Freitag, 24. März 2023

Bürgermeister Michael Kessler zum Hirschberger Bürgerentscheid

„Bildungsinvestition oder Kanalausbau“

Print Friendly, PDF & Email

Heddesheim/Hirschberg, 29. August 2013. (red/ld) Die Pläne die bestehende Werkrealschule zu einer Gemeinschaftsschule im Schulzweckverband mit Hirschberg weiterzuentwickeln, steht durch den Beschluss des Hirschberger Gemeinderats für einen Bürgerentscheid am 22. September auf dem Spiel. Der Heddesheimer Gemeinderat hatte dafür gestimmt, den vor drei Jahren gegründeten Schulzweckverband weiterzuentwickeln. Heddesheims Bürgermeister Michael Kessler ist von der Entscheidung des Hirschberger Gemeinderats enttäuscht, blickt aber zuversichtlich der Abstimmung entgegen.

 

Heddesheims Bürgermeister Michael Kessler Foto: Gemeinde Heddesheim

Heddesheims Bürgermeister Michael Kessler ist zuversichtlich, dass die Hirschberger Bürger/innen für den Schulstandort Heddesheim/Hirschberg stimmen. Foto: Gemeinde Heddesheim

 

Interview: Lydia Dartsch

Herr Kessler, haben Sie mittlerweile ein Exemplar der Informationsbroschüre zum Bürgerentscheid der Gemeinde Hirschberg erhalten?

Michael Kessler: Ja, die habe ich mir übers Internet besorgt und schon angesehen.

Was sagen Sie dazu?

Kessler: Sie ist sehr umfangreich. Man hat versucht, die verschiedenen Aspekte darzustellen. Allerdings vermisse ich die Aussage, dass es noch Heddesheim als Partner des Schulzweckverbands gibt, der sich vor drei Jahren zur Aufgabe gestellt hat, die neue Schule gemeinsam weiterzuentwickeln.

Was halten Sie von den aufgeführten Argumentationen, Kostenschätzungen und Beurteilungen?

Kessler: Für den Normalbürger ist das alles schwer verständlich. Ich denke, dass er auch nicht klar erkennen kann, dass es ohnehin einen Sanierungsstau bei den Schulen gibt. Welche Aufwendungen es braucht, um diesen Sanierungsstau zu beheben, wird durch die Broschüre nicht klar.

Bauliche Maßnahmen auch bei anderer Klassenstufenverteilung nötig

Auch die Möglichkeit einer Klassenstufenverteiligung wurde im Hirschberger Gemeinderat diskutiert und bei Ihrer Gemeinde angefragt. Wie haben Sie darauf reagiert?

Kessler: Die Frage der Klassenverteilung stellt sich erstmal gar nicht. Da warten wir jetzt den Bürgerentscheid ab.

Würde eine Abweichung von der von der Schulbehörde empfohlenen Klassenstufenverteilung – auf lediglich Klasse 5 und 6 in Hirschberg und folgend 7 bis 10 in Heddesheim – von der Gemeinde Heddesheim mitgetragen werden?

Kessler: Wir haben signalisiert, dass wir für so eine Lösung offen sind. Selbst wenn man aber eine weitere Klassenstufe in Heddesheim einrichten würde, wären trotzdem bauliche Maßnahmen in Hirschberg nötig. Wenn an der Schule sowieso gebaut werden muss, sind die Einsparungen durch zwei oder drei Zimmer weniger nicht mehr entscheidend. Pädagogisch spricht außerdem viel dafür, die Klassenstufen 5-7 an einem Ort zu unterrichten.

Angenommen, die Hirschberger Bürgerinnen und Bürger entscheiden sich gegen die Gemeinschaftsschule – könnte Heddesheim alleiniger Träger einer Gemeinschaftsschule mit Standort Heddesheim werden?

Kessler: Das möchte ich jetzt noch nicht abschätzen. Es istz auch falsch, solche Szenarien zu entwickeln. Wichtig ist, die Bürgerinnen und Bürger davon zu überzeugen, dass die gemeinsame Lösung die bessere ist.

„Ich sehe dem Bürgerentscheid zuversichtlich entgegen“

Könnte man sich auch eine Kooperation mit Ladenburg vorstellen?

Kessler: Wie gesagt, solche Szenarien halte ich vor dem Bürgerentscheid für falsch. Ich sehe dem Entscheid positiv entgegen. In der Infobroschüre sind viele gute und stichhaltige Gründe für die gemeinsame Weiterentwicklung. Die Bürgerinnen und Bürger sind da weitsichtig genug, die langfristigen Vorteile zu erkennen.

In der Infobroschüre werden die Kosten für Gemeinschaftsschullösung und die Schulsanierung auf 2,2 Millionen Euro beziffert. Gleichzeitig werden die Maßnahmen dagegen gehalten, die die Gemeinde in der kommenden Zeit mit dem Geld realisieren könnte. Wie empfinden Sie eine solche Argumentation?

Kessler: Es ist legitim, dass man als Gemeinde Prioritäten setzt und klar macht, welche Maßnahmen in Zukunft anstehen. Ich kann nur diese Rangfolge nicht nachvollziehen, die da kommuniziert wird: Kanalsanierung oder Bildungsinvestition. Ich halte auch ein gewisses Maß an Verschuldung für Investitionen in den Schulausbau für vertretbar.

Haben Sie zu einer Kooperation mit Ladenburg schon Gespräche mit dem Schulamt und Regierungspräsidium geführt?

Kessler: Nein. Wir haben vor drei Jahren den Schulzweckverband mit Hirschberg beschlossen und aufgestellt. Dafür gilt es jetzt, zu kämpfen. Ich bin davon üßberzeugt, dass die Gemeinschaftsschule mit dem Team und dem Rektor, die wir jetzt haben, eine zukunftsfähige Lösung ist.

Die KJarl-Drais-Schule in Hirschberg. Heddesheim hat der Gemeinschaftsschule bereits zugestimmt. Hirschberg einen Bürgerentscheid beschlossen – parallel zur Bundestagswahl am 22. Septemeber.

Die Karl-Drais-Schule in Hirschberg. Heddesheim hat der Gemeinschaftsschule bereits zugestimmt. Hirschberg einen Bürgerentscheid beschlossen – parallel zur Bundestagswahl am 22. Septemeber.

 

Wie haben Sie auf die Nachricht reagiert, dass der Gemeinderat Hirschberg einen Bürgerentscheid zu dieser Frage beschlossen hat?

Kessler: Wir sind enttäuscht, dass man von Hirschberger Seite aus die Zukunftsfähigkeit des Schulzweckverbands nicht genauso sieht und diesen Bürgerentscheid herbeigeführt hat. Das hätte man vor drei Jahren machen müssen, als die Gemeinderäte über den Schulzweckverband abgestimmt haben. Das war damals auch eine schwierige Entscheidung. Faktisch wird mit dem Bürgerentscheid darüber noch einmal abgestimmt. Wir haben in den vergangenen Jahren unsere Schule weiterentwickelt und das Gebäude saniert.

Wenn die Hirschberger Bürgerinnen und Bürger sich nun gegen eine Gemeinschaftsschule entscheiden, würde das dann bedeuten, dass der Schulzweckverband aufgelöst werden müsste?

Kessler: Dieses Szenario will ich gar nicht aufstellen. Ich sehe dem Entscheid positiv entgegen und bin zuversichtlich, dass die Hirschberger Bürgerinnen und Bürger sich dafür aussprechen.

Klage ist nicht das richtige Mittel

Was wären Voraussetzungen dafür? Welche Herausforderungen würde das für die Gemeinde Heddesheim bedeuten? Könnte sich die Gemeinde Hirschberg dem widersetzen?

Kessler: Wie gesagt, darüber denke ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht nach.

Ist eine Klage der Gemeinde Heddesheim gegenüber der Gemeinde Hirschberg geprüft worden? Wird diese eventuell stattfinden, wenn aus dem Bürgerentscheid eine Ablehnung der Gemeinschaftsschule hervorgeht?

Kessler: Auch diese Frage stellt sich für mich nicht. Eine Klage gegenüber einem Partner, mit dem man auf vielen Feldern zusammenarbeitet, ist nicht das richtige Mittel. Im Übrigen bliebe der Schulzweckverband mit der Werkrealschule ja zunächst bestehen.

Sollte es nicht zur Entwicklung der Gemeinschaftsschule kommen: Wann sehen Sie das Aus für die Werkrealschule?

Kessler: Das kann ich nicht absehen. Ich will die Werkrealschule auch nicht schlecht reden. Aber seit dem Wegfall der verpflichtenden Grundschulempfehlung entscheiden sich viele Eltern für höhere Schulabschlüsse.

Über Lydia Dartsch

Lydia Dartsch (31) hat erfolgreich ihr Volontariat beim Rheinneckarblog.de absolviert und arbeitet nun als Redakteurin. Die studierte Politikwissenschaftlerin und Anglistin liebt Kino, spielt Gitarre und sportelt gerne.