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Heddesheim, 04. August 2009. Der Heddesheimer Gemeinderat hat gestern in einer Sondersitzung einer Bürgerbefragung zur geplanten „Pfenning“-Ansiedlung zugestimmt.
Das heddesheimblog protokolliert die Sitzung.
Bürgermeister Michael Kessler begrüßte den Gemeinderat um 18:00 Uhr im Sitzungssaal zu einer „außerordentlichen Sitzung“ in der Sommerpause, die auf seinen Vorschlag hin einberufen wurde.
Bis auf Herrn Volker Schaaff waren alle der 22 Gemeinderäte anwesend. Gleich zu Beginn wies Herr Kessler die FDP-Gemeinderätin Ingrid Kemmet darauf hin, dass sie den Ratstisch wegen Befangenheit verlassen müsse.
Der Bürgermeister wies in seiner Einführung darauf hin, dass der einzige Tagesordnungspunkt (TO) der Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen auf „Durchführung einer Bürgerbefragung“ zur Abstimmung ansteht.
„Diese Befragung hat einen unverbindlichen Charakter und soll ein Meinungsbild liefern, das für den Gemeinderat nicht bindend, aber politisch zu bewerten ist“, sagte Herr Kessler.
Der Antrag der Grünen
Als erster Redner erläuterte Klaus Schuhmann, Fraktionsvorsitzender von Bündnis90/Die Grünen, den Antrag und verlas ihn nochmals, damit auch die rund 40 Zuschauer im Publikum über den Inhalt informiert wurden.
Der Antrag auf Bürgerbefragung soll eine mit Ja oder Nein zu beantwortende Frage stellen, ob die geplante „Pfenning“-Ansiedlung von den Bürgern gewollt ist.
Weiter sagte Herr Schuhmann, dass „man gut beraten sei mit einer solchen Bürgerbefragung, die sicherlich auch dem kommunalpolitischen Engagement dienen kann“.
Die Stellungnahme der SPD
Jürgen Merx, SPD-Fraktionsvorsitzender, bekräftigte nochmals die Forderungen seiner Partei, dass vor einer solchen Befragung eine umfassende Information der Bürger notwendig sei, die Befragung selbst aus organisatorischen Gründen und wegen der Kosten am Tag der Bundestagswahl am 27. September 2009 auszuführen sei. „Diese Punkte sind erfüllt.“
Die Stellungnahme der CDU
Dr. Josef Doll, CDU-Fraktionschef, resümierte die zeitliche Abfolge der Diskussion um die geplante „Pfenning“-Ansiedlung und stellte fest, dass „wir Gemeinderäte bis auf eine Ausnahme alle diesem Projekt zugestimmt haben. Dann hat sich zwischen dem 21. April und dem 20. Mai bei etlichen eine andere Meinung eingestellt“.
Weiter fragte Herr Doll, warum die „Grünen“ „statt eines Antrags auf Bürgerbefragung keinen Antrag eingebracht hätten, den Beschluss zur Pfenning-Ansiedlung zu kippen“?
Herr Doll betonte wortreich, dass dies eine Angelegenheit des Gemeinderats sei und eine „Bürgerbefragung rechtlich unverbindlich ist und sich damit die Frage stellt, warum man diese überhaupt durchführt?“.
Weiter sagte Herr Doll: „Die daraus resultierenden rechtlichen Fragen sind nicht überlegt. Hier werden wichtige Regeln außer Kraft gesetzt, dabei beruhen alle unsere Handlungen auf der Gemeindeordnung. Was die Mehrheit nicht versteht ist, dass es sich hier um einen Bruch der Gemeindeordnung handelt. Die CDU ist deswegen aus rechtlichen Gründen gegen eine Bürgerbefragung.“
Weiter erläuterte Herr Doll, dass „alle Gutachten und die Aussagen des Rechtsanwalts Burmeister die Vorwürfe der IG Nein entkräften“. „Die angenommene Lkw-Belastung existiert bis auf die zwei mehr pro Stunde nicht in den Gutachten.“
Weiter sagte Herr Doll: „Das alles ist maßlos überzogen und die Bürger wurden falsch informiert. Und: Die Gemeinde geht bei der Ansiedlung kein Risiko ein.“
Die Stellungnahme der FDP
Frank Hasselbring, FDP-Fraktionsvorsitzender, sagte: „Wir werden dem Antrag unsere Zustimmung geben, weil wesentliche Voraussetzungen dafür gegeben sind.“
Weiter sagte Herr Hasselbring, dass „alle Gutachten in einer für alle Bürger verständlichen Darstellung veröffentlicht werden sollten, vor allem das Verkehr- und das Umweltgutachten.“ Diese Transparenz habe vor allem seit der Resonanz auf die Darstellungen der IG neinzupfenning eine wesentliche Bedeutung.
Weiter sagte Herr Hasselbring: „Wir erwarten eine belastbare Vereinbarung in der Sache Verkehr mit dem Unternehmen Pfenning. Das Thema Verkehr ist ein entscheidender Punkt für die Bürger.“
Der Termin für die Bürgerinformation sollte so gewählt werden, dass „ausreichend Zeit für die Verarbeitung der Informationen“ bleibe. Weiter sei eine „visuelle Darstellung des Projekts“ wünschenswert.
Ein Für oder Gegen „Pfenning“ sein nicht mit einem einfachen Ja oder Nein zu beantworten. Das Ergebnis der Bürgerbefragung solle in die Entscheidung des Gemeinderats mit einfließen, deswegen müssten die Bürger vor der Befragung gut informiert sein.
Diskussion
Reiner Edinger, Bündnis90/Die Grünen, widersprach der Darstellung des Herrn Doll: „Ihr Vorwurf, hier sei rechtlich irgendetwas nicht in Ordnung, ist gewagt. Dann muss die Entscheidung zu Stuttgart 21 auch rechtlich nicht in Ordnung gewesen sein. Ihre Aussage, dass immer alles so bleiben soll, wie es war, ist nicht haltbar.“
In der Folge entwickelte sich eine Diskussion zwischen Herrn Doll, Herrn Edinger und Herrn Schuhmann.
Günther Heinisch, Bündnis90/Die Grünen, sagte: „Ich war bei der Entscheidung vom 18. Februar 2009 über den Aufstellungsbeschluss nicht dabei, Herr Doll, weil Sie so reden, als hätten wir alle daran Teil gehabt.“ (Günther Heinisch ist neu gewählter Gemeinderat, d. Red.)
Weiter zitierte Herr Heinisch aus dem Internetangebot der Landeszentrale für politische Bildung über die „gewollte basisdemokratische Bürgerbeteiligung auf kommunaler Ebene“ und widersprach damit den Ausführungen von Herrn Doll.
Hardy Prothmann, freies Mandat, sagte; „Herr Doll, Sie haben faktisch Recht damit, dass ein Bürgerentscheid über eine Bauleitplanung in der Gemeindeordnung nicht stattfindet. Auch haben Sie Recht, wenn sie sagen, die Bürgerbefragung sei eine Hilfskonstruktion. Diese soll aber gerade helfen, die Stimmungen und Meinungen der Bürger für die Politik transparent zu machen. Es kann nicht angehen, dass bei einem solch großen Projekt, von dem fast jeder Bürger betroffen sein wird, diese nicht befragt werden. Ihrer Meinung nach haben Bürger nur einmal alle fünf Jahre eine Stimme – nämlich bei der Wahl. Sonst sollen sie die Klappe halten.“
Herr Schuhmann sagte: „Es geht hier um die schon vorhandene Belastung der Bürger und die Sorge um eine noch größere Belastung durch den Verkehr. Am Verkehr scheiden sich die Geister.“
Ulrich Kettner, Bündnis90/Die Grünen, sagte: „Für die Grünen geht es auch darum, dass es viele Bürger gibt, die hier im Gemeinderat keine Lobby zu haben glauben. Wir stehen dafür ein, auch diese Bürger zu vertreten.“
Michael Bowien, SPD, sagte: „Ich stelle die Frage nach dem Leitbild der Gemeinde. Wo wollen wir in 10-15 Jahren stehen? Wir sind hier ja keine rückständigen Lkw-Gegner, sondern nehmen schon viel Lkw-Verkehr hin und die Frage ist, wie viel mehr wir noch bereit sind, zu ertragen. Unser Gewerbegebiet ist ein Mischgebiet. Wenn wir uns für Pfenning entscheiden, warum entscheiden wir uns dann auch nicht für den Rest der Flächen und sagen: Dreiviertel unseres Gewerbegebiets ist Logistik, ein Viertel Mischgebiet. Wenn das unser Leitbild sein soll, dann sollten wir das festlegen. Oder aber etwas anderes: Beispielsweise moderne Betriebe aus dem Bereich erneuerbare Energie…“
Neuling Bowien wird vom Bürgermeister belehrt
Herr Bowien wird von Herrn Bürgermeister Michael Kessler unterbrochen: „Herr Bowien, das hier ist keine Sachdiskussion, sondern es geht um den Antrag der Grünen. Im übrigen hat sich der Gemeinderat in der Vergangenheit sehr intensiv mit denen von Ihnen vorgebrachten Fragen auseinandergesetzt und wir haben ein Leitbild.
Es ist Ihnen unbenommen, als Neuling solche Fragen zu stellen, aber als Vorsitzender weise ich Sie darauf hin, dass es heute um diesen Antrag geht.“
Kurt Klemm, Fraktionsmitglied Bündnis90/Die Grünen, sagte: „Herr Doll, Sie bemängeln die IG neinzupfenning. Ich möchte betonen, dass durch die IG hier endlich eine lang fällige kommunalpolitische Diskussion in Gang gesetzt wurde. Das sieht man auch am Zuschauerinteresse. Das ist für mich positiv.“
Die Abstimmung
Bürgermeister Michael Kessler sagte zum Abschluss der Diskussionsrunde, dass es zu gewissen Entscheidungen immer „ein volles Haus“ gegeben hätte. Grundsätzlich sei es nicht so, dass zu jeder Entscheidung des Gemeinderats eine Bürgerbefragung möglich und nötig sei: „Im aktuellen Fall handelt es sich aber um eine besondere Diskussion, die selten so polarisierend mit falschen Tatsachen und Behauptungen geführt wurde, vor allem mit Beiträgen zu Personen, die unter der Gürtellinie waren.“
Weiter sagte der Bürgermeister: „Die Bürgerbefragung ist durchaus eine Chance auf eine breitere Legitimationsbasis. Letztlich trifft aber der Gemeinderat die Entscheidung zum Wohl der Gemeinde.“
Weiter sagte der Bürgermeister: „Ich bin guten Mutes, dass es uns gelingt, die Mehrheit der Bürger über die Vorteile der Pfenning-Ansiedlung zu überzeugen.“
Danach bat der Bürgermeister um Abstimmung über den Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen.
Im Anschluss wurde über die Fragen 1 und 2 des „Fragenkatalogs“ diskutiert.
Herr Schuhmann bezeichnete sie als „Suggestivfragen“, aber „unschädlich“ und stellte den Antrag, die Frage 3 als erste Frage zu stellen.
Herr Prothmann wollte die Frage 3 erweitern mit dem Zusatz: Pfenning Logistics oder andere Großlogistiker.
Bürgermeister Kessler wehrte den Vorschlag ab, weil man dann in einer unklaren Lage sei.
Herr Hasselbring unterstützte die Fragen 1 und 2 als „Vorfragen“, die „zum Nachdenken anregen“. „Das ist für mich eine logische Abfolge, die sinnvoll zur Frage 3 führt.“
Andreas Schuster, Bündnis90/Die Grünen, sagte: „Die Befragung sollte meiner Meinung nach nicht auf einem Spannungsbogen aufbauen. Die Fragen 1 und 2 sind überhaupt nicht strittig, damit wird die Befragung nur verwässert.“
Herr Merx sagte: „Die Fragen machen Sinn und führen auf die Frage 3 hin.“
Bürgermeister Michael Kessler kündigte an, dass der Abstimmungszettel zusammen mit der Wahlbenachrichtigung für die Bundestagswahl verschickt werden solle, sofern die Verwaltung dies umsetzen könne.
Herr Edinger wies darauf hin, dass eine entsprechende Meldung auch im Mitteilungsblatt veröffentlicht werden müsse, was der Bürgermeister bestätigte.
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Das heddesheimblog
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