BĂŒrgermeister Kessler wendet sich mit sechs vollgeschriebenen Seiten an die Heddesheimer. Wann hat es das im „Mitteilungsblatt“ das letzte Mal gegeben?
Kommentar: Hardy Prothmann
BĂŒrgermeister Kessler reagiert auf die Interessengemeinschaft (IG) neinzupfenning mit aller ihm zur VerfĂŒgung stehenden publizistischen Wucht.
Die umfangreiche Pro-Pfenning-Berichterstattung im Mannheimer Morgen scheint ihm nicht ausreichend genug zu sein, um das Pfenning-Projekt zu verteidigen.
Attacke
In dieser Rolle befindet sich der BĂŒrgermeister der 12.000 Einwohner zĂ€hlenden Gemeinde nun: in der Verteidigung. Und die reitet er in der Attacke gegen die IG neinzupfenning.
Alle Heddesheimer Haushalte (auch die Nicht-Abonnenten) haben heute das Mitteilungsblatt im Briefkasten vorgefunden.
Die gedankliche Klammer hinter dem Artikel beginnt im zweiten Absatz der Postulation: „Die von der Interessengemeinschaft in einem Flugblatt genannten falschen Zahlen konnten bei der Info-Veranstaltung widerlegt werden“. Sie endet nach sechs Seiten im Fazit mit der Feststellung im letzten Satz: „Die von der Interessengemeinschaft vorgebrachten Vorbehalte sind damit weitgehend entkrĂ€ftet“, schreibt Herr Kessler.
Moment Mal, weitgehend? Sind also nicht alle VorwĂŒrfe entkrĂ€ftet? Wenn dem nicht so ist, teilt Herr Kessler auf sechs zĂ€h zu lesenden Seiten aber nicht mit, was nicht entkrĂ€ftet wurde.
21.600-43.200 vs. 80.000
Er sagt auch nicht, was seine Zahl ist, sie lĂ€sst sich aber aus seinen Angaben errechnen: „saisonal bedingt“ können „bis zu 3 Lkw-Bewegungen“ pro Stunde auftreten. Mal 24 Stunden, mal 300 Tage (siehe Lkw-Fahrverbote) heiĂt das Ergebnis 21.600, mal zwei, falls die zweite Ausbaustufe realisiert wird: 43.200 Lkw durch und um Heddesheim. 3 pro Stunde liest sich anders als 21.600 oder 43.200 im Jahr.
Und das sind nur „5 % der Lkw-Verkehre“ wie Herr Kessler nun erstmals schriftlich fĂŒr die Ăffentlichkeit feststellt. Sofern sich alle Lkw-Subunternehmer an eine „betriebliche Anweisung“ durch das Unternehmen Pfenning halten. Die IG hatte von bis zu 80.000 Lkw-Fahrten geschrieben – aber sie hatte auch nur unzureichende Informationen.
Zur Erinnerung: Im Februar Januar beschlieĂt der Gemeinderat in nicht-öffentlicher Sitzung die Pfenning-Ansiedlung. Erst am 21. April wird die Heddesheimer Ăffentlichkeit halbwegs ordentlich ĂŒber diese geplante Ansiedlung unterrichtet. Wiederum zwei Wochen spĂ€ter wird das Projekt erstmals schriftlich durch die Verantwortlichen vorgestellt.
Die IG Pfenning fĂŒhrt nach Punkten
Ohne die Interessengemeinschaft neinzupfenning hĂ€tte es diese pompöse Auflistung sicher nicht gegeben. Deswegen fĂŒhrt die IG in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich nach Punkten. Sie hat die Sorgen und Ăângste des einzelnen Heddesheimer BĂŒrgers erstmals ins öffentliche Bewusstsein gebracht – nicht der erste Mann im Dorf, dessen vornehmlichste Aufgabe es sein muss, diese Sorgen zu kennen, zu respektieren und alles in seiner Macht Mögliche zu tun, um sie auszurĂ€umen.
Erschlagt den Boten
Stattdessen wird keine Gelegenheit ausgelassen, die IG auf ihre Initiatoren zurĂŒckzuwerfen: Die Gewerbetreibenden, die auf ihren BetriebsgelĂ€nden wohnen. Doch wer kann ihnen das verdenken? Versetzt man sich in ihre Lage, ist ihr ganz egoistisches Interesse sofort zu verstehen.
Die Strategie Herrn Kesslers ist einfach zu durchschauen: Nicht der Verursacher, sondern der ĂĆberbringer schlechter Nachrichten soll erschlagen werden.
Aber wer ist denn verantwortlich fĂŒr die Vorbehalte, muss man sich da fragen? Jedenfalls nicht die IG neinzupfenning, sondern die GeheimniskrĂ€merei des BĂŒrgermeisters und aller GemeinderĂ€te zusammen.
Hoffnungen und Sorgen
Die Gruppe derer, die groĂe Sorgen haben, wĂ€chst zunehmend und hat keine Verbindungen zu den Gewerbetreibenden. Das sind ganz normale Heddesheimer BĂŒrger, Frauen wie MĂ€nner, Alte und Junge, die sich tĂ€glich einer unzumutbaren Verkehrsbelastung ausgesetzt sehen. Die werden nun mit einer BleiwĂŒste erschlagen.
Herr Kessler schreibt: „Ich habe die groĂe Hoffnung, dass es uns gelingt, durch fundierte Aussagen noch vorhandene Vorbehalte der Bevölkerung abzubauen.“
Diese Veröffentlichung tun sich nur Menschen an, die es genau wissen wollen, allen anderen kann Herr Kessler spĂ€ter sagen: „Wir haben das öffentlich gemacht!“
Und er wird es sagen und wird – in diesem Punkt – Recht behalten.
Gleichzeitig schĂŒrt Herr Kessler Hoffnungen bei der Bevölkerung, die nicht (bald) zutreffen werden: Beispielsweise die MĂ€r von den Durchfahrtsverboten (siehe Interview UmgehungsstraĂe). Es wird sie nicht geben, solange die StraĂen zu Kreis und Land gehören.
Und das kann noch lange dauern. Herr Kessler weiĂ das! Und er weiĂ ebenso: Ein Denkmal fĂŒr sich selbst, setzt man nur einmal im Leben.
Bei der IG neinzupfenning dĂŒrften heute trotzdem die Sektkorken geknallt haben, weil ein BĂŒrgermeister sich zu solch einer „Stellungnahme der Gemeinde“ genötigt gesehen hat.
Herr Kessler ist also in Not, aber er ist kein Opfer, sondern ein Verantwortlicher.
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