Montag, 29. Mai 2023

Geprothmannt: Politische Verantwortung geht anders

Wahlkampf mit Tempo 30 – und alle schleichen mit

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prothmann2_tn-2Heddesheim, 07. Februar 2014. (red/pro) Vergangene Woche hat die SPD einen Antrag eingebracht. Die totale Verkehrsberuhigung für Heddesheim wird gefordert. Überall Tempo 30. Lkws raus. Und alle haben zugestimmt. Für die gute Sache.

Geht es wirklich um eine gute Sache?

Von Hardy Prothmann

Der Heddesheimer Gemeinderat ist sehr „speziell“. Einerseits fetzt man sich wegen Lappalien. Manchmal geht es um Grundsätzliches. Dann ist man entweder in zwei Lager geteilt oder ein Team. Differenzierung ist kaum möglich.

Was die SPD als „Verkehrsberuhigungsantrag“ im Gemeinderat beantragt hat, ist nicht mehr als der kleinste gemeinsame Nenner einer grundsätzlichen politischen Lüge.

Wir erinnern uns: Alle Fraktionen waren sich vor fünf Jahren einig, dass „Pfenning“ nach Heddesheim kommen soll. Alle Fraktionen haben den zusätzlichen Verkehr in Kauf genommen. Die Grünen haben hinterher behauptet: Aber nur mit Schiene. Und auf der Basis von „Versprechen“ ihre Stimme gegeben. Später waren sie dagegen. Aber später ist oft zu spät.

Was bedeutet dieser Verkehrsberuhigungsantrag nun wirklich?

Erstens – und den Hinweis von Bürgermeister Michael Kessler muss man auch nennen – ist der Antrag, äh, seltsam. Denn im Großteil der Heddesheimer Straßen gilt bereits Tempo 30 und Lkws haben hier nix zu suchen. Hat die SPD hier was nicht mitgekriegt? Geschenkt.

Lauter Clownereien

Es geht also wenn, dann nur um die großen Achsen, die L- und K-Straßen, also Land- und Kreisstraßen. Zwar ist auch hier schon teilweise Tempo 30 angeordnet, die SPD will das aber durchgehend. Plus totales Lkw-Verbot über 7,5 Tonnen. (Warum haben die sich eigentlich damals für den „Verkehrslenkungsvertrag stark gemacht? Hier „gilt“ das Verbot für Lkw über 18 Tonnen. Woher kommt der Sinneswandel?). Und die Grünen, immer für eine Clownerei gut, wollen die Straßen nur für Lkw unter fünf Tonnen befahrbar machen. Diese Klasse muss noch erfunden werden.

Scherz beiseite. Wie geht das jetzt weiter? Die Verwaltung ist beauftragt, sich an die entsprechenden Behörden zu wenden. Dafür werden Schreiben aufgesetzt, vorher Gesetzbücher gewälzt, man versucht Argumente zusammenzutragen. Kurzum: Der einstimmige Gemeinderatsbeschluss zum SPD-Antrag erzeugt viel Arbeit in der Verwaltung bei allen Ämtern, die damit zu tun haben.

Ist diese Arbeit erledigt, wird sie per Post an die zuständige Behördew geschickt. Das ist die Untere Verkehrsbehörde beim Landratsamt. Dort wird gelesen geprüft, alle betroffenen Ämter werden angefragt und dann wird ein Schreiben verfasst.

Vermutlich auch ans Regierungspräsidium in Karlsruhe. Dort wird gelesen, geprüft – auch hier geht also alles seinen „sozialistischen Gang“.

Von dort geht es wieder rückwärts bis in den Gemeinderat. Irgendwann wird ein Bürgermeister, ob der dann noch Kessler oder anders heißt, dem Gemeinderat das Ergebnis dieses Briefverkehrs kundtun.

Großes Theater

Und Gemeinderäte werden Gesichter machen, Köpfe schütteln, Stellungnahmen öffentlich vortragen. Sie werden empört sein und schimpfen und die Brust rausstrecken. Haben sie nicht gekämpft? Haben sie nicht alles getan? Ist das alles nicht ungerecht? Gibt man sich geschlagen? Natürlich niemals. Man „kämpft“ natürlich weiter.

Man könnte auch zusammenfassen, dass der Heddesheimer Gemeinderatsbeschluss ungefähr dasselbe ist wie vorsätzliche Steuergeldverschwendung. Beantragt durch die SPD. Von CDU, Grünen und FDP bestätigt.

Weil eigentlich mit dem Handheben schon jeder wusste, wie der Gang der Dinge ist und wie das Ergebnis ausfällt. Der Schaden für die Steuerzahler beträgt vermutlich mehrere tausend Euro für unnütze bürokratische Abläufe.

Verantwortlich für diese Geld- und Zeitverschwendung sind die Impuls-Geber von der SPD. Und alle anderen, die die Hand gehoben haben.

Bald ist wieder Kommunalwahl. Die Wähler sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Für diesen „Verein“? Das ist ein echtes Dilemma. Man darf gespannt sein, wie viele vorher bei der Bürgermeisterwahl für den „Nein-Idee“-Kandidaten stimmen.

Bei der Kommunalwahl hat man keine Nein-Stimme. Hier stellen sich vermutlich nur die üblichen Verdächtigen zur Wahl. In Bezug auf die Tempo-30-Frage eine einstimmige Gemeinschaft von Steuergeld-Verschwendern.

Politisch verantwortliches Handeln geht anders.

Über Hardy Prothmann

Hardy Prothmann (50) ist seit 1991 freier Journalist und Chefredakteur von Rheinneckarblog.de. Er ist Gründungsmitglied von Netzwerk Recherche. Er schreibt am liebsten Porträts und Reportagen oder macht investigative Stücke.