Mittwoch, 22. März 2023

Was Meinungsfreiheit bedeutet oder wie der MM die Meinung manipuliert

ausriss

Propaganda vom Feinsten: Text und Bild passen perfekt zusammen. Bürgermeister "appelliert an Wir-Gefühl", Bürger klatschen. Die Aussage: Bürgermeister und Bürger sind sich einig. Im Text wird diese Aussage wiederholt - wider besseres Wissen der Journalistin Anja Görlitz. Wer genau hinschaut, sieht, dass nicht für den Bürgermeister geklatscht wird. Der sitzt im Publikum: 1. Reihe, achte Person von rechts. Quelle: MM

Heddesheim, 11. Januar 2010. Die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit ist ein wesentlicher Pfeiler unserer Demokratie. Wesentlich für die Bildung einer freien Meinung sind eine gute Schulbildung und der Zugang zu Informationen. Doch nur die, die mehr als eine Quelle nutzen, können vermeiden, manipuliert zu werden.

Kommentar: Hardy Prothmann

Heute macht der Mannheimer Morgen über den Neujahrsempfang der Gemeinde mit einem großen Artikel im Lokalteil „die Seite auf“. Unter Journalisten nennt man das deshalb „Aufmacher„.

Die Redakteurin Anja Görlitz, zuständig für Heddesheim, stellt darin zutreffend den Ablauf der Veranstaltung dar. Trotzdem werden die Leserinnen und Leser des Mannheimer Morgens unzutreffend informiert, wenn nicht gar getäuscht.

Unter anderem zitiert Frau Görlitz den Bürgermeister Michael Kessler:

„Die geplante Pfenning-Ansiedlung habe dazu geführt, „dass wir in Heddesheim nach langen Jahren wieder eine Bürgerinitiative haben“. Auch hier habe sich bürgerschaftliches Engagement gezeigt – „zeitlich und inhaltlich auf ein Thema begrenzt“. Kessler erinnerte an die kontroverse Diskussion und die Befürchtungen vieler vor mehr Lkw-Verkehr. „Durchaus selbstkritisch“ fügte er an: „Die umfassenden Informationen, die im Laufe des Jahres gegeben wurden, hätten zu Beginn des Verfahrens vielleicht dazu beigetragen, manche Überspitzung und Fehleinschätzung zu vermeiden.“

Das hat der Bürgermeister Michael Kessler tatsächlich so gesagt. Der unbedarfte Leser könnte nun schlussfolgern, dass der Bürgermeister ein selbstkritischer Mensch ist, der einen Fehler eingesteht.

Doch das ist falsch. Und damit wird die Berichterstattung unzureichend und wider besseres Wissen der Redakteurin Anja Görlitz propagandistisch.

  • Frau Görlitz ist intensiv mit dem Thema „Pfenning“ befasst. Sie weiß, dass der Bürgermeister sich lange weigerte, die IG neinzupfenning überhaupt zu einem Gespräch zu empfangen.
  • Sie weiß, dass der Bürgermeister noch nicht einmal den Namen „IG neinzupfenning“ bei der Neujahrsansprache genannt hat.
  • Sie weiß, dass der Bürgermeister bis heute nur die Informationen herausgibt, die er herausgeben muss.
  • Sie weiß, dass für 35.000 Euro eine Spin-doctor-Firma (Anm. d. Red.: „Spin“ heißt, der Sache einen Dreh geben und meint die professionelle Beeinflussung der öffentlichen Meinung) namens IFOK engagiert wurde, um die katastrophale Informationspolitik des Bürgermeisters zu reparieren.
  • Sie weiß, dass der Bürgermeister den Antrag der Grünen verneint hat, die IG neinzupfenning als Träger öffentlicher Belange anzuerkennen.
  • Sie weiß, dass sie jederzeit beim Bürgermeister anrufen kann, während sich der Bürgermeister bis heute einem Interview mit dem heddesheimblog verweigert.

Die Liste, was Frau Görlitz weiß, den Leserinnen und Lesern des Mannheimer Morgens aber vorenthält, lässt sich mühelos um viele weitere Punkte erweitern.

Vor allem die weggelassene Information manipuliert die Meinung.

Die Manipulation der öffentlichen Meinung geschieht häufig nicht nur durch Informationen, die verbreitet werden – im Gegenteil vielleicht sogar noch mehr durch Informationen, die nicht verbreitet werden. Denn das, was nicht berichtet wird, findet auch nicht statt.

Da Frau Görlitz über umfangreiches Wissen verfügt, dieses aber der Öffentlichkeit vorenthält, manipuliert sie diese. Durch diese Unterlassung betreibt sie nicht nur Gefälligkeitsjournalismus oder eine Hofberichterstattung. Nein, sie macht PR – im Sinne des Bürgermeisters und gegen das Interesse der öffentlichen Meinung – anständig informiert zu werden.

Frau Görlitz schreibt weiter:

„Deutliche Worte
Dass Gegner und Befürworter zu unterschiedlichen Bewertungen kommen, müsse „auch künftig möglich sein, ohne dass sich der Ort entzweit“, mahnte er und ließ deutliche Worte folgen: „Kein Verständnis habe ich, wenn den politisch Handelnden unterstellt wird, dass sie bewusst gegen das Wohl der Gemeinde verstoßen.“ Kessler schloss das Thema mit einem Appell: „Ich hoffe sehr, dass es uns gelingt, eventuell noch vorhandene Kränkungen zu überwinden und uns wieder auf eine unserer Stärken zu besinnen, und zwar das ausgeprägte Wir-Gefühl in unserem Gemeinwesen.“

Auch hier zeigt sich die Berichterstattung von Frau Görlitz verantwortungslos. Sie berichtet zwar zutreffend, was der Bürgermeister gesagt hat, ordnet aber auch diese Aussage nicht ein. Leser ohne Hintergrundwissen müssen annehmen, dass das, was der Bürgermeister sagt, wohl zutrifft, denn es sagt ja schließlich der Bürgermeister und es steht ja in der Zeitung.

Falsche Behauptungen werden durch propagandistische Berichterstattung „zur Wahrheit“.

Tatsache ist, dass niemand behauptet, dass die „politischen Handelnden bewusst gegen das Wohl der Gemeinde verstoßen“. Es wird lediglich in Frage gestellt, ob die geplante „Pfenning“-Ansiedlung dem Wohl der Gemeinde dient, wie die Befürworter behaupten. Die IG neinzupfenning schreibt in einem Flugblatt:
„Der Bürgermeister und verschiedene Gemeinderäte betonen immer wieder, dass die Pfenning-Ansiedlung unseren Wohlstand sichert. Im Umkehrschluss heißt das: Ohne Pfenning geht’s bergab, wir verlieren alle diese Vorzüge. Ist das richtig? Gibt es keine Alternativen? Ist Pfenning die Antwort auf unsere Zukunft? Was hier betrieben wird, ist eine Angstkampagne. Wir wollen diese Angst nicht. Sie vergiftet unsere Gemeinschaft.“

Tatsache ist auch, dass die Befürworter den Gegnern vorwerfen, diese würden gegen das Wohl der Gemeinde agieren. So schreibt die CDU am 23. April 2009:
„Würden wir, wie von der Initiative „Nein zu Pfenning“ gewünscht verfahren, würde sich Heddesheim rückwärts entwickeln. Das ist für Heddesheim keine Perspektive und nicht förderlich für das Gemeinwohl.“

Was das vom Bürgermeister geforderte „Wir-Gefühl“ angeht, so stellt Frau Görlitz nicht die Frage, wen der Bürgermeister mit „Wir“ meint: Nämlich sich und alle, die ihn unterstützen. Wäre er tatsächlich auch daran interessiert, die Kritiker des „Pfenning“-Projekts in dieses „Wir“ einzuschließen, so hätte er das jederzeit in den vergangenen Monaten aus eigenem Antrieb tun können und auf die Kritiker zugehen können. Das aber hat er niemals getan und bis heute auch nicht im Sinn. Somit ist sein „Appell“ ein Lippenbekenntnis – nichts weiter.

Im Gegenteil hätte ein Wort von ihm genügt und die IG neinzupfenning hätte die Bürger im Mitteilungsblatt über ihre Argumente informieren können. Der Bürgermeister schwieg.

Frau Görlitz ist entweder unbedarft oder sie desinformiert vorsätzlich.

Eine Aufgabe der Presse wird oft so beschrieben, dass sie die Machthaber kontrollieren und die Öffentlichkeit auf Missstände hinweisen soll. Dem kommt Frau Görlitz nicht nach. Sie macht das Gegenteil: Ob unbedarft oder vorsätzlich.

Frau Görlitz wird diesen Spuk mit Erlaubnis der Redaktionsleitung beim Mannheimer Morgen so lange treiben, bis es den Verlag schmerzt. Das würde es, wenn genug Leserinnen und Leser ihren Protest an die Redaktion richten und am besten zumindest auf Zeit ihr Abonnement kündigen.

Damit das nicht falsch verstanden wird: Auch die IG neinzupfenning ist von uns Journalisten kritisch zu betrachten, was das heddesheimblog selbstverständlich tut.

Das heddesheimblog hält es mit dem früheren Tagesthemen-Moderator Hajo Friedrichs: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.“

Vielleicht sollte Frau Görlitz mal darüber nachdenken, wenn sie das nächste Mal in einen Spiegel schaut. Die Frage lautet: Bin ich Journalistin oder ein Spin-doctor?

Siehe auch: „Übers Ziel hinaus geschossen oder Volltreffer? Warum das heddesheimblog den MM kritisiert“

Tipp der Redaktion:
Das Thema „Spin-doctor“ wurde wunderbar im Film „Wag the dog – Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt“ beschrieben. In den Hauptrollen Robert de Niro und Dustin Hoffmann.

Mannheimer Morgen erfindet „Pfenning-Investorengesellschaft“

Guten Tag!

Heddesheim, 16. Dezember 2009. Heute ist im Mannheimer Morgen ein Text erschienen, in dem die Tagesordnungspunkte der morgigen Gemeinderatssitzung zu lesen sind. Aber nicht nur das: Die Redakteurin erfindet auch Firmenbezeichnungen, die es gar nicht gibt.

Kommentar: Hardy Prothmann

Zitat aus dem Mannheimer Morgen:
„Auch die geplante Pfenning-Ansiedlung fordert von den Räten abermals einen Beschluss: den zur Bildung eines Umlegungsausschusses für die Neuordnung dreier Grundstücke am südwestlichen Rand des Bebauungsplangebiets „Nördlich der Benzstraße“. Die Grundstücke sollen derart geordnet werden, „dass nach Lage, Form und Größe für die vorgesehene bauliche Nutzung zweckmäßig gestaltete Parzellen entstehen“, heißt es in der Verwaltungsvorlage. Hintergrund ist, dass nach wie vor einer der Grundstückseigentümer nicht dem Verkauf an die Pfenning-Investorengesellschaft Phoenix 2010 zugestimmt hat.“

Es gibt keine „Pfenning-Investorengesellschaft Phoenix 2010“.

Ist es Absicht? Ist es Schluderei? Ist es Unvermögen? Was auch immer die MM-Redakteurin Anja Görlitz dazu treibt, sie schreibt Unsinn. Es gibt keine „Pfenning-Investorengesellschaft Phoenix 2010“.

Was es gibt, ist eine Phoenix 2010 GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Das ist eine Personengesellschaft. In diesem Fall Karl-Martin Pfenning und der Immobilienunternehmer Georg Adler. Diese Gesellschaft investiert in den geplanten „Pfenning“-Standort.

„Pfenning logistics“ wird Mieter des Geländes werden. Karl-Martin Pfenning wiederum ist Chef der KMP-Holding GmbH, der Muttergesellschaft der „pfenning logistics“.

Die Unternehmensgruppe „Pfenning“ hat dies dem heddesheimblog auf Nachfrage bestätigt.

Dies bedeutet nicht, dass die Phoenix 2010 GbR damit zur „Pfenning-Investorengesellschaft“ wird. Es bedeutet allerdings, dass die seit Monaten mit dem Thema befasste MM-Redakteurin Anja Görlitz nicht zu erstem Mal beweist, dass sie in vielerlei Hinsicht bis heute anscheinend ahnungslos ist.

Vielleicht ist sie das auch nicht und hat den Auftrag (von sich selbst oder jemandem anderen) die Phoenix 2010 GbR zumindest in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit zu einem Teil der „Pfenning“-Gruppe zu machen, was sie aber nicht ist.

Frau Görlitz sollte den Titel „Ratsschreiberin“ führen.

Auch der „Hintergrund“ ist falsch dargestellt. Tatsache ist, dass ein Eigentümer auf dem vorgesehenen Gelände sein Grundstück bislang nicht verkauft hat. Das allein rechtfertigt aber nicht die geplante „Umlegung“. Der Investor müsste um dieses Grundstück herum bauen, was zunächst auch so angekündigt wurde.

Der Bürgermeister Michael Kessler will mit diesem Umlegungsausschuss der Phoenix 2010 GbR einen Gefallen tun – zu Lasten des Grundeigentümers. Und das wie gewohnt völlig intransparent unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Denn der Umlegungsausschuss tagt, Sie haben es erraten, nicht-öffentlich. Zusammengesetzt wird er mit zwei Vertretern der CDU, zwei von den Grünen und je einem von SPD und FDP (wobei die FDP nur einen hat, weil die Gemeinderätin Ingrid Kemmet befangen ist). Den Vorsitz führt der Bürgermeister. Somit dürfte von vorne herein klar sein, wie dieser Umlegungsausschuss entscheiden wird: 5:2 für eine Umlegung. Ob sich das der Eigentümer gefallen lassen wird, steht auf einem anderen Blatt.

Über all diese Zusammenhänge werden Leser des Mannheimer Morgens garantiert nicht informiert. Seit Februar hat das Blatt nicht einen auf einer eigenen These basierenden Artikel mit entsprechender Recherche zum Thema „Pfenning“ veröffentlicht. Das ist bedauerlich – für alle Leser, die glauben, informiert zu werden, dabei aber getäuscht werden.

Fehler machen wir alle – auch Journalisten. Langsam aber sicher muss man den Eindruck haben, dass es sich bei der durchweg mangelhaften Berichterstattung des Mannheimer Morgens zum Thema nicht um Fehler, sondern um Vorsatz handelt.

Frau Görlitz würde der Öffentlichkeit einen Gefallen tun, wenn sie sich in Zukunft nicht mehr Redakteurin nennt, sondern Ratsschreiberin.

Einen schönen Tag wünscht
Das heddesheimblog

Lektüre-Empfehlung

Guten Tag!

Sind Sie Abonnent des MM, des Mannheimer Morgen? Nein? Noch nicht? Spätestens nach diesem exklusiven Stück werden Sie es werden…

Lesen Sie: Rund 150 Gäste in Viernheim.

Von Helle Sema

In diesem famosen Stück journalistischer Höchstleistung werden Sie mit Kritik konfrontiert. Also Achtung!

Gleich das erste Zitat hat es in sich. Der Antworter ist neutral, aber doch gegen mehr Verkehr: „Wir sind weder dafür noch dagegen. Wir wollen nur nicht, dass noch mehr Verkehr durch den Ort fährt.“ Der Firmenchef KARL-MARTIN PFENNING höchstpersönlich (der symbolisch für mehr Verkehr steht, d. Red.) „nutzt die Gelegenheit, nochmals zu versichern…“.

Ein anständiger KERL halt. Wahrscheinlich hat er jedem der 150 Besucher beim offenen Tag bei Pfenning selbst beide Hände gedrückt, womit es eigentlich schon fast 300 Besucher waren und wenn man die beiden Hände vom Chef und das Drücken mitzählt, waren es ganz sicher  600 und gefühlt das Doppelte – sonst wollte ja niemand vors Haus gestern.

„150 Besucher, vielleicht auch ein paar mehr“, labten sich an Bier und Bratwurst und stellten ein paar Fragen. Respekt, Frau Görlitz. Sie waren vor Ort und Ihnen ist nichts entgangen, auch nicht das „Abgreifen von Werbegeschenken“. Aber mal ehrlich: Bis 150 oder vielleicht mehr müssten sie doch zählen können. So schwer ist das nicht. Warum schreiben Sie das? Finden Sie 150 kläglich? Hätten Sie selbst gerne mehr dort gesehen?

Immerhin konnten die Kinder in der Spielecke spielen… Haben Sie eigentlich schon recherchieren können, ob es auf dem geplanten Pfenning-Gelände eine „Laster-Spielecke gibt?“. Auf „Laster“ sind schließlich die kleinen wie die großen Jungs ganz scharf.

Der Nitzinger war ein bisserl enttäuscht, aber dennoch nicht „unzufrieden“. Immerhin waren ihm rund die Hälfte der Zuhörer gewogen und „bedachten ihn mit freundlichem Applaus“. Selbst der „eifrigste Fragensteller nickt auf die Frage, ob seine Fragen beantwortet wurden“.

„Aber überzeugt hat mich die Antwort nicht“, sagt er auf „Nachfrage“ des MM. Frau Görlitz, Respekt, Sie lassen sich nichts vormachen. Sie haken nach und bleiben dran. Wie ein Bluthund. Da jagt es mir Schauer über den Rücken.

„Weichgespült“ verwenden Sie sogar eine synästhetische Metapher. Respekt. „Wieder andere finden das gar nicht so schlimm“, spülen Sie sich und alle anderen in ihrem Bericht konsequent selbst weich. „Die Edeka hat ja auch hohe Hallen“.

Und am Ende geht keiner unzufrieden nach Hause. Happy End… 🙂

Frau Görlitz, ehrlich, Sie schreiben echt toll und vor allem so informativ. Danke!