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Heddesheim, 14. April 2010. Der Frühling kommt, wenn auch regnerisch. Die Vögel zwitschern. Alles scheint wie immer zu sein. Die Natur erwacht, die Jahreszeiten nehmen ihren Lauf. Ist das so? Der Naturschutzbeauftragte der Vogelfreunde und -pfleger, Kurt Klemm, sagt: Nein. „Die Vögel brauchen uns.“
Interview: Hardy Prothmann
Herr Klemm, der Frühling ist da, die Vögel zwitschern. Finden die schon genug zu fressen?
Kurt Klemm: „In einer Feldflur wie Heddesheim, die dermaßen ausgeräumt ist, gibt es so gut wie keine Wildpflanzen mehr, die manche abschätzig als „Unkraut“ bezeichnen. Diese Wildpflanzen sind die Ernährungsgrundlage für viele körnerfressenden Vögel. Die Vögel haben Mühe, genug zum Fressen zu finden.“
Welche Vögel sind das beispielsweise?
Klemm: „Der Grünfink, der Bluthänfling, Girlitz, Stieglitz. Diese Vögel sind auf halbreife Sämereinen bei der Aufzucht ihrer Jungvögel angewiesen. Sie brauchen Löwenzahn, Vogelmiere, Spitzwegerich, Breitwegerich, Wiesenknopf, Wegwarte. Diese Samen sind ein prächtiges Futter, die alles enthalten, was die Jungen brauchen.“

Specht und Meisen im Winter werden durch "Zufütterung" unterstützt - auch im Sommer brauchen viele Vögel "Unterstützung". Bild: privat
Wollen Sie damit sagen, dass Gartenbesitzer kein Unkraut mehr jäten dürfen?
Klemm: „Selbstverständlich können die Menschen ihre Blumen und Beete pflegen, aber es ist sicherlich möglich, eine kleine naturbelassene Ecke im Garten für unsere Vögel zur Verfügung zu stellen. Was für die Menschen „Unkraut“ ist, ist für die Vögel Futter, also Nahrung.“
Eine „Unkrautecke“ im Garten liefert Nahrung.
Soll oder muss man die Vögel auch in der Zeit von Frühjahr bis Herbst füttern oder werden diese dadurch vom Menschen abhängig?
Klemm: „Man spricht nicht von Füttern, sondern von Zufüttern. Das ist sehr sinnvoll, damit genug Futter zur Jungenaufzucht zur Verfügung steht. Die Vögel werden dadurch nicht abhängig. In England beispielsweise ist das Zufüttern weit verbreitet. Die Folgen sind nur positiv, weil der Artenrückgang gestoppt werden konnte und gefährdete Vogelarten dadurch gerettet werden konnten.“
Welches Futter sollte man anbieten?
Klemm: „Auf jeden Fall kein Winterfutter, dort sind zu große tierische Fettanteile enthalten, die leicht ranzig werden können. Die Industrie hat auch durch die positiven englischen Erfahrungen ein Sommerfutter entwickelt. Das gibt es seit vier Jahren und ist im Fachhandel erhältlich, in Heddesheim beispielsweise beim Raiffeisenmarkt.“
In vielen Baumärkten gibt es jetzt das Winterfutter sehr günstig?
Klemm: „Damit sollen die Lagerbestände verkauft werden. Dieses Futter ist ungeeignet und ich empfehle, dieses nicht zu kaufen. Auf meine Intervention hin hat ein Marktleiter sich auf meine Argumente eingelassen und das Futter nicht mehr angeboten. Diese Einsicht fand ich sehr respektabel. Alternativ kann man sich auch Schrotfutter bei einer Mühle besorgen. Das ist günstig zu bekommen und ideal für unsere Spatzen.“
Der Hunger treibt es rein – und die Vögel verenden daran.
Kann man auch aus dem Haushalt Reste verfüttern?
Klemm: „Auf keinen Fall, alle gängigen Lebensmittel sind für die Vögel ungeeignet. Gewürzte Lebensmittel sind das reine Gift. Vögel fressen nicht, was Menschen essen.“
Man kann doch aber immer wieder Vögel an Mülleimern sehen, die fressen sogar Pommes.
Klemm: „Daran erkennt man die Not der Vögel, die so groß ist, dass sie aus schierem Hunger auch ungeeignete Nahrung aufnehmen. Was man nicht sieht, ist, wie viele daran elendig zugrunde gehen. Durch das Salz, Gewürze und ranziges Fett.“
Was ist mit den Insektenfressern?
Klemm: „Hier gibt es ein dramatisches Problem, das wiederum mit dem Öko-Kreislauf zu tun hat. Viele Insektenfresser brauchen Schmetterlings- und Falterraupen. Die wiederum legen ihre Eier bevorzugt an die Brennnessel. Die aber wird mit Unkrautbekämpfungsmittel vernichtet. Und damit auch die Raupen und damit die Nahrung für die Vögel. Das ist ein Riesenproblem.“
Wie kann man es lösen?
Klemm: „Wenn jeder Gartenbesitzer einen Quadratmeter für Brennnessel zur Verfügung stellt, wäre den Vögeln sehr geholfen. Auch Gemeinden könnten Brennnesselfelder stehen lassen und nicht immer sofort mähen. Ich kämpfe seit Jahren dafür, dass die Gemeinde sich hier einsichtig verhält.“

Kurt Klemm hat in seinem Garten alles gemacht, damit sich der Vogel an sich, aber auch viele Insekten als Vogelfutter wohl fühlen. Bild: heddesheimblog
Soll man auch zufüttern?
Klemm: „Das kann man. Viele Meisen und Finken beispielsweise ziehen ausschließlich mit Raupen ihre Jungen groß. Wer vermutet, dass ein Nest in der Umgebung besteht, kann beispielsweise lebende Mehlwürmer anbieten, das ist ein Festschmaus für die Vogeljungen. Der Spatz wiederum ist ein nüztlicher Schädlingsbekämpfer und hat sich auf Blattläuse spezialisiert. Ein Nistkasten im Garten für den Sperling ersetzt die Giftspritze.“
Der Spatz ersetzt die Giftspritze.
Wo und wie sollte man Futter anbieten?
Klemm: „Lebendfutter immer an einem trockenen, überdachten Platz. Doch Achtung: Auch die Mehlwürmer müssen gefüttert werden. Wer sich dafür interessiert, kann sich für eine Beratung an die Vogelfreunde wenden, hier erhält man auch die Würmer zu günstigen Preisen.“
Und was gibt es beim Körnerfutter zu beachten?
Klemm: „Ich empfehle hier nicht aus Werbegründen, sondern aus Kompetenzgrüdnen den Raiffeisenmarkt. Hier gibt es alles, was der Vogelliebhaber braucht. Dazu gibt es eine kostenfrei eine gute Beratung, weil der Markt von uns, also den Vogelfreunden, gut und gerne beraten worden ist.“
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