Mittwoch, 22. MĂ€rz 2023

Vorfall am Waidsee - Vorwurf der "gefÀhrlichen Körperverletzung"

Ehefrau von Bundestagsmitglied Christian Ströbele (GrĂŒne) zeigte 13-jĂ€hrigen Heddesheimer an

Weinheim/Heddesheim/Mannheim, 22. November 2011. (red/korrigiert) Anfang August war der Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele mit seiner Frau Juliana Ströbele-Gregor im Weinheimer Waidsee schwimmen. Dort, wo schwimmen eigentlich nicht erlaubt ist. Jugendmitglieder eines Anglervereins schossen „Futterkugeln“ ins Wasser – eine davon traf Frau Ströbele-Gregor am Kopf. Hans-Christian Ströbeles Ehefrau zeigte den Jungen in Begleitung ihres Mannes daraufhin wegen „gefĂ€hrlicher Körperverletzung mittels einer Waffe“ an.

Hans-Christian Ströbele. Seine Ehefrau zeigte einen 13-jÀhrigen Jungen wegen angeblich "gefÀhrlicher Körperverletzung" an. Bild: Wikipedia/Codeispoetry, CC BY-SA 3.0

Anmerkung der Redaktion: Hans-Christian Ströbele hat uns durch den Berliner Anwalt Johannes Eisenberg am 25. November, 09:25 Uhr, wegen „Verletzung der Persönlichkeitsrechte“ abmahnen lassen. Wir sollen es bei einer Vertragsstrafe von 10.000 Euro unterlassen, den Satz „Bundestagsmitglied Christian Ströbele (GrĂŒne) zeigte 13-jĂ€hrigen Heddesheimer an“ zu wiederholen. Wir sollen Herrn Ströbele die Anwaltskosten von 775,64 Euro erstatten. Die Verpflichtung sollen wir bis heute, 25. November, 18:00 Uhr, abgeben

Wir versuchen zur Zeit, unseren Rechtsanwalt zu erreichen, was Freitagnachmittag nicht einfach ist. Nach den GesprĂ€chen mit unseren Quellen, darunter die Staatsanwaltschaft Mannheim, hatten wir keinen Grund zum Zweifel an unserer Überschrift. TatsĂ€chlich hat uns die Staatsanwaltschaft zunĂ€chst unsere Frage, ob es zutreffe, dass Herr Ströbele eine Anzeige erstattet hat, bestĂ€tigt. Auf unsere heutige Nachfrage und PrĂŒfung der Akte wurde konkretisiert, dass Herrn Ströbeles Ehefrau Strafanzeige und Strafantrag im Beisein ihres Mannes gestellt hat. Deshalb haben wir ohne Anerkennung einer Rechtspflicht oder einer KostenĂŒbernahme diesen Satz umgehend korrigiert.

Wir hatten auch Herrn Ströbele am 22. November (!) schriftlich um Antwort zur Sachlage gebeten – sofern Herr Ströbele geantwortet hĂ€tte, hĂ€tten wir natĂŒrlich sofort eine Korrektur vorgenommen. TatsĂ€chlich verbittet sich Herr Ströbele laut anwaltlichem Schreiben jeglichen Kontakt von uns zu ihm – wir sollen nur ĂŒber seinen Anwalt mit ihm kommunizieren und nahezu 800 Euro bezahlen. Der Anwalt hat uns darĂŒber hinaus auch „jedwede auch nur indirekte publizistische Nutzung“ der Abmahnung verboten. Wir nutzen die Abmahnung in keinster Weise publizistisch, informieren aber unsere Leserinnen und Leser ĂŒber diese skandalöse Reaktion.

Herr Ströbele ist als Anwalt erfahren genug, um zu wissen, dass uns bei Einschaltung eines eigenen Anwalts die doppelten Kosten entstehen. 1.550 Euro fĂŒr die Korrektur, dass nicht er persönlich, sondern seine Ehefrau in seinem Beisein die Anzeige gegen das Kind vorgenommen hat, erscheint uns weniger geeignet, „Persönlichkeitsrechte“ zu schĂŒtzen, als vielmehr eine freie Berichterstattung abstrafen zu wollen.

Wie gesagt: Herr Ströbele hat unsere Daten gehabt, hĂ€tte jederzeit eine Korrektur senden können oder das heute scheinbar in Vergessenheit geratene Mittel der „Gegendarstellung“ nutzen können.

Sofern Sie uns unterstĂŒtzen möchten, bitten wir um eine Spende, denn wir rechnen wegen des Rufs von Anwalt Eisenberg mit einem Verfahren und Kosten von bis zu 5.000 Euro in erster Instanz, sofern die Sache vor Gericht geht. Und mit einer Verdoppelung, sollte eine zweite Instanz nötig sein. Wir werden die eingegangenen Spenden ausschließlich fĂŒr die Rechtskosten verwenden.

Wir werden fortlaufend ĂŒber die Höhe der eingegangenen Spenden berichten. Die Namen der Spender behandeln wir anonym, auf Wunsch nennen wir sie auch. Geld, das nicht fĂŒr dieses Verfahren benötigt wird, werden wir dem Verein „Journalisten helfen Journalisten“ spenden, die vor allem Journalisten in Krisenregionen unterstĂŒtzen. Dort wird selten abgemahnt, dafĂŒr vorzugsweise gefoltert und geschossen, um Berichterstatter (mund)tot zu machen.

Bankverbindung: Hardy Prothmann, comdirect Konto: 218213700, BLZ: 20041133

Aktueller Spendenstand (01. Dezember, 12:00 Uhr)  paypal/Konto: 2034,90 Euro (74 Spenden zwischen 1,00 und 300,00 Euro). Vielen Dank!
Sascha Pallenberg (Taiwan) hat sich bereit erklĂ€rt, die AbmahngebĂŒhren von 775 Euro zu ĂŒbernehmen, falls wir diese zahlen mĂŒssen.

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Die Staatsanwaltschaft Mannheim bestĂ€tigte auf unsere Anfrage die Anzeige. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wurden eingestellt, da der Junge mit 13 Jahren erstens strafunmĂŒndig ist und die Ermittlungen der Polizei keinen Vorsatz ergaben. Am 03. August waren Herr Ströbele und seine Frau im See schwimmen, allerdings nicht im erlaubten Bereich des kostenpflichtigen Strandbads, sondern als „Schwarzschwimmer“.
Treffer am Kopf
Vier minderjĂ€hrige Jungs eines Angelvereins verbrachten hier einen Teil ihrer Sommerferien und schossen im sĂŒdlichen Teil des Waidsees Futterkugeln (Boilies) mit einer Futterschleuder ins Wasser, um Fische anzulocken. Versehentlich, so die Jungen, wurde dabei Frau Ströbele am Kopf getroffen.
Der Jugendwart bestĂ€tigte uns gegenĂŒber den Vorgang und sagte: „Der Vorwurf eines absichtlichen Treffers ist absurd. Man kann ĂŒberhaupt nicht genau mit solch einer Schleuder ein Ziel treffen. Und die Jungs sind sehr verantwortungsbewusst. Sie haben die Frau im Wasser nicht gesehen. Die hatte an dieser Stelle auch nichts zu suchen, weil hier schwimmen nicht erlaubt ist.“Im Anschluss entwendete Herr Ströbele nach den Schilderungen der beteiligten Personen sehr zornig dem Jungen die Futterschleuder, schrie die Kinder an und „konfiszierte“ die Schleuder. Er soll mit einer Anzeige gedroht haben, obwohl sich die Jungs und zwei erwachsene Angler um Deeskalation bemĂŒht haben und die Jungen sich entschuldigt haben sollen. Die Anzeige durch seine Frau in seinem Beisein erfolgte nach unseren Informationen einen Tag spĂ€ter bei der Weinheimer Polizei.
Außer Rand und Band
Der aufgebrachte Ströbele ließ sich nach Angaben der Beteiligten am „Tatort“ nicht beruhigen. Auf den Hinweis, dass die Frau sich außerhalb des Schwimmbereichs im Wasser aufgehalten habe, soll den Mann noch zorniger gemacht haben. Das tĂ€te nichts zur Sache. „Der Mann war außer Rand und Band und völlig uneinsichtig“, so ein Zeuge.Man habe den Eheleuten Ströbele ein „erzieherisches“ GesprĂ€ch mit den Jungs angeboten, was diese aber nicht annehmen wollten.

Die Polizei Weinheim hatte den Vorgang aufgenommen, die Anzeige wurde von der Staatsanwaltschaft Mannheim bearbeitet, da der „tatverdĂ€chtige“ Junge in Heddesheim wohnt und damit im ZustĂ€ndigkeitsbereich der Mannheimer Staatsanwaltschaft fĂ€llt. Weil kein Vorsatz erkennbar war und der Junge mit 13 Jahren strafunmĂŒndig ist, wurde das Verfahren eingestellt.

Anmerkung der Redaktion:
Herrn Ströbele haben wir nicht erreichen können und eine Anfrage per email gestellt. Sollte er sich Ă€ußern, werden wir den Artikel aktualisieren. (Hat sich erledigt, in der Zwischenzeit hat Herr Ströbele „Kontakt mit uns aufgenommen“.) 🙁