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Heddesheim, 31. Oktober 2011. (red) Im aktuellen Mitteilungsblatt der Gemeinde Heddesheim äußert sich Gemeinderatsmitglied Dr. Josef Doll (CDU) zur bevorstehenden Volksabstimmung hinsichtlich „Stuttgart 21“. Dabei macht er auf auf eine seiner Ansicht nach verwirrende Gestaltung aufmerksam. Wer nämlich bei der Volksabstimmung mit „Nein“ stimmt, spricht sich für Stuttgart 21 aus. Wer hingegen mit einem „Ja“ stimmt, votiert für einen Ausstieg aus dem gigantische Bahnhofsprojekt. Günther Heinisch, ebenfalls Gemeinderat in Heddesheim für das Bündnis 90/Die Grünen, versteht die Verwirrung nicht. Wobei, unter einem bestimmten Blickwinkel schon, wie er in seinem Leserbrief verdeutlicht.
Leider könne man, so Heinisch, im Mitteilungsblatt keine Leserbriefe veröffentlichen. Zum Eintrag seines Gemeinderats-Kollegen Dr. Doll (CDU) hat er aber einige Anmerkungen.
Leserbrief: Günther Heinisch
„Da schreibt man der CDU etwas zu ihrer Verfassungskompetenz ins Stammbuch, schlägt das Mitteilungsblatt auf und stellt fest, dass sie in derselben Ausgabe noch eins draufsetzen muß.
„Volksabstimmung zu Stuttgart 21 – was ist ja? was ist nein?“ steht da zu lesen. Wörtlich: „Wer mit Ja stimmt, fordert die Landesregierung auf, das Erforderliche zu unternehmen um den Vertrag, der keine Kündigungsklausel enthält, zu kündigen. Wer bei dieser Volksabstimmung mit Nein stimmt, ist für Stuttgart 21. Ob diese Verdrehung von der Landesregierung absichtlich so gedreht wurde, ist nicht bekannt.“
Au contraire, wie unsere französischen Freunde sagen würden, Herr Dr. Doll: Das ist sehr wohl bekannt. Es steht in der Verfassung des Landes Baden-Württemberg. Aber woher sollte Ihre Partei das auch wissen, in 58 Jahren Regierungszeit hatte wohl niemand in der CDU Zeit, da mal hineinzuschauen.

Günther Heinisch klärt die CDU über die Verfassung auf. Bild: privat
Den Weg zu einer Volksabstimmung und das Vorgehen regelt der Artikel 60. Da steht auch drin, daß nur über ein Gesetz abgestimmt werden kann. Daß mit „ja“ oder „nein“ zu stimmen ist, regelt Artikel 26. Da die Landesregierung ein Gesetz zur Abstimmung stellt, welches sie ursprünglich im Landtag beschließen wollte, ist es erforderlich, bei Zustimmung zum Gesetz der Regierung mit „ja“ und bei Ablehnung mit „nein“ zu stimmen.
Eine Frage wie „Sind Sie für Stuttgart 21?“ ist nicht zulässig und nicht abstimmungsfähig. Die süffisante Unterstellung, dass hier manipuliert werden soll wirkt verzweifelt und ist schäbig.
Bevor man sich aber über die Unwissenheit der CDU wundert – wirklich? – ist zuerst einmal zu fragen, wie es denn überhaupt sein kann, daß die CDU als Regierungspartei, Millionenverträge ohne Kündigungs- und Ausstiegsklauseln abgeschlossen hat. Bei einem Projekt, das völlig unwägbar ist – bis heute. Diese CDU wäre im Leben nicht auf die Idee gekommen, bei einem solchen Projekt das Volk zu fragen ob es Stuttgart 21 überhaupt will und für die CDU war eh klar, daß sie es will und damit basta.
Muß man sich über die Unwissenheit der CDU wundern? Nein, sicher nicht. Die politischen Parteien wirken an der politischen Willensbildung mit und haben einen politischen Bildungsauftrag. Politische Volksverdummung und fortgesetzte Irreführung gehört nicht zum politischen Auftrag. Betrachtet man die Diskussionen im Heddesheimer Gemeinderat, so bemerkt man ein gewisses Unbehagen bei den CDU Vertretern, wenn die Rede auf so etwas wie verfassungsmäßige Rechte oder auf Fragen kommt, welche die Verfassung berühren. Das ist oft so bei Dingen die man nicht kennt und nicht versteht. Fremdeln nennt man das.
Nun hat die CDU ein Problem, 58 Jahre hat sie das Land in Grund und Boden regiert und dabei mehr als nur einen Ja-Sager hervorgebracht. So sehr hat man die Menschen im Land in 58 Jahren daran gewöhnt, zu allem was die CDU tut „Ja“ zu sagen, daß man nun wohl Angst hat, es könnten CDU-geprägte Abstimmungsberechtigte dadurch irritiert werden, daß sie dieses Mal für ein CDU Ziel mit „Nein“ stimmen müßten. Offenbar hat die CDU Führung nur wenig Vertrauen in die Intelligenz ihrer Anhängerschaft.
Darum geht es aber gar nicht. Es geht nicht um Parteigrenzen und Parteianhängerschaft. Es geht um gesunden Menschenverstand. Das angeblich bestgeplante Bahnprojekt Europas ist das größte geplante Fiasko Europas. Es wird keine der darin gesetzten Hoffnungen erfüllen, noch auch nur eines der gemachten Versprechungen nur annähernd wahrmachen.
Dafür wird es aber einfach nur viel zu viel Geld kosten.“
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