach §8 des Feuerwehrgesetzes für Baden-Württemberg auf der Tagesordnung.

fragenfeuerwehr

Dokumentation der Bürgeranfrage. Klicken Sie für eine größere Darstellung

Nach der Einführung des Bürgermeisters Michael Kessler zu TOP 4 bekam ich das Wort erteilt. Ein Bürger hatte sich mit Fragen zur Feuerwehr an mich gewandt, die ich nicht beantworten konnte, aber zulässig fand und sicher war, dass diese selbstverständlich im Gemeinderat beantwortet werden könnten.

Ich trug diese vernünftig formulierten Fragen vor und bat um Beantwortung. Es gab keine Antworten.

Die Fraktionen verlasen ihre vorbereiteten Stellungnahmen, ein durchaus übliches Ritual. Alle lobten die Arbeit der Feuerwehr.

So auch ich.

Journalistisch habe ich mich schon vielfach mit der Freiwilligen Feuerwehr Heddesheim befasst. Aktuell hat das von mir verantwortete heddesheimblog in Text, Bild und Video die Jahreshauptübung dokumentiert und die komplexe Arbeit der ehrenamtlichen FeuerwehrkameradInnen einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt.

Mit kritischem Blick, ohne Lobhudelei, aber mit der klaren Aussage, dass die Feuerwehr Heddesheim ein engagiertes Team ist, die selbstlos ihren Einsatz bringen – um anderen Menschen zu helfen.

Ich habe die Fragen, die ein Bürger an mich per email gestellt hat, sehr kritisch gesehen. Sollte hier diese Arbeit in Misskredit gebracht werden?

Diese Frage lag nahe. Doch selbst wenn dem so wäre – eine offene Antwort würde jeder Spekulation den Boden entziehen. Zumindest ist das meine Devise.

Deswegen habe ich vor der Verlesung dem Kommandanten, Herrn Dieter Kielmayer, auch meinen Respekt ausgesprochen.

Herr Kielmayer hat sich auf Fragen zur Feuerwehr bislang stets offen und transparent präsentiert, was ich persönlich sehr respektiere.

Gleichzeitig war ich aber auch der Überzeugung, dass durch einen offenen und souveränen Umgang mit diesen Fragen jeder Zweifel ausgeräumt werden würde.

Tatsächlich kam es anders. Herr Kielmayer äußerte sich aus mir unbekannten Gründen erstmals nicht, auch weil der Bürgermeister Michael Kessler, als oberster „Feuerwehrmann“ die Fragen und die Antworten nicht zuließ. Ganz im Gegenteil entzog er mir darüber hinaus sogar das Wort. Ohne Vorankündigung, ohne Begründung.

Wieso der Bürgermeister Kessler so unsouverän aufgetreten ist, weiß ich nicht.

Was ich weiß, ist, dass Herr Kessler jegliche Souveränität durch dieses unbegründete und nicht nachvollziehbare Handeln längst verloren hat.

Warum hat er nicht einfach den Kommandanten das Wort erteilt und sie aufgefordert, die Fragen klipp und klar zu beantworten?

Warum hat er nicht gesagt, dass er bedaure, dass es Zweifel an der Arbeit der Feuerwehr geben könnte, diese aber sofort und transparent ausgeräumt werden?

Damit wäre alles innerhalb weniger Minuten erledigt gewesen – so bleiben die Antworten auf die Fragen offen.

Herr Kessler hat alle Fragen weggebissen und einem souveränen Gemeinderat ohne Begründung das Wort entzogen.

Die Antworten auf die Fragen stehen aus. Diese werden nun auf dem „Behördenweg“ gestellt werden müssen. Herr Kessler ist spätestens dann zur Auskunft verpflichtet.

Absolut bedauerlich wäre es, wenn alles korrekt ist und durch dieses Verhalten diese Korrektheit in Frage gezogen würde.

Ich muss leider feststellen, dass Herr Kessler es sich zum „Gewohnheitsrecht“ gemacht hat, sich intransparent in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Es ist seine souveräne Entscheidung, wie er wahrgenommen werden möchte, als ein Verfechter des offenen Wortes oder als herrischer Bestimmer.

Ich bedaure das im Sinne der Öffentlichkeit und des Gemeinderats zutiefst. Denn durch dieses Verhalten ist es kein Wunder, dass die Menschen in Heddesheim beim Namen „Kessler“ nicht von Respekt erfüllt sind, sondern nur noch den Kopf schütteln.

Denn Souveränität heißt, auf Fragen Antworten zu haben oder sich darum zu bemühen, wenn man zunächst keine hat, was immer wieder vorkommen kann. Nicht souverän ist jemand, der seinen Sitzungsvorsitz missbraucht, einem Fragesteller das Wort zu entziehen.

Im Anschluss habe ich wie alle anwesenden Gemeinderäte und der Bürgermeister der Wahl der Kommandanten zugestimmt. Aus der Überzeugung heraus, dass Herr Kielmayer und die Feuerwehr Heddesheim einen guten Job machen.
hardyprothmann

Link:
„Knapp die Hälfte der befragten Verantwortlichen aus Feuerwehr und Kommunen sieht eine Gefährdung der Beschaffungspläne durch geringere Haushaltsmittel. „

Anmerkung der Redaktion:
Hardy Prothmann ist partei- und fraktionsfreier Gemeinderat und verantwortlich für das heddesheimblog.