Der schweigende Bürgermeister
Neues von der Baustelle: Folge 9. Pfenning informiert „ausgewählt“

"Pfenning"-Geschäftsführer Uwe Nitzinger: Sagt immer nur so viel, wie er muss und häufig auch nur irgendwas, was später wieder ganz anders ist. Archivbild.
Heddesheim/Rhein-Neckar, 09. März 2012. Der Mannheimer Morgen fährt mit seiner unkritischen Jubel-Berichterstattung in Sachen „Pfenning“ fort. Das war nicht anders zu erwarten. Und „Pfenning“ bedient die Zeitung exklusiv – unsere Redaktion wird vom „neuen, guten Nachbarn“ ausgegrenzt und nicht informiert. Folglich gilt das auch für unsere Leserinnen und Leser. Der Grund ist einfach: Wir berichten zu kritisch und Kritik ist nicht erwünscht.
Von Hardy Prothmann
Das ist er also, der neue, gute Nachbar „Pfenning“. Ein Unternehmen, das bewusst in Kauf nimmt, große Teile der Heddesheimer Bevölkerung nicht zu erreichen. Nämlich alle die, die den Mannheimer Morgen nicht abonniert haben und das sind sehr viele.
Dabei weiß Geschäftsführer Uwe Nitzinger sehr genau, dass die Hälfte des Ortes gegen die montröse, 650 Meter lange Bebauung auf 20 Hektar bestem Ackergelände war. Nachdem der Bebauungsplan aber gegen alle klugen und kritischen Einwändungen durchgesetzt war, sah und hörte man nichts mehr von Pfenning. Auch der Baustart wurde bis auf eine läppische Pressemeldung nicht kommuniziert.
Geschönte Berichte
Ab und an wirft „Pfenning“ mal einen Brocken hin und der MM schnappt ihn dankbar auf – immerhin hat „Pfenning“ ja auch schon einiges an Anzeigen dort geschaltet.
So erfahren die Zeitungsleser also, in welcher Reihenfolge die Hallen gebaut werden. Erst der nördliche Teil, von Ost nach West, dann der südliche Teil. Dafür werden Fertigsystemteile des Bayerischen Unternehmens Max Bögl verbaut. Bögl hat sich auf diese Bauweise spezialisiert. Dazu gibt es Informationen, dass ein paar hundert Bauteile, Stützen und Platten verbaut werden. Und rund 80 Bauarbeiter beschäftigt sind, bis zu 300 sollen es im Sommer werden.
Wenn man sich Referenzobjekte auf der Bögl-Homepage anschaut, darf man berechtigte Zweifel haben, ob das „Pfenning“-Gelände tatsächlich Ende 2013/Anfang 2014 fertig gestellt sein wird, wie Uwe Nitzinger im Mannheimer Morgen behaupten darf.
Im südlichen Teil zur Benz-Straße hin wird ein Teil der Hallen 18 Meter hoch – wer hier was einlagern wird? Keine Information. Die Schiene kommt dann, wenn sie jemand braucht – also irgendwann oder nie. Die Schienenandienung war eins der Hauptargumente der CDU für die Logistikansiedlung. Jetzt erfährt man, dass mindestens „36-Monate“ Vorlauf nötig seien, falls denn mal jemand Interesse haben könnte.
Fragwürdige Äußerungen
Ebenso darf Nitzinger behaupten, niemand hätte was davon gemerkt, dass „Pfenning schon da ist“ und das mit „Lkw-Verkehr“. Dazu wird unwidersprochen der Bauverkehr mit angeblich bis zu 800 Lkw-Bewegungen in der Spitze verglichen. Das ist hanebüchen.
Natürlich weiß man schon lange, dass die Bauarbeiten begonnen haben – wir bringen aktuell unsere neunte Folge zur Baustelle. Im Gewerbegebiet werden Laternenmasten umgefahren und die Straßen sind häufig verdreckt – wie das halt so ist in der Nähe von Baustellen. Wer allerdings für die Straßenreinigung aufkommt, ob „Pfenning“ oder der Steuerzahler? Wer weiß, dazu gibt es keine Informationen.
Dafür erhält man aber einen Eindruck, wie das sein wird, wenn täglich hunderte zusätzliche Lkw hier unterwegs sein werden. Im Hirschberger Kreisel ist der Aspahlt schwer beschädigt und vor der Auf-/Abfahrt auf die A5 auf Hirschberger Seite hat sich eine deutliche Absenkung gebildet, die auf Reparatur wartet. Unsere Recherchen hierzu haben ergeben, dass das Regierungspräsidium zuständig ist, die Sache ans Landratsamt weitergereicht hat, aber keiner weiß oder sagen kann, wann diese Schäden, die auch unfallgefährlich sein können, behoben werden.
Offene Fragen
Uwe Nitzinger darf über Kekse und Schokolade reden, die der neue Kunde „Kraft Foods“ hier lagern will. Ob der neue Kunde und die damit verbundenen Verträge das „Pfenning“-Projekt überhaupt erst finanzierbar gemacht haben, wird nicht gefragt.
Es war schon seltsam, wie der strahlende Chef Karl-Martin Pfenning erst eine 100 Millionen-Euro-Investition verkündete, dann aber trotz Baugenehmigung nichts passierte. Es gab viele Gerüchte, ob die Finanzierung geplatzt sei. Harte Fakten gibt es nicht, weil der eigentliche Investor die Phoenix 2010 GbR ist – ein zwei-Mann-„Unternehmen“, das nicht publizitätspflichtig ist.
Weiter darf Nitzinger behaupten, man halte sich an den Verkehrslenkungsvertrag – dabei werden immer wieder große „Pfenning“-Lkw gesichtet, die durch den Ort fahren. Und die Aussage: „Der Verkehr kommt aus der Ferne und geht in die Ferne“, wird gar nicht erst vom MM aufgegriffen.
Leere Versprechen
Herzig ist die Information, es würde keinen regionalen Verkehr geben. Also nicht von Pfenning. Wenn Waren beispielsweise für Edeka eingelagert und von Edeka ausgeliefert werden, dann ist das ja kein „Pfenning“-Verkehr. Und wenn die regionalen Versorgungs-Lkw bis zu 12 Tonnen schwer sind, gilt für die auch nicht der Verkehrslenkungsvertrag. Wer immer noch an all die „Versprechungen“ glaubt, ist selbst schuld.
Angeblich sollen für den Kunden Kraft Foods zweihundert Leute arbeiten – davon aber die Hälfte als Leihkräfte. Die Zahl „bis zu 1.000 Arbeitsplätze“, mit der Bürgermeister Kessler, die CDU, SPD und FDP für das Projekt geworben haben, fällt in diesem Zusammenhang nicht mehr. Und – ach ja – vier Ausbildungsplätze halte „Pfenning“ nach wie vor frei für Heddesheimer Berufsanfänger – bislang habe sich aber niemand gefunden, der zu „Pfenning“ passt. Das soll man alles so glauben, denn es steht ja in der Zeitung.
Ausgewählte Gäste
Am 23. März gibt es eine „symbolische Grundsteinlegung“ – für ausgewählte Gäste. Wir sind bislang noch nicht eingeladen worden und vermuten, dass es dabei bleibt. Der Mannheimer Morgen darf sicherlich in der ersten Reihe sitzen, damit man auch jedes Wort exakt so mitschreibt, wie man das von seiten der Verwaltung und Pfenning will.
Das wird so erwartet und auch erfüllt.
Edeka: Heute wird es wieder eine Discount-Bürgerbeteiligung geben
Heddesheim/Rhein-Neckar, 29. Juni 2011. (red) Heute Abend um 19:00 Uhr laden der Handelsriese Edeka und die Gemeinde Heddesheim zu einem „Infoabend“ ein. Der Ablauf ist vorprogrammiert. Es spricht Edeka, es spricht Bürgermeister Kessler und es werden wenige Bürger sprechen, weil es ihnen an Informationen fehlt.
Von Hardy Prothmann
Edeka-Geschäftsführer Dr. Detlev Weiler wird sagen, dass Edeka Lebensmittel liebt, das man ganz auf die Region setzt, auf Treue, auf die lange Tradition, dass man zwar enorm investiert, aber die Belastung, beispielsweise durch Verkehr sinkt. Und ja, man verlagert zwar Arbeitsplätze, aber man schafft auch neue und schaut so in eine gute Zukunft. Man bekennt sich zum Standort Heddesheim.
Bürgermeister Kessler wird die Tradition loben, den größten Arbeitgeber, die vertrauensvolle Zusammenarbeit, wird auf die Gewerbesteuer verweisen, wird das Unternehmen loben und Sorgen klein reden.
Und dann sind die Bürger dran. Doch was sollen die fragen, wenn sie nur „wissen“, was Stück für Stück bekannt gegeben wird?
Warum sollten sie fragen, wenn von vorneherein klar ist, dass Fragesteller damit rechnen müssen, als Störenfriede zu gelten?
Warum sollte jemand das Risiko eingehen, durch Fragen aufzufallen?
Wer Fragen stellt, macht sich keine Freunde bei denen, die in Heddesheim das Sagen haben. Also Bürgermeister, gewissen Gemeinderäten, Bauern und „einflussreichen Leuten“.
Dennoch sollten die Heddesheimerinnen und Heddesheimer wissen, dass Edeka nicht erst seit kurzem auf die Idee gekommen ist, in Heddesheim zu erweitern. Die vergangene Gemeinderatssitzung hat klar gemacht, dass diese Pläne schon seit Jahren vorangetrieben werden.
Den Bürgerinnen und Bürgern muss auch klar sein, dass die Schließung des Fleischwerks in Heddesheim und der Wegfall von fast 300 Arbeitsplätzen ein Grund war, für die Ansiedlung von Pfenning zu werben – trotz Kenntnis der Edeka-Pläne. Dieses Projekt soll bis zu 1.000 Arbeitsplätze bringen, also mehr als drei Mal so viel, wie durch das Fleischwerk wegfallen werden.
Trotzdem werden Bürgermeister Kessler und Geschäftsführer Weiler die Arbeitsplatzargumentationskarte ziehen. Um die „Zukunft zu sichern, ist der geplante Umbau unumgänglich“, steht im Prospekt, dass Edeka an die Haushalte verteilen lies. Umgekehrt heißt das, wenn nicht „umgebaut“ wird, ist die Zukunft ungewiss. Dass der Umbau einen enormen Neubau einschließt wird an dieser Stelle nicht erwähnt.
Erinnert sich noch jemand, dass in Zusammenhang mit Pfenning argumentiert wurde, dass durch die Schließung des Fleischwerks Edeka-Verkehr wegfalle? Das ist durch den Um- und Neubau Vergangenheit – der Verkehr wird mindestens in gleicher Stärke erhalten.
Erinnert sich jemand, wie mit dem Wegfall der Edeka-Arbeitsplätze für die „neuen“ Pfenning-Arbeitsplätze geworben wurde? Obwohl dem Bürgermeister, gewissen Gemeinderäten und anderen die Edeka-Pläne schon bekannt waren?
Fragt sich jemand, ob hier eigentlich tatsächlich offen und transparent Politik gemacht und Bürger einbezogen werden oder doch alles in Hinterzimmern vorher „in trockene Tücher“ kommt?
Fragt jemand nach der Qualität der Arbeitsplätze? Oder, ob das Logistikmodell wirklich nachhaltig Wirtschaft und Wertschöpfung betreiben wird?
Fragt jemand, welche Entwicklungsmöglichkeiten Heddesheim verbleiben oder ob das Schicksal als Großlogistikstandort besiegelt ist?
Fragt jemand, wie es eigentlich zusammenpasst, dass Edeka zwar ein so regionverbundender „Betrieb“ ist, aber gleichzeitig Bäcker, Metzger, Lebensmittelhändler aufgeben müssen, weil sie gegen Edeka und seine Billigmarken keine Chance haben?
Fragt jemand, ob tendenziell Arbeitsplätze erhalten bleiben oder zunehmende Automatisierung dafür sorgt, dass immer weniger Menschen die Arbeit machen?
Edeka ist nicht nur „Qualität“ – Edeka ist Deutschland drittgrößter Billigmarktanbieter, nach Aldi und Lidl.
Edeka wird vom Bundeskartellamt beobachtet – Filialen wurden durchsucht. Mitarbeiter wurden bespitzelt, jede „Konzentration“ forderte unbedingte Unterwerfung der Angestellten – ansonsten droht Job-Verlust.
Edeka ist ein Handels-Moloch, ein riesiger Konzern, dessen Geschäftsmodell spitz gerechnet ist und dessen große Gewinne im Vergleich zum Umsatz lächerlich sind.
Dabei wird ein gnadenloser Wettbewerb verursacht, der vielen Betrieben die Existenz raubt. Es wird unglaublich viel Verkehr erzeugt, Straßen werden belastet, die aus Steuergeldern bezahlt werden müssen. Es werden Flächen versiegelt ohne Garantie eines Rückbaus.
Und es werden Arbeitsplätze geschafffen, die häufig genug eine „Aufstockung“ brauchen, weil man zu wenig für den Lebensunterhalt verdient. Und wenn man in die Rente geht, reicht es nicht, sondern muss zum Sozialamt gehen und wieder braucht es Steuergelder, um die „Grundsicherung“ zu geben.
Fragt jemand danach, ob „groß=gut“, „Umsatz=alles“, sich nicht als Wirtschaftsideal längst überholt hat? Oder danach, welche Auswirkungen es hat, wenn absolute Monopolisten über alles entscheiden?
Frankreich und Großbritannien sind schon weiter als Deutschland. Dort fehlt jeder Wettbewerb fast vollständig – die Konzerne machen, was sie wollen.
Ganz klar wird in Heddesheim nicht über europäische Wirtschaftsmärkte entschieden. Aber doch für den Ort und für eine langfristige Zukunftssicherung und irgendwie auch ein wenig für andere. Wer nur egoistisch handelt, handelt verantwortungslos. Zukunftssicherung könnte in der Förderung traditoneller Berufe bestehen und neue zukunftsträchtige Ansiedlungen fördern.
Dafür ist ein Bürgermeister Kessler aber nicht zu haben. Der hat es gerne groß und gerne betoniert. Und möglichst automatisch. Und ohne Widerspruch.
Bürgerbeteiligung ist für ihn wie für einen Mega-Konzern wie Edeka (46 Milliarden Euro Umsatz) ein Greul. Ein gesetzliches Übel, dass man bürokratisch erledigen kann.
Herr Kessler inszeniert die „Bürgerbeteiligung“ nur. Er hat kein Herz und keinen Verstand dafür. Es ist lästige Pflicht, notwendiges Übel, aber niemals eine Kür, in der er zeigen wird, dass er wirklich für seine Bürgerinnen und Bürger da ist, sie ernst nimmt, sie verstehen will und sich für deren Willen einsetzt.
Bürgeranliegen passen für ihn dann, wenn es ihm passt. Wenn nicht, dann nicht.
Da muss man sich keine Illussionen machen.
Unterstützt wird er dabei von Zirkeln, in denen entschieden wird, was gut ist und was nicht.
Große Medien, wie der Mannheimer Morgen, die wirtschaftlich abhängig von den Anzeigen der großen Konzerne sind, werden den Teufel tun und kritisch berichten – das ist lange vorbei. Donnerstag ist Zahltag – da werben Aldi, Lidl und die anderen Discounter und auch Edeka. Ein falscher Bericht und die Einnahmen sind dahin. Über das Wohlwollen der Zeitung braucht sich deshalb niemand zu wundern.
Schaffen statt streiken: Wie Journalisten der Zeitungskrise entkommen können
Mannheim/Rhein-Neckar, 28. Juni 2011. (red) Kürzungen, Arbeitsverdichtungen, Entlassungen – das sind die Schlagwörter, die seit vielen Jahren die Redaktionen deutscher Zeitungsverlage bestimmen. Die Arbeit wird immer unerträglicher, das Produkt Zeitung immer banaler. Aktuell wird gestreikt, nicht für „mehr“, sondern für „nicht noch weniger“. Dabei ist Journalismus ein schöner Beruf, einer, den die meisten aus Leidenschaft ergriffen haben – ohne Idee, dass diese Entscheidung heute „Leiden schafft“. Doch es gibt einen Ausweg: Unternehmerjournalismus.
Von Hardy Prothmann
Ganz ehrlich liebe Redakteure? Wenn ich lese, dass ein Berufseinsteiger mit 3.200 Euro brutto beginnt und nach zehn Jahren bei 4.500 Euro brutto liegt und dann je nach Stellung in der Redaktion noch ein paar tausender drauf gepackt bekommt, kriege ich Tränen in den Augen. Denn nach 20 Berufsjahren bin ich weit entfernt von solchen Gehältern im Vergleich zu einem Zeitungsredakteur. Aber es wird besser.
Ehrlich, transparent, leidenschaftlich

Krise? Na und? Nutzt Eure Chance, sagt Hardy Prothmann Bild: sap
Und ich bin mein eigener Chef, entscheide selbst über die Themen, bin ehrlich und transparent sein und „eine Schere im Kopf“ gibt es nicht. Unsere Texte sind so lang wie sie sein müssen und nicht auf eine feste Zeilenzahl begrenzt. Wir können mit allen Informationen „spielen“ – also experimentieren, wie wir mit unseren Informationen die Menschen am besten erreichen.
Wir sind in engem Kontakt mit unseren Lesern und das macht unsere Angebote aktueller, hintergründiger und einfach besser als die unkritische Lobhudel- und Bratwurstberichterstattung, die man täglich in der Zeitung findet.
Ich habe beim Mannheimer Morgen als freier Mitarbeiter angefangen, habe für einen Hungerlohn von damals 55 Pfenning (27 Cent) die Zeile geschrieben und ab 1994 für einigermaßen ordentliche Honorare für alle möglichen größeren Medien in ganz Deutschland, habe Hörfunk und Fernsehen gemacht. Ich bin Journalist, mein Schwerpunkt war Print.
Das Blog kommt
Seit nunmehr zwei Jahren baue ich mit einem kleinen Team eine Redaktion auf, deren Angebot sich etabliert hat und ein fester Begriff geworden ist: „Das Blog kommt“, sagen die Leute. Oder: „Hab ich im Blog gelesen.“
Mein kleines Team dreht der „großen Zeitung“ häufig eine Nase – obwohl wir vom Gesamtumfang nicht mithalten können. Das wollen wir auch gar nicht. Den kompletten Mantel (also Politik, Wirtschaft, Sport) kann man besser und aktueller bei Nachrichtenportalen wie Spiegel Online oder Sueddeutsche.de oder, oder, oder lesen.
Aktuell, exklusiv, investigativ
Im Lokalen sind wir aber inhaltlich schon fast gleichwertig im Umfang und häufig investigativer, aktueller und exklusiver – wir verzichten auf viele Gefälligkeitsnachrichten, die eine Zeitung aus lauter Verzweiflung veröffentlicht, um die Seiten zu füllen. Das hat mit Journalismus schon lange nichts mehr zu tun.
Unsere Geschichten sind dann fertig, wenn sie fertig sind und nicht, wenn der Andruck beginnt.
Was noch aussteht, ist der wirtschaftliche Erfolg – unser Teammitglieder arbeiten für kleines Geld, aber mit großer Leidenschaft für die „Blogs“. Unser Ziel ist natürlich, anständig zu bezahlen – wir können uns aber nicht auf 60 Jahre Lizenzmonopol und Jahrzehnte fettester Gewinne stützen, sondern müssen uns bescheiden zeigen und den Gürtel eng halten. Und von 35 Stunden können wir nur träumen.
Unternehmerjournalismus
Aber wir sind frei. Wir können über alles und jeden berichten, sofern das für die Öffentlichkeit interessant ist. Wir können richtigen, echten, leidenschaftlichen Journalismus machen.
Überlegt es Euch gut – die Verleger werden Euch zu Tode sparen. Das wisst Ihr. Die Fotografen sind schon am Rande Ihrer Möglichkeiten – Euch wird in den nächsten Jahren dasselbe passieren. Ihr werdet ausgegliedert und müsst die Brocken fressen, die man Euch hinwirft.
Die Alternative ist, selbst Unternehmer zu werden und endlich wieder die journalistische Leidenschaft zu spüren. Echte Stories zu machen, genau hinzuschauen, kritisch zu berichten und meinungsstark zu kommentieren. Eben die vierte Säule unserer Gesellschaft sein. Das wichtige demokratische Gut der Meinungsfreiheit zu befördern.
Verhandelt Abfindungen und gründet Eure eigene Redaktion – gerne mit uns zusammen. Ihr müsst ein bis drei Jahre durchhalten, dann werden die Geschäfte laufen. Wenn viele mitmachen, geht es schneller.
Ihr seid kompetent, kennt Euch aus, habt viele Kontakte und das ist ein wunderbares Kapital, dass Ihr selbst nutzen könnt, statt Euch von Verlagsmanagern ausnehmen zu lassen.
Wer sich jetzt dazu entscheidet, braucht sicherlich Mut. Aber es wird die richtige Entscheidung sein, denn spätestens in fünf bis zehn Jahren habt Ihr nichts mehr zu entscheiden. Dann werdet Ihr sicher entlassen.
Andere, vielleicht ich, vielleicht jemand anders, werden es bis dahin geschafft haben, eigene Redaktionen aufzubauen und sie werden Ihre eigenen Chefs sein und Leute beschäftigen. Entlassene Redakteure, die bis zuletzt auf die Zeitung statt auf die Information übers Internet gesetzt haben, werden garantiert nicht gebraucht werden.
Nutzt Euer Kapital, bevor es wertlos ist
Denn bis dahin kennen sich die neuen Redaktionen auch aus, haben Kontakte und berichten kompetent – Ihr könnt nichts bieten, was die neue Generation nicht schon hat. Und es werden leidenschaftlicher Macher sein, die mit gefeuerten Angestellten nichts anfangen können. Dann seid Ihr raus aus dem Geschäft.
Schaut Euch an, wie die WAZ vor kurzem 300 Leute entlassen hat, schaut Euch die Kürzungen bei der Süddeutschen an, bei Focus und das elende Schicksal der Frankfurter Rundschau.
Große Chancen gib es aber im Lokalen – da, wo die Menschen leben und jede Geschichte wirklich exklusiv sein kann. Hier ist professioneller Journalismus gefragt, der sich aber gerne neu erfindet, der Teil der Gesellschaft ist, der für die Menschen da ist.
Willkommen sind leidenschaftliche Journalisten – ob vom MM, der Rhein-Neckar-Zeitung, der Rheinpfalz, der Stuttgarter Zeitung oder woher auch immer. Redaktionelle Strukturen sind vorhanden, die Themen liegern auf der Straße – im nächsten Schritt wird es darum gehen, ausreichende bis gute Umsätze zu generieren. Wenn man sich Aufgaben teilen kann, wird dies schnell möglich sein.
Wer sich dafür interessiert, kann gerne vertraulich Kontakt mit uns aufnehmen und die Chancen und Risiken erfragen. Noch habt Ihr die Möglichkeit, selbst zu entscheiden. Nutzt sie. Aber bald.
„Pfenning“ wirbt mit Online-Prospekt und Rehen auf Kräuterwiesen
Heddesheim/Viernheim/Rhein-Neckar, 13. April 2011. (red) Die KMP Holding, Muttergesellschaft von „pfenning logistics“, wirbt im Internet mit einer aufwändigen Präsentation des geplanten Logistikzentrums. Die hat sicherlich viel Geld geskostet – und das, obwohl „Pfenning“ heftig sparen muss. Denn der Umsatz 2009 ist abermals eingebrochen – um 7,3 Prozent. Das Unternehmen, das laut Bürgermeister Michael Kessler und der Mehrheit im Gemeinderat die Zukunft Heddesheims sichern soll, hat enorm zu kämpfen. Arbeitsplätze wurden abgebaut, die Umsatzrendite liegt bei 0,9 Prozent. Eine Aussicht auf Besserung ist nicht in Sicht.
Von Hardy Prothmann
Vorweg – Sie sollten mindestens über DSL 3000 verfügen, selbst dann wird der Aufruf dieser vollkommen unnötigen Programmierung zum Geduldsspiel. „Pfenning“ präsentiert unter http://www.bestplace-morespace.com einen Art „Online-Prospekt“ für das geplante Logistikzentrum.
Neu ist daran eigentlich nichts. So hat Pfenning seit Jahren exakt 1.850 Mitarbeiter und der Umsatz 2009 liegt nach Prospekt bei 204 Millionen Euro.
Ein kleiner Blick ins Handelsregister verrät, dass es 2008 insgesamt 1.852 Mitarbeiter waren und 2009 nur noch 1.810.
Nach „offiziellen“ Angaben behauptete „Pfenning“ im Jahr 2008 insgesamt 220 Millionen Euro Umsatz gemacht zu haben, in der Bilanz stehen nur 169,5 Millionen Euro. Für 2009 behauptet „Pfenning“ insgesamt 204 Millionen Euro Umsatz gemacht zu haben, in der Bilanz stehen nur 157,1 Millionen Euro.
Zur Bilanz 2008 hatten wir bereits nachgefragt: Die Auskunft war, man habe noch andere Beteiligungen, die für die 50 Millionen Differenz beim Umsatz gesorgt hätten. Weitere Angaben wurden nicht gemacht. Deshalb kann man sich nur auf die vorhandenen Zahlen stützen und die sehen mies aus.
Zwar hat die Unternehmensgruppe 2009 laut Bilanz einen Gewinn von knapp 1,4 Millionen Euro gemacht (2008: 20.000 Euro), wer sich aber die Zahlen etwas genauer anschaut, erkennt, dass rund 1,1 Millionen Euro weniger fürs Personal ausgegeben wurden – und das bei einer Firma, die versprochen hat, neue Arbeitsplätze nach Heddesheim zu bringen. Was noch nicht mal falsch sein muss, vielleicht werden die neuen Arbeitsplätze ja so schlecht bezahlt, dass unterm Strich hier nochmals gespart werden kann. Beispielsweise wurde die Aufwendungen für die Altersvorsorge um das Doppelte oder eine halbe Million Euro zurückgefahren.
Bei den Aufwendungen für Roh, Hilfs- und Betriebsstoffe wurden ganze sieben Millionen Euro eingespart – ein Hinweis, dass hier Ausgaben nicht getätigt wurden und der Sparstrumpf ganz eng gezogen wurde. Lapidar übersetzt: Man schiebt den Ölwechsel halt ein bisschen raus. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass fast alle „Vorräte“ teils bis um ein Drittel zurückgefahren wurden.
Auch der Aufwand für bezogene Leistungen ging um gut zehn Prozent oder drei Millionen Euro zurück – sprich. Firmen, die „Pfenning“ als Kunden haben, mussten den Gürtel auch enger schnallen. Auch die sonstigen betrieblichen Aufwendungen gingen um 2,4 Millionen Euro oder ebenfalls knapp 10 Prozent zurück. Und es wurden rund eine Million Euro weniger Zinsen gezahlt. Vielleicht, weil weniger Schulden da sind, kann aber auch gut sein, dass man die Bank gebeten hat, die Zinsen später zu zahlen.
Insgesamt darf man die Zahlen durchaus so interpretieren, dass sparen, sparen, sparen angesagt war. „Pfenning“ nennt das „Konsolidierung“.
Ein interessanter Satz steht unter „Preisdumping“:
„Parallel zu unserer eigenen Flotte bedienen wir uns schon immer bei entsprechenden Transportunternehmen, um unsere benötigten Spitzenkapazitäten abdecken zu können.“
Übersetzt heißt das, Pfenning fährt einen Grundfahrzeugpark und bedient sich anderer Logistiker, um „Spitzen“ zu bedienen. Die Heddesheimer Bürgerinnen und Bürger erinnern sich, dass es laut Pfenning mindestens zwei Spitzen im Jahr gibt: im Frühjahr und vor Weihnachten. Dann fahren also vermehrt nicht-„Pfenning“-Lkw über die Ringstraße und „vielleicht“ auch durch den Ort. Das ist die Zeit für die Aufpasser, die sich dann Kennzeichen notieren, um feststellen zu lassen, ob „Pfenning“ den „Verkehrslenkungsvertrag“ bricht. Die Gemeindekasse für soziale Zwecke wird sich dann über 20 Euro je Verstoß freuen, sofern diese „festgestellt“ werden.

Grüne Wiese als "Ausstiegsperspektive" - sollte "Pfenning" pleite gehen, könnten Rehe künftig regengeschützt in hochmodernen Hallen weiden. Quelle: KMP Holding
Ebenfalls interessant ist auch dieser Satz zum Personal:
„Aufgrund des Konjunktureinbruches ist jedoch eine Entspannung am Arbeitsmarkt beim gewerblichen Fahrpersonal zu verzeichnen.“
Heißt, die Leute suchen Arbeit und schaffen sicherlich auch für wenig Geld.
Als Prognose erwartet der Konzern laut Bilanzbericht für 2010 eine „Konsolidierung“ auf dem Niveau von 2009 – sprich, der Umsatz wird nicht wachsen. Da „Pfenning“ den Großkunden Henkel verloren hat, darf man gespannt sein, wie die tatsächlichen Zahlen aussehen werden.
Mit einer Umsatzrendite von 0,9 Prozent ist Pfenning, naja, nicht gerade das, was man ein „erfolgreiches Unternehmen“ nennt. Anders ausgedrückt, von 100 Euro Umsatz bleiben nach Abszug aller Ausgaben 90 Cent „Gewinn“ in der Tasche.
Zurück zur Präsentation: Geht es nach Pfenning, könnten die Hallen im Notfall auch als „Renaturierungsgebiet“ genutzt werden – aber vielleicht ist das einfach wieder nur eine Fehlinterpretation.
Offener Brief an die CDU: „Das ist Volksverdummung!“
Guten Tag Herr Wittneben, sehr geehrte CDU Heddesheim,
spätestens nach Ihrer, vielleicht sogar gutgemeinten, Wurfsendung zum Thema Pfennig ist eine Stimmvergabe an einen CDU Kandidaten nächste Woche unmöglich geworden:
Sie werfen der IG Nein-zu-Pfenning „verdrehte oder unwahre Argumente“ (Zitat) vor. Sie selber sind Dank Ihrer Wurfsendung noch viel schlimmer!
Die 7 Fragen / Aussagen sind absolute Volksverdummung!
Hier meine Begründung:
1) „Arbeitsplätze sind mir wichtig.“: Clevere Formulierung, da jeder normal denkende Mensch zuerst anerkennend nicken wird. Was hat dies mit der Ansiedlung der Firma Pfenning zu tun? Natürlich nichts. Mit der Ansiedlung dieser Firma kommt es, betriebswirtschaftlich absolut sinnvoll, zu gewünschten Synergieeffekten, so dass zumindest in der Verwaltung sogar Arbeitsplätze wegfallen könnten. Arbeitsplätze werden hier nicht neu geschaffen, die jetzigen Arbeitnehmer fahren morgens anstatt nach Viernheim halt nach Heddesheim. Dies gilt auch für die Ausbildungsplätze (siehe Punkt 5) Von den Sub-Unternehmen, die überhaupt keinen Mehrwert bringen und nur die Luft mit Ihren Trucks verpesten, ganz zu schweigen.
2) „Der Erhalt unserer öffentlichen Einrichtungen ist mir wichtig.„: Natürlich, dieser Hinweis suggeriert, dass a) in Heddesheim alle öffentliche Einrichtungen geschlossen werden müssen, wenn Pfenning nicht kommt und b) Pfenning überhaupt nennenswerte Steuern zahlt.
3) „Solide Gemeindefinanzen sind mir wichtig.“: Was soll eigentlich immer diese Anhäufung von Selbstverständlichkeiten? Natürlich sind solide Finanzen im Gemeindehaushalt immer wichtig. Warum stellen Sie sich als CDU nicht hin und sagen: Die Firma Pfenning zahlt uns auf Jahre konstante und hohe Steuern, so daß die Gemeindefinanzen stets solide sind. Dies können Sie nicht, da Sie es ja nicht wissen, ob dies der Fall ist. Hier spielt nur das Prinzip Hoffnung eine Rolle.
Nach meinem Recherchen tritt die Firma Pfenning im Gewerbegebiet als Mieter(!) auf, zahlt also an eine (Tochter-)firma Miete, so dass es hier zu einer Gewinnverrechnung kommt. Sehr clever von diesem Logistik-Unternehmen. Aber die Gemeinde geht, was Gewerbesteuer betrifft, hier wahrscheinlich auf Jahre leer aus.
4) „Ich akzeptiere eine Erhöhung des Durchgangsverkehrs auf der Ringstraße.“ Wenigstens hier bleiben sie ehrlich. Als direkter Ringstraßenbewohner kann ich hier natürlich nur dagegen sein. Alle Immobilien in 100 Meter Radius zur Ringstraße werden quasi über Nacht weniger wert sein. Die Ringstraße wurde damals nicht für so viele Lkw entworfen. Ansonsten hätte man entweder den Lärmschutz verstärkt oder einer Ansiedlung bis zur Straße seitens der Gemeinde gar nicht zugestimmt.
Sehr geehrte CDU-Gemeinderatsmitglieder und die, die es werden wollen:
Haben Sie an die untragbare Gefährdung der Fußgänger gedacht?
Schon jetzt ist es für ältere Mitbürger und Kinder lebensgefährlich von der Ahornstrasse z.B. zum Hallenbad, Baggersee oder Eislaufbahn zu kommen. Ein Wunder, dass hier noch nicht mehr passiert ist. Hier fehlt (und dies wird durch die Zunahme des LKW Verkehrs noch verstärkt) entweder eine Unterführung oder eine Überführung für Radfahrer und Fußgänger. Und kommen sie mir nicht mit der Ampel bei der Kepler-Schule. Von der Ahornstrasse ist diese über 300 Meter weiter weg und keine Alternative.
5) „Arbeitsplätze für unsere Jugend sind mir wichtig.“: Dasselbe Problem wie oben: Ein allgemeiner Hinweis, dem jeder zustimmen kann, wird hier auf den Einzelfall übertragen. Billig, billig!
Ich gehe hier mit jedem von Ihnen eine Wette ein: Es wird aufgrund der Ansiedlung kein Azubi mehr eingestellt als früher. Ich wünsche zukünftigen Auszubildenden aus Heddesheim eine erfolgreiche Bewerbung bei der Firma Pfennig in Viernheim! Ich denke die Entfernung nach Viernheim nimmt jeder Auszubildende gerne in Kauf. Warum sollte die Ansiedlung mehr Ausbildungsplätze bringen? Dies unterstellt ja wohl Ihre Aussage.
6) „Eine, für die Gemeinde risikofreie Entwicklung….ist mir wichtig.“: Ja, aber Gewerbetreibende, die weniger Fläche
verbrauchen sind mir noch wichtiger. Ein Beton-Schandfleck für Heddesheim ist kilometerweit sichtbar. Ein Gewerbemix mit vielen kleineren Unternehmen unterschiedlichster Prägung ist mittelfristig finanziell sogar besser, da das Risiko breiter gestreut wird. Bei kleineren Unternehmen werden auch nicht so horrende Erschließungskosten zu zahlen sein.
7) „Der Wandel von Ackerland hin zu gewerblich genutzter Fläche ist für mich akzeptabel.“: Und wieder: ja im allgemeinen schon (zumal diese Fläche, schon immer als Gewerbegebiet ausgewiesen war). Im besonderen aber nein! Diese Betonburg ist einfach 10 Nummern zu groß. Schauen Sie bitte mal Richtung Bergstraße. Schon die Erweiterung der EDEKA war grenzwertig. Mit der Firma Pfennig setzt man sogar noch einen drauf. Betonwände soweit das Auge reicht. Aber ich kann ja dann nach Ladenburg fahren, wenn ich die Bergstraße sehen möchte…
Fazit: Die Firma Pfennig ist für Heddesheim eine Nummer zu groß. Die Nachteile überwiegen bei Weitem. Um eines klar zu stellen: Ich habe nichts gegen die Firma Pfenning an sich. Betriebswirtschaftlich kann man zu Standortfrage nur gratulieren. Durch den neuen geplanten Standort verschafft man sich Wettbewerbsvorteile gegenüber den anderen Logistik Firmen. Nur die Auswirkungen für die Heddesheimer Bürger sind nicht akzeptabel. Verbaute Fläche, zersiedelte Landschaft, mehr Dreck mehr Lärm. Viele Minuszeichen, die Sie als Vertreter der Bürger einfach übergehen.
Deshalb sage ich: Nein zu Pfennig und nein zur CDU Heddesheim!!
Mit freundlichen Grüßen
Steffen Warmuth
Mehr Arbeitsplätze durch Pfenning?
Guten Tag,
das heddesheimblog ist der Frage nachgegangen, ob durch die Pfenning-Ansiedlung in Heddesheim tatsächlich mehr Arbeitsplätze vor Ort entstehen. Dafür haben wir einen der „Top“-Logistikexperten in Deutschland befragt.
Der bezeichnet das geplante Pfenning-Projekt als „Riesending“ – Arbeitsplätze könnten entstehen – bundesweit, aber nicht unbedingt in Heddesheim.
Für Bürgermeister Kessler, die FDP und Josef Doll (CDU) und auch die SPD sind die Arbeitsplätze ein gewichtiges Argument: „Es werden durch die Pfenning-Ansiedlung 0,6 bis 0,8 Arbeitsplätze zusätzlich entstehen, laut einer Studie des Regionalverbands“, sagte Josef Doll auf einer CDU-Veranstaltung am 22. Mai 2009 in Heddesheim.
Diese konkrete Aussage ist falsch. Herr Doll hat zwar einen Doktor, was aber nicht heißt, dass er Statistiken richtig lesen und interpretieren kann.
Ebenfalls falsch: Es gibt keine „Studie des Regionalverbands (Rhein-Neckar-Kreis, d. Red.)“ zu diesem Thema. Korrekt ist: Es gibt eine Studie des Fraunhofer-Instituts in Nürnberg: „Die Top 100 der Logistik“ (Klick öffnet pdf-Dokument)
Falsch interpretiert hat Josef Doll auch die Ergebnisse der Studie: „Bis 0,9 Arbeitsplätze“ zusätzlich entstehen dabei für jeden „neu geschaffenen“ Arbeitsplatz, nicht aber für bereits bestehende Arbeitsplätze. Da die Firma Pfenning rund 500 bestehende Arbeitsplätze „umzieht“, entstehen dadurch keine neuen Arbeitsplätze.
Das heddesheimbloghat mit einem der Autoren der Studie, Christian Kille, gesprochen. Er ist Leiter der „Fraunhofer Arbeitsgruppe für Technologien der Logistik-Dienstleistungswirtschaft ATL“:
Was bedeutet die Zahl 0,9?
„Der Faktor 0,9 ist bezogen auf die Summe aller „echten Arbeitsplätze“, die neu entstehen“, sagt Christian Kille.
Entstehen die Arbeitsplätze vor Ort?
„Ja und Nein. Es entstehen Arbeitsplätze vor Ort, aber viele auch woanders. Das können Arbeitsplätze im Lkw-Bau sein, Beratertätigkeiten, sonstige Dienstleistungen. Dieser Wert ist auf Gesamtdeutschland bezogen.“
Ist die Zahl 0,9 ein verlässlicher Faktor?
„Das ist ein Durchschnittswert. Er kann sehr viel besser sein, aber auch sehr viel schlechter.“
Das heddesheimbloginteressiert auch das Argument, dass Pfenning viele Transporte „über die Schiene“ abwickeln wird:
Ist der Anteil der Transporte über die Schiene bedeutend?
„Nein. Der Anteil ist gering.“
Wird sich der Anteil in Zukunft vergrößern?
„Ja, definitiv. Relativ gesehen wird der Anteil sich gegenüber dem Transport auf der Straße vermutlich deutlich steigern. Absolut gesehen, bleibt der Anteil aber in naher Zukunft gering.“
Trifft diese Aussage für alle Logistik-Unternehmen zu?
„Nein. Das einzelne Logistik-Unternehmen richtet sich auf seine Kunden ein. Hat ein Kunde einen großen Schienenverkehr, wird das Logistik-Unternehmen dementsprechend sich darauf einstellen.“
Das heddesheimbloginteressiert auch, wie der Logistik-Experte Christian Kille die Größe des Pfenning-Projekts im Vergleich zu anderen Logistik-Zentren einordnet:
Wo würden Sie das Pfenning-Projekt mit zunächst 200.000 und später fast 400.000 Quadratmetern bebauter Fläche einordnen?
„Das kann man schon als „Riesending“ bezeichnen. Wir ordnen kleinere Standorte unter 10.000 Quadratmetern ein, dann 20-50.0000 und über 100.000 Quadratmetern. 2008 gab es zum Beispiel keinen Neubau in Deutschland über 100.000 Quadratmetern.“
Einen schönen Tag wünscht
Das heddesheimblog
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