
Journalistisch nur verloren und nichts gewonnen hat vor allem der MM. Quelle: MM
Mannheim/Rhein-Neckar/Deutschland, 31. Mai 2011 (red) ĂĆberall in Deutschland wurde gestern schon ĂŒber den Freispruch von Jörg Kachelmann berichtet. Der Prozess um eine mutmaĂliche Vergewaltigung hat seit gut einem Jahr deutschlandweit Schlagzeilen gemacht. Bunte, Focus, Bild und Spiegel haben die Berichterstattung „vorangetrieben“. Ein wenig auch die Agenturen. Mit Sicherheit auch „das Internet“. Keine Rolle hingegen spielte der Mannheimer Morgen.
Von Hardy Prothmann
Um eines klipp und klar festzustellen: Die meisten groĂen Medien haben im „Fall Kachelmann“ nicht nur versagt, sondern deutlich gemacht, wie erbĂ€rmlich es um den „Journalismus“ in Deutschland bestellt ist. Allen voran Alice Schwarzer, die sich fĂŒr sich fĂŒr Bild ins Zeug gelegt hat und Gisela Friedrichsen fĂŒr den Spiegel.
SchlĂŒpfriger Journalismus
Scheckbuch-Journalismus ĂÂĄ la Bunte, 50.000 Euro fĂŒr ein Interview mit einer Ex-Geliebten, die schlĂŒpfrige Details erzĂ€hlt, die nichts, aber auch gar nichts mit dem Prozess an sich zu tun haben, ist nur Blick in den pornografischen Abgrund des „Unterhaltungsjournalismus“ gewesen.
Bis heute fehlt eine Distanzierung durch den „allseits geachteten“ Dr. Hubert Burda ĂŒber die Verfehlungen in und durch seine Medien in diesem „spektakulĂ€ren“ Prozess.
Verlierer-Journalismus
Der Mannheimer Morgen kommentiert heute: „Nur Verlierer.“ Und urteilt wahr und richtig. Der angebliche Vergewaltiger Kachelmann ist ein Verlierer. Das angebliche Vergewaltigungsopfer, eine Radiomoderatorin, ist eine Verliererin. Das Mannheimer Landgericht ist ein Verlierer. Die Staatsanwaltschaft ist eine Verliererin.
Und der Mannheimer Morgen hat auf ganzer Linie versagt und verloren. Der lokale Platzhirsch spielte journalistisch auch nicht den Hauch ein Rolle in diesem Drama. Kennen Sie eine exklusive Meldung der Zeitung in dem Fall? Eine Nachricht von Bedeutung? Die eine Rolle gespielt hÀtte? Die etwas oder jemanden bewegt hÀtte? Nein? Ich auch nicht.
Die PresseerklĂ€rung des Landgerichts beschĂ€ftigt sich fast nur am Rande mit dem Prozess und dem Urteil. Zentraler Inhalt ist ein Frontalangriff auf „die Medien“.
Frontalangriff auf die Medien
Und dieser Angriff aus der Verteidigungsposition heraus ist sogar nachvollziehbar. Die Richter waren in ungekanntem AusmaĂ Teil der Berichterstattung. Vor allem negativer. Wie fatal unprofessionell die Richter sich verhalten haben, reflektieren sie dabei nicht. Sonst mĂŒssten sie sich ja nicht in diesem unerwarteten MaĂ beschweren und rechtfertigen.
Dieser Frontalangriff galt mit Sicherheit nicht dem Mannheimer Morgen. Der hat sich weder durch schlĂŒprige Details noch durch andere Informationen hervorgetan, sondern alle anderen Medien in seinem Vorgarten spielen und eine riesige VerwĂŒstung anrichten lassen.
Journalistischer Ehrgeiz? Kein Funke
Nicht einmal war der Funke eines journalistischen Ehrgeizes erkennbar. Der Wille, mit solider Recherche oder starker Meinung oder Lokalkompetenz so exklusiv und ĂŒberzeugend zu sein, dass andere „genötigt“ werden zu schreiben: „Wie der Mannheimer Morgen berichtet…“
(Falls es doch einmal in einem Jahr gelungen sein sollte, erkenne ich das nach in Kenntnissetzung an und bitte um Hinweis auf Korrektur bevor eine mit Kosten verbundene Abmahnung geschrieben werden sollte.)
Heute morgen werden die Menschen in den Spiegel schauen und sich vielleicht die ein oder andere Frage dabei stellen.
Der Strafverteidiger Johann Schwenn wird vermutlich denken: Guter Job!
Jörg Kachelmann wird denken: Nein, danke.
Alice Schwarzer wird denken: Doch!
Gisela Friedrichsen wird denken: Wie ungerecht!
Die Radiomoderatorin wird denken: (Nicht-öffentlich)
Stefan Eisner (unbekannter MM-Redakteur, der den Kommentar geschrieben hat.) denkt: Nur Verlierer.
Horst Roth, der MM-Chefredakteur wird denken…
Keine Ahnung, was Herr Roth denkt.
Vermutlich denkt er. Irgendwas. Dass er auch nur im Ansatz darĂŒber nachgedacht hat, wie man diesen Prozess journalistisch „top“ begleitet, darf man getrost in Frage stellen. Und wenn das so gewesen sein sollte, war er leider nicht erfolgreich.
Lordsiegelbewahrer der gepflegten Bratwurstberichterstattung
Herr Roth darf sich gerne aber als „Lordsiegelbewahrer“ fĂŒhlen, denn er fĂŒhrt eine lange Tradition fort. Ob „Königsmord der SPD„, Peter Graf-Prozess, Flowtex-Skandal, aktuell Bilfinger & Berger und die Nigeria-Connection – seit nunmehr fast 15 Jahren ist der Mannheimer Morgen kaum mehr in der Lage, eine „Nachrichtenquelle“ fĂŒr andere Medien zu sein.
Terminberichterstattung, Fasnacht, Vereine, Bratwurstjournalismus und „deshĂ€mmerschunimmersogemacht“ bestimmen die journalistische Minderleistung dieser ehemals geachteten Zeitung.
Dabei ist Mannheim ein deutsche Metropole. Eine Top-Stadt, in der „was geht“ – immer wieder. Mit 300.000 Einwohnern ist die Stadt nicht sehr groĂ, aber sie hat groĂes Potenzial. Politisch, kulturell, wirtschaftlich und sportlich.
Der Mannheimer Morgen bildet das leider so gut wir gar nicht ab. Er bedient die lokalen Zirkel und vor allem seinen Terminkalender, schaut dabei hilflos der sinkenden Auflage zu und feiert sich selbst dafĂŒr… WofĂŒr? Vermutlich, dass es ihn ĂŒberhaupt noch gibt.
Das Drama der journalistischen Bedeutungslosigkeit ist kaum an einer anderen Zeitung so „dokumentierbar“ wie am Mannheimer Morgen.
Neue Kommentare