Donnerstag, 08. Juni 2023

Nicht zu widerlegen

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Die CDU hat gestern Abend ihre zweite Kandidatenvorstellung vor rund 120 Gästen hinter sich gebracht. Die Partei zeigte sich zufrieden mit ihrer Arbeit, macht sich aber große Sorgen um die Zukunft und das Wohl der Gemeinde. Josef Doll wirft Kurt Fleckenstein Täuschung vor.

von Hardy Prothmann

„Wir werden uns der Diskussion stellen, hart in der Sache, aber fair“, schließt Volker Wittneben seine Auftaktrede, die das Wohl der Gemeinde zum Inhalt hatte.

CDU-Ortsverband-Chef Rainer Hege geht kurz auf den Austritt von Ulrike Lochbühler ein, freilich ohne den Namen zu nennen. „Fakt ist, es gibt keinen Fraktionszwang. Wir haben einen offenen Meinungsaustausch und akzeptieren auch Entscheidungen, die nicht der Mehrheit entsprechen.“
Dann gibt er an das Podium ab, auf dem vier „Einheiten“ die politischen Themen vorstellen sollten.

„Einheiten“ präsentieren CDU-Politik

Die Wahrheit bereitet sich auf seinen Auftritt vor: Josef Doll (Mitte). Bild: pro

Die Wahrheit bereitet sich auf seinen Auftritt vor: Josef Doll (Mitte). Bild: pro

Ursula Brechtel freut sich über 90.000 „Entleihungen“ aus der Bibliothek, Maximilian Weniger (18) freut sich „dass das Jugendhaus auf immer mehr Relevanz stößt.“ Weiter sagt er: „Es ist an der Zeit, mehr für unsere Jugend zu tun.“ Das überwiegend ergraute Publikum hört zu.
Walter Gerwien (45) zeigt sich überzeugt, „dass, wenn wir es schaffen, eine solche Firma an den Ort zu bekommen, die Hauptschüler eine Arbeit bekommen. Das ist ein guter Weg.“
Peter Kleinert (66) sagt: „Die Bertelsmann-Studie muss Richtschnur für unsere Gemeinde sein“, und führte Statistiken zu Arbeit, Standort, Familie und Beruf vor. Sein Credo: „Stillstand bedeutet Rückschritt.“

Raum für Mensch und Natur

Peter Wilhelm (44) redet über die Umgehungsstraße: „Bisher sind alle Straßen mit Planfeststellungsverfahren auch gebaut worden. Der einzige Grund für eine Verzögerung könnte fehlendes Geld sein.“ Und: „Wir werden uns dafür einsetzen und alles für eine Entlastung übernehmen.“ Außerdem wünscht er sich „einen ansehnlichen Grüngürtel rund um Heddesheim.“

Die CDU will jungen Familien einen Raum geben. Gekommen waren eher ältere Mitbürger.

Die CDU will "jungen Familien einen Raum geben". Gekommen waren statt junger Familien aber eher ältere Mitbürger. Bild:Â pro

Beate Wageck (44) will „jungen Familien einen Raum geben.“ Und: „Wir müssen der Natur auch Platz lassen. Freiräume für Mensch und Natur sind sehr wichtig.“
Theo Geiger (52) sieht die Heddesheimer Sportvereine als „Ort der Begegnung“.
Holger Ohlhaut (27) will sich für den „Erhalt und die Modernisierung der Einrichtungen“ einsetzen.
Dieter Kielmayer (47) redet zu Einzelhandel und Dienstleistungsgewerbe: „Die Frage ist, was kann die Politik tun, um zu unterstützen? Leider wenig.“ Gleichzeitig spricht er sich gegen weitere Vollsortimenter im Gewerbegebiet aus: „Die Möglichkeit der Versorgung ist im Ort gegeben. Auch der Neukauf wird vergrößert.“
Volker Wittneben (47) stellte das „Energie-Einsparcontracting“ in Heddesheim vor.
Martin Kemmet (38) freut sich über realisierte Photovoltaik-Anlagen und will sich für weitere einsetzen.
Volker Schaaff (53) freut sich über eine gute Lösung für den Weg um den Badesee.

Josef Doll übernimmt Pfenning-Thema

Als letzte „Einheit“ übernimmt Josef Doll (64) alleine.
Sein Thema: die Pfenning-Ansiedlung. Er präsentiert Zahlen zu schrumpfenden Steuereinnahmen und fragt: „Denkt die Nein-Gruppe darüber nach?“
Und: „Dass wir dann keine Gewerbeflächen mehr hätten, ist falsch. Es stehen im Gewerbegebiet 15 bebaute und unbebaute Flächen leer.“
Walter Gerwien meldet sich und sagt: „Ich bin das abgefahren und habe geguckt.“
Josef Doll: „Wir haben in der Region eine Vielzahl von Gewerbeflächen, das muss man auch sehen.“ Und: „So wie es jetzt läuft, ist es nicht optimal. Wir brauchen einen Schub. Das wird einen Synergieeffekt haben.“ Das erläutert er bildlich: „Den Synergieeffekt müssen Sie sich wie ein Zirkuszelt vorstellen. Wenn der Mast in der Mitte bewegt wird, muss sich auch alles andere bewegen.“

„Der Standort passt optimal zu Heddesheim“, Josef Doll

Warum die Pfenning-Ansiedlung ein Glücksfall ist, erläutert er so: „Wir sind in einem Käufermarkt. Das bedeutet, nicht wir bieten an, sondern der Käufer kann sich aussuchen, was er kauft. Also, nur weil wir die Fläche haben, heißt das nicht, dass wir sie auch vermarkten können.“ Und weiter: „Mit dieser Ansiedlung können wir das. Der Regionalverband hat festgestellt, dass der Standort optimal zu Heddesheim passt.“

Dann sagt er: „Ich will mit ihnen keine vollständige Sache diskutieren. Nur soviel: Wir haben kein Entwicklungsrisiko, weil Pfenning die ganze Fläche kauft. Wir haben keine weiteren Kosten für die Kanalentwicklung: das Regenwasser wird im Grünstreifen um das Gelände versickern. Jede Firma bezahlt natürlich Gewerbesteuer nach ihrer individuellen Veranlagung. Unsere Jugendlichen sind verstärkt für Pfenning. Und wir versuchen, für den nördlichen Teil der Ringstraße einen Lärmschutz zu erreichen.“

„Kurt Fleckenstein täuscht vor“, Josef Doll.

Im Hintergrund werden dazu Grafiken auf eine Leinwand projiziert. Vier davon zeigen die aus dem Flyer der IG neinzupfenning bekannten Modelle. In eine der Grafiken ist mit dicker Schrift zu lesen: Dr. Fleckenstein täuscht Gebäudehöhen von 30-35 Meter vor. Außerdem steht da noch „Fantasie“. Pfeile deuten auf die vorderen Hallen hin. „Bebauungsgrenze“ zeigt, wo die Pfenning-Bebauung aufhört: am Brunnenweg.
Josef Doll sagt: „Wer seine Wahl nur auf ein Thema fixiert, der hat sich schnell verwählt.“ Dann eröffnet er die Diskussion.

Kaufvertrag bekannt oder unbekannt?

Thomas Christophel fragt Josef Doll zu Einzelheiten zum Vertrag: „Im Mannheimer Morgen vom Mittwoch ist zu lesen, dass der Vertragspartner des städtebaulichen Vertrags die Pfenning-Gruppe ist und nicht die GbR. Mir liegt aber eine Vertragsentwurf vor, wonach der Eigentümer der Grundstücke die Phoenix 2010 GbR ist. Welche Konsequenzen hat das für die Gemeinde, wenn der städtebauliche Vertrag mit dem Mieter und nicht mit dem Eigentümer geschlossen ist?“
„Der Bürgermeister hat fünf Pflichten, eine davon ist, den Gemeinderat unverzüglich über wichtige Dinge zu unterrichten. Mir ist nicht bekannt, dass am städtebaulichen Vertrag etwas geändert wurde“, sagt Josef Doll.
Thomas Christophel hakt nach: „Ist Ihnen denn der Kaufvertrag nicht bekannt?“
Josef Doll: „Natürlich kennt der Gemeinderat den städtebaulichen Vertrag. Die Gemeindejuristen haben das im Vorfeld geprüft.“

„Herr Doll, Sie sind der Wahrheit am nächsten“, Rainer Hege

Das heddesheimblog fragt: „Bürgermeister Kessler schreibt im Amtsblatt, dass der Wohlstand der Gemeinde auf die Entwicklung des Gewerbegebiets in den vergangenen 40 Jahren zurückzuführen ist. Warum haben Sie so wenig Selbstvertrauen, diese erfolgreiche Politik fortzuführen?“
Josef Doll entgegnet: „Wir wollen in die Zukunft schauen und nicht in die Vergangenheit.“

Jetzt schaltet sich Rainer Hege ein: „Ich muss das sagen. Der Wohlstand ist zum Teil auf unser Gewerbegebiet zurückzuführen.“
Das heddesheimblog fragt nach: „Wie ist das jetzt? So wie der Bürgermeister das sagt, wesentlich oder wie Sie sagen, nur zum Teil.“
Im Publikum herrscht Unruhe.
Josef Doll übernimmt wieder und redet sehr lange über erfolgreiche Gemeinderatsarbeit, Vertrauen in den Bürgermeister und dass er weiß, dass die Entscheidung richtig ist.
Dann übernimmt wieder Rainer Hege: „Herr Doll, ich lausche immer wieder gerne ihren Ausführungen. Sie sind ein Meister des Wortes und Sie sind einfach nicht zu widerlegen, weil Sie der Wahrheit am nächsten sind.“
Das Publikum applaudiert.

Ein Bürger will wissen, wie es mit der Ringstraße weitergeht. Josef Doll erklärt, dass ein vollständiger Ring zu teuer sei, aber die Sorgen der Bürger ernst genommen werden und man sich für den Lärmschutz einsetzt.
Der Bürger: „Das regt mich jetzt auf, dass Sie das immer wieder behaupten. Dort wird kein Lärmschutz gebaut, weil einfach kein Platz ist.“

Rainer Hege beendet die Diskussionsrunde.

Über Hardy Prothmann

Hardy Prothmann (50) ist seit 1991 freier Journalist und Chefredakteur von Rheinneckarblog.de. Er ist Gründungsmitglied von Netzwerk Recherche. Er schreibt am liebsten Porträts und Reportagen oder macht investigative Stücke.