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Heddesheim, 21. Dezember 2010. Kunde weg, Klage am Hals, Chaos voraus – auf diese kurze Formel kann man den derzeitigen Stand der Dinge in Sachen geplanter „Pfenning“-Ansiedlung bringen. Die Bilanz zum Jahresende: Das „Pfenning“-Projekt entwickelt sich immer mehr zum Desaster. Für das Unternehmen, für den Standort Heddesheim und einen Bürgermeister Michael Kessler, dessen Schicksal eng mit dem von Pfenning verknüpft ist.
Kommentar: Hardy Prothmann
Die geplante Unternehmensansiedlung „Pfenning“ ist eine Geschichte von Täuschungen, Halbwahrheiten und Intransparenz. Die negativen Helden dieses vermurksten Projekts sind der Geschäftsführer Uwe Nitzinger, Bürgermeister Michael Kessler und die Ja-Sager der CDU, SPD und FDP.
Sie alle stehen für eine aktive Nicht-Information oder Falschinformation der Öffentlichkeit.
Jahrhundertprojekt oder Jahrhundertskandal?
Angeblich sollte das geplante Logistikzentrum „Nördlich der Benzstraße“ ein Jahrhundertprojekt sein – tatsächlich hat das „Projekt“ das Potenzial als Jahrhundertskandal in die Heddesheimer Geschichte einzugehen.

"Pfenning" plant mit einem Kunden, der nicht mit "Pfenning" plant. Großkunde Henkel hat die Verträge gekündigt. Bild: heddesheimblog.de
Es ist skandalös, dass die Öffentlichkeit erst Ende Dezember 2010 erfährt, dass das Transportunternehmen „Pfenning“ ausgerechnet den Kunden verloren hat, mit dem es immer Werbung gemacht hat: Der „bedeutende“ Kunde, die Henkel AG, stellt ab Januar 2011 die Lieferung von Produkten an die Lager der Viernheimer Firma ein.
Wie lange ist dies dem Unternehmen „Pfenning“ schon bekannt? Und wie lange dem Bürgermeister Michael Kessler?
Hätte der Gemeinderat im September 2010 vielleicht anders über den Bebaungsplan entschieden, wenn klar gewesen wäre, dass „Pfenning“ durch den Wegfall des Großkunden Henkel einen wichtigen Umsatzbringer verloren hat? Und zudem bis auf weiteres deshalb auch kein Gleis gebraucht wird, das aus Sicht der CDU eine absolute Bedingung für die Ansiedlungsentscheidung darstellte?
„Wir planen weiter mit Henkel.“
„Pfenning“-Geschäftsführer Uwe Nitzinger am 09. Dezember 2010
Wie intransparent und wenig glaubwürdig „Pfenning“ agiert, wurde vor ein paar Tagen nochmals deutlich. Am 09. Dezember 2010 wurde der „Pfenning“-Geschäftsführer Uwe Nitzinger vom Grünen-Gemeinderat Günther Heinisch in der Anhörung zum geplanten Gleisanschluss gefragt: „Trifft es zu, dass Sie weiter mit Henkel planen?“
„Ja“, hat Herr Nitzinger geantwortet, und: „Aber auch mit anderen Kunden.“
Ist das eine Lüge? Mindestens belügt sich Herr Nitzinger selbst. Denn er kann zwar mit Henkel und anderen Kunden planen – Henkel aber plant nicht mit ihm und „Pfenning“. Und von anderen Kunden gibt es weit und breit keine Spur.
Gerüchte seit Mai 2010.

Für Henkel verlädt "Pfenning" ab Januar nichts mehr. Damit wird auch kein Gleis gebraucht. Bild: heddesheimblog.de
Bereits seit Mai 2010 sind diese Gerüchte bekannt – erst jetzt kommt die Wahrheit ans Licht. Nicht durch Pfenning, nicht durch den Bürgermeister Kessler. Sondern ausgerechnet durch den Mannheimer Morgen, der bislang eher durch wachsweiche Hofberichterstattung aufgefallen ist, möglicherweise aber durch viele Abo-Verluste gemerkt hat, dass man aufs falsche Pferd gesetzt hat. Allerdings ist auch dieser Bericht insofern weichgespült, als entscheidende Fragen nicht gestellt werden, sondern so getan wird, als habe alles seine Ordnung, sprich, laufe alles nach Plan.
Zur Erinnerung: Das Henkel-Argument war entscheidend für die Behauptung, dass „Pfenning“ einen Gleisanschluss am geplanten Logistikzentrum braucht, weil sonst der Kunde Henkel „weg wäre“. Tatsächlich war der Kunde schon weg.
Die unkritische „Ja-Sager-Fraktion“ aus CDU, SPD und FDP, allen voran die Fraktionssprecher Dr. Josef Doll, Jürgen Merx und Frank Hasselbring haben alles versäumt, was man versäumen wollte, um Fragen zu stellen und Antworten zu erhalten.
Mit dem Gleis stirbt ein Teil der Argumentation.
Sie haben sich lieber auf Behauptungen verlassen. Ohne das Henkel-Argument hätte sich eventuell selbst die Abnicker-Fraktion die Frage gestellt: „Moment, der Großkunde und damit die Schienenlieferung sind weg. Ist das Projekt dadurch gefährdet? Braucht man das Gleis noch? Und wenn nicht, ist dann nicht eines unserer wichtigsten Argumente auch weg?“
Man darf getrost davon ausgehen, dass die Beton-Fraktion auch angesichts der veränderten Parameter keine Fragen stellen wird. Zu tief hat sie sich in das Verfahren verstricken lassen und sieht nun keinen Ausweg mehr.
Letzte Ausfahrt Normenkontrollantrag. Ausgerechnet.
Die letzte Chance, irgendwie aus diesem verunglückten Projekt „Pfenning“ herauszukommen, ist ausgerechnet durch die Gegner, die „IG neinzupfenning“ gerade auf den Weg gebracht worden.
Am 03. Dezember 2010 wurde ein Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan „Nördlich der Benzstraße“ beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim eingereicht.
Die mandatierte Heidelberger Kanzlei Schlatter gilt als herausragende „Adresse“, der bearbeitende Anwalt Jürgen Behrendt ist ein Experte für Verwaltungsrecht und sicherlich entsprechend des Rufs der Kanzlei sehr interessiert daran, die Interessen seines Mandanten zur Zufriedenheit desselben wahrzunehmen.

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Sollte der Bebauungsplan Mängel aufweisen, die eine erneute Behandlung erzwingen, hat der Gemeinderat die Chance, angesichts der unsicheren Auftragslage bei „Pfenning“ und dem noch unsicheren Gleisanschluss sowie – nutzung, den Ausstieg zu wagen. Um das Gesicht zu wahren, wird dann wahrscheinlich gesagt werden: „Die Voraussetzungen haben sich verändert, deswegen ist eine Zustimmung nicht länger möglich.“
Das wäre zwar auch eine nicht korrekte Information, denn die „Voraussetzungen“ stimmten von Anfang an nicht. Aber es wäre die Anerkennung der Fakten, statt sich auf Fabeln zu verlassen.
Die Causa „Pfenning“ ist längst eine Causa Kessler.
Das Schicksal von Bürgermeister Kessler hingegen ist unabdingbar an „Pfenning“ gebunden. Bereits seit Mai 2008 plant Michael Kessler sein Jahrhundertprojekt, um als 100-Millionen-Euro-Kessler in die Geschichte Heddesheims und der gesamten Region einzugehen.
Die Chancen, dass ihm das ohne Gesichtsverlust gelingt, werden immer geringer. Er wird deshalb auf Teufel-komm-raus versuchen, seine Ja-Sager bei der Stange zu halten. Denn wenn „Pfenning“ platzt, ist eine Wiederwahl im Jahr 2014 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen.
Doch auch, wenn „Pfenning“ kommen sollte, wird es nicht gut aussehen für den Bürgermeister. Er ist mittlerweile die Symbolfigur für Intransparenz und Bürgerferne. Wenn „Pfenning“ kommt, wird es für die Heddesheimer Bevölkerung noch jede Menge Überraschungen geben, die allesamt nicht sehr erfreulich sein dürften, zieht man die Bilanz aus den bisherigen „Überraschungen“, die allesamt negativ waren.
Weitere Klage droht.
Außerdem droht noch eine mögliche zweite Klage durch die Gemeinde Hirschberg. Auch hier hat Bürgermeister Kessler mit seiner Intransparenz für „Irritationen“ gesorgt: Der Verkehrslenkungsvertrag, ein „Plus“ auf dem Weg der Entscheidungsfindung in Heddesheim, wird in Hirschberg als absolutes „Minus“ verstanden.
Schon heute steht fest, dass diese geplante Unternehmensansiedlung den Frieden im Ort empflindlich gestört hat, auch das Verhältnis zur Nachbargemeinde Hirschberg. Hauptverantwortlich sind der Bürgermeister Kessler und das Unternehmen „Pfenning“, die hinter den Kulissen gemauschelt haben und immer nur dann reagierten, wenn es eng wurde.
Transparenz? Von wegen.
Von einem transparenten Verfahren mit vertrauensbildenden Maßnahmen fehlt jede Spur. Es wurde taktiert, was das Zeug hält. Es wurde nur dann informiert, wenn es absolut nötig war und bis heute sind viele Fragen offen.
Soviel steht fest: Es wurden enorme Mittel für Gutachten aufgewendet, die allesamt fragwürdig bleiben, für Juristen, die kuriose Verträge wie den „Verkehrslenkungsvertrag“ für teuer Geld „erfunden“ haben. Die Verwaltung wurde personell und organisatorisch bis an die Grenze des Zumutbaren belastet – für ein Projekt, aus dem längst jeder Glanz und jede Freude verschwunden ist.
Offene Fragen oder das Chaos geht weiter.
Und sollte „Pfenning“ wie angekündigt bis Weihnachten die Kaufverträge für die Äcker unter Dach und Fach gebracht haben, bleibt die Frage, was passiert. Wird „Pfenning“ aufgrund von Mängeln im Bebauungsplan weiter verzögert oder gar gestoppt: Was passiert dann auf dieser „Filet-Fläche“?
Heddesheim wird das Geld, das man jetzt für die Erschließung kassiert hat, zurückgeben müssen. Verkauft „Pfenning“ dann an jemand anderen? Oder lässt man die Gemeinde zappeln, indem nichts vorangeht? Drohen vielleicht sogar Entschädigungsklagen?
Auch soviel ist klar: Das Thema „Pfenning“ bleibt auch in den kommenden Monaten ein Top-Thema für die Gemeinde Heddesheim. Der Ausgang ist ungewiss.
Man darf aber davon ausgehen, dass die Täuschungen und Halbwahrheiten auch im Jahr 2011 zusammen mit der bewährten Intransparenz weiter Konjunktur haben dürften.
Anmerkung der Redaktion:
Hardy Prothmann ist verantwortlich für das heddesheimblog und ist partei- und fraktionsfreier Gemeinderat in Heddesheim. Er zusammen mit acht anderen Gemeinderäten lehnt er das „Pfenning“-Projekt ab, elf Gemeinderäte und der Bürgermeister Michael Kessler befürworten das Projekt, zwei Gemeinderäte sind befangen.
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