Samstag, 03. Juni 2023

Gabi´s Kolumne: Sonntag ist Familientag

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Schön, dass es die Familie gibt. Sie gibt einem Harmonie, Halt und Hoffnung – manchmal wird aber nur ein Kuchen draus, sagt Gabi. Hier backt zusammen, was zusammengebackt gehört.

„Und, was wollen wir heute Schönes unternehmen?“, versuche ich morgens am Frühstückstisch mit munterer Stimme meine Lieben zu motivieren.

Keine Reaktion. „Wir könnten doch laufen gehen…“. „Oh Gott, bloß nicht wandern“, kommt von meiner Tochter entsetzt. „Ich meinte ja nur auf die Strahlenburg, naja oder um den Anglersee, ich lade euch auch danach zum Eis ein“, sage ich. Die Begeisterung ist ungefähr so groß, als würde am Polarkreis jemand ernsthaft Eiswürfel verkaufen wollen.

„Warum gehen wir nicht bowlen?“, fragt mein Sohn.

Die Sonne scheint und ich sehe mich schon in einem düsteren Bowling-Center.

„Wir sollten etwas draußen machen, warum fahren wir nicht mit dem Fahrrad nach Feudenheim, dort könnten wir auch Eis essen“, meldet sich jetzt immerhin mein Mann zu Wort. „Auf keinen Fall Feudenheim, da kennt man mich“, entgegnet mein pubertierender Sohn, der mindestens „zwei Gründe“ hat, um nicht nach Freudenheim zu wollen – beide sind weiblich.

„Wenn ihr euch nicht entscheiden könnte – ich habe noch genug zu tun“. Mit diesen Worten verzieht sich mein Mann an den Schreibtisch. Was natürlich mein Sohn ebenfalls zum Anlass nimmt sein Zimmer aufzusuchen.

Prima, denke ich, was für ein schöner Sonntag. Die Stimmung ist auf dem Nullpunkt. Vor meinem geistigen Auge sehe ich all die glücklichen Familien, die in wahrer Harmonie das Sonntagsprogramm absolvieren, die gemeinsam wandern, bowlen, Fahrrad fahren… Mir bleibt nur die Beschäftigung mit der Wäsche.

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Eine runde Sache ist so ein Apfelkuchen als Mütter-Beschäftigungsprogramm, meint Gabi.

„Mama, wir könnten doch einen Kuchen backen“, schlägt meine Tochter vor und ich kann mich nicht des Gefühls erwehren, dass es sich dabei um ein Mutter-Beschäftigungs-Programm handelt.

Resigniert und frustriert hole ich Rührschüssel und Mixer hervor, meine Tochter studiert zwischenzeitlich das Backbuch.

„Und wie wollt ihr einen Kuchen backen ohne Eier“, lässt sich mein Mann vernehmen. „Richtig, alter Rechthaber“, denke ich, „die letzten haben wir heute Morgen zum Frühstück verbraten, zu dem Du an den gedeckten Tisch gekommen bist“.

„Zum Bauern?“, fragt mein Mann und grinst. Ich grinse auch. Der Schlawiener hat es geschafft: erst ein bisschen mosern und dann doch großzügig nachgeben ist die Strategie. Ich lass sie ihm und wir vier schwingen uns auf die Räder, fahren über die Felder zum Bauern, holen Eier, backen einen Apfelkuchen und verbringen anschließend mit einem „Grillerchen“ einen schönen Sonntagabend.

Keiner musste bowlen oder wandern, wir sind zusammen mit einem „Ziel“ Fahrrad gefahren und ich war beschäftigt: Ist doch super gelaufen.

Manchmal klappt es ja dann doch noch – und der Kuchen ist sehr lecker geworden.

Über Hardy Prothmann

Hardy Prothmann (50) ist seit 1991 freier Journalist und Chefredakteur von Rheinneckarblog.de. Er ist Gründungsmitglied von Netzwerk Recherche. Er schreibt am liebsten Porträts und Reportagen oder macht investigative Stücke.