Rhein-Neckar, 23. Januar 2012. Manche Dinge sollten erledigt werden, und zwar möglichst schnell. Andere möchte man gerne bald wiederholen, aber man bekommt sie im Alltag kaum unter. Das mit der RegelmĂ€Ăigkeit ist so eine Sache, denkt Gabi.

Wegen ĂberfĂŒllung geschlossen.
Ich habe ihm Flur eine Schublade, da fliegt alles rein, was noch sortiert und abgeheftet werden muss: KontoauszĂŒge, ĂŒberwiesene Rechnungen, Garantien und Zettel jeglicher Art. Und alle paar Monate geht wegen ĂberfĂŒllung gar nichts mehr, sprich die Schublade geht nicht mehr zu.
Das ist dann der Zeitpunkt, an dem ich meine Ablage machen muss. Habe ich es hinter mich gebracht, denke ich meist, das war doch gar nicht so schlimm, das sollte ich viel regelmĂ€Ăiger machen.
Unter diese Rubrik fĂ€llt auch Keller aufrĂ€umen, Kleiderschrank aussortieren, Auto und Fenster putzen âŠ
Sind die Dinge erledigt, fĂŒhlt man sich richtig gut, freut sich ob der getanen Arbeit und nimmt sich vor, so lange wird man es nie wieder liegen lassen.
Irgendwann klemmt die Schublade
Doch irgendwann klemmt die Schublade wieder und aus den Fenstern kann man kaum noch rausschauen.
RĂ€umâ doch Deine Klamotten abends gleich weg, wenn du sie ausziehst, ermahne ich deswegen auch meine Tochter regelmĂ€Ăig, denn schlieĂlich soll sie es ja lernen.
Meine GroĂmutter hatte ihren Haushalt noch gut organisiert, montags wurde gewaschen, dienstags demnach gebĂŒgelt, mittwochs Staub gewischt und gesaugt, donnerstags das Bad geputzt und die Böden gewischt, freitags die Betten bezogen, samstags Kuchen gebacken und sonntags ausgeruht. Bei dieser RegelmĂ€Ăigkeit blieb nichts liegen, es stapelte sich nichts, wie zum Beispiel meine BĂŒgelwĂ€sche im Keller.
Ich weiĂ noch, wenn ich als junge Frau bei meiner GroĂmutter vorbeischaute und es war beispielsweise Montag, fragte sie: âUnd Kind, hast du deine WĂ€sche schon gemacht?â Es war fĂŒr sie kaum nachvollziehbar, dass man in der âheutigenâ Zeit noch so viel anderes zu tun hatte, erst in jungen Jahren Semesterarbeiten anfertigen, spĂ€ter dann mit Kindern in die Krabbelgruppen zu gehen und schlieĂlich neben dem Haushalt noch zu arbeiten. Und dazu die ganzen FreizeitvergnĂŒgen â diesen Stress hatte meine GroĂmutter nicht, aber einen gut aufgerĂ€umten und ordentlichen Haushalt â mit RegelmĂ€Ăigkeit.
Szenenwechsel
KĂŒrzlich war ich mit vier Freundinnen aus. Und wir waren nicht einfach nur im Kino oder was trinken, sondern wir waren auf einem Live-Konzert in einem Heidelberger Club. Es war laut, es war voll und es wurde spĂ€t. Und es machte SpaĂ. âDas sollten wir bald wieder mal machenâ, sagte eine der Freundinnen.
Vergangene Woche waren wir mit Freunden im Theater â es war ein wunderbarer Abend. âDas sollten wir bald wieder mal machenâ, dachte ich.
Die Liste der Dinge, die ich gerne âbald wieder mal machen möchteâ ist ebenso endlos wie die der Dinge, die ich bald wieder machen sollte.
Es ist das Treffen mit einer Freundin, die im Elsass wohnt, die Wanderung in der Pfalz, der Tag in einem Wellness-Bad, der Besuch einer Lesung oder Ausstellung â die Reihe ist beliebig erweiterbar.
Und auch hier: Setzt man das Vorhaben in die Tat um, scheint es kaum nachvollziehbar, warum man damit so lange gewartet hat, warum man sich zwischen Job, Kinder, KĂŒche keinen Freiraum schaffen konnte und warum man sich immer so einen Ruck geben muss.
Einfacher ist es mit Dinge, die sich wiederholen, der wöchentliche Sportkurs, das monatliche Treffen mit Freunden. Sobald es in unserem Zeitablauf fest verankert ist, quasi auf regelmĂ€Ăiger Wiedervorlage, gelingt es sehr gut es in den Alltag zu integrieren.
So wissen meine Kinder und mein Mann, dass ich montags und freitags abends zum Sport gehe, dass ich mich einmal im Monat mit meinem Literasturkreis treffe und dass sonntagsabend der Tatort fest auf dem Programm steht.
Will ich an anderen Abenden einen Film schauen â wir haben nur einen Fernsehen â tritt das meist groĂe Diskussionen los, aber alle wissen âMama schaut am Sonntagabend Tatort und da fĂ€hrt kein Zug drĂŒber.â
Das ist planbar.
AusreiĂer aus dem Alltag
Aber sind es nicht die kleinen AusreiĂer aus dem Alltag, die unser Leben wĂŒrzen.
Und das Salz in der Suppe ist wohl, dass wir es eben nur selten tun und somit die Sehnsucht die Antriebskraft ist.
Bei den lĂ€stigen Dingen ist der Sieg ĂŒber den inneren Schubladen-Schweinehund die wahre Befriedigung.
WĂŒrden wir alles regelmĂ€Ăig erledigen, könnten wir dieses GefĂŒhl nicht genieĂen. Und wĂŒrden die schönen Augenblicke des Lebens zur RegelmĂ€Ăigkeit, ginge das Besondere verloren.
So kĂ€mpfe ich mit den Unannehmlichkeiten und sehne mich nach den Auszeiten, denn ich will alles hĂ€ufiger, aber bitte nicht regelmĂ€Ăig tun.
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