Die Interessengemeinschaft hat sich zum zweiten Mal getroffen, um fĂŒr ihr Anliegen zu werben und ihre Argumente gegen eine Pfenning-Ansiedlung den Heddesheimer BĂŒrgern vorzustellen.
Von Hardy Prothmann
Die Stimmung ist konzentriert. Ruhig. Ernst.
Immer mehr Menschen betreten den Veranstaltungsraum in der Heddesheimer GaststĂ€tte „Zum Luftschiff“. Irgenwann reichen die StĂŒhle nicht mehr. Neue werden gebracht. Es wird eng, es wird stickig. Fenster werden geöffnet, weitere StĂŒhle geholt. Denn es kommen immer noch mehr Menschen.
Gegen 20.30 Uhr ist der Raum voll. Fast 60 Menschen haben sich irgendwie einen Platz gesucht und hören gespannt der PrĂ€sentation zu. Mitglieder der Interessengemeinschaft neinzupfenning prĂ€sentieren Zahlen zu den Themen „neue ArbeitsplĂ€tze“, „Verkehrsbelastung“, wirtschaftliche, soziale, ökologische Folgen.

Gespannte Gesichter: Heddesheimer informieren sich bei neinzupfenning. Bild: pro
Immer wieder werden sie unterbrochen, die versammelten BĂŒrger haben Fragen. Aufmerksam hören die Menschen zu, manchmal wird ein wenig diskutiert. Fast zwei Stunden geht das so: PrĂ€sentation, Fragen, Antworten, PrĂ€sentation.
Mancher erzĂ€hlt seine Geschichte: vom Verkehr, von SchĂ€den durch Lkws, von Frauen und Kindern, die Angst auf und an den StraĂen haben. Von den zunehmenden Spannungen in der Gemeinde. Jeder darf das sagen, was er möchte. Niemand wird abgewĂŒrgt. Auf einer Leinwand lĂ€uft der Film einer Standvideokamera, die den Heddesheimer Verkehr dokumentiert hat.
Fragen nicht willkommen
Viele der Anwesenden waren auch auf der BĂŒrgerinformation am 21. April. Sie erinnern sich gut. Dort waren ihre Fragen nicht willkommen. Die Antworten unbefriedigend und nichtssagend. Irgendwann wurde die Veranstaltung abgebrochen.
Heute Abend bringt die Wirtin nur noch ab und zu GetrÀnke, sie kommt schlecht durch. Keiner beschwert sich. Heute Abend ist das Thema Pfenning wichtiger als der Durst.
„Der Weg ist falsch“, Hartmut Brunner
Hartmut Brunner, SPD-Mitglied, selbst jahrzehntelang im Gemeinderat und stellvertretender BĂŒrgermeister gewesen, meldet sich öfter zu Wort. Er ist empört und hat kein VerstĂ€ndnis fĂŒr das, was in und was mit seiner Gemeinde passiert: „Der Weg, der hier beschritten wurde und wird, ist falsch. Deswegen bin ich hier.“ Die Menschen applaudieren.
Keine Antwort
Ein anderer erzĂ€hlt: „Ich habe einen Gemeinderat nach Pfenning gefragt. Der meinte, Pfenning sei nur einer von ungefĂ€hr 30 wichtigen Punkten, mit denen sich der Rat beschĂ€ftigt.“ Weiter: „Ich wollte dann wissen, welcher andere Punkt wichtiger als Pfenning ist. Er hat mir keine Antwort geben können.“ Tosender Applaus.
Jetzt haben viele Fragen: Werden wir wirklich neue Einwohner bekommen oder nicht eher viele wegen Pfenning wegziehen? Verliert Heddesheim noch mehr an AttraktivitĂ€t im Vergleich zu Ladenburg, Feudenheim, Weinheim? Wird uns die UmgehungsstraĂe wirklich entlasten oder nicht noch mehr Verkehr bringen? Wo soll es einen LĂ€rmschutz geben, bei so wenig Platz zwischen RingstraĂe und Bebauung? Warum hat BĂŒrgermeister Kessler bei dem Bau des Gewerbegebiets in Hirschberg gegen zuviel Verkehr gewehrt und bringt jetzt noch mehr Verkehr nach Heddesheim? Im Hintergrund lĂ€uft das Video, Auto um Auto, Laster um Laster ziehen vorbei.
Ausverkauf von LebensqualitÀt
Die Menschen hier suchen Antworten auf fĂŒr sie existenzielle Fragen. Darunter Heddesheimer Urgesteine, die hier mit vielen Zugezogenen vereint sind. Empört und verstĂ€ndnislos sind sie alle ĂŒber BĂŒrgermeister Kessler und die „Betonköpfe“ in den Parteien. Deswegen wollen sie „den Rathausturm wackeln lassen“.
SpĂ€t am Abend stöĂt Dr. Kurt Fleckenstein zur Runde. Er kommt von den GrĂŒnen. War frĂŒher selbst einer, sogar GrĂŒndungsmitglied der Heddesheimer GrĂŒnen. Heute ist er (noch) in der FDP. Er bringt aus Sicht der anwesenden gute Neuigkeiten mit: „Ich komme gerade von den GrĂŒnen und habe den Eindruck, dass sie umschwenken und auf Basisdemokratie setzen wollen“, sagt er.
Er stellt der Versammlung seine stÀdtebaulichen und ökologischen Thesen vor, viel von dem hatte man schon gehört, einige Details erweitern die Vorstellung der Menschen von dem, was da kommen soll.
Immer noch ist es schwĂŒl im Raum. Keiner geht „eine rauchen“ oder „aufs stille Ărtchen“. Niemand will verpassen, was hier geredet wird. Zu wichtig ist ihnen das Thema.

PrÀsentation. Fragen. Antworten. PrÀsentation. Was erwartet Heddesheim? Bild: pro
Jetzt wird darĂŒber gesprochen, was sie tun können. Jeder einzelne und alle zusammen. Mit anderen reden, die Kandidaten ansprechen, den Gemeinderat zu Antworten fordern. Nicht locker lassen.
Alles schun geloffe?
Wen soll man wÀhlen? Wenn alle Fraktionen so beinhart zusammenhalten, macht eine Wahl noch Sinn? Was dann? Ein Wahlboykott?
„Es ist doch alles schun geloffe“, steht auf der Tafel. „Nein“, spiegelt sich in den Augen der Menschen hier. Sie debattieren, wie man Druck auf die Parteien ausĂŒben kann, die hier nicht anwesend sind.
Wahlempfehlung
Unter den Heddesheimer BĂŒrgern hier sind zwei von 88 Gemeinderatskandidaten, zwei SPD-Mitglieder, einer von der FDP, einer von den GrĂŒnen, keiner von der CDU. Diese BĂŒrger hier fĂŒhlen sich von keiner Partei vertreten. Die Idee, dass die Interessengemeinschaft neinzupfenning alle Kandidaten befragen und dann eine Wahlempfehlung fĂŒr Pfenning-Gegner abgeben will, finden alle gut. Von wegen, „alles schun geloffe“.
Als der Diplomvolkswirt Michael Bowien sich als Kandidat der SPD-Liste vorstellt und erklÀrt, dass er sich definitiv gegen eine Pfenning-Ansiedlung aussprechen wird, gehört ihm der Applaus. In den Augen der Menschen hier steht Hoffnung geschrieben.
Sie schĂŒtteln die Köpfe, als Michael Bowien erzĂ€hlt, wie der BĂŒrgermeister beim SPD-Kandidatentreffen Druck gemacht hat und er festgestellt hat, dass auch er sich diesem beugen sollte, was er nicht tun will.
Gegen 23:30 Uhr, drei Stunden spĂ€ter, ist es genug. Viele Informationen, die erst sortiert werden mĂŒssen. Die Versammlung löst sich fast leise auf, aber erleichtert.
Verantwortung ĂŒbernehmen
Man ist nicht alleine, wissen jetzt die Anwesenden. Man geht aufeinander zu, tauscht Adressen aus und macht deutlich, dass man im GesprĂ€ch bleibt und Verantwortung ĂŒbernehmen will.
Und endlich ist Zeit fĂŒr „eine“, das stille Ărtchen oder das Bett zu Hause. Denn morgen ist ein neuer Tag.
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