Mittwoch, 07. Juni 2023

Der Künstler Kurt Fleckenstein zeigt zivilen Ungehorsam

„Ich protestiere gegen diese dekadente Bürokratie“

Zum zivilen Ungehorsam entschlossen: Der Heddesheimber Künstler Kurt Fleckenstein hat eines seiner Kunstwerke, das Heddesheimer Tor, mit einem Leichentuch verhüllt, um gegen „unsinnige und dekadente Bürokratie“ zu protestieren.

 

Heddesheim/Rhein-Neckar, 24. November 2012. (red) Der Heddesheimer Künstler Kurt Fleckenstein hat am Morgen sein Kunstwerk „Heddesheimer Tor“ mit einem Sargtuch verhüllt. Seine Protestaktion richtet sich gegen die in seinen Augen „völlig unsinnige“ Umsetzung einer EU-Verordnung, nach der Kreisverkehrkunst zurückgebaut werden muss, wenn diese „verkehrsgefährdend“ sein könnte.

Von Hardy Prothmann

Kurt Fleckenstein ist empört. Stinksauer. Und verzweifelt. Sieben Kreisverkehrkunstwerke hat er in Brühl, Schwetzingen, Ladenburg und Heddesheim in den vergangenen Jahren aufgestellt. Zwei davon, in Heddesheim und Ladenburg, sollen zurückgebaut werden, weil sie im Falle eines Unfalls angeblich „tödlich“ sein könnten. Zumindest sind die Verkehrsbehörden dieser Ansicht.

„Das ist so vollständig absurd“, sagt Fleckenstein, „das ist dekadent. Haben wir sonst keine Probleme?“ Der Künstler will sich nicht auf den juristischen Weg verlassen – die Bürgermeister von Heddesheim und Ladenburg haben angekündigt, gegen die Entscheidung der Verkehrsbehörden zu klagen, um die Kreiselkunst zu retten: „Das reicht mir nicht. Wir brauchen Öffentlichkeit. Es muss bekannt werden, was in der Politik für ein Schwachsinn verzapft wird.“ Kurt Fleckenstein kritisiert explizit die Grünen: „Ich war Mitglied in dieser Partei und stehe ihr immer noch nahe – aber dieses absolutistische Durchregieren macht mich fassungslos. Das kann nicht sein.“

„Die Kunst leidet unter der Willkür der Bürokraten.“

Insgesamt rund 50 Kreisverkehrkunstwerke sind landesweit betroffen und sollen zurückgebaut werden. Fleckenstein sieht seinen Protest stellvertretend: „Ich trete hier vor Ort für die von mir geschaffenen Kunstwerke ein, aber natürlich auch für alle Künstler im Land, die unter der Willkür dieser Bürokraten leiden.“

Aus Sicht des Künstlers stiften die Kunstwerke Identität: „Die den Gemeinden vorgelagerten Kreisverkehrkunstwerke sind das erste, was man vom Ort sieht oder das letzte, wenn man ihn verlässt. Mit der Zeit gehört diese Kunst – egal, ob sie gefällt oder nicht – zum Ort dazu. Das räumt man nicht einfach ab ohne jede demokratische Debatte, ohne jede notwendige Auseinandersetzung.“

Die Debatte hat Kurt Fleckenstein jetzt angestoßen. Der ansonsten sehr friedfertige und lebenslustige Mann fühlt sich genötigt, zivilen Ungehorsam zu leisten. Ob er mit seinem Protest Erfolg hat, wird man sehen. Soviel steht fest: „Ich leiste Widerstand und hoffe, dass sich viele Kollegen anschließen“, sagt Fleckenstein.

Ägypten: „Vermutungen und Klischees sind immer das Gegenteil von Information.“


Guten Tag!

02. Februar 2011. Die Ereignisse in Kairo sind nicht unser „Berichtsgebiet“ – wir schauen aber wie viele Menschen hier vor Ort auf das, was dort vor Ort passiert. Werden wir gut informiert? Daran gibt es erhebliche Zweifel, wie wir im Interview mit Christoph Maria Fröhder erfahren. Und immer, wenn die Ereignisse sich überschlagen, gilt die alte „Reporterweisheit“: „Traue keinem.“

Vorbemerkung: Der freie Journalist Christoph Maria Fröhder ist einer der renommiertesten deutschen Krisenreporter und investigen Journalisten. Er berichtet seit fast 40 Jahren von den „Brennpunkten“ der Welt – ob Kambodscha, Vietnam, Afghanistan, Angola, Kosovo oder Irak. Seine exklusiven Berichte haben sich nie am „Mainstream“ orientiert. Als Reporter in Bagdad stieß er 1990/91 zusammen mit dem Tagesthemen-Moderator „Hajo“ Friedrichs die Debatte an, welchen „Bildern“ man trauen kann. Zensur und Manipulation sind allgegenwärtig, vor allem in Krisengebieten – so die Mahnung. Fröhder ist ein vielfach preisgekrönter Journalist und lebt in Frankfurt/Main.

Interview: Hardy Prothmann

Herr Fröhder, wie beurteilen Sie die aktuelle Berichterstattung in Deutschland über die Unruhen in Ägypten?

Christoph Maria Fröhder: „Mich stört vor allem der Mangel an Hintergrundgeschichten und vernünftigen Einordnungen, was da gerade vor sich geht. Bislang beschränken sich die großen Medien auf eine chronologische Berichterstattung. Dann ist das und dann ist das passiert.“

Hier passiert gerade Geschichte.

Warum ist eine intensivere Berichterstattung ihrer Meinung nach nötig?

Mittendrin und nie dabei: Christoph Maria Fröhder im Irak 2003. Bild: privat

Fröhder: „Ägypten ist ein Nachbarland – für alle Mittelmeerstaaten. Ägypten ist das wichtigste arabische Land in der Region mit der größten Armee und ein direkter Nachbar zu Israel. Und Ägypten ist ein Kulturland von herausragender Bedeutung. Und hier passiert gerade Geschichte.“

Was würden Sie versuchen, wenn Sie vor Ort wären?

Fröhder: „Das liegt doch auf der Hand. Das Militär hält sich bislang auffallend zurück und betont, dass Militär und Volk eins sind. Wie geht das? Hat Mubarak keinen Zugriff mehr auf das Militär? Wer entscheidet dann? Da muss man losziehen, Fragen stellen und sich das vom Militär erklären lassen.“

Das geht im Ausnahmezustand?

Fröhder: „Die Führungspersonen des Militärs sind überraschend gebildete Leute, die auch über ein entsprechendes Selbstbewusstsein verfügen – zumindest ist das meine Erfahrung. Ich war bei den Kontakten meist angenehm enttäuscht, dass meine Vorurteile widerlegt worden sind. Die sind überraschend offen, wenn man weiß, wie man sie zu nehmen hat. Außerdem nimmt man sie in die Pflicht.“

Wie meinen Sie das?

Fröhder: „Die Militärs wissen sehr wohl, was Medien bedeuten. Wenn man sie zu Aussagen vor der Kamera bekommt, nimmt man sie in die Pflicht, nämlich beim Wort. Und wenn es heißt, die Armee und das Volk sind eins, dann will ich das von einem hochrangigen Offizier hören und dokumentieren. Sehr spannend ist, wie das Militär sich verhält. Die Leute dürfen auf die Panzer und diese sogar mit Anti-Mubarak-Parolen besprühen. Man muss doch herausfinden wollen, warum das möglich ist. Oder auch die Gemeinsamkeit von Christen und Moslems. Das ist doch hochspannend und ein wichtiges Signal für die Zukunft.“

Recherche statt Märchen!

Wie sind Sie inhaltlich mit den verbreiteten Informationen zufrieden?

Fröhder: „Ich kann mich nur wundern, was alles geschrieben wird. Beispielsweise über Omar Suleiman, den eingesetzten Vize von Mubarak. Die „graue Eminenz“ wird fast schon heroisch verklärt. Dabei gibt es genug Hinweise, dass Suleiman als Geheimdienstchef in Folterungen und andere Verbrechen direkt verwickelt war. Dem sollte man mal nachgehen, statt Märchen nachzuerzählen.“

Was würden Sie noch vor Ort berichten?

Fröhder: „Natürlich über die Opposition, die Hoffnungsträger. Das schützt diese Leute auch vor Übergriffen. CNN ist es beispielsweise problemlos gelungen, ein 40-minütiges Interview mit ElBaradei zu bekommen, obwohl der unter Hausarrest stand. Wie das? Die sind hingefahren und habens im Garten hinterm Haus gemacht. Was ich bei ARD und ZDF gesehen habe, waren dagegen Schnittbilder während einer Demo, mit begrenzter Aussage.“

Was meinen Sie?

Fröhder: „Fast nur so genannte Aufsager und kaum selbstrecherchierte, selbstgedrehte Geschichten. Da hat Antonia Rados bei RTL mit Bildern von improvisierten Lazaretten der Muslimbruderschaft mehr gezeigt. Solche Geschichten wären nach meiner Einschätzung in den vergangenen Tagen immer möglich gewesen.“

„Man muss kritisch einordnen.“ Christoph Maria Fröhder

Waren die RTL-Bilder über die Lazarette der Muslimbrüder nicht zu unkritisch?

Spezialgebiet: Kontinuierliche Beobachtung. Christoph Maria Fröhder. Bild: privat

Fröhder: „Doch. Natürlich versuchen die sich dadurch ans Volk ranzumachen. Das muss man kritisch einordnen. Man muss aber auch herausfinden, ob sie wirklich für einen totalitären Gottesstaat stehen oder nicht. Die Muslimbrüder waren lange verboten und die Frage ist, ob sie nicht eine gesellschaftliche Gruppe sind, die ihren Platz suchen und haben und darüber muss man zutreffend berichten. Vermutungen und Klischees sind immer das Gegenteil von Information.“

Welche Berichte würden Sie sich noch wünschen?

Fröhder: „Wo sind die Hintergrundstories über die jugendliche Elite? Die Studenten, die jungen Vordenker? Oder die vielen gut ausgebildeten Frauen? Auch hier gilt die Frage: Haben die Ideen, was aus Ägypten werden kann und soll? Sind sie organisiert? Stehen sie dem Land zur Verfügung? Man muss vernünftigen Leuten eine Stimme geben, die sonst bei den Bildern in der Masse untergehen. Und was passiert eigentlich draußen auf dem Land oder in anderen Städten? Ich sehe fast nur Bilder vom Tahrir-Platz.“

Folklore vs. Journalismus.

Vielleicht liegt es daran, dass man die nicht kennt?

Fröhder: „Ganz bestimmt sogar. Das ist etwas, was ich schon sehr lange kritisiere. Klar, es wird hier und da aus Nordafrika berichtet. Aber was? Folkloristisches Zeugs. Eine kontinuierliche journalistische Beobachtung über die kritische Entwicklung zur Gewaltherrschaft kann ich nicht erkennen. Man muss Kontakte halten und pflegen. Ohne die versteht man nichts und kommt auch nicht zu den interessanten Menschen.“

Wie informieren Sie sich zur Zeit?

Fröhder: „Über CNN, ABC, Al Jazeera, aber vor allem über die New York Times oder auch El Pais und Le Monde. Da gibt es großen journalistischen Ehrgeiz.“

Der Blogger Richard Gutjahr ist kurzentschlossen von Israel nach Kairo geflogen. Halten Sie das für journalistischen Ehrgeiz und eine gute Idee?

Fröhder: „Ich kenne Herrn Gutjahr nicht. Es könnte für ihn problematisch werden, wenn er niemanden kennt, kein Netzwerk hat. Für ihn sehe ich auch ein wirtschaftliches Problem. Für Zimmer, Fahrzeug, Dolmetscher müssen Sie mindestens 500 Dollar pro Tag rechnen. Dazu kommen Übertragungskosten. Das kann schnell ein finanzielles Abenteuer werden. Ansonsten ist es natürlich richtig, vor Ort zu sein, aber nur, wenn man weiß, was man will und wer die Abnehmer sind.“

„Man kann nicht aus dem Stand über komplexe Vorkommnisse berichten.“

Hätten Sie das gemacht?

Fröhder: „Ich bin nicht über die Verhältnisse von Herrn Gutjahr unterrichtet. Ich kann für mich nur sagen, dass ich es immer abgelehnt habe, im Schnellschußverfahren aus einem Land zu berichten, in dem ich zuvor nie gewesen bin, zu wenig Wissen habe und keine Kontakte. Ohne diese Voraussetzungen ist eine hintergründige und verlässliche Berichterstattung nicht möglich. Man kann nicht einfach aus dem Stand über sehr komplexe Vorkommnisse berichten.“

Wird man noch ernst genommen, wenn man solche Aufträge ablehnt?

Fröhder: „Wer nachdenkt, sollte ernst genommen werden. Der Mut, einen Auftrag abzulehnen, ist leider nicht sehr entwickelt. Viele denken, sie können alles. Das Ergebnis sehen wir gerade.“

Auch die Tageszeitungen haben offensichtlich niemanden vor Ort. Warum?

Fröhder: „Weil die nicht miteinander reden und kooperieren und keinen Sinn für spannende Berichterstattung haben. Wer hindert die großen Zeitungen daran, ein Team zu schicken, das Kontakte hat, sich auskennt und fundiert von vor Ort berichten kann? Die Kosten? Das ist lächerlich. Man begnügt sich mit Agenturmeldungen.“

Das Internet hat erkennbar an Bedeutung zugenommen.

Wie beurteilen Sie das Internet und seine Rolle für die Berichterstattung?

Fröhder: „Es hat erkennbar an Bedeutung zugenommen. Das gilt für Informationen von Akteuren vor Ort genauso, wie für die Online-Redaktionen und Blogs der großen Redaktionen. Allerdings ist gerade das Niveau sehr schwankend. Wenn ich zum Beispiel lese, dass der Chef eines großen Mediums einen Diktator wie Mubarak kumpelhaft als „der Bursche“ bezeichnet, sträuben sich mir die Haare. Man muss nicht versuchen, sich durch eine solche Sprache jungen Menschen anzudienen. Die fallen auf solche Plumpheiten nicht herein. Sorge habe ich vor den vielen Videoaufnahmen mit Handies. Sie sind – auch wegen ihrer schlechten Qualität – sehr leicht zu fälschen. Hier sollten Redaktionen sehr zurückhaltend sein und solche Bilder nur in Ausnahmefällen übernehmen.“

Links:

Christoph Maria Fröhder, wikipedia, tagesschau.de, Spiegel: „Lösegeld und süßer Tee“

Richard Gutjahr, Gutjahr’s blog

Al JazeeraLive-Übertragung

New York Times

El Pais

Le Monde

Krieg der Eitelkeiten

Netzwertig.de über den freien Korrespondenten Ulrich Tilgner, der das ZDF wegen „Bündnisrücksichten“ verlassen hat.

Netzwerk Recherche

Anmerkung der Redaktion:
Wir haben verschiedene Links auf wikipedia gesetzt, das wir selbst für die Recherche benutzen – aber niemals den dort angegebenen Informationen „trauen“, solange wir keine anderen Belege für diese Informationen recherchiert haben.

Die freien Journalisten Christoph Maria Fröhder und Hardy Prothmann sind Gründungsmitglieder von Netzwerk Recherche. Sie kennen sich seit 1996.

Rund 90 Teilnehmer spazieren mit der IG neinzupfenning zum Pfenning-Gelände

Guten Tag

Heddesheim, 28. September 2010. (red) Die“ IG neinzupfenning“ hatte Mitte vergangener Woche per Flugblatt zu einer „Tour de Flur“ aufgerufen, um mit einem gemeinsamen Spaziergang ihren Protest gegen die geplante „Pfenning“-Ansiedlung auszudrücken. Rund 90 Teilnehmer machten bei Wind und Regen mit und liefen vom Rathaus bis zur Benzstraße, wo das riesige Logistikzentrum entstehen soll.

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"IG neinzupfenning" spaziert gegen "Pfenning".

Hans Weber, einer der Sprecher der „IG neinzupfenning“ begrüßte die Teilnehmer auf dem Fritz-Kessler-Platz vor dem Heddesheimer Rathaus: „Bei dem Wetter haben wir mit weniger Spaziergängern gerechnet. Lassen Sie uns loslaufen, wir wollen nicht demonstrieren, sondern zeigen, dass es Menschen in Heddesheim gibt, die gegen diese Pfenning-Ansiedlung sind.““

Kurz nach 11:00 Uhr spazierte die Gruppe in Richtung geplantem „Pfenning“-Gelände. Hinzu kam Hans-Ulrich Sckerl, Landtagsabgeordneter von Bündnis90/ Die Grünen.

Der kommentierte: „Sie ziehen provokant eine Parallele zu Stuttgart 21. Ich bin mir sicher, im Land, nicht nur in Baden-Württemberg, entsteht eine neue Bürgerbewegung. Diese theoretische Politik, die Interessen folgt, die haben wir satt.“

„Die Politik kommt nicht bei den Bürgern an.“ Uli Sckerl

Sckerl sagte weiter: „Wir wollen eine Politik, die die BürgerInnen von Anfang an einbezieht, auf ihren Sachverstand hört. Und die stärker die Interessen der Bevölkerung berücksichtigt.“

Sckerl sagte weiter, dass er oft darauf angesprochen worden sei, ob die „Heddesheimer spinnen“, wenn sie am Ende der Wirtschaftskrise dieses Unternehmen nicht wollten: „1000 Arbeitsplätze, Gewerbesteuer, spinnen die denn? Das bin ich oft gefragt worden. Ich habe dann gesagt, kommt her, schaut euch diese schöne Gemeinde an und stellt euch dann vor, was das für eine Veränderung sein wird, wenn hier die Gigaliner durchziehen. Passt das hierher? Es passt nicht. Deshalb gibt es den Widerstand.“

Auch auf die Verbindung zu Stuttgart 21 ging Sckerl ein: „Sicher wurd über 15 Jahre lang alles demokratisch entschieden, das kam aber beim Bürger nie an. Der wurde nicht gefragt. Und als der Unwut gewachsen war, war alles entschieden. Einen Bürgerentscheid haben der VHG, das Landratsamt und andere Interessen zu gemacht. Ich glaube aber nicht, dass Heddesheim schon entschieden ist.“

Sckerl gehe es nicht um die Verhinderung von Logistik: „Der Vorwurf ist bösartig.“ Vielmehr gehe es um die Frage: „Wo passt so eine Ansiedlung hin?“

Die „IG neinzupfenning“ will ihre Spaziergänge fortsetzen. Der nächste Termin soll Donnerstag, der 30. September 2010 sein, um 16:30 Uhr vor dem Rathaus.

Video und Bilder

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Ist Stuttgart 21 überall?

Guten Tag

Heddesheim, 22. September 2010. (red) Die „IG neinzupfenning“ hat heute mit der Verteilung eines neuen Flyers begonnen. Darin fordert die Interessengemeinschaft auf, „hörbar und sichtbar Widerstand zu leisten“.

Von Hardy Prothmann

Die „IG neinzupfenning“ ruft mittels eines Flugblatts erneut zum Widerstand gegen die geplante „Pfenning“-Ansiedlung auf. Für den kommenden Samstag ist eine „Tour de Flur“ geplant, Treffpunkt ist um 11:00 Uhr.

Zur kommenden Gemeinderatssitzung am 30. September 2010 ruft die IG zu einem „Treffen“ vor dem Rathaus um 16:30 Uhr auf.

Beide Veranstaltungen sind nach unseren Informationen nicht als Demonstrationen angemeldet und sollen das auch nicht sein.

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Ist Stuttgart 21 überall?

Ausweislich des Flyers orientiert sich die IG nun an den Protesten zu „Stuttgart 21“, dem vermutlich größten Infrastrukturprojekt Europas, dem Gegner „Unsinn, Großmannssucht und Geldverschwendung“ vorwerfen und dessen Befürworter die „wirtschaftlichen und konjunkturellen Vorteile“ hervorheben.

Stuttgart ist weit, aber nicht sehr weit weg. Die entscheidende Frage lautet: „Ist Stuttgart 21 überall?“ Die IG behauptet das.

Wie groß aber sind die Chancen, dass die IG tatsächlich viele BürgerInnen für eine friedliche „Tour de Flur“ am Samstag und ein „Treffen“ zur kommenden Gemeinderatssitzung motivieren kann?

Rückschau.

Hier lohnt eine Rückschau.

In der Auseinandersetzung in Sachen „Pfenning“ gibt es auf der politischen Ebene, also dem Gemeinderat zwei Fraktionen: Die Befürworter mit 12 Stimmen und die Gegner der Ansiedlung mit 9 Stimmen.

Die Mehrheit ist eindeutig und in der vergangenen Gemeinderatssitzung wurde der Bebauungsplan als Satzung mit ebendieser Mehrheit 12:9 beschlossen.

Das entspricht einem prozentualen Mehrheitsverhältnis von 57,1 Prozent zu 42,9 Prozent. Nimmt man die Stimme des Bürgermeisters heraus und betrachtet nur die Mehrheitsverhältnisse der Gemeinderäte, bleibt noch eine Mehrheit von 55 zu 45 Prozent.

Berechnungen.

Diese Mehrheit entspricht nicht dem Ergebnis der Bürgerbefragung, die mit 50,35 Prozent zu 49,65 Prozent ausgegangen ist. Nur 0,7 Prozentpunkte Unterschied liegen zwischen den Befürwortern und den Gegnern. Konkret stimmten 2.910 Bürgerinnen für und 2.870 Bürgerinnen gegen die Ansiedlung von „Pfenning“. Die „absolute Mehrheit“ entsprach also 40 Stimmen. 59 Stimmen wurden nicht gezählt, weil sie ungültig waren.

Übertrüge man dieses „Mehrheitsverhältnis“ auf den Gemeinderat, hätte es dort eine Patt-Situation gegeben, weil 0,7 Prozentpunkte nicht darstellbar sind.

Ein Patt, also gleich viele Stimmen für und gegen ein Projekt bedeutet automatisch die Ablehnung.

Nähme man nun also an, die Stimmen der Gemeinderäte wären zehn zu zehn ausgegangen und die hauchdünne Mehrheit wäre die Stimme des Bürgermeisters, hätte dieser auch mit 11:10 trotzdem die entscheidende Mehrheit hergestellt.

Falls Sie meinen, das dies haarspalterische Rechenbeispiele sind, dann verkennen Sie die politische Dimension der Deutung. Bei der Mehrheit der 12 Stimmen scheint eine klare Mehrheit zu herrschen. Dem ist aber nicht so.

In der Tradition der gemeinderatlichen Entscheidungen ist jeder Bürgermeister immer sehr bemüht, klare Mehrheiten für sich zu gewinnen. Eine Mehrheit von fünf oder sieben Prozentpunkten ist eine Mehrheit, aber eben keine klare.

Was klare Mehrheiten sind, zeigen andere Verfahren, bei denen zwei Drittel der Stimmen eine solche klare Mehrheit darstellen.

In der Wirtschaft sind beim Aktienrecht klare Mehrheiten 75 Prozent plus eine Stimme, das heißt, die „Minderheit“ hat nur 24,9 Prozent. Häufig werden sogar Mehrheiten von 80 Prozent plus eine Stimme angestrebt, um keine Zweifel aufkommen zu lassen.

Davon ist die Mehrheit im Heddesheimer Gemeinderat weit entfernt. Um es nochmals zu verdeutlichen. Hätte sich nur ein Gemeinderat „gegen Pfenning“ umentschieden, wäre es 11:10 ausgegangen. Dünner könnte keine Mehrheit sein. Größer kann aber auch kein Druck auf einzelne sein, dieser „eine“ zu sein.

Formale vs. politische Diskussion.

In der formalen Diskussion um die Frage, welche Mehrheiten aktzeptabel sind und nicht, ist die Frage schnell und eindeutig beantwortet: 12:9 oder auch 11:10 sind eine Mehrheit, die ausreicht, um in der Sache einen Beschluss für oder wider zu fassen.

Im politischen Alltag hingegen sind beide Mehrheiten höchst problematisch, da beide beim besten Willen keine „Konsens“-Entscheidung auch nur vermuten lassen. (Lesen Sie unser Interview mit Hans-Georg Wehling zur Sache – einem der anerkanntesten Experten in Sachen Kommunalpolitik.)

Eine politisch „akzeptable“ Mehrheit von zwei Dritteln würde im Falle des Heddesheimer Gemeinderats bei 23 Stimmen mindestens 16 Ja-Stimmen voraussetzen. Da zwei Gemeinderäte „befangen sind“, also nur 21 stimmberechtigte Gemeinderäte übrig bleiben, genau 14 Ja-Stimmen.

Zurück zur „politischen Bewertung“ der 40 Stimmen, die als „Mehrheit“ für die Ansiedlung von „Pfenning“ definiert wurden.

Einen Unterschied von 0,7 Prozentpunkten kann niemand „allen Ernstes“ als „Mehrheit“ begreifen.

Die Bürgerbefragung ist als Patt ausgegangen – also von der Bürgerschaft so entschieden worden, dass sich Ja- und Nein-Stimmen aufheben.

Übertragen auf den Gemeinderat, hätte man erwarten dürfen, dass die Gemeinderäte (von denen jeder einzelne souverän ist und von denen jeder einzelne sich zum Wohl der Gemeinde verpflichtet hat) dies zur Kenntnis genommen hat und einen entsprechenden Beschluss herbei geführt haben müsste – nämlich den der Bürgerbefragung. Ein Patt und damit eine klare Ablehnung.

Konsens?

Und zurück zum Konsens. Nach Aussagen des Bürgermeisters Michael Kessler und der Befürwortersprecher Dr. Josef Doll (CDU), Jürgen Merx (SPD) und Frank Hasselbring (FDP) handelt es sich bei dieser Ansiedlung um eine „Jahrhundertentscheidung“. Und das ist sie tatsächlich.

Das Schicksal der Gemeinde Heddesheim ist mit Inkrafttreten des Satzungsbeschlusses und dem Beginn der Bautätigkeiten über Generationen hinweg an das Schicksal des Vorhabens „Pfenning“ gebunden.

Die Satzung ist noch nicht in Kraft getreten – dazu muss sie erst veröffentlicht werden. Einen Tag nach der Veröffentlichung ist die Satzung gemäß Ortsrecht in Kraft. Vermutlich wird die Veröffentlichung am morgigen Donnerstag im Gemeindeblatt erfolgen, in Kraft tritt sie demnach am Freitag, den 24. September 2010.

„Stuttgart 21“ ist im Vergleich zu „Pfenning“ klein, denn „Stuttgart 21“ wird weder für das Schicksal der Stadt Stuttgart, noch für das des Landes Baden-Württemberg und schon gar nicht für Deutschland verantwortlich sein. „Stuttgart 21“ hat aber ein enormes Potenzial, die politischen Kräfteverhältnisse in der kommenden Landtagswahl deutlich zu beeinflussen.

Auf die Kommunalwahl hat das Projekt schon gewirkt – die Grünen stellen in Stuttgart die stärkste Fraktion. Und auch bundespolitisch kann dieses Projekt Einfluss nehmen.

Kommunalwahl 2014.

„Pfenning“ wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kommunalwahl 2014 bestimmen. Sollten die versprochenen Segnungen nicht eintreffen, wird die Fraktion Bündnis90/Die Grünen vermutlich hinzugewinnen und hat beste Chancen, die stärkste Fraktion zu werden.

Was noch keinen „Machtwechsel“ bedeutet, denn zurzeit stellt die Fraktion ein knappes Viertel des Gemeinderats. Die Grünen könnten aber stärkste Fraktion werden und die CDU ablösen.

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Wieviele BürgerInnen werden kommen?

Denkbar ist auch, dass sich eine weitere kommunalpolitische Gruppe aufstellt, ob die nun Freie Wähler oder anders heißt, sei dahingestellt.

Sollten die versprochenen Segnungen eintreffen, würde das die Positionen der „Befürworter-Fraktion“ stärken. Davon ist allerdings nicht auszugehen, weil der „Segen“ erst Jahre nach Betriebsaufnahme Auswirkungen auf die Gemeinde haben könnte – vorher wird „abgeschrieben“.

Diese „parteipolitischen“ Planspiele sind nur für die interessant, die Kommunalpolitik betreiben und sich für „Kräfteverhältnisse“ interessieren.

Die IG neinzupfenning hat ein anderes „Kräfteverhältnis“ im Blick: „Stuttgart 21“. Eine Protestbewegung, die „unorganisiert“ aus vielen Quellen schöpft. Eine der Hauptquellen ist der zivile Widerstand gegen eine klüngelnde Parteipolitik und Wirtschaftslobbyismus. Gegen „Zentralisierung“ und „Gigantismus“.

Insofern ist der Vergleich „Stuttgart-Heddesheim“ nicht von der Hand zu weisen. Während in Stuttgart aber „große Kräfte“ wirken, muss man sich fragen, wie kraftvoll eine „Heddesheimer Bewegung“ einzustufen ist?

Während in Stuttgart viele Kräfte überregional auf das Projekt wirken, muss man fragen, ob es in Heddesheim allein zur „nachbarschaftlichen“ Solidarität reicht?

Öffentlichkeit.

Die Mitglieder der „IG neinzupfenning“ haben zweifellos einen wichtigen Beitrag im Prozess der geplanten Ansiedlung des Logistik-Riesen „Pfenning“ geleistet, aber niemals die Region, die Nachbarn eingebunden. Ein Fehler? Vermutlich.

Die IG hat Öffentlichkeit gesucht und hergestellt. Im Hintergrund wurden viele Informationen gesammelt und so gut es ging, aufbereitet. Sicherlich sind hier auch „persönliche“ Interessen der Gewerbetreibenden vor Ort wichtig gewesen.

Dies ist bis heute der „Hauptvorwurf“ der „Pfenning-Befürworter“ gegenüber den Initiatoren der IG, die aus einer Arbeitsgruppe des Bundes der Selbstständigen (BdS) hervorgegangen ist.

Innerhalb des BdS kam es zu einer Spaltung. Die Vorsitzende Nicole Kemmet verhehlt zwar bis heute ihre eindeutige Befürworter-Haltung und tut so, als vertrete sie alle im BdS organisierten Geschäftsleute. Offensichtlich tut sie das nicht und verfolgt vermutlich „eigene“ Interessen für ihren eigenen Betrieb, was legitim ist.

Was die IG nicht geschafft hat, ist, aus einer Masse von Gegnern, immerhin die Hälfte der abstimmenden BürgerInnen bei der Bürgerbefragung, eine organisierte Bewegung zu bilden, die sich „hörbar und sichtbar“ gegen das Projekt „Pfenning“ stellt. Also ein „Heddesheim 21“.

„Gemeinschaft der Interessen“?

Denn dafür hätte diese „Interessengemeinschaft“ eine tatsächliche „Gemeinschaft der Interessen“ sein müssen. Ein Sammelbecken für die Interessen der Bürger. Meiner Meinung nach wurde in dieser Hinsicht viel zu wenig gearbeitet und erreicht. Die IG hat den Impuls (was gut ist), aber bis heute nicht die Nachhaltigkeit gesucht (was schlecht ist).

Politik und Gegenpolitik wie bei „Stuttgart 21“ lebt von Ideen, vom Einsatz, vom Willen zur Entscheidung und vor allem von den Menschen, die sich für die eine oder andere Politik einsetzen.

Im Fall von „Stuttgart 21“ erlebt das Land Baden-Württemberg und auch ein wenig die gesamte Bundesrepublik einen Bürgerzorn, der so nicht erwartet wurde. „Stuttgart 21“ ist eine Metapher für Politikverdrossenheit, Frust, Zorn, Aufstand gegen „Verflechtungen“, die kaum noch jemand versteht.

Die „IG neinzupfenning“ lehnt sich zu recht daran an. Auch in Heddesheim gibt es viel Frust, Zorn und den Willen zum Aufstand gegen „Verflechtungen“, die sich aus Sicht der Gegner des „Pfenning“-Projekts in der Person des Bürgermeisters Michael Kessler und seiner „gezimmerten Mehrheit“ (MM) manifestieren.

Die IG hat versäumt, sich als „Organisation“ kontinuierlich zu etablieren und dem „System Kessler“ ein klar anderes System entgegenzusetzen.

Die Politikverdrossenheit der Bürger ist aber scheinheilig, wenn diese sich immer nur darauf verlassen, dass jemand anderes für sie „Systeme“ etabliert. Wo das hinführt, erkennt man an der „Linken“, die keine echte Partei sind, sondern nur ein „Frustsammelbecken“, das nicht mit Substanz überzeugen kann. Oder an „extremistischen“ Gruppierungen, die „Proteste“ einsammeln und dann nicht weiter wissen.

Politische und juristische „Konsequenzen“.

Heddesheimer BürgerInnen, die sich am Samstag und dann vor der Gemeinderatssitzung „treffen“ wollen, muss klar sein, dass diese Treffen im Verfahren „formal“ nichts mehr bewirken werden.

„Wirkungen“ werden nur noch juristische Auseinandersetzungen haben, die von Gewerbetreibenden angekündigt sind. Nach meinem Kenntnisstand werden sie juristisch sehr fachkundig vertreten.

Unabhängig davon versucht die IG, die Heddesheimer Bevölkerung zu Aktionen zu motivieren.

Das finde ich gut. Noch besser fände ich, wenn BürgerInnen Ansprüche an die IG stellten, Forderungen und Ziele definierten und sich aktiv für diese Gemeinde einsetzten.

Die IG bietet einen Termin an. Die Frage ist, ob sich genug Bürgerinnen finden, die für sich, für ihre Verantwortung, für ihre Gemeinde daran teilhaben werden und aus ihrem Engagement etwas machen wollen.

Ich bin gespannt, wie viele BürgerInnen am Samstag ein Zeichen setzen werden.

Niemand muss für seine persönliche Meinung Mitglied einer „IG“ oder einer Partei sein und werden. Artikel 5 Grundgesetz erlaubt uns allen, eine eigene Meinung zu haben und dafür einzutreten.

Wer sich konkret für Heddesheim interessiert und sich über „Pfenning“ hinaus mit der Zukunft der Gemeinde beschäftigen will, dem empfehle ich unser Interview mit Professor Hans-Georg Wehling, einem der renommiertesten Professoren in Sachen Kommunalpolitik.

Dieses Interview haben wir vor fast einem Jahr, am 06. Oktober 2009, veröffenlicht.

Anmerkung der Redaktion:
Hardy Prothmann ist freier Journalist, verantwortlich für das heddesheimblog und ist fraktions- und parteifreier Gemeinderat in Heddesheim.

Zweites „Dialog“-Gespräch: Erregte Diskussion II


Guten Tag!

Heddesheim, 30. Juli 2009. Unter TOP3 widmete sich der „Dialog“ zur geplanten Pfenning-Ansiedlung dem Thema „Zukunftsperspektiven Heddesheims“ zu. Dabei wurde deutlich, dass ein Dialog dringend notwendig ist, aber auch, dass er trotz der dafür eingeschalteten PR-Firma IFOK nicht stattfindet. Wieder wurde heftig diskutiert – bis an die Grenzen des Zumutbaren.

Als erster „Dialog“-Teilnehmer meldete sich zum Thema der Bürger Heinz Franke zu Wort. Heddesheim sei für ihn eine Wohngemeinde am Rande der Industriestadt Mannheim. Heddesheim biete ein hervorragendes Umfeld durch seine Einrichtungen wie beispielsweise den Sportanlagen. „Ich befürchte, dass eine derart große Ansiedlung wie Pfenning diese Attraktivität zunichte macht.“

Weiter sagte Herr Franke: „Damit ich richtig verstanden werde, ich bin eindeutig nicht gegen das Unternehmen Pfenning an sich. Ich denke nur, dass das Projekt zu groß ist für unsere Gemeinde und das Fass der Verkehrsbelastung zum Überlaufen bringt. Die Errichtung einer Monowirtschaft würde den Standard Heddesheims auf Jahrzehnte festlegen, jede Entwicklung wäre erledigt.“

„Die Frage muss lauten, was ist für die Bürger gut?“

An die Politik richtete er den Appell: „Als Bürger habe ich den Eindruck, dass beim Pfenning-Projekt nur darüber nachgedacht und verhandelt wird, was für Pfenning gut ist. Das ist falsch. Die Frage muss lauten: Was ist für die Bürger gut?“

Als nächster sprach Josef Doll: „Wir brauchen für die Zukunft Heddesheims neue Arbeitsplätze, um unsere Einrichtungen finanzieren zu können.“

Andreas Schuster sagte: „Ich verstehe Herrn Franke: Niemand hat etwas gegen Pfenning, die schiere Größe des Projekts macht aber Angst, dass hier etwas entsteht, was nicht mehr umkehrbar ist.“

Frank Hasselbring sagte: „Natürlich stellen wir unsere Erwartungen an die Firma Pfenning und erwarten Antworten von der Firma.“

Herr Franke sagte: „Herr Doll, ich merke, dass Sie sich im Recht fühlen. Das Problem ist, dass es keine öffentliche und kontroverse Diskussion im Vorfeld der Entscheidung des Gemeinderats gegeben hat. Deswegen haben Sie jetzt das Problem, weil Sie die Bürger nicht mitgenommen haben. Deshalb ist es auch richtig, dass sich die Kirchen um den Seelenfrieden im Ort sorgen. Für mich geht es gerade weniger um Pfenning, als um den Frieden in der Gemeinde.“

Es gab keine breite politisch-gesellschaftliche Diskussion
über das Projekt – das war ein Fehler.

Klaus Schuhmann sagte: „Das muss ich selbstkritisch bestätigen. Wir hätten damals eine politische Diskussion über das Projekt suchen sollen. Das waren wir alle nicht getan. Das tun wir aber jetzt und zwar mit der Frage, ob wir in einigen Jahren noch zu einer wie auch immer getroffenen Entscheidung stehen können.“

Uwe Nitzinger sagte: „Unsere Ansiedlung wird keinen zusätzlichen Verkehr in die Kerngemeinde bringen. Wir werden das mit der Gemeinde sicherstellen. Was uns betroffen macht, es wird immer so dargestellt, als würden wir nur Unfrieden stiften.“

Herr Nitzinger verwies auf das Beispiel Worms, wo das Logistik-Unternehmen Fiege, dass viel größer sei als Pfenning, ebenfalls nicht Besitzer des Geländes und der Hallen sei: „Diese Konstellation ist durchaus üblich.“

Weiter sagte Herr Nitzinger: „Sie müssen die Dimension verstehen. Es handelt sich hier um eine Organverpflanzung. Wir geben unsere alten Standort auf und fassen unsere Betriebsteile in der Region in Heddesheim zusammen. Wir gehen mit allem, was wir haben von Viernheim weg. Wir wandern sozusagen aus.“

Herr Nitzinger stellte dabei fest, dass auch ein Tochterunternehmen aus dem IT-Bereich mit umziehen werde – als Beispiel, dass auch die geplante Pfenning-Ansiedlung anderen Gewerben nützlich sein wird.

„Wir sind eine Integrationswerkstatt.“

Dann sagte Herr Nitzinger: „Mich regt auch die Diskussion über „gering qualifizierte Arbeitsplätze“ auf. Wir geben Menschen Arbeit, aus allen Nationen. Wir sind sozusagen eine Integrationswerkstatt.“

Und weiter: „Wir sind zu Zugeständnissen bereit. Wir wollten ein Industriegebiet. Das haben wir nicht bekommen, sondern nur ein Gewerbegebiet, das als Sondergebiet ausgewiesen wurde. Und wir schaffen dort Arbeitsplätze und die schaffen Wohlstand.“

Dann setzt Josef Doll in einem langen Beitrag nochmals die demographische Entwicklung Deutschlands in Beziehung zu Heddesheim. Dann erinnert er daran, dass die Gemeinde mit dem Verkauf von Grundstücken viel Geld erwirtschaftet habe und die geplante Pfenning-Ansiedlung wieder Geld bringen würde, was dringend gebraucht wird.

Herr Franke erinnert an die Erfahrungen mit Großprojekten in Heddesheim: „Größe ist immer faszinierend, aber schauen Sie sich an, ob wir mit unseren Großbauten heute zufrieden sind – das sind wir nicht. Auch bei der Edeka wird das so sein. Das hat man anders angefangen, als es heute ist. Heute ist die Edeka ebenfalls ein Logistik-Zentrum.“

„Wir wollen eine Gewerbeentwicklung.“

Bürgermeister Michael Kessler sagte: „Mich wundert, dass Herr Franke von sich glaubt, in die Zukunft schauen zu können. Aus unserer Sicht ist die Weiterentwicklung des Gewerbegebiets richtig und ich kann Herrn Nitzinger nur unterstützen. Und die Edeka hat für Heddesheim eine große Bedeutung: sie hat Gewerbesteuer und Arbeitsplätze gebracht. Bedauerlich ist, dass sie den Unternehmenssitz verlagert hat, das ist halt so.“

Weiter sagte er: „Heddesheim hat sich stark entwickelt. Natürlich gibt es viele Fragen zum Pfenning-Projekt, die wir auch erörtert haben. Generell gilt die Aussage: Wir wollen eine Gewerbeentwicklung.“

Hardy Prothmann sagte: „Ich möchte mich zu Herrn Dolls Ausführungen äußern: Wenn das so war, dass durch Flächenverkauf Geld erwirtschaftet wurde, dann ist doch die Erkenntnis, dass jetzt kaum noch etwas zu verkaufen ist, aber eine nachhaltige, zukunftsorientierte Entwicklung der Gewerbe unterblieben ist. Diese Versäumnisse mit einem Schlag durch Pfenning lösen zu wollen, ist mehr als fraglich. Darüber hinaus wird der Frieden in der Gemeinde durch die permanente Angstkampagne gewisser Leute beschädigt, die uns einreden wollen, ohne Pfenning müssten wir vieles zusperren, nach dem Motto: Können wir unsere Kindergärten halten? Das ist unredlich.“

„Wir wollen nicht länger das Dorf in der Umgebung sein.“

Jürgen Merx sagte: „Unser Ziel ist der Wohlstand. Und wir schließen natürlich keine Kindergärten. Und natürlich kann die Größe des Projekts schon erschrecken. Wir Gemeinderäte müssen uns aber der Entscheidung stellen. Wissen Sie, außerhalb wird Heddesheim immer noch als Dorf betrachtet. Ich sage aber: Stillstand ist Rückschritt. Wir wollen nicht länger das Dorf in der Umgebung sein.“

Herr Doll rechnet vor, dass die eigene Entwicklung des Geländes für Heddesheim zu teuer wäre: „Der durchschnittliche Preis für den Quadratmeter Gewerbegrundstück liegt bei 120 Euro. Das können wir als Gemeinde gar nicht stemmen. Wir brauchen aber einen Schub für das Gewerbegebiet und den wird Pfenning bringen.“

„Viele Heddesheimer sind misstrauisch.“

Andreas Schuster sagte: „Die können mir viel erzählen, sagen die Menschen mittlerweile. Viele Heddesheimer Bürger sind misstrauisch, weil viele Behauptungen nicht mit konkreten Aussagen unterfüttert sind. Das sollten wir ändern.“

Herr Nitzinger sagte: „Unser Projekt bietet die Möglichkeit einer positiven Abstrahlung. Wir bringen frisches Blut nach Heddesheim. Unsere Mitarbeiter werden einen wesentlichen Teil ihres Lebens hier verbringen. Sie kaufen in Heddesheim ein oder gehen auch hier in die VHS. Die gesamte Gemeinde wird profitieren.“

Herr Prothmann sagte: „Ich möchte darauf hinweisen, dass die Gemeinde sich im Vorgriff auf die tatsächliche Entwicklung schon als Logistik-Standort präsentiert. Tatsächlich bin ich der Überzeugung, dass diese Kennzeichnung für Heddesheim von Schaden sein wird. Wenn die Menschen beim Namen Heddesheim an Logistikstandort denken, werden die Immobilienpreise hier fallen und der von vielen zu Recht gewünschte Zuzug von gut ausgebildeten Neubürgern aus dem Mittelstand ausbleiben. Keiner zieht freiwillig an einen Logistikstandort. Insofern stelle ich zur Diskussion, ob eine Pfenning-Ansiedlung nicht einen Image-Schaden für die Gemeinde nach sich zieht.“

Und weiter: „Zudem hat die Logistik nicht den allerbesten Ruf und im Speziellen ist die Firma Pfenning in der Vergangenheit negativ aufgefallen mit Schlagzeilen wie „Betriebsratschef zusammengeschlagen“ und „Politik appelliert an Unternehmen“.“

Herr Prothmann wird heftig von Herrn Nitzinger wiederholt bei seinen Ausführungen unterbrochen. Es wird heftig und laut diskutiert. Herr Nitzinger überzieht Herrn Prothmann mit einer Beleidigung, die er nicht öffentlich zitiert haben will.

Moderator Andreas Ingerfeld: „Ich bitte die Teilnehmer, die Emotionen zurück zu nehmen und von weiteren, persönlichen Angriffen abzusehen.“

Heiner Gladbach sagte: „Ich finde die Vorwürfe gegen Pfenning schon bedeutend und würde gerne wissen, ob man das mit Fakten belegen kann.“

Herr Nitzinger betont, dass alle Anschuldigungen und Behauptungen falsch seien und Pfenning alle Prozesse damals gewonnen hätte.

„Es gibt nichts zu bedauern.“

Herr Franke sagte: „Ich finde es bedauerlich, dass Sie mit ihrer Vermarktung des Geländes alle hier Anwesenden in Verlegenheit gebracht haben. Die Leute denken doch: Worüber reden die eigentlich, wenn Pfenning das Gebiet schon verkauft?“

Herr Nitzinger sagte: „Wir haben lange Vorlaufzeiten in unserem Geschäft, deswegen müssen wir so handeln.“

Dieser Punkt wird diskutiert. Es wird Verständnis geäußert, dass das Unternehmen den Vorlauf braucht, aber festgehalten, dass auch hier die Kommunikation versagt hat.

Herr Franke sagte: „Für mich ist das eine Frage des Stils und des Anstands. Sie sollten das wenigstens bedauern, oder?“

Herr Nitzinger: „Wir haben nichts zu bedauern.“

Pélagie Mepin sagte: „Sie müssen das so sehen, wir investieren viel Geld in die Kampagne. Sollte das Projekt nicht kommen, haben wir viel Geld verloren.“

Herr Franke: „Ich gebe meine Frage an den Bürgermeister weiter.“

Bürgermeister Kessler: „Ich kann die Haltung von Pfenning nur unterstützen. Natürlich müssen die sich um ihr Geschäft kümmern.“

Herr Schuster sagte: „Ich sehe hier einen Konflikt zwischen einer PR-Katastrophe und einem Unternehmen, dass sich nach außen mit einer gewissen Potenz darstellen muss, um als attraktiver Geschäftspartner wahr genommen zu werden.“

Frau Kemmet sagte: „Ich fände es wichtig, wenn wir im Dialog einen Katalog für die verwendeten Begriffe aufstellen würden, beispielsweise ist „Nachhaltigkeit“ ein Wort, das viel sagt, weil es viele Definitionen dazu gibt. Ich denke, dass überfordert viele Bürger.“

Kurz nach 21:30 Uhr war die „Dialog“-Zeit zu Ende.

Einen schönen Tag wünscht
Das heddesheimblog

IG neinzupfenning erneuert Gesprächsangebot

Die IG neinzupfenning ist eine Interessengemeinschaft von Heddesheimer Bürgern und Gewerbetreibenden, die sich gegen eine Ansiedlung der Unternehmensgruppe Pfenning in Heddesheim aussprechen.
Die Redaktion des
heddesheimblog dokumentiert deren Brief an den Bürgermeister.
Für den Inhalt ist die IG neinzupfenning verantwortlich, nicht die Redaktion des heddesheimblogs
.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kessler,

Sie werfen der IG „neinzupfenning“ ständig Gesprächsverhinderung, Verweigerung, Nein-Sager-Tum usw. vor. Dagegen verwehren wir uns deutlich. Alle bisherigen Versuche, auch über Ihre Verwaltung, mit Ihnen zum Thema Pfenning in Kontakt zu treten, verliefen bisher erfolglos.

Nur die Mitglieder von Bündnis90/Die Grünen, sowie Herr Bowien von der SPD und Herr Prothmann haben nach der Wahl Gespräche mit uns geführt.

Die Fraktionsführungen haben, trotz vieler Möglichkeiten, ebenfalls keinen Versuch unternommen, mit uns in einen Dialog einzutreten.

Lediglich Anwürfe, die IG würde mit falschen Fakten operieren, waren zu vernehmen. Aber nichts Konkretes. Die CDU hat sich hier besonders mit falschen Argumenten hervorgetan, verbreitet von Herrn Dr. Doll.

Unrichtiges und Verfälschtes wird durch ständiges Betonen nicht besser, es bleibt nun mal falsch. Die dazu richtig stellenden Fakten (z.B. Arbeitslosenzahlen) konnten im Mannheimer Morgen nachgelesen werden.

Das Wahlergebnis hat überdies die Meinung der Bürger deutlich gemacht.

Wir bedauern außerordentlich, dass es zu dieser Entwicklung gekommen ist.

Sie, Herr Bürgermeister Kessler, hatten ja im Mannheimer Morgen bestätigt, nicht mit der IG neinzupfenning sprechen zu wollen.

Weiterhin versuchten Sie in mehreren Schreiben zwar unsere Pflicht zur Beteiligung an Gesprächen aufzeigen, gleichzeitig aber haben Sie auf keine unserer Einladungen, auch nur ansatzweise positiv reagiert.

Wir hatten, mit unserer letzten Aktion, an Sie, die Fraktionen, wie auch die Bürger, eine Einladung in die Gaststätte Luftschiff auszusprechen, deutlich gemacht, dass nicht die IG-Mitglieder „Vortragende“ sein wollten.

Wir wollten von Ihnen Informationen erhalten, zu Fragen, die wir seit Monaten stellen.
Damit hatten wir eine öffentliche Plattform gewählt, die neutral und einer Einladung zu einer Vereinsveranstaltung, der Sie häufig folgen, gleichzusetzen war. Dort werden Sie auch eingeladen und laden nicht selbst ein. Es folgte Ihre konsequente Absage.

Wir haben deutlich gemacht, dass wir es nicht einsehen, mit einer Firma IFOK, die über einen ausgesprochen differenzierten Ruf verfügt, mit Steuergeldern bezahlt wird und somit in einem Abhängigkeitsverhältnis zur Gemeindeverwaltung steht, Gespräche zu führen. Dazu noch Einzelgespräche ohne jegliche Öffentlichkeitsbeteiligung.

Normale Umgangsformen mit einer Gruppe, die sich deutlich im Gemeindegeschehen positioniert hat, sehen anders aus. Es kann unter demokratischer Betrachtungsweise nicht zu einer Gesprächsverweigerung zwischen dem gewählten Bürgermeister und einer anerkannten Interessengemeinschaft kommen. Eine solche Vorgehensweise hat mit Demokratieverständnis nichts gemein.

Stellt sich die Frage woher Sie, Herr Bürgermeister Kessler, so auf die Schnelle eigentlich die IFOK hergezaubert haben?

Welche Mitbewerber von IFOK wurden zur Leistungserbringung angefragt?

Welche Kosten entstehen der Gemeinde Heddesheim durch diese Aktivität?

Es stellt sich zusätzlich die Frage, weshalb Sie die Behauptung aufgestellt haben, der Vorschlag IFOK wäre aus dem Gemeinderat gekommen? Sie wissen, dass Sie selbst den Vorschlag unterbreitet haben.

Wir verfügen über gewichtige Unterlagen zur Vorgehens- und Arbeitsweise der Firma IFOK und werden diese in Kürze vorstellen.

Damit werden die Bürger in Kenntnis gesetzt, mit welchem Unternehmen Sie, Herr Bürgermeister, und der (teilbeschließende) Gemeinderat sich umgibt.

Wie richtig unsere Entscheidung, nicht mit IFOK zu sprechen, war, hat sich zwischenzeitlich gezeigt. Der „angeblich ergebnisoffene Dialog“, hat durch diverse Presseerzeugnisse und Aktivitäten Ihres Partners Pfenning wohl schon am Anfang sein Ende gefunden. Ergebnisoffen, setzt ein offenes Ergebnis voraus, Wortspiele ausgeschlossen.

Machen Sie, Herr Bürgermeister Kessler, die im Gemeinderat getroffenen Entscheidungen öffentlich.

Legen Sie die Verträge auf den Tisch.

Beantworten Sie alle Fragen die am 25. Juni 2009 in der Gemeinderatssitzung zur

Thematik Pfenning und Phoenix GBR angesprochen wurden.

Erinnern Sie sich dabei auch an den Amtseid, den die einzelnen Gemeinderäte zum Wohle der Gemeinde geleistet haben.

Bringen Sie niemanden in Gewissenskonflikte zu seinem Amtseid.

Gerne erwarten wir Ihre öffentlichen Antworten.

Gleichzeitig dürfen wir unser Gesprächsangebot an Sie persönlich, auch mit den Fraktionen, erneuern.

Mit freundlichen Grüssen

IG „neinzupfenning“

H. Karnasch, R. Breitwieser, M. Arnold, M. Jörder, H. Weber

Zug um Zug

Kommentar: Hardy Prothmann

Was ist passiert? Alles hörte sich danach an, dass eine neue Phase zwischen den Gegnern und Befürwortern des geplanten Pfenning-Projekts beginnen könnte.

Doch es ist anders gekommen – was noch kommt, wird spannend werden.

Bürgermeister Michael Kessler hat ein Unternehmen beauftragt, dass sich darauf spezialisiert hat, „Öffentlichkeit“ herzustellen. In eigener Sache wirbt dieses Unternehmen damit, für den Kunden eine positive Außendarstellung zu erreichen, mit allem drum und dran. Der Kunde ist in diesem Fall die Gemeinde Heddesheim und ihr Oberhaupt, der Bürgermeister.

Punkte für den Bürgermeister

Die Idee, in einem eingefahrenen Prozess einen neutralen Vermittler einzuschalten, ist eine nahe liegende Idee und somit konnten der noch amtierende Gemeinderat und der Bürgermeister einen Punkt in der öffentlichen Wahrnehmung machen.

Einen zweiten Punkt will der Bürgermeister machen, indem er schnell reagiert und sich trotz Absage weiter gesprächsbereit zeigt und an die Verantwortung der IG neinzupfenning appelliert.

Würde sich die IG diesem Appell verschließen, wäre der Schaden für die Interessengemeinschaft enorm. Böse Zungen gibt es seit Monaten genug in Heddesheim und sie alle würden genussvoll zischen: „Das sind doch nur Querulanten, Nörgler, chronische Nein-Sager, Verhinderer, Täuscher…“

Doch die IG neinzupfenning hat sich strategisch klug verhalten und erstmal abgewartet: Erst kam die Pressekonferenz mit dem angekündigten Dialog, eine Woche später der Brief, der „Gespräche“ ankündigt. Dann geschah wieder eine Woche nichts – und die IG reagiert mit einer Absage.

Verhält sich die IG klug, wird sie den öffentlichen Dialog erzwingen

Und die IG kann die zwei Punkte des Bürgermeisters glatt kassieren. Warum? Weil wiederum, wie schon in der Vergangenheit, zu viel zu undurchsichtig ist:

  • Der Auftrag an die IFOK wurde in nicht-öffentlicher Sitzung des Gemeinderats beschlossen.
  • Der Inhalt des Auftrags ist ebenfalls nicht öffentlich.
  • Das Honorar (das trotz „gutem Angebot der IFOK“ immer noch beträchtlich sein dürfte) bleibt geheim.
  • Es werden 25 Personen von der IFOk angeschrieben… wer das ist, bleibt geheim.
  • Gespräche können „anonym“ geführt werden.
  • Die „Dialoggespräche“ sollen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.

Es wiederholt sich also das, was die Gegner des Projekts von Anbeginn an störte: Hinterzimmerverhandlungen und -gespräche.

Wer gewinnt? Das Hinterzimmer oder die Öffentlichkeit?

Bei der Wahl haben nicht nur offensichtliche Gegner des Projekts ihre Stimme abgegeben. Vor allem die CDU ist regelrecht abgestraft worden und kann froh sein, nicht noch einen Sitz an die Grünen verloren zu haben. Auch die SPD musste büßen, den Unwillen der Bürger über all die Geheimniskrämerei nicht erkannt zu haben.

Würde sich die IG neinzupfenning nun in diese Hinterzimmeratmosphäre hinein ziehen lassen, wäre sie bald Teil des Spiels, das die Bürger nicht wollen.

Wenn die IG standhaft bleibt und das „öffentliche Gespräch“ sucht oder sogar von sich aus anbietet, hat sie wieder alle Trümpfe in der Hand und die heißen: Glaubwürdigkeit und die Forderung auf das Recht nach Mitsprache – Bürgerbeteiligung.

Denn das ist das Kapital, das sich die IG aufgebaut hat: die Sympathie der Bürger und zwar explizit nicht nur der, die direkt von „Pfenning“ betroffen wären, sondern auch die der anderen, die mit ihrer Stimmabgabe solidarisch gegen eine „Klüngelpolitik“ gestimmt haben.

Man darf gespannt sein, ob die IG diesen Weg konsequent weiterverfolgt und ob der Bürgermeister und der Gemeinderat diesem Weg irgendwann bereit sein werden, zu folgen.

Lesen Sie auch diesen Bericht im MM: Kessler schreibt an die IG

„Unsere Aufgabe ist, das konstruktive Gespräch zu ermöglichen“

Das heddesheimblog hat nachgefragt, was Gegner und Befürworter des Pfenning-Projekts von der Moderation der gegensätzlichen Standpunkte zum Thema „Pfenning-Ansiedlung“ erwarten können. Ende Juni soll der Dialog beginnen.

Interview: Hardy Prothmann

Herr Ingerfeld, eine Moderation hat es in Heddesheim in dieser Form noch nicht gegeben. Wie kann man sich das vorstellen, was Sie da so machen?
Andreas Ingerfeld: „Im ersten Schritt geht es darum, die Fakten zu klären. Zum Beispiel: Wie groß und wie hoch soll das Logistikzentrum wirklich werden? Welche Zufahrtswege sind betroffen, mit welchen Verkehrsströmen? Und alle weiteren Fragen, die Teilnehmer, Bürgerinnen und Bürger für wichtig erachten.

Ein Blick auf die bisherigen Meinungsäußerungen zeigt, dass zu vielen Fragen heute unterschiedliche Informationen kursieren. Wir müssen also gemeinsam klären, was wirklich die Fakten sind und über welche Punkte wir genau sprechen. Wo nötig werden wir dabei auch Experten befragen. So nähern wir uns Schritt für Schritt mit den Teilnehmern des Dialogs einer gemeinsamen Informationsbasis.

Jede Meinung soll vertreten sein

Zu diesem Dialog werden die wichtigen Akteure aus der Region – darunter Befürworter und Kritiker – eingeladen. Ganz wichtig dabei: Jede Meinung soll dabei am Tisch vertreten sein, damit wir eine ausgewogene und umfassende Diskussion erreichen.

Im Anschluss wird offen über die dargelegten Daten, Darstellungen und Sichtweisen diskutiert. Es gilt, auch die Sichtweise des Gegenübers zu verstehen. Auf dieser Grundlage können dann Lösungen gesucht werden oder eben auch Punkte festgestellt werden, an denen die Meinungen nicht vereinbar sind.“

Soll den Streit in ein Gespräch umwandeln: Andreas Ingerfeld. Bild: pro

Soll den Streit in ein Gespräch umwandeln: Andreas Ingerfeld. Bild: pro

Wieso sollte durch ihre Moderation mit einem Mal ein Dialog möglich sein, der vorher nicht möglich war?
„Bisher stand der Meinungsaustausch über die Presse im Vordergrund, ein Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren fand nur punktuell statt. Dies ist typisch für einen formalen Genehmigungsprozess, an dessen Ende die einfache Entscheidung „ja“ oder „nein“ steht.

Der Dialog schafft hingegen einen Gestaltungsrahmen, der weit über den formalen Prozess hinaus zusätzliche Möglichkeiten eröffnet und diesen umgekehrt beeinflussen kann.

Unsere Aufgabe beim Dialog ist es, eine offene Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der die Teilnehmer konstruktiv miteinander diskutieren und sich offen über die jeweiligen Meinungen und Standpunkte austauschen können. Dafür werden wir feste Spielregeln verabreden und einhalten. Dies setzt natürlich auch die Gesprächsbereitschaft der Akteure – Kritiker wie Befürworter – voraus.

Für den Dialog braucht es feste Spielregeln

Wie können die Bürger Ihnen vertrauen, dass Sie auch objektiv mit der Sache umgehen? Schließlich bekommen Sie ihr Honorar von der Gemeinde!
Unser Honorar erhalten wir für die Moderation, nicht für das Erreichen eines bestimmten Ergebnisses. Als Moderator sind wir der Neutralität verpflichtet. Kritiker und Befürworter des geplanten Logistikzentrums werden sehr genau darauf achten, wie wir uns hier verhalten: Ihre Haltung dem Moderator gegenüber ist dessen beste Referenz.

Als Moderator haben wir eine klare Position: Alle Teilnehmer sind gleichberechtigt und alle haben die gleiche Möglichkeit, ihre Standpunkte zu erläutern und Themen zu setzen. Die Gemeinde tritt dabei als ein gleichberechtigter Akteur von vielen auf.“

Schildern Sie doch bitte, was aus ihrer Sicht, wann die Moderation erfolgreich ist.
„Aus meiner Sicht ist die Moderation dann erfolgreich, wenn konstruktiv und mit Respekt vor der Meinung und der Position des Gegenübers diskutiert wird. Und wenn – wo möglich – nach Lösungen gesucht wird. Wenn Austausch und Lösungsorientierung am Ende wichtiger sind als Positionskämpfe und Polemik.
Dieser Erfolg ist nicht an ein bestimmtes Ergebnis gebunden, sondern an die Idee des Gemeinwohls.“

Was könnte den Erfolg behindern?
„Eine Behinderung entsteht dann, wenn einzelne nicht gesprächsbereit sind oder die Meinung eines Gegenüber nicht als dessen eigene Sichtweise akzeptieren; auch ein Mangel an Offenheit oder Transparenz kann den Dialog gefährden. Da ist dann der Moderator gefragt.“

Wann wird es die ersten Gespräche geben?
„In den kommenden Wochen werden wir die ersten Gespräche mit den Akteuren führen. Die konstituierende Sitzung mit den Dialogteilnehmern ist für Ende Juni geplant. Danach werden die Sitzungen zunächst bis Ende September im 4-Wochen Rhythmus stattfinden.“

Zur Person:
Andreas Ingerfeld ist Mitglied der Geschäftsleitung der IFOK GmbH, Bensheim und von der Gemeinde Heddesheim beauftragt, zwischen Gegnern und Befürwortern des „Pfenning-Projekts“ zu moderieren.

Was unzulässig bedeutet

Guten Tag,

der Antrag der Grünen-Fraktion in der Gemeinderatssitzung vom 20. Mai 2009 wurde durch die Mehrheit des Heddesheimer Gemeinderats abgelehnt.
Die SPD wollte dem Antrag nicht zustimmen, weil er „rechtswidrig“ sei.

Diese „Rechtswidrigkeit„, die in der rechtlichen Stellungnahme des Kommunalrechtamts nur „unzulässig“ heißt, basiert auf der Annahme, dass „Bürgerbegehren gegen beschlossene Bautleitpläne nach §21, Abs. 2, Satz 6 nicht stattfinden“.

Unklar ist bislang in der Rechtsprechung allerdings, ob ein „Aufstellungsbeschluss“ (den hat der Gemeinderat am 18. Februar 2009 beschlossen) bereits ein „Bauleitplan“ ist. Dazu gibt es noch keine Urteile.

Das Kommunalrechtsamt beruft sich dabei auf die vorliegende „Literatur“, das heißt, bereits ergangene Urteile, unter anderem dieses:
VGH Baden-Württemberg Beschluß vom 20.3.2009, 1 S 419/09
Bürgerentscheid über Bauleitplanung
Leitsätze
„Der Ausschlussgrund nach § 21 Abs. 2 Nr. 6 GemO erfasst über den Wortlaut der Regelung hinaus grundsätzlich die Bauleitplanung im Sinne des § 1 BauGB. Ob der Aufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 BauGB als Grundsatzentscheidung bürgerentscheidsfähig ist, bleibt offen.“

Das Urteil des VGH beruft sich bei der Ablehnung ausdrücklich auf die verstrichene Frist, innerhalb derer der Antrag hätte gestellt werden müssen.
Vereine wie Mehr Demokratie e.V., die Basisdemokratie fördern wollen, kritisieren genau diese in ihren Augen zu kurze Fristen. Auch die Grünen im Stuttgarter Landtag wollen eine Initiative auf den Weg bringen, um mehr Basisdemokratie möglich zu machen.

Am 20. April 2009 berichtet die ka-news über das Urteil:
„Stets betont hatte die Stadt auch, dass es sich bei Ablehnung des Bürgerbegehrens nicht um eine politisch motivierte Ermessensentscheidung, sondern um das Ergebnis aus zwingenden gesetzlichen Vorschriften handle. Auch dies werde durch die VGH-Entscheidung untermauert und die immer wieder aufgekommenen Vorwürfe an den Gemeinderat und die Verwaltung seien damit entkräftet.“

Hintergrund ist die Ansiedlung des Edeka-Fleischwerks in Rheinstetten, gegen die sich die Bürgerinitiative „Die Siedler von KA“ richtet. Der Vorgang, wie Bürgermeister und Gemeinderat einerseits und die Gegner des Projekt andererseits sich über das Bauvorhaben auseinandersetzen, hat erstaunliche Parallelen zur geplanten Pfenning-Ansiedlung in Heddesheim.

Wir berichten in den kommenden Tagen weiter zum Thema Bürgerbegehren.

Einen schönen Tag wünscht

Das heddesheimblog

Top 6 abgelehnt

Die Grünen bringen zwei Anträge für Basisdemokratie ein – CDU, FDP und SPD lehnen dies entschieden ab. Die Gemeinderätin Ulrike Lochbühler tritt aus der CDU aus. All das vor „großem“ Publikum: rund 60 Bürger sind anwesend.

von Hardy Prothmann

Soviel Besuch ist ungewohnt bei Gemeinderatssitzungen. Alle warten auf Tagesordnungspunkt 6. Denn die Fraktion Bündnis90/Die Grünen hat zwei Anträge gestellt: 1. Einen Bürgerentscheid durchzuführen, ob die Bauleitplanung zur Pfenning-Ansiedlung durchgeführt werden soll oder nicht. Und 2. Einen Ergänzungsantrag, wenn der Bürgerentscheid „aufgrund der schwierigen Rechtslage“ nicht möglich sein sollte, eine Bürgerbefragung durchzuführen.

Die Anträge

Abgelehnt: Bürgerbeteiligung entwertet Wahl, sagt die CDU

Abgelehnt: Bürgerbeteiligung entwertet Wahl, sagt die CDU

Grünen-Fraktionschef Klaus Schuhmann begründet die Anträge: „Viele Bürger sind mit dem bisherigen Verfahren zur Pfenning-Ansiedlung unzufrieden“, sagt er.
Er bemägelt die 2005 veränderte gesetzliche Regelung zu Bürgerentscheiden und kritisiert, dass Bürgern, die Einspruch gegen Planungen der Gemeinde einlegen wollten, zu wenig Zeit bleibe: „Tatsächlich blieben nur acht Tage, um gegen den Aufstellungsbeschluss Einspruch einzulegen.“ Weiter sagt er: „Ich bin der Meinung, dass wir das Votum bei einer so wichtigen Entscheidung an die Bürger zurückgeben müssen. Wir sind der Überzeugung, dass das Verfahren nicht richtig war.“

Dem Antrag nach, soll die Bürgerbefragung am Tag der Kommunalwahl 2009, dem 7. Juni, stattfinden.

Stellungnahmen

Jetzt nimmt Hans-Joachim Weitz (CDU) Stellung: „Wir können die Befragung nicht isoliert von der Kommunalwahl sehen und wenn das am selben Tag statt findet, wird eine Entscheidung möglicherweise nur in diesem einen Punkt vorweggenommen.“ Diese Aussage wiederholt er in mehreren Variationen.

„Bei ihrem Antrag geht es darum, das durch die Wahl erhaltene Mandat an die Bürger zurückzugeben. Da frage ich Sie: Was wollen wir eigentlich? Wir haben ein Mandat von den Bürgern übertragen bekommen und das üben wir aus.“

„Bürgerentscheid würde die Wahl entwerten“, sagt Herr Weitz (CDU)

Weiter sagt er, dass die Parteien mit ihrer gesamten geleisteten Politik bei dieser Wahl antreten und nicht nur mit diesem einen Punkt (Pfenning-Ansiedlung, d. Red.). Das würde die Wahl „entwerten“. Und sagt dann: „Denen geht es doch nur darum, als sei das der wesentliche Punkt. Das birgt eine Gefahr in sich.“

Diese Gefahr sieht er zudem in „einer Polarisierung der Befürworter und der Gegner„. Dann, so Weitz, habe Heddesheim ein ernsthaftes Problem, das man nicht so leicht wegbekomme.

SPD-Fraktionschef Jürgen Merx macht vor seiner Stellungnahme noch etwas Wahlkampf und sagt: „Wir wollen eine andere Verkehrsleitplanung. Pfenning muss einen Vertrag unterschreiben, der die Durchfahrt durch Heddesheim unter Strafe stellt.“

„Der Antrag ist rechtswidrig“, sagt Herr Merx (SPD)

Dann verweist er auf die Stellungnahme des Kommunalrechtsamt beim Rhein-Neckar-Kreis und sagt: „Das Amt hat unmissverständlich die Rechtswidrigkeit der vorliegenden Anträge bestätigt.“
„Deshalb können wir einem solchen Antrag nicht zustimmen. Der Bürgermeister könnte, wenn wir zustimmten, innerhalb von drei Wochen widersprechen, dann, mal angenommen, wir würden nochmal zustimmen, würde das Amt den Antrag verwerfen. Das verschwendet nur Zeit.“

„Alle vernünftigen Gründe sprechen gegen einen Bürgerentscheid“, sagt Herr Bauer (FDP)

Danach redet Hans Bauer, FDP-Gemeinderat: „Wir sind eine repräsentative Demokratie und die sieht nunmal die Vergabe von Mandaten vor. Das sollten wir nicht aufs Spiel setzen.“ Und weiter: „Für mich stellt sich das klar so dar, dass hier Partikularinteressen vorliegen. Als Repräsentanten dieser Gemeinde wägen wir aber die Chancen auf Vorteile für unsere Gemeinde mit den Nachteilen ab, die wir so regeln werden, dass die Bürger damit zu Recht kommen. Das ist eine Gestaltungsaufgabe. Alle systemischen und vernünftigen Gründe sprechen dafür, diese Entscheidung nicht per Bürgerentscheid zu treffen.“

„Das ist nicht demokratisch“, sagt Herr Kettner (Die Grünen)

Grünen-Gemeinderat Ulrich Kettner sagt: „Die Rechtslage ist offen. Und wir tun nichts Rechtswidriges, wir verstoßen nicht gegen Gesetze, Herr Merx.“ In Richtung FDP sagt er: „Im FDP-Wahlprogramm steht, dass Sie die Basisdemokratie auf Landes-und Bundesebene begrüßen. Die Kommunalebene ist ausgeklammert, obwohl hier 90 Prozent dieser Verfahren laufen. Das ist nicht besonders demokratisch.“

Dafür erhält er Beifall aus dem Publikum.

Bürgermeister Michael Kessler ruft zur Ruhe: „Ich darf Sie bitten, wir sind hier in einer Gemeinderatssitzung, von Applaus und anderem bitte ich abzusehen.“

Jetzt ergreift wieder Herr Weitz das Wort: „Sie tun diesen Punkt isoliert betrachten. Und ich lasse mir von Ihnen nicht meine demokratische Auffassung absprechen. Es gibt Kräfte in dieser Gemeinde, die wollen das, indem sie polarisieren. Ich erinnere daran, wir sind das Kommunalparlament.“

FDP-Gemeinderat Hans Bauer sagt: „Ja-Nein-Betrachtungen widersprechen der repräsentativen Demokratie.“

Jetzt meldet sich Josef Doll CDU-Sprecher zu Wort: „Eine Bürgerbefragung ist rechtlich unverbindlich. Warum wollen Sie das? Mal angenommen, es kommt Nein heraus und der Gemeinderat lehnt dann das Bauleitverfahren ab, dann wäre das ein Bürgerentscheid zweiter Klasse und verbindlich. Deswegen ist die Mehrheit der CDU dagegen.“

4 Ja / 17 Nein

Bürgermeister Michael Kessler stellt den ersten Antrag zur Abstimmung: 4 Stimmen, die Grünen-Gemeinderäte Klaus Schuhmann, Ulrich Kettner, Joachim Schief sowie CDU-Gemeinderätin Ulrike Lochbühler stimmen für den Antrag, alle anderen 17 Gemeinderäte stimmen dagegen. Gemeinderat Volker Schaaff ist befangen und nimmt nicht an der Abstimmung teil.

Jetzt steht der Antrag auf eine Bürgerbefragung zur Debatte.

SPD-Fraktionschef Jürgen Merx sagt: „Wer wird da zugelassen, wer fragt, wie wird das Ergebnis ausgewertet?“ Für ihn ist die „Prozedur“ einer Befragung völlig unklar und nur in Verbindung mit einer Informationsveranstaltung für die Bürger denkbar, wo Gemeinde, Gemeinderat, Gutachter und die Firma Pfenning das Für und Wider vorstellen sollten.
Ohne eine solche Veranstaltung könnten die Bürger gar nicht befragt werden, da sie in „eine Informationskampagne durch die Interessengemeinschaft verwickelt“ seien und deshalb einseitig informiert seien.
„Wir können dem Antrag in dieser Form nicht zustimmen. Ja/Nein kann nicht das Ziel einer Meinungsbildung sein.“

Hans Bauer (FDP) sagt: „Gerade die Reduktion auf die Frage Ja oder Nein ist für uns nicht nachvollziehbar. Wir lehnen den Bescheid ab.“

4 Ja / 16 Nein / 1 Enthaltung

Bürgermeister Kessler leitet zur Abstimmung über: Wieder stimmen die Grünen und Frau Lochbühler für den Antrag, 16 Gemeinderäte lehnen ab, CDU-Gemeinderat Martin Winkler enthält sich der Stimme. Volker Schaaff ist weiterhin befangen.

„Hier wird entschieden“, Bürgermeister Kessler

Bürgermeister Kessler sagt: „Ich hoffe, dass wir nun wieder zur Sachlichkeit zurück kommen können. Es gilt vielfältige Entscheidungen zu treffen. In diesem Gremium sitzen Räte, die teilweise schon seit Jahrzehnten schwierige Entscheidungen treffen und in der Lage sind, Nachteile, die mit einer Maßnahme verbunden sind, so erträglich zu machen, dass am Ende ein gangbarer Weg gefunden wird.“
„Wir haben nicht die Mittel, alle vierzehn Tage Flugblätter zu drucken und diese in Briefkästen zu stecken. Es ist notwendig, die Zahlen besser zu transportieren. Wir sind in einer Phase, in der es darum geht, die Grundlagen zu erarbeiten. Ich bin mir sicher, dass der Gemeinderat genug Standhaftigkeit hat, um am Ende einen Standpunkt zu vertreten, der gewisse Belastungen mit sich bringt. Hier ist das Gremium, wo entschieden wird.“
Und weiter: „Wir werden die Informationen Stück für Stück fleißig prüfen, um die Bürger zu überzeugen, dass wir etwas tun.“

Gewissensfrage

Dann bittet überraschend Ulrike Lochbühler um das Wort. Sie sagt: „Ich finde, dass der Zeitpunkt zur Einbindung der Bürger gekommen ist. Und ich finde, dass der städtebauliche Vertrag veröffentlicht werden sollte. Wenn darin alles in Ordnung ist, steht dem doch nichts entgegen.“
„Ich habe versucht, hier im Rat verantwortlich und gewissenhaft mitzuwirken. Nachdem ich diese Entscheidung nicht mitgetragen habe, hatte ich keine Rückendeckung mehr. Für mich ist die Entscheidung der Pfenning-Ansiedlung die schwerwiegendste Entscheidung in meiner Zeit im Gemeinderat gewesen.“

Applaus und Austritt

Die meisten der rund 60 Gäste applaudieren lautstark. Der Bürgermeister guckt ernst. Der Applaus geht zu Ende.

Danach erklärt Ulrike Lochbühler ihren Austritt aus der CDU.

Josef Doll (CDU) sagt: „Ich muss sagen, ich finde das ja toll, was unsere Kollegin hier versucht. Von uns wurde niemand unterdrückt.“

Hans Bauer (FDP) sagt: „Also, ich finde, dass ist eine Verrohung der Sitten. Einen Parteiaustritt festzustellen, gehört nicht in diese Sitzung, auch wenn Sie an der ein oder anderen Stelle mal beleidigt gewesen sein sollten.“

Klaus Schuhmann (Grüne) sagt: „Ihre Entscheidung hat Courage, Sie haben meinen Respekt.“

Jürgen Merx sagt: „Das ist kein guter Stil, kein guter Abgang.“

Die Sitzung wird geschlossen.

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Artikel zum Thema:
Kommentar: Leerstunde der Demokratie
Satire: +++Verschlusssache+++ III
Meldung: Ulrike Lochbühler ist aus der CDU ausgetreten
Meldung: CDU, FDP und SPD lehnen Bürgerbefragung rundweg ab

Externer link:
Wie der Mannheimer Morgen über die Veranstaltung berichtet, lesen Sie hier.

„Wen soll man wählen?“

Leserbrief: Friedhelm Kaufmann

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurden durch Bürgermeister Kessler und den gesamten Gemeinderat Entscheidungen im Fall Pfenning getroffen, deren negative Auswirkungen weit über die Amtszeit der gewählten Vertreter reichen werden.

Wenn öffentlich gewählte Amtsträger in geheimen Sitzungen Entscheidungen absegnen, welche gegen jeden normalen Menschenverstand sind und alle Grundlagenarbeit vermissen lassen, so glaube ich, dass hier einiges zum Himmel stinkt. Wenn man nichts zu verbergen hat, braucht man keine Sitzungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit abzuhalten.

Alle offenen Fragen zum obigen Projekt sind unzureichend oder überhaupt nicht beantwortet. Die Gutachten sind sehr projektfreundlich vorgetragen worden. Gutachten sind nur für den gut, der sie in Auftrag gegeben hat und haben keinen Anspruch auf Richtigkeit.

Meines Erachtens sollte von gerichtlich anerkannten Wirtschaftsprüfern das zu erwartende Steueraufkommen geprüft werden, wobei auch die derzeitige Wirtschaftslage einfließen muss.

Wegen der so viel angepriesenen Arbeitsplätze kann ich nur sagen, dass man sich Illusionen macht. Es gibt keine Zentralisierung in der Wirtschaft, wo Arbeitsplätze erhalten bleiben, das Gegenteil ist der Fall, es werden Arbeitsplätze abgebaut.
Der Gewerbepark mit Autobahn- und Bahnanschluss ist so wertvoll, dass man bei der Gewerbeansiedlung wählerisch sein kann und kein zweifelhaftes geländefressendes primitives Projekt mit unbeschreiblicher Umweltbelastung ansiedeln muss.

Wenn man heute die Parteikommentare zum Pfenning-Projekt verfolgt, so scheint für alle Parteien ein einziger Verfasser zuständig zu sein. Lediglich das Parteiemblem weicht ab. Die außerparlamentarische Finanzgruppierungen scheinen die Entscheidungen für das Projekt in geheimen Sitzungen so beeinflusst zu haben, dass alle etablierten Parteien die besten Vertreter der obigen Gruppe sind und in nicht-öffentlichen Sitzungen die falschen Entscheidungen getroffen haben.

In Kürze stehen Gemeinderatswahlen an und es stellt sich die Frage, wen man wählen soll. Es wäre denkbar, dass sich die verantwortlichen Herren unter Ausschluss der Öffentlichkeit wählen lassen.

Das falsche Geschwätz geht mir so richtig auf den Keks.

Ich als ehemaliger CDU-Stammwähler bin ein Teil der Öffentlichkeit, die man geschickt ausgebremst hat und sage nein zum Pfenning-Projekt.

Die „sauberste Lösung“

Es gibt Lösungen, es gibt saubere Lösungen und es gibt die saubersten Lösungen. Die „sauberste Lösung“ glauben die Heddesheimer Grünen gesucht und gefunden zu haben.

Kommentar: Hardy Prothmann

Sie haben sich eindeutig positioniert: Ohne Bürgerentscheid, oder zumindest Bürgerbefragung, so haben sie öffentlich und unmissverständlich erklärt, werden sie alle weiteren Zustimmungen in Sachen Pfenning verneinen.

Die Grünen müssen sich angeschissen fühlen

Dass die Grünen nicht nur eine saubere Lösung suchen, sondern gleich die „sauberste“, muss heißen, dass sie sich selbst ziemlich angeschissen fühlen müssen. Nicht von den Bürgern – die haben sich nur über den Gestank beschwert. Sondern von sich selbst.

Das geht auch in Ordnung. Das kann jedem in jedem Alter passieren, das mal was nicht hält.

Vermisst habe ich Ehrlichkeit. Ein: Es tut mir oder zumindest „uns“ leid. Stattdessen mussten sie noch mal sagen, dass es „Chancen gibt“ und dass sie „Bauchschmerzen hatten“ und dass es „gewichtige Gründe“ für ihre Zustimmung zu einem für Grüne eigentlich nicht denkbaren Projekt gab.

Die Sturheit ist noch nicht überwunden

Das ist schwach und zeigt nur eins: Die Sturheit ist noch nicht überwunden. Die Grünen wollen noch nicht einsehen, dass sie einen kapitalen Fehler gemacht haben: Nämlich, ihre Glaubwürdigkeit auf´s Spiel gesetzt zu haben. Ohne Not.

Ob ohne Verstand, sei dahingestellt. Jeder Mensch hat schon kapitale Fehler gemacht, wenn der Mensch aber „Partei“ wird, wird der Weg zur Einsicht schmaler.

Der Wähler Thomas Wurm hat sich nach der Veranstaltung noch mal an den PC gesetzt und ganz aus dem Bauch heraus mit Verstand seinen Kommentar geschrieben.
Er zitiert darin den Altkanzler Adenauer, der nun nicht wirklich zu den Grünen passt, aber es gibt Weisheiten, die haben keine Farbe: „Werfen Sie mir doch nicht vor, dass ich heute klüger bin als gestern.“

Klüger sein heißt, aus Fehlern zu lernen

Das Zitat ist außerordentlich gut gewählt. Denn Adenauer wird auch gerne so zitiert: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“. Doch geschwätzig wollen sie nicht sein, die Heddesheimer Grünen. Sie wollen ernst genommen werden, eben keine Schwätzer sein, schon gar keine Wendehälse. Und auf keinen Fall einen Fehler begangen haben. Deswegen ist das Zitat von Herrn Wurm gut gewählt: Klüger sein, heißt, aus Fehlern zu lernen.

Das hat auch der ältere Herr vermisst, dessen Frage ich berechtigt fand. Bevor er nach Hause ging, haben wir uns noch etwas unterhalten. Sein Gesicht und seine Augen erzählen, dass er viel erlebt, viel gesehen und viel gehört hat: „Das mit der Bürgerbefragung, dass ist doch nur für die Gefühle. Wirklich zählen tut es nicht, solange die anderen die Mehrheit haben“, sagte er.

Das mit den „saubersten Lösungen“, hat ihn nicht überzeugt. Er wünscht sich anständige Lösungen, denn bei denen ist auch das Gefühl gut.

Der Mannheimer Morgen wacht deckt auf…

…so langsam zumindest.
Immerhin gibt es heute, 13. Mai 2009, einen Dreispalter zum Thema: Nicht alle Kandidaten für Pfenning

Solide Recherche. Der MM deckt auf.

Solide Recherche. Der MM deckt auf.

Sowas aber auch: Bislang ging die Zeitung wohl davon aus, dass alle 88 Kandidaten einer Meinung sind.
Doch mal ehrlich: Wo hat es das zum letzten Mal gegeben? Vielleicht beim MM? Sind dort immer alle einer Meinung? Ja gut, manchmal könnte man das schon glauben.

Michael Bowien (SPD) spricht sich im Gespräch mit dem MM gegen das Vorhaben des Viernheimer Logistikunternehmens aus“, schreibt der MM.
Damit ziehe ich meinen pauschalen Vorwurf zurück, der MM wüsste nicht, was Recherche ist.

Der MM hat recherchiert, vielleicht hier beim heddesheimblog: neinzupfenning will Wahlempfehlungen abgeben, 12. Mai 2009, vielleicht auch woanders.
Mal gespannt, ob dazu morgen auch was in der Zeitung steht.

Weiter ist zu lesen, dass Herr Andreas Kellner, Kandidat auf der Liste Bündnis90/Die Grünen, offen gegen das Pfenning-Projekt ist. Und jetzt kommts: „Dass die Fraktion der Grünen im Gemeinderat dem Pfenning-Projekt zugestimmt hat, sehe er nicht als Konflikt“, erklärte er weiter.

Aus Sicht der Zeitung ist das also eine echte Frage, ob jemand, der nicht mit ist, sondern gegen, da nicht in einem Konflikt sein müsse. Und das muss er auch noch erklären, er kann es nicht nur einfach sagen.

Weiter schreibt das Blatt: „…und er (Kellner, d. Red.) hoffe, dass auch die Heddesheimer Bürger dies trotz der zum Teil aufgeheizten Stimmung frei und ohne Angst tun können.“

Wie aufgeheizt die Stimmung ist, können Sie seit Anfang Mai schon hier im heddesheimblog nachlesen:
(Um nach dem Lesen der nachfolgenden links zu diesem Text zurückzukehren, drücken Sie den Zurück-Button ihres Browsers):

Einladung an die Parteien, 5. Mai 2009
Herr Kessler ist in Not, 7. Mai 2009
Kommentar zur Meldung „neinzupfenning im Internet, 8. Mai 2009“
Heddesheimer Verhältnisse, 8. Mai 2009
Es geht ein Riss durch´s Dorf, 11. Mai 2009
Video gegen Pfenning-Ansiedlung „Ein Kessler macht noch keinen Pfenning“, 11. Mai 2009
neinzupfenning will Wahlempfehlungen abgeben, 12. Mai 2009

Hardy Prothmann

P.S.
Eine kleine Sensation ist aber in dem Text versteckt: SPD-Chef  Jürgen Merx „bestätigt dem MM, dass es keine explizite Zusammenkunft der Kandidaten gegeben habe, bei der über das Thema abgestimmt wurde“, schreibt agö.

Was daran die Sensation ist? Es sind derer drei:

Erstens schreibt agö „bestätigt“, ich hätte eigentlich erwartet „gesteht“.
Zweitens: Hätte agö Herrn Bowien genauer befragt, hätte sie erfahren, dass Herr Bowien sich schon sehr darüber gewundert hat, als Bürgermeister Kessler zur SPD gekommen war und hier die Kandidaten auf Linie gebracht werden sollten.
Drittens: Wie lautete wohl die Frage, die Herrn Merx gestellt wurde, etwa: „Gab es eine explizite Zusammenkunft?“ Denn auch eine nicht-explizite Zusammenkunft, bei der Kandidaten auf eine Haltung festgelegt werden, ist schon ein Skandal. Wie man hört einer, der bei allen vier Parteien stattfand.

neinzupfenning will Wahlempfehlungen abgeben

Die Interessengemeinschaft hat sich zum zweiten Mal getroffen, um für ihr Anliegen zu werben und ihre Argumente gegen eine Pfenning-Ansiedlung den Heddesheimer Bürgern vorzustellen.

Von Hardy Prothmann

Die Stimmung ist konzentriert. Ruhig. Ernst.
Immer mehr Menschen betreten den Veranstaltungsraum in der Heddesheimer Gaststätte „Zum Luftschiff“. Irgenwann reichen die Stühle nicht mehr. Neue werden gebracht. Es wird eng, es wird stickig. Fenster werden geöffnet, weitere Stühle geholt. Denn es kommen immer noch mehr Menschen.

Gegen 20.30 Uhr ist der Raum voll. Fast 60 Menschen haben sich irgendwie einen Platz gesucht und hören gespannt der Präsentation zu. Mitglieder der Interessengemeinschaft neinzupfenning präsentieren Zahlen zu den Themen „neue Arbeitsplätze“, „Verkehrsbelastung“, wirtschaftliche, soziale, ökologische Folgen.

Gespannte Gesichter: Heddesheimer informieren sich bei neinzupfenning. Bild:pro

Gespannte Gesichter: Heddesheimer informieren sich bei neinzupfenning. Bild: pro

Immer wieder werden sie unterbrochen, die versammelten Bürger haben Fragen. Aufmerksam hören die Menschen zu, manchmal wird ein wenig diskutiert. Fast zwei Stunden geht das so: Präsentation, Fragen, Antworten, Präsentation.

Mancher erzählt seine Geschichte: vom Verkehr, von Schäden durch Lkws, von Frauen und Kindern, die Angst auf und an den Straßen haben. Von den zunehmenden Spannungen in der Gemeinde. Jeder darf das sagen, was er möchte. Niemand wird abgewürgt. Auf einer Leinwand läuft der Film einer Standvideokamera, die den Heddesheimer Verkehr dokumentiert hat.

Fragen nicht willkommen

Viele der Anwesenden waren auch auf der Bürgerinformation am 21. April. Sie erinnern sich gut. Dort waren ihre Fragen nicht willkommen. Die Antworten unbefriedigend und nichtssagend. Irgendwann wurde die Veranstaltung abgebrochen.

Heute Abend bringt die Wirtin nur noch ab und zu Getränke, sie kommt schlecht durch. Keiner beschwert sich. Heute Abend ist das Thema Pfenning wichtiger als der Durst.

„Der Weg ist falsch“, Hartmut Brunner

Hartmut Brunner, SPD-Mitglied, selbst jahrzehntelang im Gemeinderat und stellvertretender Bürgermeister gewesen, meldet sich öfter zu Wort. Er ist empört und hat kein Verständnis für das, was in und was mit seiner Gemeinde passiert: „Der Weg, der hier beschritten wurde und wird, ist falsch. Deswegen bin ich hier.“ Die Menschen applaudieren.

Keine Antwort

Ein anderer erzählt: „Ich habe einen Gemeinderat nach Pfenning gefragt. Der meinte, Pfenning sei nur einer von ungefähr 30 wichtigen Punkten, mit denen sich der Rat beschäftigt.“ Weiter: „Ich wollte dann wissen, welcher andere Punkt wichtiger als Pfenning ist. Er hat mir keine Antwort geben können.“ Tosender Applaus.

Jetzt haben viele Fragen: Werden wir wirklich neue Einwohner bekommen oder nicht eher viele wegen Pfenning wegziehen? Verliert Heddesheim noch mehr an Attraktivität im Vergleich zu Ladenburg, Feudenheim, Weinheim? Wird uns die Umgehungsstraße wirklich entlasten oder nicht noch mehr Verkehr bringen? Wo soll es einen Lärmschutz geben, bei so wenig Platz zwischen Ringstraße und Bebauung? Warum hat Bürgermeister Kessler bei dem Bau des Gewerbegebiets in Hirschberg gegen zuviel Verkehr gewehrt und bringt jetzt noch mehr Verkehr nach Heddesheim? Im Hintergrund läuft das Video, Auto um Auto, Laster um Laster ziehen vorbei.

Ausverkauf von Lebensqualität

Die Menschen hier suchen Antworten auf für sie existenzielle Fragen. Darunter Heddesheimer Urgesteine, die hier mit vielen Zugezogenen vereint sind. Empört und verständnislos sind sie alle über Bürgermeister Kessler und die „Betonköpfe“ in den Parteien. Deswegen wollen sie „den Rathausturm wackeln lassen“.

Spät am Abend stößt Dr. Kurt Fleckenstein zur Runde. Er kommt von den Grünen. War früher selbst einer, sogar Gründungsmitglied der Heddesheimer Grünen. Heute ist er (noch) in der FDP. Er bringt aus Sicht der anwesenden gute Neuigkeiten mit: „Ich komme gerade von den Grünen und habe den Eindruck, dass sie umschwenken und auf Basisdemokratie setzen wollen“, sagt er.

Er stellt der Versammlung seine städtebaulichen und ökologischen Thesen vor, viel von dem hatte man schon gehört, einige Details erweitern die Vorstellung der Menschen von dem, was da kommen soll.

Immer noch ist es schwül im Raum. Keiner geht „eine rauchen“ oder „aufs stille Örtchen“. Niemand will verpassen, was hier geredet wird. Zu wichtig ist ihnen das Thema.

Präsentation. Fragen. Antworten. Präsentation. Was erwartet Heddesheim?

Präsentation. Fragen. Antworten. Präsentation. Was erwartet Heddesheim? Bild: pro

Jetzt wird darüber gesprochen, was sie tun können. Jeder einzelne und alle zusammen. Mit anderen reden, die Kandidaten ansprechen, den Gemeinderat zu Antworten fordern. Nicht locker lassen.

Alles schun geloffe?

Wen soll man wählen? Wenn alle Fraktionen so beinhart zusammenhalten, macht eine Wahl noch Sinn? Was dann? Ein Wahlboykott?
„Es ist doch alles schun geloffe“, steht auf der Tafel. „Nein“, spiegelt sich in den Augen der Menschen hier. Sie debattieren, wie man Druck auf die Parteien ausüben kann, die hier nicht anwesend sind.

Wahlempfehlung

Unter den Heddesheimer Bürgern hier sind zwei von 88 Gemeinderatskandidaten, zwei SPD-Mitglieder, einer von der FDP, einer von den Grünen, keiner von der CDU. Diese Bürger hier fühlen sich von keiner Partei vertreten. Die Idee, dass die Interessengemeinschaft neinzupfenning alle Kandidaten befragen und dann eine Wahlempfehlung für Pfenning-Gegner abgeben will, finden alle gut. Von wegen, „alles schun geloffe“.

Als der Diplomvolkswirt Michael Bowien sich als Kandidat der SPD-Liste vorstellt und erklärt, dass er sich definitiv gegen eine Pfenning-Ansiedlung aussprechen wird, gehört ihm der Applaus. In den Augen der Menschen hier steht Hoffnung geschrieben.

Sie schütteln die Köpfe, als Michael Bowien erzählt, wie der Bürgermeister beim SPD-Kandidatentreffen Druck gemacht hat und er festgestellt hat, dass auch er sich diesem beugen sollte, was er nicht tun will.

Gegen 23:30 Uhr, drei Stunden später, ist es genug. Viele Informationen, die erst sortiert werden müssen. Die Versammlung löst sich fast leise auf, aber erleichtert.

Verantwortung übernehmen

Man ist nicht alleine, wissen jetzt die Anwesenden. Man geht aufeinander zu, tauscht Adressen aus und macht deutlich, dass man im Gespräch bleibt und Verantwortung übernehmen will.

Und endlich ist Zeit für „eine“, das stille Örtchen oder das Bett zu Hause. Denn morgen ist ein neuer Tag.

Interview mit Pfenning-Geschäftsfüher Uwe Nitzinger (gekürzt. Fass.)

Wir kommen sicher nach Heddesheim

Sie lesen hier die gekürzte Fassung.
Hier geht es zum kompletten Interview (1/3 länger).
In der gekürzten Fassung fehlen ein paar Fragen/Antworten zu wirtschaftlichen Aspekten.

Das Heddesheim-Blog
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Uwe Nitzinger, Geschäftsführer der KMP Holding GmbH, erklärt im Gespräch mit dem Heddesheim-Blog, wann Pfenning nach Heddesheim kommt, was das Unternehmen dort vor hat und welche Folgen die Ansiedlung für Heddesheim haben wird.

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Interview: Hardy Prothmann

Herr Nitzinger, die Pfenning Gruppe will in Heddesheim 100 Millionen Euro in ein Logistik-Zentrum investieren. Können Sie aufschlüsseln, aus welchen Posten diese enorme Summe besteht?
Uwe Nitzinger: Zum jetzigen Zeitpunkt ist das noch zu früh, um ihre Frage detailliert zu beantworten. Unsere Planer haben natürlich zusammengerechnet, was sie an Kosten erwarten. Wie teuer oder günstig was am Ende ist, hängt von der Konjunktur, dem Einkauf der Leistungen und ähnlichem ab. 100 Millionen ist die angenommene Summe. Wenn es uns weniger kostet, sind wir natürlich damit zufrieden.

Bis 2013 soll erst die Hälfte gebaut worden sein. Warum?
Ich weiß nicht, woher Sie diese Zahl haben.

2. Bauabschnitt ab 2016

Aus der Zeitung.
Dann ist da etwas missverstanden worden. Bis 2013 wollen wir mit dem 1. Bauabschnitt fertig sein. Ein 2. Bauabschnitt auf dem Erweiterungsgelände kann frühestens ab 2016 realisiert werden. Dieser Bauabschnitt wird auf jeden Fall nicht so groß ist, wie der erste.

Aber ab 2013 wird der Firmensitz von Viernheim nach Heddesheim verlegt?
Sobald wir dort unser neues Verwaltungsgebäude beziehen können.

Sie vergrößern sich auf einen Schlag ganz enorm. Bauen Sie das Geschäft mit bestehenden Kunden aus oder haben Sie neue Kunden, die ihre Kapazitäten benötigen?
Wir haben ein starkes Bestandsgeschäft und sind intensiv dabei, neue Kunden zu gewinnen. Unser Geschäftsmodell ist die Logistik, wir bieten Kunden Lagerfläche mit entsprechender Organisation, die Verpackung und den Transport von Waren an.

So sieht Pfenning perspektivisch das geplante Logistik-Zentrum, wenn der 1. Bauabschnitt 2013 fertig ist. Bild: Pfenning-Gruppe

 

Diese Waren müssen ja irgendwie zu Ihnen kommen?
Sicher. Mit dem Lkw und zunehmend mit der Bahn. Nehmen Sie beispielsweise internationale Waschmittelhersteller, die gerade Werbung damit machen, dass sie den Transport ihrer Produkte um bis zu zwei Drittel von der Straße auf die Schiene bringen. Deswegen sind wir auch in Heddesheim, wegen des Gleisanschlusses.

„Wir haben zu wenig Platz“, Uwe Nitzinger

Und wegen der Fläche.
Ganz klar. Wir mussten in der Vergangenheit Aufträge absagen, weil wir zu wenig Platz hatten. Und wie oft habe ich gehört: „Ich würde euch den Auftrag geben, ihr seid dafür kompetent, aber ihr habt die Kapazität nicht.“ Kennen Sie einen Kaufmann, der gerne auf Geschäfte verzichtet? Wir verbessern in Heddesheim unsere Produktionsstrukturen und unsere Wettbewerbsfähigkeit.

Werden auf dem Gelände in Heddesheim nur Pfenning tätig sein oder auch andere Unternehmen?
Prinzipiell nur wir. Dass wir die Konkurrenz nicht aufs Gelände lassen, werden Sie verstehen. Vorstellbar ist, dass ein Unternehmen Hallen mietet, aber selbst betreibt, beispielsweise, wenn der Umgang mit den eigenen Produkten nur durch eigene Mitarbeitern erfolgen soll.

Erläutern Sie das bitte.
Es gibt vielfältigste Anforderungen in der Logistik- branche. Wenn beispielsweise ein Pharmahersteller Waren in die USA liefert, ist er automatisch der äußerst strengen Kontrolle der FDA (der Lebensmittelkontrollbehörde Food and Drug Administration, Red.) unterworfen. Es könnte sein, dass diese einen lückenlosen Nachweis verlangt, dass nur das produzierende Unternehmen Kontakt zur Ware hat.

Andere Firmen auf dem Pfenning-Gelände

Sie planen also die Vermietung?
Nein, ich habe Ihnen ein Beispiel gegeben, was vorstellbar ist, wenn wir zum Beispiel mit unserem Geschäft die Hallen temporär nicht ausfüllen können sollten. Oder sollen wir die dann leer stehen lassen?

Gefährliche Güter

In ihrem „Bauchladen“ finden sich auch gefährliche Güter. Beispielsweise ist Waschpulver an sich harmlos, in einer großen Menge aber nicht.

Genau. Wir haben große Waschmittelmengen. Dabei unterliegen wir aber auch einer strengen Kontrolle und erfüllen alle notwendigen Auflagen – sonst würden wir ja unsere Existenz aufs Spiel setzen. Was wir definitiv nicht lagern werden, sind radioaktives Material und Sprengstoffe. Zum Verständnis: Haarspray wird von vielen Menschen benutzt, typischerweise in einer Druckgasverpackung. In großen Mengen ist das ein Gefahrstoff, wir wissen aber, wie wir damit umgehen, sonst bekämen wir die Aufträge nicht.

Auf welchen Zeitraum ist ihr Engagement in Heddesheim ausgelegt?
Das ist eine Generationsentscheidung. Wir investieren eine Menge Geld und werden dementsprechend lang bleiben. Außerdem sind wir ein Familienbetrieb. Der zieht nicht einfach weiter, wie das mit Standorten von Konzernen passiert.

Schweigende Mehrheit

Sie gehen fest davon aus, dass Sie sich in Heddesheim ansiedeln werden?
Ja.

Uwe Nitzinger Bild:Pfenning-Gruppe

Trotz der Proteste gegen ihre Ansiedlung und der kritischen Stimmung in Heddesheim?
Die Interessengemeinschaft (IG) macht in unseren Augen ordentlich Wind, aber es gibt auch den Begriff der schweigenden Mehrheit. Ich glaube nicht, dass sich die Mehrheit der Heddesheimer von bewusst falsch verbreiteten Informationen irritieren lässt.

Sie bezeichnen die Mitglieder der IG neinzupfenning als Fälscher?
Das habe ich nicht gesagt. Sie haben falsche Zahlen verbreitet und Behauptungen aufgestellt, die nicht zutreffen, wovon sich die Heddesheimer auch durch die Gutachten auf der Bürgerinformation überzeugen konnten.

Was steht im städtebaulichen Vertrag?

Die Zahlen stimmen nicht. Woher hätte die IG aber die echten Zahlen nehmen sollen? Es wurde ja alles geheim gehalten.
Das ist so nicht richtig. Bürgermeister, Gemeinderat und wir haben vertraulich verhandelt. Das ist unser Recht und absolut üblich, damit man im gegenseitigen Vertrauen zu einem Ergebnis kommen kann.

Ein Teil des Ergebnisses ist ein ebenfalls als vertraulich eingestufter „städtebaulicher Vertrag“. Was steht da drin?
Darin ist festgelegt, wie Gemeinde und Unternehmen das Grundstück entwickeln werden, wer welche Aufgaben und Kosten übernimmt.

Sind dort auch Vertragsstrafen definiert, falls es nicht zu einer Bebauung kommt?
Davon ist mir nichts bekannt.

„Chance genutzt“

Im Mannheimer Morgen hieß es, Sie seien auf die Heddesheimer Gemarkung aufmerksam geworden, weil Edeka das geplante Fleischwerk nun doch nicht dort, sondern in Rheinstetten ansiedelt. Soll man das glauben, dass Sie nicht schon länger alle geeigneten Flächen im Blick hatten?
Die korrekte Darstellung ist: Als klar wurde, dass Edeka dieses sehr gute Gelände doch nicht in Anspruch nimmt, hat sich für uns eine Chance ergeben. Die haben wir genutzt. Und wir schaffen Arbeitsplätze.

Ist das so? Soweit ich verstanden habe, wechseln rund 400 Mitarbeiter von Viernheim nach Heddesheim, 250 weitere kommen aus der Region hinzu. Macht 650. Sie sprechen von bis zu 1000 Arbeitsplätzen, davon sind je 250 Subunternehmer und Leiharbeiter, verbleiben 500. Wo sind die fehlenden 150 hin?
Es ziehen über 500 Mitarbeiter um. Vor Ort werden neue Arbeitsplätze geschaffen, weil eine Reihe von Mitarbeitern, beispielsweise im Stahl- Kompetenzzentrum nicht nach Heddesheim wechseln. Das wäre Unsinn, weil die am Ort des Kunden tätig sind. Deswegen ist auch die Annahme falsch, wir würden ständig Lkw von Heddesheim nach Mannheim und zurück schicken. Von Hallen, die wir nur gemietet haben, ziehen wir Mitarbeiter am neuen Standort zusammen. Wie genau die Mitarbeiterzahlen sind, werde ich Ihnen nicht sagen, weil die Konkurrenz sich dafür auch interessiert.

Zum Verkehr kommen wir bitte gleich. In den Jahren 2000-2002 standen ihre Firma und Sie persönlich stark in der Kritik, wie Sie mit ihren Mitarbeitern umgehen. Auch heute noch werden Sie von der Gewerkschaft verdi äußerst kritisch betrachtet. Der Vorwurf lautet, ihre Leute müssten mehr für weniger Geld arbeiten und es gäbe keine Überstundenregelungen.
Das ist Unfug und eine unverschämte Behauptung. Es trifft zu, dass wir uns nicht an die Tarifverträge binden. Aber wir haben Boni und Prämien und bezahlen unsere Mitarbeiter nach Leistung. Schauen Sie sich nur mal die Zahlen zu unserer Betriebszugehörigkeit an: Viele sind 10, 20, 30 Jahre im Unternehmen.

Weshalb beschäftigen Sie dann im Verhältnis gesehen eine so große Zahl von Leiharbeitern?
Die brauchen wir je nach Zyklus. Das sind Leiharbeiter, die wir leihen, wenn wir sie benötigen. Mit den Zeitarbeitsfirmen, die uns diese Leute stellen, arbeiten wir langfristig zusammen.

„Unsere Mitarbeiter sind unser wichtigstes Kapitel“, Uwe Nitzinger

Sie werben mit ihren Auszubildenden. Wie viele Stellen bieten Sie für welche Berufe an?
Weit über 20. Vom Fachlageristen, über Kaufleute für Speditions- und Logistikdienstleistungen bis hin zum BA-Studium für Logistik.

Die meisten Ausbildungsplätze sind im Lagerbereich?
Ja. Da brauchen wir auch die meisten Leute.

Die man leicht ersetzen kann?
Daran ist uns überhaupt nicht gelegen. Unser größtes Kapital sind unsere Mitarbeiter, deswegen wollten wir auch in der Region bleiben, die gleichzeitig aber auch ein idealer Standort wegen der EU-Osterweiterung ist. Es dauert, bis ein Mitarbeiter mit den komplexen Abläufen in einem Logistik-Zentrum vertraut ist. Das ist qualifizierte Arbeit, die dort geleistet wird.

Kommen wir zum Verkehr. Sie sagen, der überwiegende Teil der Waren kommt aus und geht in die Ferne. Wie definieren Sie Ferne?
Das ist alles, was weiter als die Region ist. Beispielsweise kommt Waschmittel aus Düsseldorf, das dann für ein Handelslager in Offenburg weiter transportiert wird. Das wird das Hauptgeschäft.

Lkw-Verkehr durch Heddesheim

Sind Sie bereit, eine Vereinbarung mit der Gemeinde zu schließen, dass möglichst wenig Verkehr durch Heddesheim läuft?
Darüber sind wir gerade im Gespräch. Seriöserweise kann ich nicht ganz ausschließen, dass einige Lkws durch Heddesheim fahren. Nur nicht annähernd in der Größenordnung, wie von der IG behauptet. Die wollen das einfach nicht verstehen.

Im Mannheimer Morgen zu sehen, wurde mitten in der Diskussion ein Pfenning-Laster in der Ortsmitte fotografiert…
Dann schauen Sie sich den mal an: Das ist ein „City-Sattel“ gewesen. Solche Lkw werden für die Nahversorgung eingesetzt. Die Leute wollen doch auch im Laden was kaufen können, oder?

Können Sie denn die Zahl von 3 Lkw pro Stunde in Spitzenzeiten über die Ringstraße halten, wenn die 2. Ausbaustufe fertig ist oder sind es dann doppelt so viele?
Es werden nicht doppelt so viele sein, weil sich die Bebauung und damit die gelagerten Waren nicht verdoppeln. Aber es werden mehr sein, hier auch wieder im Fernverkehr. Seriös kann ich das heute noch nicht sagen, wir reden gerade vom Jahr 2016.

Pfenning-Lkw vor Edeka Tiefkühl-Zentrum Bild:pro

Zurück zum Anfang: Wer ist denn auf wen zugegangen, Bürgermeister Kessler auf das Unternehmen oder umgekehrt?
Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich das nicht mehr weiß. Wir haben aber nach Aufnahme der Verhandlungen später auch den Gemeinderat bei uns gehabt, dem wir das Projekt vorgestellt und erläutert haben, dass gerade der Gleisanschluss für uns einen enormen Vorteil bietet.

Kritischer Gemeinderat?

Wurden kritische Fragen gestellt?
Selbstverständlich haben die Gemeinderäte uns Fragen gestellt, beispielsweise zur Verkehrsbelastung, das war ein zentraler Punkt.

In Heddesheim wundert man sich, dass die Grünen geschlossen zugestimmt haben. Mussten Sie bei den Grünen eine stärke Überzeugungsarbeit leisten als bei den anderen?
Wenn Sie mir sagen, wie man einen Grünen erkennt? Ich habe an den Fragen nicht unterscheiden können, wer zu welcher Partei gehört.

In Heddesheim wird mittlerweile hitzig über das Für und Wider ihrer Ansiedlung gestritten. Gab es Fehler in der Kommunikation?
Das müssen Sie die fragen, die sich so aufregen. Wir haben uns nichts vorzuwerfen bei der Kommunikation. Die Stimmung ist nicht von uns aufgeheizt worden. Wir wünschen uns einen konstruktiven Dialog mit den Heddesheimer Bürgern. Das heutige Gespräch mit Ihnen ist hierfür ein Beispiel.

Dann hat der Bürgermeister Fehler gemacht?
Ich war noch nie Bürgermeister und bin in der Kommunalpolitik nicht zuhause. Das kann und will ich nicht beurteilen. Ich kann aber nicht erkennen, dass der Bürgermeister in der Kommunikation Fehler gemacht hätte.

Interview mit Pfenning-Geschäftsführer Uwe Nitzinger: Wir kommen sicher nach Heddesheim!

Uwe Nitzinger, Geschäftsführer der KMP Holding GmbH, erklärt im Gespräch mit dem Heddesheim-Blog, wann Pfenning nach Heddesheim kommt, was das Unternehmen dort vor hat und welche Folgen die Ansiedlung für Heddesheim haben wird.

Interview: Hardy Prothmann

Herr Nitzinger, die Pfenning Gruppe will in Heddesheim 100 Millionen Euro in ein Logistik-Zentrum investieren. Können Sie aufschlüsseln, aus welchen Posten diese enorme Summe besteht?
Uwe Nitzinger: Zum jetzigen Zeitpunkt ist das noch zu früh, um ihre Frage detailliert zu beantworten. Unsere Planer haben natürlich zusammengerechnet, was sie an Kosten erwarten. Wie teuer oder günstig was am Ende ist, hängt von der Konjunktur, dem Einkauf der Leistungen und ähnlichem ab. 100 Millionen ist die angenommene Summe. Wenn es uns weniger kostet, sind wir natürlich damit zufrieden.

Bis 2013 soll erst die Hälfte gebaut worden sein. Warum?
Ich weiß nicht, woher Sie diese Zahl haben.

2. Bauabschnitt ab 2016

Aus der Zeitung.
Dann ist da etwas missverstanden worden. Bis 2013 wollen wir mit dem 1. Bauabschnitt fertig sein. Ein 2. Bauabschnitt auf dem Erweiterungsgelände kann frühestens ab 2016 realisiert werden. Dieser Bauabschnitt wird auf jeden Fall nicht so groß ist, wie der erste.

Aber ab 2013 wird der Firmensitz von Viernheim nach Heddesheim verlegt?
Sobald wir dort unser neues Verwaltungsgebäude beziehen können.

So sieht Pfenning perspektivisch das geplante Logistik-Zentrum, wenn der 1. Bauabschnitt 2013 fertig ist. Bild: Pfenning-Gruppe

So sieht Pfenning perspektivisch das geplante Logistik-Zentrum, wenn der 1. Bauabschnitt 2013 fertig ist. Bild: Pfenning-Gruppe

Sie vergrößern sich auf einen Schlag ganz enorm. Bauen Sie das Geschäft mit bestehenden Kunden aus oder haben Sie neue Kunden, die ihre Kapazitäten benötigen?
Wir haben ein starkes Bestandsgeschäft und sind intensiv dabei, neue Kunden zu gewinnen. Unser Geschäftsmodell ist die Logistik, wir bieten Kunden Lagerfläche mit entsprechender Organisation, die Verpackung und den Transport von Waren an.

Diese Waren müssen ja irgendwie zu Ihnen kommen?
Sicher. Mit dem Lkw und zunehmend mit der Bahn. Nehmen Sie beispielsweise internationale Waschmittelhersteller, die gerade Werbung damit machen, dass sie den Transport ihrer Produkte um bis zu zwei Drittel von der Straße auf die Schiene bringen. Deswegen sind wir auch in Heddesheim, wegen des Gleisanschlusses.

„Wir haben zu wenig Platz“, Uwe Nitzinger

Und wegen der Fläche.
Ganz klar. Wir mussten in der Vergangenheit Aufträge absagen, weil wir zu wenig Platz hatten. Und wie oft habe ich gehört: „Ich würde euch den Auftrag geben, ihr seid dafür kompetent, aber ihr habt die Kapazität nicht.“ Kennen Sie einen Kaufmann, der gerne auf Geschäfte verzichtet? Wir verbessern in Heddesheim unsere Produktionsstrukturen und unsere Wettbewerbsfähigkeit.

Beschreiben Sie bitte, wie Sie und ihre Kunden zusammenkommen?
Oft über Ausschreibungen. Ein Produzent, eine Handelskette hat ein Logistik-Problem und gibt die Daten in den Markt. Dann bewirbt man sich darum. Das können kurzfristige Aufgaben sein, wir sind natürlich an langfristigen Verträgen interessiert. Wie wir das regeln, überlässt uns der Kunde, er will sich darauf verlassen, dass seine Waren zuverlässig dahin kommen, wo er sie braucht.

Welchen Vorlauf benötigt ein langfristiges Geschäft?
Oft bis zu einem Jahr. Das fängt mit dem Regalbau an, hier haben Sie einen Vorlauf von bis zu zwölf Wochen, das sind Spezialanfertigungen. Wenn das steht, muss die EDV für die Warenwirtschaft installiert werden, Sicherheitsanlagen, Bewachung für hochwertige Güter. Je nach Produkt müssen gewisse Auflagen erfüllt und Genehmigungen erteilt werden.
Wir stehen beispielsweise gerade in Verhandlungen mit einem Lebensmittelkunden. Der braucht ab 2011 Kapazitäten und ist sehr an uns interessiert.

„Privatinvestoren investieren in das Gelände

Das Gelände, auf dem Sie in Heddesheim bauen wollen, gehört nicht der Firma, sondern wird von der Phoenix 2010 GbR, an der Herr Karl-Martin Pfenning beteiligt ist, gekauft. Warum?
Das ist ein ganz normaler Vorgang. Privatinvestoren investieren in das Gelände und Unternehmen mieten das dann. Das finden Sie überall.

Wird sich die Firmierung der KMP Holding GmbH ändern, beispielsweise in eine Aktiengesellschaft?
Nein. Wir bleiben eine GmbH. Die KMP Holding ist die Mutter für mehrere Unternehmen die Lagerhaltung, Kommissionierung, Transport und Verpackung von Waren sowie Mehrwertdienstleistungen betreiben.

Was sind Mehrwertdienste?
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: In Mannheim haben wir ein Kompetenzzentrum Stahl. Hier kaufen wir Stahl und Bleche und bearbeiten diese für einen Kunden. Wir sind dort Teil der Fertigungskette, wenn Sie so wollen „eine verlängerte Werkbank“.

Werden auf dem Gelände in Heddesheim nur Pfenning tätig sein oder auch andere Unternehmen?
Prinzipiell nur wir. Dass wir die Konkurrenz nicht aufs Gelände lassen, werden Sie verstehen. Vorstellbar ist, dass ein Unternehmen Hallen mietet, aber selbst betreibt, beispielsweise, wenn der Umgang mit den eigenen Produkten nur durch eigene Mitarbeitern erfolgen soll.

Erläutern Sie das bitte.
Es gibt vielfältigste Anforderungen in der Logistik- branche. Wenn beispielsweise ein Pharmahersteller Waren in die USA liefert, ist er automatisch der äußerst strengen Kontrolle der FDA (der Lebensmittelkontrollbehörde Food and Drug Administration, Red.) unterworfen. Es könnte sein, dass diese einen lückenlosen Nachweis verlangt, dass nur das produzierende Unternehmen Kontakt zur Ware hat.

Andere Firmen auf dem Pfenning-Gelände

Sie planen also die Vermietung?
Nein, ich habe Ihnen ein Beispiel gegeben, was vorstellbar ist, wenn wir zum Beispiel mit unserem Geschäft die Hallen temporär nicht ausfüllen können sollten. Oder sollen wir die dann leer stehen lassen?

Sie arbeiten für mehrere Kunden. Wäre eine Spezialisierung nicht besser?
Auf keinen Fall. Überlegen Sie mal, wo wir in der momentanen Krisensituation stünden, hätten wir uns zum Beispiel nur auf das Automobilgeschäft konzentriert? Wir haben ein Multi-User-Konzept. Früher wurden wir gefragt, was wir mit dem „Bauchladen“ wollen, heute gucken die, denen die Aufträge wegbrechen, mit Neid auf uns.

Gefährliche Güter

In ihrem „Bauchladen“ finden sich auch gefährliche Güter. Beispielsweise ist Waschpulver an sich harmlos, in einer großen Menge aber nicht.
Genau. Wir haben große Waschmittelmengen. Dabei unterliegen wir aber auch einer strengen Kontrolle und erfüllen alle notwendigen Auflagen – sonst würden wir ja unsere Existenz aufs Spiel setzen. Was wir definitiv nicht lagern werden, sind radioaktives Material und Sprengstoffe. Zum Verständnis: Haarspray wird von vielen Menschen benutzt, typischerweise in einer Druckgasverpackung. In großen Mengen ist das ein Gefahrstoff, wir wissen aber, wie wir damit umgehen, sonst bekämen wir die Aufträge nicht.

Auf welchen Zeitraum ist ihr Engagement in Heddesheim ausgelegt?
Das ist eine Generationsentscheidung. Wir investieren eine Menge Geld und werden dementsprechend lang bleiben. Außerdem sind wir ein Familienbetrieb. Der zieht nicht einfach weiter, wie das mit Standorten von Konzernen passiert.

Bevor Sie Heddesheim gewählt haben, hatten Sie sich für einen Standort in Viernheim an der A6/61 interessiert. Stimmt es, dass Sie nur deswegen nicht dorthin gegangen sind, weil die Verhandlungen mit den Eigentümern zu lange gedauert hätten? Das ist doch mit Geld zu lösen.
Nein. Das war nicht der entscheidende Grund. Sicherlich hätte die Gemeinde uns unterstützen können. Die mögliche Nutzung des Geländes ist aber nicht so gut wie in Heddesheim, das liegt am Grundstückszuschnitt. Außerdem wurde uns vermittelt, dass wir uns von politischer Seite keine große Hoffnung machen sollten, dass es schnell zu einem Bebauungsplan kommen könnte. Wir wollen und müssen aber expandieren und sind deshalb nach Heddesheim gegangen.

Schweigende Mehrheit

Sie gehen fest davon aus, dass Sie sich in Heddesheim ansiedeln werden?
Ja.


Uwe Nitzinger Bild:Pfenning-Gruppe

Trotz der Proteste gegen ihre Ansiedlung und der kritischen Stimmung in Heddesheim?
Die Interessengemeinschaft (IG) macht in unseren Augen ordentlich Wind, aber es gibt auch den Begriff der schweigenden Mehrheit. Ich glaube nicht, dass sich die Mehrheit der Heddesheimer von bewusst falsch verbreiteten Informationen irritieren lässt.

Sie bezeichnen die Mitglieder der IG neinzupfenning als Fälscher?
Das habe ich nicht gesagt. Sie haben falsche Zahlen verbreitet und Behauptungen aufgestellt, die nicht zutreffen, wovon sich die Heddesheimer auch durch die Gutachten auf der Bürgerinformation überzeugen konnten.

Was steht im städtebaulichen Vertrag?

Die Zahlen stimmen nicht. Woher hätte die IG aber die echten Zahlen nehmen sollen? Es wurde ja alles geheim gehalten.
Das ist so nicht richtig. Bürgermeister, Gemeinderat und wir haben vertraulich verhandelt. Das ist unser Recht und absolut üblich, damit man im gegenseitigen Vertrauen zu einem Ergebnis kommen kann.

Ein Teil des Ergebnisses ist ein ebenfalls als vertraulich eingestufter „städtebaulicher Vertrag“. Was steht da drin?
Darin ist festgelegt, wie Gemeinde und Unternehmen das Grundstück entwickeln werden, wer welche Aufgaben und Kosten übernimmt.

Sind dort auch Vertragsstrafen definiert, falls es nicht zu einer Bebauung kommt?
Davon ist mir nichts bekannt.

„Chance genutzt“

Im Mannheimer Morgen hieß es, Sie seien auf die Heddesheimer Gemarkung aufmerksam geworden, weil Edeka das geplante Fleischwerk nun doch nicht dort, sondern in Rheinstetten ansiedelt. Soll man das glauben, dass Sie nicht schon länger alle geeigneten Flächen im Blick hatten?
Die korrekte Darstellung ist: Als klar wurde, dass Edeka dieses sehr gute Gelände doch nicht in Anspruch nimmt, hat sich für uns eine Chance ergeben. Die haben wir genutzt. Und wir schaffen Arbeitsplätze.

Ist das so? Soweit ich verstanden habe, wechseln rund 400 Mitarbeiter von Viernheim nach Heddesheim, 250 weitere kommen aus der Region hinzu. Macht 650. Sie sprechen von bis zu 1000 Arbeitsplätzen, davon sind je 250 Subunternehmer und Leiharbeiter, verbleiben 500. Wo sind die fehlenden 150 hin?
Es ziehen über 500 Mitarbeiter um. Vor Ort werden neue Arbeitsplätze geschaffen, weil eine Reihe von Mitarbeitern, beispielsweise im Stahl- Kompetenzzentrum nicht nach Heddesheim wechseln. Das wäre Unsinn, weil die am Ort des Kunden tätig sind. Deswegen ist auch die Annahme falsch, wir würden ständig Lkw von Heddesheim nach Mannheim und zurück schicken. Von Hallen, die wir nur gemietet haben, ziehen wir Mitarbeiter am neuen Standort zusammen. Wie genau die Mitarbeiterzahlen sind, werde ich Ihnen nicht sagen, weil die Konkurrenz sich dafür auch interessiert.

Zum Verkehr kommen wir bitte gleich. In den Jahren 2000-2002 standen ihre Firma und Sie persönlich stark in der Kritik, wie Sie mit ihren Mitarbeitern umgehen. Auch heute noch werden Sie von der Gewerkschaft verdi äußerst kritisch betrachtet. Der Vorwurf lautet, ihre Leute müssten mehr für weniger Geld arbeiten und es gäbe keine Überstundenregelungen.
Das ist Unfug und eine unverschämte Behauptung. Es trifft zu, dass wir uns nicht an die Tarifverträge binden. Aber wir haben Boni und Prämien und bezahlen unsere Mitarbeiter nach Leistung. Schauen Sie sich nur mal die Zahlen zu unserer Betriebszugehörigkeit an: Viele sind 10, 20, 30 Jahre im Unternehmen.

Weshalb beschäftigen Sie dann im Verhältnis gesehen eine so große Zahl von Leiharbeitern?
Die brauchen wir je nach Zyklus. Das sind Leiharbeiter, die wir leihen, wenn wir sie benötigen. Mit den Zeitarbeitsfirmen, die uns diese Leute stellen, arbeiten wir langfristig zusammen.

Und ihre Subunternehmer? Sind das Deutsche oder Ausländer?
Haben Sie was gegen Ausländer?

Absolut nicht. Die Frage zielt auf die Verträge. Ausländische Subunternehmer sind sicherlich günstiger als deutsche.
Dazu müssen Sie wissen, dass diese im innereuropäischen Verkehr bis jetzt noch nicht fahren dürfen. Viele Fahrer haben tatsächlich einen Migrationshintergrund, sind aber bei den Subunternehmern angestellt, die mit uns die Verträge haben.

Das heißt, nicht jeder Laster, der den Schriftzug Pfenning trägt, ist auch ein solcher?
Wir haben viele eigene Fahrzeuge und achten bei unseren Subunternehmern darauf, dass die Zugmaschinen zu uns passen. Die Hänger sind meist von uns.

„Unsere Mitarbeiter sind unser wichtigstes Kapitel“, Uwe Nitzinger

Sie werben mit ihren Auszubildenden. Wie viele Stellen bieten Sie für welche Berufe an?
Weit über 20. Vom Fachlageristen, über Kaufleute für Speditions- und Logistikdienstleistungen bis hin zum BA-Studium für Logistik.

Die meisten Ausbildungsplätze sind im Lagerbereich?
Ja. Da brauchen wir auch die meisten Leute.

Die man leicht ersetzen kann?
Daran ist uns überhaupt nicht gelegen. Unser größtes Kapital sind unsere Mitarbeiter, deswegen wollten wir auch in der Region bleiben, die gleichzeitig aber auch ein idealer Standort wegen der EU-Osterweiterung ist. Es dauert, bis ein Mitarbeiter mit den komplexen Abläufen in einem Logistik-Zentrum vertraut ist. Das ist qualifizierte Arbeit, die dort geleistet wird.

Kommen wir zum Verkehr. Sie sagen, der überwiegende Teil der Waren kommt aus und geht in die Ferne. Wie definieren Sie Ferne?
Das ist alles, was weiter als die Region ist. Beispielsweise kommt Waschmittel aus Düsseldorf, das dann für ein Handelslager in Offenburg weiter transportiert wird. Das wird das Hauptgeschäft.

Lkw-Verkehr durch Heddesheim

Sind Sie bereit, eine Vereinbarung mit der Gemeinde zu schließen, dass möglichst wenig Verkehr durch Heddesheim läuft?
Darüber sind wir gerade im Gespräch. Seriöserweise kann ich nicht ganz ausschließen, dass einige Lkws durch Heddesheim fahren. Nur nicht annähernd in der Größenordnung, wie von der IG behauptet. Die wollen das einfach nicht verstehen.

Im Mannheimer Morgen zu sehen, wurde mitten in der Diskussion ein Pfenning-Laster in der Ortsmitte fotografiert…
Dann schauen Sie sich den mal an: Das ist ein „City-Sattel“ gewesen. Solche Lkw werden für die Nahversorgung eingesetzt. Die Leute wollen doch auch im Laden was kaufen können, oder?

Können Sie denn die Zahl von 3 Lkw pro Stunde in Spitzenzeiten über die Ringstraße halten, wenn die 2. Ausbaustufe fertig ist oder sind es dann doppelt so viele?
Es werden nicht doppelt so viele sein, weil sich die Bebauung und damit die gelagerten Waren nicht verdoppeln. Aber es werden mehr sein, hier auch wieder im Fernverkehr. Seriös kann ich das heute noch nicht sagen, wir reden gerade vom Jahr 2016.

Pfenning-Lkw vor Edeka Tiefkühl-Zentrum Bild:pro

Pfenning-Lkw vor Edeka Tiefkühl-Zentrum Bild:pro

Wie steht es mit den Verhandlungen mit der Bahn? Dauern die an oder stehen Sie vor einem Abschluss?
Die sind in trockenen Tüchern. Die Bahn hat da ganze Arbeit geleistet. Sie können sich vorstellen, wie kompliziert eine Lösung ist, wenn Sie wissen, dass immer nur kurze Zeitfenster bleiben, um die Züge auf die Strecke zu bringen, weil auf der Linie der ICE entlang rauscht. Wir werden drei Gleise haben, eins zu den Hallen, eins für die leeren Waggons und eins für die Loks zum Rangieren.

Wer bezahlt das und wie teuer ist der Bau?
Wir. Das kostet uns rund 2,5 Millionen Euro.

„Schönheit liegt im Auges des Betrachters“, Uwe Nitzinger

Zum Bau: Herr Fleckenstein hat im Mannheimer Morgen die Monstrosität der Hallen kritisiert. Finden Sie Lagerhallen schön?
Das hängt vom Auge des Betrachters ab. Es gibt aber durchaus interessante Architekturen. Abgesehen davon findet hier ein Geschäft statt, das den Leuten Arbeit gibt. Das finde ich schön.

Man könnte ja auch Künstler dran setzen, die die Hallen verschönern.
Dazu gibt es Überlegungen.

Zurück zum Anfang: Wer ist denn auf wen zugegangen, Bürgermeister Kessler auf das Unternehmen oder umgekehrt?
Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil ich das nicht mehr weiß. Wir haben aber nach Aufnahme der Verhandlungen später auch den Gemeinderat bei uns gehabt, dem wir das Projekt vorgestellt und erläutert haben, dass gerade der Gleisanschluss für uns einen enormen Vorteil bietet.

Kritischer Gemeinderat?

Wurden kritische Fragen gestellt?
Selbstverständlich haben die Gemeinderäte uns Fragen gestellt, beispielsweise zur Verkehrsbelastung, das war ein zentraler Punkt.

In Heddesheim wundert man sich, dass die Grünen geschlossen zugestimmt haben. Mussten Sie bei den Grünen eine stärke Überzeugungsarbeit leisten als bei den anderen?
Wenn Sie mir sagen, wie man einen Grünen erkennt? Ich habe an den Fragen nicht unterscheiden können, wer zu welcher Partei gehört.

In Heddesheim wird mittlerweile hitzig über das Für und Wider ihrer Ansiedlung gestritten. Gab es Fehler in der Kommunikation?
Das müssen Sie die fragen, die sich so aufregen. Wir haben uns nichts vorzuwerfen bei der Kommunikation. Die Stimmung ist nicht von uns aufgeheizt worden. Wir wünschen uns einen konstruktiven Dialog mit den Heddesheimer Bürgern. Das heutige Gespräch mit Ihnen ist hierfür ein Beispiel.

Dann hat der Bürgermeister Fehler gemacht?
Ich war noch nie Bürgermeister und bin in der Kommunalpolitik nicht zuhause. Das kann und will ich nicht beurteilen. Ich kann aber nicht erkennen, dass der Bürgermeister in der Kommunikation Fehler gemacht hätte.

Heddesheimer Verhältnisse

Kommentar: Hardy Prothmann

Eigentlich dachte ich, dass Heddesheim ein beschaulicher Ort sei, ein großes Dorf.
Der Kommentar eines Besuchers mit dem Pseudonym cest ca hat mich stutzig gemacht.

Unter seinem echten Namen teilnehmen? Wie lange leben Sie schon in Heddesheim? Was glauben Sie weshalb hier so wenige an der Diskussion teilnehmen (Registrierung?!)“

Cest ca hatte zuvor mit mir und anderen (siehe Link oben) über die hier veröffentlichen Informationen disputiert. Ich schlug ihm dann vor, sich doch unter seinem echten Namen an der Diskussion zu beteiligen, weil er eine „echte“ und ich angeblich eine „vorgefasste“ Meinung habe.

Daraufhin schrieb er diesen Satz. „Wie lange leben Sie schon in Heddesheim?“

Was bedeutet das? Was weiß ich nicht über diesen Ort, indem ich schon fünf Jahre lebe? Darf man hier nicht seine Meinung sagen? Muss man gar mit Anfeindungen rechnen? Mit sozialem Druck? Mit Ausschluss aus der Heddesheimer Gesellschaft? Mit persönlichen Nachteilen als Funktionsträger, Vereinsmitglied, Geschäftsmann oder Angestellter?

Das wäre eine schreckliche Vorstellung.

pro

Interview: „Pfenning ist ein Tarif-Flüchtling“

Eines der wichtigsten Argumente, mit denen Bürgermeister Kessler und die Gemeinderatsfraktionen für die Pfenning-Ansiedlung werben, sind die Arbeitsplätze.

Das Heddesheim-Blog hat bei verdi Hessen nachgefragt, welche Erfahrungen die Gewerkschaft mit dem Unternehmen gemacht hat und wie Pfenning als Arbeitgeber eingestuft wird.

Interview: Hardy Prothmann

Herr Winhold, das Unternehmen pfenning logistics liegt in ihrem Gewerkschaftsgebiet. Wie ist Ihnen das Unternehmen bekannt?
Winhold: Wir vertreten immer wieder unsere Mitglieder bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen mit Pfenning. Zudem ist die Firma Pfenning ein Tarif-Flüchtling. Pfenning ist aus dem hessischen Tarifvertrag für die Speditions- und Logistikbranche ausgestiegen.

Was bedeutet das?
Pfenning nimmt nicht mehr an den Tarifverträgen teil, die wir alle zwei Jahre für die Branche aushandeln. Pfenning zahlt schlechter bei deutlich höherer Wochenarbeitszeit.

Woher wissen Sie das?
Mir liegen dazu einzelne Arbeitsverträge vor, aus denen ich schließe, dass dies bei Pfenning üblich ist. Die Arbeitszeit im Bereich Lager liegt den Verträgen zufolge bei 42 Stunden, unsere tarifliche Arbeitszeit aber bei 38 Stunden. Das heißt, Überstunden werden, wenn überhaupt, erst ab der 42ten Stunde bezahlt.

Was heißt, „wenn überhaupt“?
Pfenning fordert nach meinen Informationen vor allem im Lagerbereich teils massiv Überstunden ein. Über entsprechende Vergütungen habe ich keine Informationen.

Pfenning übt unzulässig Druck auf seine Mitarbeiter aus

Gibt es weitere arbeitsrechtliche Auffälligkeiten bei Pfenning?
Ja. Uns ist bekannt, dass Vorgesetzte oder Mitarbeiter der Personalabteilung ohne Anwesenheit eines Arztes beispielsweise versuchen, Mitarbeiter zu Aussagen zu bewegen, wie es um ihre Gesundheit bestellt ist und welche Gesundheitsprognose sie für sich sehen. Das ist ein absolutes Unding. Für den Mitarbeiter kann das ernste Konsequenzen haben, wenn er von sich aus eine negative Gesundheitsprognose angibt. Das ist eine böse Falle. Pfenning übt hier unzulässig Druck auf die Mitarbeiter aus, über die Gespräche werden Protokolle angefertigt.

Welche Konsequenzen sind das?
Beispielsweise eine Kündigung.

Schlechter Stil

Ist das rechtlich zulässig?
Ganz sicher nicht. Kein Arbeitnehmer kann zu solchen Aussagen gezwungen werden. Problematisch ist es, wenn ein Mitarbeiter durch geschickten Druck dazu gebracht wird. Das ist mehr als ein schlechter Stil.

Wie verhält sich ein Arbeitgeber korrekt?
Wenn der Arbeitgeber Zweifel an einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder dem gesundheitlichen Zustand eines Mitarbeiters hat, kann er das beispielsweise arbeitsmedizinisch überprüfen lassen.

Haben Sie sich bei Pfenning über diese Zustände beschwert?
Selbstverständlich über unsere Mitglieder.

Wie war die Reaktion?
Pfenning hat nicht reagiert.

Info:
Thomas Winhold ist Gewerkschaftssekretär für Post, Spedition und Logistik bei verdi Hessen.

NEIN zur Vernichtung von 20 ha Ackerfläche – NEIN ZU PFENNING!

Gastbeitrag: Eva Martin-Schneider

Als Nicht-Heddesheimerin habe ich meine Zuneigung zu dieser Gemeinde hart erkämpfen müssen. Heddesheim ist im Gegensatz zu den malerischen Bergstrassen- Dörfern keine Perle.

Hochhäuser „zieren“ von weitem das Dorfbild. Der Dorfkern wird von zwei verkehrsträchtigen Strassen zerschnitten, rechts und links parken die Autos auf den eh schon viel zu schmalen Gehwegen, und es gibt kein gemütliches, ruhiges Plätzchen im Herzen der Gemeinde für einen kleinen Plausch nebenbei.

Städtebauliche Grausamkeit

Somit ist das Gebiet im Umfeld des Badesees mit seinen vielen Fahrrad- und Spazierwegen der einzige Bereich, der nicht nur „uns“ Heddesheimern zur Naherholung dient. Der Blick auf die Bergstraße mit ihren vielen Burgen ist freilich eine Besonderheit, die es absolut zu bewahren gilt! Für Radfahrer ist es ein Paradies.

Die von Bürgermeister Kessler und den Gemeinderäten geplante Bebauung „Firma Pfenning“ mit einer Gesamtfläche von 20 ha – einer Gebäudegesamtlänge von ca. 800 m (man stelle sich das mal vor – beinahe 1 Kilometer) und einer Hallenhöhe von 20 m, sprengen jegliche Vorstellung einer organischen Siedlungsstruktur. Wer genehmigt solch eine städtebauliche Grausamkeit?

Wie blind sind wir?

Das Pfenning-Vorhaben entwertet mit einem Schlag das Gewerbegebiet, das mit seinen Wohnhäusern und Gärten einen lebendigen Charakter hat.

Höher, weiter, schneller besser, größer … Die Finanzkrise und der Klimawandel sollten uns anderes lehren! Wie taub und blind sind wir?

Arbeitsplätze sollten durch Unterstützung und Ansiedlung mittelständischer Unternehmen geschaffen werden anstatt „Saurier- Konzernen“, die morgen vielleicht schon insolvent sind, Raum zu geben und eine Produktionswüste hinterlassen.

Erhalten statt Vernichten von Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Menschen.

Grenzwertiger Verkehr

Offenhalten von Flächen für die Grundwasserbildung! Schaffen eines lebenswerten Ortskerns statt Erhöhen des jetzt schon grenzwertigen Verkehrs mit seinem Lärm und Gestank.

„Pfenning“ darf nicht gebaut werden!

Ich will, dass die Kinder tatsächlich zu Fuß zur Schule gehen können statt des teuren Spruchbanners über der Schulstraße, auf dem zu lesen ist: „Zu Fuß zur Schule“

Auch nachzulesen im MM, Ausgabe vom 14.05.2009