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Heddesheim, 21. September 2009. Auf der Bürgerveranstaltung des „Dialogkreises“ Heddesheim am 18. September 2009 stellten drei Befürworter und drei Gegner der geplanten „Pfenning“-Ansiedlung ihre Argumente vor. Als „neutrales“ Mitglied saß der Jung-Unternehmer Kristian Mansfeld auf dem Podium und der forderte: „Hören Sie endlich mit der Polemik auf!“
Von Hardy Prothmann
Kristian Mansfeld ist ein netter Kerl und kann 1 und 1 auseinanderhalten. Schließlich ist der Mann Mathematiker und Unternehmer.
Und er stellte in seiner Rede das Dilemma seiner Situation glaubwürdig dar: Einerseits könnte er sich Aufträge durch die geplante „Pfenning“-Ansiedlung erhoffen, andererseits liegt sein Firmengebäude, in dem sich auch seine Wohnung befindet, direkt am Rand der geplanten „Pfenning“-Ansiedlung.
Vor- und Nachteil betrifft ihn also gleichermaßen. Er beschreibt in seiner Rede diese Situation und fordert das Publikum auf, „genau zuzuhören“ und an die Akteure: „Hören Sie endlich mit der Polemik auf.“
Beide Lager, die Befürworter und die Gegner klatschen einig.
Die seltsame Einigkeit ist einfach erklärt: Jeder denkt dabei an den anderen, dem er zugleich diese Polemik innerlich vorwirft – und keine Sekunde nachdenkt, ob man nicht genau damit eben selbst polemisch ist.
Polemik gehört dazu – alles andere ist scheinheilig
Dabei ist an Polemik nichts Schlimmes. Zumindest haben es einige Leute mit Polemik schon recht weit gebracht, wie man bei Wikipedia nachlesen kann:
„Für ihre Polemik bekannt waren im deutschen Sprachraum unter anderem Heinrich Heine, Karl Marx und Karl Kraus. Unter den zeitgenössischen deutschen Autoren traten u. a. Eckhard Henscheid und Henryk M. Broder mit Polemiken hervor. Als bekannteste Polemiker der deutschen Nachkriegspolitik sind vor allem Herbert Wehner und Franz Josef Strauß zu nennen.“
Herbert Wehner und Franz Josef Strauß also. Zwei Polemiker vor dem Herrn.
Diese Männer haben ihre jeweilige Politik nicht am Kaffeetisch durchgesetzt – sondern im politischen Ring. Dort haben Sie verloren oder gewonnen. In beiden Fällen haben Sie immer alles gegeben: auch polemische Äußerungen.
Polemik kann direkt und breit sein, wie bei Strauß oder elegant-zielstrebig wie bei Wehner. Beides ist Polemik. In einem kleinen Dorf ohne die große politische Bühne finden sich nur wenig geübte Polemiker.
Geschmack = Stil
Und wenn diese polemisieren, dann geht es schon mal gegen den „guten Geschmack“, der leider bei wikipedia nicht definiert ist, dort gibt es aber einen Eintrag über „Geschmack„:
„Die lange Vorgeschichte, die dieser Begriff hat, bis er von Kant zum Fundament seiner Kritik der Urteilskraft gemacht wird, lässt erkennen, dass der Begriff des Geschmacks ursprünglich eher ein moralischer als ein ästhetischer Begriff ist.“
Sagt jedenfalls Hans Georg Gadamer, einer der bedeutendsten deutschen Philosophen des vergangenen Jahrhunderts (1900-2002).
Heddesheim= moralisch vs. ästhetisch
Diese Definition passt gut zu Heddesheim. Der Geschmack ist „ursprünglich eher ein moralischer Begriff“. Sicherlich trifft das bis heute auf die konservativen Geister zu.
Zumindest für Bürgermeister Michael Kessler, der eine Wortmeldung von mir mal mit der Frage begleitet hat: „Des is doch kein Stil! Was isn des für ein Stil?“ Meine Antwort: „Herr Kessler, das ist mein Stil.“
Anders gesagt, war das ein verbaler Schlagabtausch – also Polemik.
Genauso polemisch ist es, wenn Bürgermeister Kessler eine Frage des neu gewählten Gemeinderats Michael Bowien zurückweist: „Herr Bowien, ich erkenne an, dass Sie neu im Gemeinderat sind und das nicht wissen können.“
Ebenfalls polemisch ist es, einen anderen der Polemik zu bezichtigen. Denn tut man es, ist man es selbst, das man dem anderen vorwirft…
Das könnte bedeuten, dass Herr Mansfeld also selbst polemisch geworden ist. Ist er auch. Ich vermute unabsichtlich. Herr Mansfeld hat sich in meinen Augen als Mathematiker mehr Informationen gewünscht. Deswegen will er auch genau zuhören und daraus seine Schlüsse ziehen.
War das jetzt schon wieder polemisch?
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