
Die Hirschberger BĂŒrger wollen keine Gemeinschaftsschule. Heddesheim könnte sie im Alleingang entwickeln.
Hirschberg/Heddesheim, 11. Oktober 2013. (red/ld) Theoretisch könnte Heddesheim im Alleingang eine Gemeinschaftsschule entwickeln. Nach dem „Nein“ beim Hirschberger BĂŒrgerentscheid muss der Schulzweckverband Wege finden, wie es mit der Karl-Drais-Werkrealschule weitergeht. Denn die SchĂŒlerzahlen sind rĂŒcklĂ€ufig. Das VerhĂ€ltnis zwischen den Gemeinden ist angespannt. Ohne VerĂ€nderung und die Kooperation der Gemeinden ist die weiterfĂŒhrende Schule in Gefahr.
Von Lydia Dartsch
Im Moment lĂ€uft an der Karl-Drais-Werkrealschule (KDS) der Unterricht weiter, als wĂ€re nichts gewesen und als wĂŒrde nichts passieren. Das bestĂ€tigten uns beide Gemeinden. Faktisch ist auch noch nichts passiert: Entsprechend dem Ausgang des BĂŒrgerentscheids hat der Schulzweckverband keinen Antrag auf Entwicklung einer Gemeinschaftsschule beim Staatlichen Schulamt Mannheim gestellt.
Im Hintergrund brodelt es aber. Auf beiden Seiten werden GesprĂ€che gefĂŒhrt. Es geht wieder um die Zukunft der weiterfĂŒhrenden Schule im Schulzweckverband. Spruchreife Statements und MaĂnahmen gibt es noch nicht. In Heddesheim werde der Schulzweckverband demnĂ€chst Thema im Gemeinderat sein, sagte Hauptamtsleiter Julien Christoph auf unsere Nachfrage. Zu Inhalten und Szenarien wollte er sich nicht Ă€uĂern und kĂŒndigte an, dass die verschiedenen Möglichkeiten erst einmal nicht-öffentlich diskutiert werden. Der Gemeinderat mĂŒsse sich darĂŒber erst ein Bild machen.
Verlegung von Hirschberg nach Heddesheim?
Auch in Hirschberg wird derzeit geprĂŒft, wie es mit der Schule weitergeht. Ăber Inhalte und mögliche Wege wollte sich Ralf GĂ€nshirt vom Hauptamt nicht Ă€uĂern. Er sagte, es fĂ€nden AbstimmungsgesprĂ€che zur pĂ€dagogischen Entwicklung und ĂŒber die Schulsanierung statt. Die WeiterfĂŒhrung des Schulzweckverbands stehe nicht in Frage.
Derweil gehen die Dinge an der Karl-Drais-Werkrealschule ihren gewohnten Gang. Die Vorarbeiten, die fĂŒr die Entwicklung zur Gemeinschaftsschule bereits geleistet worden waren – beispielsweise die LernbĂŒros – sollen jetzt ins pĂ€dagogische Konzept der Schule integriert werden, sagte uns Rektor Jens Drescher. Die Werkrealschule werde so lange bleiben, bis in der Umgebung die erste Gemeinschaftsschule entwickelt wird:
Dann werden die Eltern ihre Kinder lieber dorthin schicken als zu uns.
Nach unseren Recherchen ist die Gemeinschaftsschule trotz BĂŒrgerentscheids nicht vom Tisch. Heddesheim könnte sie im Alleingang entwickeln. Die erforderliche Einwohnerzahl habe die Gemeinde, sagte uns Endrik Ebel vom Staatlichen Schulamt Mannheim. Allerdings mĂŒsse der Sitz der Werkrealschule dafĂŒr nach Heddesheim verlegt werden. Das wĂŒrde Heddesheim vor eine groĂe Herausforderung stellen und Hirschberg unter enormen Druck setzen. Denn Heddesheim brĂ€uchte dafĂŒr eine weiterfĂŒhrende Schule am Ort.
Nachdem Hirschberg also politisch nicht bereit war, eine Gemeinschaftsschule zu entwickeln, mĂŒsste fĂŒr dieses Szenario nicht nur der Schulzweckverband aufgelöst werden, sondern Hirschberg auch seine weiterfĂŒhrende Schule aufgeben und in Heddesheim ansiedeln. Angesichts des angespannten VerhĂ€ltnisses zwischen den Gemeinden scheint das zunĂ€chst wenig wahrscheinlich. WĂŒrde sich Hirschberg aber dagegen sperren, wĂ€re eine weitere VerschĂ€rfung der Beziehungen zwischen den beiden Gemeinden vorprogrammiert.
Neuanmeldungen nah an der Grenze
Ohne VerĂ€nderung wird sich die Karl-Drais-Werkrealschule aber auch in Hirschberg nicht halten können. DafĂŒr mĂŒssten jedes Jahr mindestens 16 neue SchĂŒler angemeldet werden. In diesem Schuljahr sind 18 FĂŒnftklĂ€ssler eingeschult worden. Im vergangenen Schuljahr waren es 19. Das ist knapp. Rektor Drescher ist dennoch zuversichtlich, dass in den kommenden Jahren noch genug SchĂŒler angemeldet werden, um die Schule beizubehalten.
Liegt die Zahl der NeuzugĂ€nge zwei Jahre hintereinander darunter, wird das staatliche Schulamt aktiv und leitet einen sogenannten Schulentwicklungsprozess ein. Das bedeute zwar nicht zwangslĂ€ufig das Ende der weiterfĂŒhrenden Schule, aber man werde sich auf einen Standort einigen mĂŒssen, sagte uns Herr Ebel.
Erste Gemeinschaftsschule in der BergstraĂe
Ărgerlich ist der Ausgang des BĂŒrgerentscheids auch fĂŒr das staatliche Schulamt und die Beteiligten – nicht nur wegen der geleisteten Vorarbeit der vergangenen eineinhalb Jahre. Heddesheim wĂ€re auch die erste Gemeinschaftsschule im Umland. Weder aus Schriesheim, noch aus Ladenburg seien bisher AntrĂ€ge auf Schulentwicklung gestellt worden, sagte Herr Ebel.
Ziel der Landesregierung sei es, so Herr Ebel, alle Schularten in guter Erreichbarkeit – also höchstens 30 Minuten im öffentlichen Personennahverkehr – bereitzustellen. Mit dem Nein beim Hirschberger BĂŒrgerentscheid ist dieses Ziel aber in weite Ferne gerĂŒckt. Ladenburger Eltern, die ihre Kinder auf eine Gemeinschaftsschule schicken wollen, mĂŒssen bisher weite Wege in Kauf nehmen. Die nĂ€chsten Gemeinschaftsschulen stehen in Heidelberg und im nĂ€chsten Schuljahr startet auch die Stadt Hemsbach mit einer mehrstufigen Entwicklung zur Gemeinschaftsschule. Ab dem kommenden Schuljahr wird dort als erster Schritt zunĂ€chst der Ganztagsunterricht eingefĂŒhrt.
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