Heddesheim, 31. Januar 2014. (red/ld) Die Ortsumgehungsstraße ist geplant. Die Landesregierung will sie weder bauen, noch sagen, wieso die Straße in ihrer Prioritätenliste so weit unten steht – auf Platz 130, behauptet Bürgermeister Kessler. Angeblich antworte man auch nicht auf die erneuten Einwände der Gemeinde. Das Verkehrsministerium habe sich nicht mit den Argumenten auseinandergesetzt, sagte Bürgermeister Kessler gestern. Um erste Abhilfe zu schaffen ,beauftragte der Gemeinderat auf SPD-Antrag, eine durchgehende Tempo-30-Zone und ein Durchfahrtverbot für Lkw über 7,5 Tonnen zu prüfen.
Von Lydia Dartsch
Seit Jahren ist man in Heddesheim der Ansicht, dass eine Umgehungsstraße nötig ist, um die Anwohner vom Verkehrslärm und -abgasen der durchfahrenden Lkw zu entlasten. Doch die Landesregierung sieht das anders: Andere Vorhaben haben eine höhere Priorität. In einer Stellungnahme des Ministeriums für Verkehr und Infrastruktur schrieb die grüne Landtagsabgeordnete Gisela Splett im landesweiten Vergleich sei die Heddesheimer Umgehungsstraße „nicht vorrangig“.
Dieses Ergebnis ist nicht neu – trotzdem ist es bitter: Bereits im September 2012 wurde bekannt gegeben, dass das Vorhaben nicht im Maßnahmenplan vorgesehen ist. Doch man wollte das in Heddesheim nicht einfach hinnehmen: Im Oktober äußerte die Gemeinde ihre Bedenken zu der Vorgehensweise, mit der der Maßnahmenplan erstellt wurde.
Falsche Beurteilung?
Man kritisierte mangelnde Transparenz und eine nicht nachvollziehbare Gewichtung der verschiedenen Kriterien. Außerdem ging der Gemeinderat davon aus, dass bei der Beurteilung der Ortsumfahrung wesentliche Umstände außer Acht gelassen wurden. Etwa dass nicht nur von der L 541 aus, sondern auch von der L 631 aus mit einer deutlichen Verringerung des Durchfahrtsverkehr zu rechnen sei. Insgesamt sei es möglich, jeden Tag etwa 12.200 Fahrzeuge umzuleiten. (Nach unseren Informationen ergibt sich ein Handlungsbedarf ab 20.000 Fahrzeuge pro Tag.)
Ohne eine konkrete Stellungnahme zu den Anmerkungen der Gemeindeverwaltung, so die Darstellung der Verwaltung, stellte die Landesregierung im November 2013 den Maßnahmenplan vor. Die Heddesheimer Ortsdurchfahrt war nicht unter den 123 priorisierten Vorhaben. Sie belegt Platz 130.
Begründung verlangt
Dies wollte man im Gemeinderat so nicht hinnehmen und verlangte in einem Schreiben vom 28. November 2013 eine Begründung. Diese erreichte die Verwaltung am 15. Januar. Darin heißt es:
Die Nachbewertung [hat] zu keinem anderen Ergebnis geführt. Ich bitte Sie, dieses Ergebnis, das sich nach objektiven, sachlichen und nachvollziehbaren Kriterien ergeben hat, anzuerkennnen.
Nachvollziehbar sei das nicht, sagte Bürgermeister Michael Kessler gestern in der Gemeinderatssitzung. Das Verkehrsministerium habe sich nicht einmal mit den Einwänden der Gemeinde auseinandergesetzt. Herr Kessler zeigte sich sichtlich empört: Das könne man sich als Gemeinde nicht bieten lassen.
Ebenso sahen es die Gemeinderäte: Dr. Josef Doll (CDU) merkte vor allem in Richtung der Grünen Fraktion an, dass alle umliegenden Gemeinden ihre Ortsumgehung genehmigt bekommen hätten. Nur in Heddesheim werde so getan, als sei eine Ortsumgehung etwas vollkommen neues. Günter Heinisch (Grüne) sagte, dass auch er die Bewertung des Verkehrsministeriums nicht richtig findet, spielte den Angriff der CDU zurück und begann die landespolitische Diskussion:
Die Ringstraße war seit 1995 im vordringlichen Bedarf. Das war unter Ihrer Regierung. Aber außer Versprechen irgendwelcher Staatssekretäre ist nix passiert.
Bürgermeisterkandidat Günther Heinisch verwies auf seinen Besuch am Mittwoch, den 29. Januar, beim Verkehrsminister und meinte, Heddesheim müsse konkrete Maßnahmen vorschlagen, denn die Ringstraße würde so bald nicht kommen. (Anm. d. Red.: Das „nicht“ wurde ergänzt.)
Auch die SPD- und die FDP-Fraktionen konnten die Antwort aus Stuttgart nicht nachvollziehen. Einen neuen Brief zu schreiben, hält Bürgermeister Kessler für aussichtslos. Er habe die Hoffnung aufgegeben, sagte er und rief den Antrag der SPD-Fraktion auf, über verkehrsberuhigende Maßnahmen abzustimmen. Die SPD forderte, eine Tempo-30-Zone im gesamten Ortsgebiet einzuführen. Außerdem soll der Durchfahrtsverkehr für Lkw über 7,5 Tonnen verboten werden.
Der Grünen Fraktion ging dies noch nicht weit genug. Sie beantragte die Erweiterung des SPD-Antrags: Die Verwaltung solle ein Planungsbüro beauftragen, die rechtlichen Möglichkeiten einer Verkehrsberuhigung zu prüfen. Außerdem forderte sie ein Durchfahrtverbot bereits für Lkw ab 5 Tonnen.
Ein solches Verbot für 5-Tonner gebe es rechtlich nicht, sagte Bürgermeister Kessler. Die CDU-Fraktion forderte, die Grünen sollen ihren Antrag für die nächste Sitzung schriftlich einreichen. Nach einer weiteren landespolitischen Diskussion über die Versäumnisse der CDU-Regierung und den guten Kontakten der Grünen-Fraktion ins Ministerium, kündigte die Grünen-Fraktion an, ihren Antrag in der nächsten Sitzung schriftlich zu stellen. Anschließend wurde der SPD-Antrag einstimmig angenommen.
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