
Lastet wie ein böser Geist auf der Gemeinde: Der Klotz.
Heddesheim, 13. September 2012. (red) „Pfenning“ hat vieles falsch gemacht und wird doch gewinnen. Die Firma und ihr Mentor Michael Kessler haben den Ort gespalten und es gibt kein Entrinnen. Der Bürgermeister Michael Kessler wollte gerne der 100-Millionen-Euro-Kessler werden. Er wollte der „größte Bürgermeister aller Zeiten“ werden. Jetzt ist er es und statt Freude lastet eine Art Fluch auf ihm.
Kommentar: Hardy Prothmann
Wer wirklich nachfragt, statt nur schön redet, weiß eigentlich schon seit über drei Jahren, dass „Pfenning“ ein Fehler war. Jeder, der sich wirklich interessiert, weiß, dass all das Gerede von Arbeitsplätzen und Gewerbesteuer nur dummes Zeugs ist.
Jeder, der die Entwicklung des Heilsbringers „Pfenning“ verfolgt hat, weiß, dass Heddesheim eine gut situierte Gemeinde ist und der aktuelle Bürgermeister Michael Kessler im Verbund mit willfährigen Gemeinderäten höher fliegen wollte, als Ikarus es je vor seinem Absturz konnte.
Nichts stimmt mehr. All die Versprechungen sind überwiegend Makulatur.
Michael Kessler klammerte sich gestern an den Stuhl im Gerichtssaal. Stocksteif der Rücken. Ernst die Miene. Er weiß, worum es geht. Seine Reputation. Seinen Traum vom GröBaZ. Der Bebauungsplan, Grundlage für eine 100-Millionen-Euro-Investition wird verhandelt. Und ob er alles richtig gemacht hat. Und alles vor Gericht standhält. Doch es gibt Zweifel.
Egal, wie das Gericht in Sachen Baurecht entscheidet. Der Bürgermeister Michael Kessler hat so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Sein Kalkül war einfach: Ich hole eine „bedeutende“ Investition in den Ort und alle werden das anerkennen, wenn nicht sogar lieben.
Was sollte er auch sonst tun? Sein Vater, der Fritz, ist eine Legende. Der Fritz hat Heddesheim wie kein anderer gestaltet. Ein nicht einfacher Mensch. Ähnlich der Sohn. Dem fehlten allerdings bis heute Referenzobjekte wie Hallenband, Badesee oder andere markante Gebäude. All das, was der Vater vorgelegt hat, verwaltet er heute nur vom Fritz-Kessler-Platz aus. Da kam „Pfenning“ recht für den „Mischel“.
Schon während der Planung merkte man aber, dass der „Mischel“ Probleme hat. Seine Ausfälligkeiten im Gemeinderat, seine Unbeherrschtheit, seinen Rückzug, mit den Bürgern und Bürger-Initiativen im Gespräch zu sein. Größe, oder der Versuch, diese zu erreichen, machten ihn auf seinem Weg zum GröBaZ zunehmend einsam.
Gott sein Dank gibt es aus Sicht des Bürgermeisters den Mannheimer Morgen. Hier ist man willfährig entschlossen, über all die Wohltaten des GröBaZ zu berichten. Und das wird schamlos erledigt. Beim MM ist der Bürgermeister das, was er sein will. Der Macher, der Chef, der Gestalter. Kritische Anmerkungen muss er hier nie fürchten. Ganz im Gegenteil transportiert das Medium sein „Verständnis“ für „Pfenning“ – kein Gleisanschluß? Verständnis. Verkauf an einen Immobilienfonds. Verständnis.
Während die Zeitung – und teils andere Medien – das Märchen-Helden-Epos weiterstrickt, werden Bande zerschnitten. Die Gemeinde Hirschberg ist stinksauer auf Heddesheim. Die Stadt Ladenburg wird es sein, wenn sie erfährt, dass „Pfenning“ auch Ladenburg vereinnahmt.
Überall um Heddesheim herum reden die Menschen darüber, wie sich die Gemeinde hat über den Tisch ziehen lassen. Nur die Hardliner-Ja-Sager-Fraktion hört das nicht, will das nicht hören. Will nicht verstehen, dass der Klotz nicht akzeptiert wird. Schon gar nicht, wenn mit der Zeit klar wird, dass insgesamt alle Versprechungen nicht eintreffen, dafür aber die Befürchtungen. Und auch dieser Satz von „Pfenning“-Geschäftsführer Uwe Nitzinger vor Gericht wird sie nicht nachdenklich machen: „Nur auf einen Kunden zu setzen, wäre ein zu großes Risiko.“
Wenn der VGH am Dienstag seine Entscheidung zur Klage bekannt gibt – besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass die Klage abgewiesen wird. Die Abnicker-Fraktion und der GröBaZ würden das bejubeln – aber was hätten sie wirklich gewonnen?
Nur die Bestätigung, dass der Bebauungsplan in dieser Art nicht angefochten werden konnte. Paradoxerweise weil gerade die Gegner durch ihre umfangreiche Kritik alle Schwachstellen im Vorfeld aufgedeckt hatten – und davon gab es jede Menge – und diese Lücken dann durch die Verwaltung geschlossen werden konnten. Der Arbeit der Gegner ist es also überwiegend „zu verdanken“, dass der Bebauungsplan überwiegend „wasserdicht“ ist, nicht etwa der eines unabhängigen und aktiven Gemeinderats.
Es wurden alle Register gezogen – das Spin-Doctor-Unternehmen Ifok sollte die öffentliche Meinung beeinflussen, eine Bürgerumfrage suggestiv missbraucht, die etablierten Medien haben sich vor den Karren spannen lassen, denn es gibt gemeinsame wirtschaftliche Interessen. (Sehr hübsch übrigens, dass der Artikel zur gestrigen Verhandlung vor dem VGH über einer halbseitigen Lidl-Anzeige steht. Lidl ist sowohl Kunde von Pfenning als auch vom Mannheimer Morgen.)
Jetzt steht noch die Edeka-Erweiterung an. Der Größenwahn in Heddesheim kennt keine Grenzen. Zur Erinnerung: Pfenning hat sich weitere 15 Hektar gesichert, um das Logistikzentrum erweitern zu können. Der Klotz, so wie er jetzt da steht, könnte also durchaus noch wachsen. Und sollte Michael Kessler in Heddesheim 2014 wiedergewählt werden, kann man getrost davon ausgehen, dass er auch noch diese Fläche zubetonieren lassen wird.
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