
Der GrĂŒnen-Obmann im EnBW-Untersuchungsausschuss Hans-Ulrich Sckerl (links) im GesprĂ€ch mit Chefredakteur Hardy Prothmann. Bild: fluegel.tv
Rhein-Neckar/Stuttgart, 05. September 2012. (red/pro/fluegel.tv) Der Weinheimer GrĂŒnen-Politiker Hans-Ulrich Sckerl ist Obmann der Fraktion im EnBW-Unterschungsausschuss. Im Exklusiv-Interview mit unserer Redaktion und dem Stuttgarter Internetsender fluegel.tv erklĂ€rt er die Funktionsweise des Ausschusses, die Fragen, denen nachgegangen wird und was bislang ans Licht der Ăffentlichkeit gelangt ist.
Von Hardy Prothmann
Der von der CDU allseits gepriesene „EnBW-Deal“ ist ein politischer Krimi. FĂŒr 4,7 Milliarden Euro kaufte das Land fast die HĂ€lfte der Aktien der EnBW vom französischen Konzern EdF. Geheimtreffen, Verfassungsbruch, ein Ex-MinisterprĂ€sident Stefan Mappus als „Sprechpuppe“ eines Investment-BĂ€nkers Dirk Notheis (Morgan Stanley), der dem Parteifreund per email Anweisungen gab, was der MinisterprĂ€sident zu sagen hatte, willfĂ€hrige Journalisten und Wissenschaftler, die instrumentalisiert wurden (und sich haben instrumentalisieren lassen), eine ehemals renommierte Anwaltskanzlei Gleiss Lutz, die eine unrĂŒhmliche Rolle spielt, eine geschredderte Festplatte, fehlende Akten – die Liste der unglaublichen VorgĂ€nge ist lang und macht fassungslos.
Ex-MinisterprĂ€sident Stefan Mappus sieht sich unbeirrt aller zu Tage geförderten skandalösen Details als Opfer von GrĂŒn-Rot, die ihm etwas „anhĂ€ngen“ wollen und weist jede Verantwortung von sich, obwohl der Staatsgerichtshof den Ablauf des Aktien-RĂŒckkaufs am Parlament vorbei als Verfassungsbruch beurteilt hat. Was als „tolles GeschĂ€ft“, das jeder „schwĂ€bischen Hausfrau gefĂ€llt“, verkauft worden ist, scheint ein schlechtes GeschĂ€ft fĂŒr die Steuerzahler gewesen zu sein. Die GrĂŒnen haben per Gutachten feststellen lassen, dass der Kaufpreis von 41,50 Euro deutlich ĂŒberhöht war und ein fairer Preis bei 34,05 Euro gelegen hĂ€tte. Nach dem Wertgutachten wurden sage und schreibe 840 Millionen Euro zuviel bezahlt. Dirk Notheis, Deutschland-Chef von Morgan Stanley, nannte den Preis gegenĂŒber dem VerkĂ€ufer „ĂŒppig“. Die GrĂŒnen haben Klage eingereicht und verlangen das Geld zurĂŒck.
Ende September und Oktober finden die entscheidenden Sitzungen des Untersuchungsausschusses statt. Stefan Mappus will nochmals auftreten, um seine Haltung zu verteidigen. Hans-Ulrich Sckerl erwartet sich von diesem Auftritt daraus keine neuen Erkenntnisse, wohl aber von anderer Stelle: Brisant könnten die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Stuttgart werden, die gegen Stefan Mappus und seine Ex-Minister Helmut Rau und Willi StĂ€chele wegen des Verdachts der Untreue ermittelt und umfangreiche BĂŒro- und Hausdurchsuchungen durchgefĂŒhrt hat.
Die CDU steht mit dem RĂŒcken zur Wand – eine deutliche Distanzierung zum Verhalten von Stefan Mappus fehlt bis heute. Auch Bundeskanzlerein Angela Merkel lieĂ nach dem Abschluss des Deals ihre positive EinschĂ€tzung ĂŒbermitteln. Aktuell fĂŒrchtet die Partei ein Desaster bei der Bundestagswahl 2013.
FĂŒr den Landtagsabgeordneten und Juristen Hans-Ulrich Sckerl zeigt der Skandal um den EnBW-Deal, dass dringender Handlungsbedarf besteht, um den Einfluss der Banken auf die Politik zu beschrĂ€nken:
Die Menschen haben durch den Skandal erkannt. Die Steuerzahler mĂŒssen in schwindelerregender Höhe fĂŒr die Misswirtschaft von Banken blechen, denen sich gewisse Politiker zu ihrem eigenen Vorteil ausgeliefert haben. Die Versprechungen der Transparenz und Kontrolle wurden nicht umgesetzt. Das ist untertrĂ€glich und muss geĂ€ndert werden.
Dokumentation der emails zwischen Mappus und Notheis
Monitor-Interview mit Hans-Ulrich Sckerl: Marionette: Wie die Investmentbank Morgan Stanley einen MinisterprÀsidenten steuerte
Anm. d. Red.: Das Interview mit Hans-Ulrich Sckerl ist eine Kooperation mit dem Stuttgarter Internetsender „fluegel.tv„. Robert Schrem, GrĂŒnder des BĂŒrgerportals, sowie die KameramĂ€nner Bernd Fetzer und Hans-Georg Schulz haben die technische Umsetzung ĂŒbernommen – eigentlich wollte man live ĂŒber Satellit senden – staubedingt wurde aber die Zeit knapp und man konnte die Leitung nicht rechtzeitig einrichten. Der Gastronom Jan Hutter hatte freundlicherweise die Terrasse bei Hutter im Schloss zur VerfĂŒgung gestellt, die Stadt Weinheim einen Stromanschluss ermöglicht.
Fluegel.tv hat sich im Zusammenhang mit Stuttgart21 einen Namen durch umfangreiche Live-Ăbertragungen, Dokumentationen, GesprĂ€chsreihen und „ungewöhnliche“ Herangehensweise an das Thema einen Namen gemacht. Kurz nach der Landtagswahl hat MinisterprĂ€sient Winfried Kretschmann dem Sender auf eigenen Wunsch ein Exklusivinterview gegeben, weil der Politiker erkannt hat, dass fluegel.tv abseits der etablierten Medien eine hohe Aufmerksamkeit genieĂt.
Unsere Redaktion ist bereits lange mit den Machern von fluegel.tv in Kontakt. Nun ist der erste Schritt einer Kooperation gemacht – wir sind gespannt, was sich daraus entwickelt.
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