Heddesheim, 20. Februar 2014. (red) Wer hätte das gedacht? Bürgermeister Michael Kessler ist nun auch ein Blogger. Er steigt heute mit einer Website kesslerheddesheim.de in Wahlkampf ein. Und was gibt es dort zu finden? „Erfolge“ aus der Vergangenheit und was ihm für die Zukunft wichtig ist. Leitfarbe ist ausgerechnet „Grün“. Und merkwürdigerweise verwendet er mindestens ein Foto, dass auch auf der Gemeindeseite auftaucht.  Wer hat das bezahlt?
Von Hardy Prothmann
Die Seite wurde Mitte November angelegt und Besitzer ist Michael Kessler. Es wird das System WordPress verwendet, das auch die technische Grundlage für das Heddesheimblog.de ist.
Die Umsetzung ist durchweg akkurat gemacht. Bei der Farbgestaltung reibt man sich die Augen – Leitfarbe ist tatsächlich Grün.
Herr Kessler zählt die aus seiner Sicht erfolgreichen Projekte auf und informiert, was er zukünftig erreichen will – Standard eben für einen Wahlkampf. Kurios ist, dass er dafür ausgerechnet eine Blogsoftware benutzt, wo er doch mit dem Heddesheimblog so schlechte Erfahrungen gemacht hat.
Auffällig ist die Rubrik „Ausblick“: Hier bewirbt Herr Kessler Projekte wie die Sanierung der Lessingstraße oder die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED. Beide Punkte wurden erst am Donnerstagnachmittag in der Gemeinderatssitzung behandelt – Herr Kessler ging also schon vor der Sitzung davon aus, dass die Entscheidungen so fallen, wie er das will.
Hat die Gemeinde die Portrait-Bilder bezahlt?
Geradezu problematisch ist aber zumindest die Verwendung eines Fotos in der Rubrik „Zur Person“. Der dort abgebildete Bürgermeister Kessler findet sich vor einem anderen Hintergrund auch auf den Seiten der Gemeinde Heddesheim. Wer sich wundert, wie das geht: Ein Grafiker kann Teile von Fotos ausschneiden und vor anderen Hintergründen applizieren. Das ist kein Hexenwerk.
Problematisch ist die Frage, wieso ein Bild, dass auf der Gemeindeseite verwendet wird, auch auf der privaten Blogseite des Bürgermeisterkandidaten auftaucht? Wer hat das Bild auf der Gemeindeseite bezahlt? Vermutlich doch die Gemeinde? Das Foto trägt jedenfalls die Handschrift eines professionellen Fotografen und ist sicher nicht von einem Rathausmitarbeiter gemacht worden. Benutzt Herr Kessler Gemeindeeigentum für den persönlichen Wahlkampf? Das ist kein Lappalie, in der freien Wirtschaft reicht die „Veruntreuung“ eines Leergutbons in Höhe einiger Cent, um gefeuert zu werden. Oder ein Brötchen, das man isst, ohne zu bezahlen.
Und selbst wenn Herr Kessler die Fotos privat bezahlt hätte – wie kommen die dann auf die Seite der Gemeinde? Ist das üblich oder übel? Ist das nicht ein Übergriff, eine Vorteilsnahme, weil durch den „Wiedererkennungswert“ Amt und privater Wahlkampf vermischt werden?
Inbesondere vor dem Hintergrund der „Plakat-Entscheidung“ hat das mehr als ein Geschmäckle. Kann Herr Kessler („Ich bin die Gemeinde“) nicht mehr zwischen Gemeindeeigentum und privatem Besitz unterscheiden?
Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass die örtliche Tageszeitung keine solchen Fragen stellt: Auf der „Aktuell“-Seite verlinkt Herr Kessler auf die jüngste Berichterstattung des Mannheimer Morgen zu ihm. Alles nette Geschichten: Ehrung, Einweihung, Prüfung, Startschuss. Was als unabhängiger Journalismus daherkommen will, ist gesteuerte PR. Dass sich Zeitung und Bürgermeister absprechen, liegt auf der Hand.
Kein Wunder, dass der Bürgermeister mit unserer Redaktion so massive Probleme hat, wenn es andere gibt, die ihn kritiklos in Szene setzen. Was das für die Achtung der demokratischen Pressefreiheit durch Herrn Kessler und das eigene Selbstverständnis der Zeitung bedeutet – darüber soll sich jeder selbst eine Meinung bilden.
Wer sich die Adresse anschaut, die Herr Kessler gewählt hat, KesslerHeddesheim, weiß, wer aus Sicht von Herrn Kessler Heddesheim ist.
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