Mittwoch, 07. Juni 2023

Geprothmannt: Über Blabla, TV-Duell und andere Blasen

Manche sagen so, manche so

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Das TV-Duell hat Chefredakteur Hardy Prothmann nicht geguckt – trotzdem weil er viel darüber, denn manche sagen so, manche so.

Rhein-Neckar/Berlin, 2. September 2013. (red) Gehören Sie zu den rund 12 Millionen Fernsehzuschauern, die sich gestern Abend 90 Minuten Blabla reingezogen haben? Oder zum mehrheitlichen Rest? Vollkommen egal. Die Deutsche Presseagentur (dpa), Hauptlieferant für überall gleiche Inhalte in deutschen Tageszeitungen stellte die Sensation fest: Das TV-Duell war das meistgetwitterte Thema weltweit. Gesten. Keine Ahnung, was Twitter ist? Dann lesen Sie weiter. [Weiterlesen…]

Geprothmannt: Amerika hat nicht dem Terror den Krieg erklärt, sondern uns allen

Big Datagate: Der amerikanische Terror-Angriff

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Schluss mit lustig, Frau Merkel. Foto: Ralf Roletschek

Rhein-Neckar, 01. Juli 2013. (red) Die Enthüllung der Totalüberwachung von Bürger/innen und Behörden durch die amerikanische NSA ist der weltweit größte politische Skandal, den es jemals gegeben hat. Der ehemalige NSA-Agent Edward Snowden verdient den Friedensnobelpreis für seine Gewissensentscheidung, diesen totalitären Terror-Angriff öffentlich gemacht zu haben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Kabinett schauen tatenlos zu, wie Amerika ohne Zögern täglich das grundgesetzlich garantierte Post- und Fernmeldegeheimnis verletzt und jeden von uns zum potentiellen Terroristen erklärt. Was tut Frau Merkel, um uns Bürger vor diesem Angriff zu schützen? [Weiterlesen…]

Geprothmannt

Lektion erteilt bekommen

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Chefredakteur Hardy Prothmann kommentiert regelmäßig in seiner Kolumne „Geprothmannt“ aktuelle Ereignisse.

Rhein-Neckar/Mannheim, 24. Juni 2013. (red) Vor gut einer Woche ist Chefredakteur Hardy Prothmann fast sich selbst „auf den ersten Blick“ aufgesessen, obwohl er eigentlich weiß, dass eine Bewertung auf den ersten Blick nicht immer den tatsächlichen Umständen entspricht. Die wahre Begebenheit ist ein Lehrstück, das bestimmt jedem mal so oder ähnlich widerfährt, wenn man bereit ist, eine Lektion erteilt zu bekommen. [Weiterlesen…]

Geprothmannt: Akkreditierungsgebühren und andere Pressefreiheits-Verhinderungsbestimmungen

Warum wir nicht über das Festival des deutschen Films berichten

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Keine Berichte zum Festival von uns – weil wir uns weigern, für unsere Arbeit auch noch zu bezahlen.

Ludwigshafen/Rhein-Neckar, 10. Juni 2013. (red/pro) Für das Festival des deutschen Films haben wir vier Reporter vorgesehen, die je über mindestens drei Filme berichten sollten. Es wären also mindestens zwölf Artikel erschienen. Doch diese erscheinen nicht, weil wir die Zugangsbedingungen ablehnen – denn das Management verlangt für jeden akkreditierten Reporter eine Gebühr von 30 Euro.

Von Hardy Prothmann

Können Sie sich vorstellen, dass Sie morgens zur Arbeit fahren und Ihr Chef oder Ihre Firma erstmal Geld von Ihnen verlangt, damit Sie arbeiten dürfen? Nein? Wir Journalisten werden damit zunehmend konfrontiert. [Weiterlesen…]

Geprothmannt

Darf man Rechte mit Eiern bewerfen?

Rhein-Neckar, 18. Februar 2013. (red) In Mannheim haben Bürger/innen, Politik-Vertreter und Mitglieder der linken Szene der NPD wieder einmal gezeigt, dass sie Widerstand gegen Rechtsradikale leisten. Das ist gut so. Nicht gut sind die Begleitumstände.

Von Hardy Prothmann

Es gibt Kommentare, die schreibt man nicht gerne. Aber sie müssen trotzdem geschrieben werden. Am Samstag hat die rechtsradikale NPD eine Kundgebung in Mannheim angemeldet. Die Partei nimmt damit ein Grundrecht unserer Verfassung wahr – ob das den Gegnern der Partei passt oder nicht. Artikel 8 Grundgesetz legt fest:

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.
(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

„Darf man „Rechte“ mit zweierlei Maß messen?“ „Nein!“ findet Chefredakteur Hardy Prothmann

Grundrechte gelten grundsätzlich für alle. Wer für sich diese Rechte in Anspruch nimmt, muss sie auch anderen zugestehen, ansonsten wäre die Verfassung nichts wert. Die Polizei hat die Aufgabe, das Recht auf Versammlungsfreiheit abzusichern, wenn ohne diese Sicherungsmaßnahme die Versammlungsfreiheit nicht möglich wäre.

Selbstverständlich hat man auch das Recht eine Gegendemonstration durchzuführen. Von diesem Recht haben die Gegner der Rechtsradikalen Gebrauch gemacht. Die Frage ist aber, wie sie das gemacht haben und ob alle Teilnehmer tatsächlich Demokraten sind. Und hier fangen die Fragwürdigkeiten an.

Wer Polizisten, die sich äußerst defensiv und deeskalierend verhalten, anpöbelt und provoziert, ist ein Störer der öffentlichen Ordnung. Wer sich vermummt und damit eine Identifizierung verhindert, begeht eine Straftat, wer geeignete Dinge mit sich führt, um sich vermummen, begeht eine Ordnungswidrigkeit.

Und wer mit Eiern wirft, nimmt potenziell eine Verletzung von Personen in Kauf, mindestens eine Sachbeschädigung, eventuell liegt eine Beleidigung vor. Das entscheiden bei einer Anzeige Gerichte nach der jeweiligen Situation. Und eigentlich hätte die Polizei eingreifen müssen – da die Veranstaltung aber als beendet erklärt worden war, hat sich die Polizei auch hier „maßvoll“ entschieden und für einen reibungslosen Abzug der Rechten gesorgt. Was, wenn die Polizei Vermummte und Eierwerfer festgesetzt hätte? Dann wäre ordentlich was los gewesen. Der Katalog der Vorwürfe und Beschuldigungen und Beleidigungen wäre immens. Und ein Wort würde sicher die Runde machen: unverhältnismäßig.

Was, wenn man sich die Situation umgekehrt vorstellt?

Jetzt stellen wir uns die umgekehrte Situation vor. Sagen wir mal, ein „Bündnis für Demokratie“ meldet eine Veranstaltung an. Auf den Plan treten vermummte Rechte, die die Versammelten anpöbeln und mit Eiern bewerfen. Was würden die Versammelten fordern? Selbstverständlich ein Einschreiten der Polizei und eine strafrechtliche Verfolgung.

Wer mit zweierlei Maß misst, für sich Verfassungsrechte in Anspruch nimmt, die er anderen nicht zugesteht, zeigt, dass er sich eigentlich nicht an das halten möchte, was er vorgibt zu verteidigen und zu beschützen – die Demokratie.

Eine Zivilgesellschaft hat zivile Mittel, um sich zu positionieren. Sie kann auf einen Rechtsstaat zählen, der für die öffentliche Ordnung sorgt. Wer die öffentliche Ordnung einerseits fordert und andererseits stört und verhöhnt, zeigt sich undemokratisch.

Der überwiegende Teil der Gegendemonstranten hat sich korrekt verhalten. Sie haben Präsenz gezeigt und Lärm gemacht. Das ist ein guter, vorbildlicher ziviler Protest.

Wie kleingeistig sich teils die Antifa-Leute zeigen, erkennt man an der Anzeige gegen den Halter des NPD-Busses, weil dieser mit einer roten Plakete in die Umweltzone der Stadt eingefahren ist. Auf Twitter und bei Facebook sowie bei der Pressemeldung des Bündnisses gegen Rechts fand diese Plakete und die Anzeige dagegen reichlich Beachtung. Mal ehrlich? Wie peinlich ist das denn?

Es geht um mehr. Am liebsten um einen klaren und eindeutigen Widerstand gegen Rechtsradikale. Aber bitte vorbildhaft und respektvoll – nicht gegenüber den Rechten, sondern gegenüber sich selbst, der Polizei. Es geht darum, sich so zu verhalten, wie man auch von anderen erwartet, dass diese sich einem selbst gegenüber verhalten.

Geprothmannt: „Occupy“ ist kein Schlachtruf, sondern ein Bekenntnis


"Niemand ist hoffnungsloser versklavt als der, der fälschlich glaubt, frei zu sein." Die junge Frau demonstriert mit einem Goethe-Zitat in New York bei "Occupy Wall Street". Foto: CC David Shankbone/wikipedia

Guten Tag!

Rhein-Neckar, 17. Oktober 2011 (red) Heute vor einem Monat „besetzten“ rund 1.000 Demonstranten die Wall-Street – also vielmehr Parks und Straßen in der Nähe der New Yorker-Börse. Als demokratische Vorbild nennen die Demonstranten den „arabischen Frühling“ – als Symbol für die Vertreibung der Diktatoren und Regimes. Für die „Occupy“-Bewegung sind das im Westen vor allem die Banken. Aber auch Politiker, vornehmlich konservative, werden kritisiert.

Von Hardy Prothmann

Was hat man davon zu halten? Von „Occupy Wall Street“? Alles nur eine Art „Demo-Mode“ junger, wohlhabender Freizeitdemonstranten, die ein wenig „Action“ brauchen? Oder ist das eine ernstzunehmende Entwicklung eines politischen Protestes gegen Systeme, die das Volk nicht mehr versteht? Vor allem das der Spekulation der „Hochfinanz“?

Die Demonstranten nehmen sich die Aufständischen des arabischen Frühlings zum Vorbild und sitzen oder marschieren gegen das Regime. Aus Ihrer Sicht nicht gegen waffenstarrende Dikatatoren, sondern gegen eine viel größere Macht. Das Regime des Geldes. Kontrolliert von den Banken. Und von der mit diesen auf vielfältige Weise verflochtetenen Politik.

Menschen haben Rechte – nicht nur die Pflicht zu zahlen

Es ist das gute Recht dieser Menschen, das sie wahrnehmen. Sie haben das Recht ihre Meinung zu äußern, sich zu versammeln und zu protestieren.

Auch in Deutschland haben mehrere zehntausend Menschen am Samstag demonstriert. Gegen die Banken. Gegen Geld-Systeme, die angeblich so erfolgreich sind und doch ständig „Rettungsschirme“ brauchen – also unser aller Geld. Weil sie sich mal eben „aus Versehen“ in ihrer Gier wieder verzockt haben. Die Boni der Manager sind meistens nicht gefährdet.

Der Seele des Protestes der Demonstranten nährt sich nicht aus Gier oder Neid. Sondern aus dem Austausch von Informationen. Und einer neuen Sicht auf die Welt. Und einer fehlenden Kontrolle der ehemaligen Kontrolleure über Informationen.

Hardy Prothmann sieht die Welt mit seiner Kolumne "Geprothmannt" ganz subjektiv.

„Occupy“ hat als ein Vorbild den „arabischen Frühling“ – aber es steckt mehr dahinter. Beispielsweise Wikileaks – die Aufdeckungsplattform hat für viel Aufregung gesorgt. Durch die Weitergabe geheimer Informationen. Dadurch wurde der Schmutz, nein, der Dreck der angeblich schönen, reinen Welt der angeblich so verantwortungsvollen Mächtigen nicht nur in Frage gestellt, sondern als System aus Lügen und Betrug entttarnt.

Wikileaks wäre ohne vernetzte Computer nicht vorstellbar. Geheimnisse wurden schon immer verraten – aber noch nie in diesem Ausmaß. Mordende amerikanische Soldaten im Irak oder haarsträubende Politikerdepeschen – die Wahrheiten kommen ans Licht.

Aber Wikileaks und Occupy haben noch andere Vorläufer. Greenpeace und Attac beispielsweise – zwei Gruppen, die sich durch gute Vernetzung immer wieder Informationen verschaffen und veröffentlichen konnten, die geheim bleiben sollten. Unsere heutige „moderne“ Umweltpolitik wäre ohne Greenpeace nicht vorstellbar.

Occupy ist weit mehr als ein bislang überschaubarer Protest

Auch Gruppen wie Transparency International oder der deutsche Verein Foebud tragen zur Information der Gesellschaft und zur Abschaltung von Missständen bei. Und überall gibt es jede Menge anderer „Aktivisten“, die nicht mehr hinnehmen, was ihnen vorgesetzt wird, sondern Fragen stellen, ihre Rechte einfordern und sich nicht einschüchtern lassen.

Auch die Gegner von Stuttgart 21 sind eine Art „Occupy“-Bewegung. Ein knappes Dutzend Bürger haben in Stuttgart fluegel.tv gegründet. Was mit einer Webcam begonnen hat, ist mittlerweile auch für die Politik ein ernstzunehmender „Medienpartner“. Denn fluegel.tv erreicht übers Internet so viele Menschen, wie sich erreichen lassen wollen. Und es sind viele. Und es werden immer mehr.

„Die Politik“ reagiert kopflos bis bösartig. Als am „schwarzen Donnerstag“, dem 30. September 2010, die Demonstranten mit Wasserwerfern und Pfefferspray angegriffen worden sind, war das politische Schicksal des damals amtierenden Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) besiegelt.

Die Menschen, die Mappus als Chaoten bezeichnet hat, sind Bürgerinnen und Bürger. Keine Gesetzlosen. Sondern anständige Leute, die ihre Rechte wahrnehmen. Nämlich sich zu versammeln und ihre Meinung zu äußern. Und die ist halt nicht die der CDU, FDP und großen Teilen der SPD. Was im Umkehrschluss nicht heißen muss, dass all „Grün“ oder „Links“ wählen – manche wählen aus „Pflichtgefühl“ trotzdem CDU oder SPD. Manche sind unbelehrbar und wählen FDP. Und andere die „Piraten“. Und viele vielleicht in Zukunft lieber die Straße als eine Partei.

Und jetzt steht fest, dass die CDU-Politiker Stefan Mappus und sein ehemaliger Finanzminister Willi Stächele Verfassungsbrecher sind. Politische Ganoven, die vermutlich schadlos davonkommen.

Selbst die konservative Welt schreibt:

„Baden-Württembergs Landtagspräsident Willi Stächele (CDU) ist zurückgetreten. „Ich gebe mein Amt zurück“, sagte Stächele in Stuttgart. Damit zog er die Konsequenz aus einem Urteil des Staatsgerichtshofs vom vergangenen Donnerstag.

Die Richter hatten ihm einen Verfassungsbruch bescheinigt, weil er als Finanzminister Ende 2010 beim Rückkauf der EnBW-Anteile durch das Land die Mitwirkungsrechte des Landtags umgangen hatte.“

Der „ehrenvolle“ Landtagspräsident Stächele war sich vor seinem Rücktritt nicht zu schade, den Verfassungsbruch als „staatsmännische Handlung“ zu umschreiben:

„Stächele hatte bisher einen Rücktritt abgelehnt und betont, es sei ihm beim EnBW-Deal um eine schnelle Entscheidung im Interesse und zum Wohle des Landes gegangen.“

Es ging Stächele also um das „Wohl des Landes“. Dass dabei Banken einen guten Schnitt gemacht haben und persönliche Verbindungen zwischen Mappus und Bankmanagern eine Rolle gespielt haben könnten – das soll man nicht denken dürfen.

Auch Stuttgart 21 hat viel mit Geld von Banken und anderen „Interessierten“ dem „Wohl des Landes“ zu tun. Das Projekt, das angeblich mal keine zwei Milliarden Euro kosten sollte, soll aktuell 4,5 Milliarden kosten – es gibt genug Hinweise, dass es viel mehr kosten wird. Und der neue starke Mann der Baden-Württembergischen CDU, Peter Hauk, hat im Wahlkampf verkündet, dass es „Baden-Württemberg egal sein kann, ob es zehn oder fünfzehn Milliarden Euro kostet„. Weiß der Mann mehr als andere? Kennt er schon die „echten“ Zahlen?

Hat er „aus dem Nähkästchen geplaudert“, vor einem Jahr in Hirschberg an der Bergstraße, einem kleinen Ort, wo er niemanden vermutet hat, der seine Worte weiterträgt? Unser Artikel über seinen Auftritt hatte innerhalb von zwei Tagen 26.000 Leserinnen und Leser. Wir haben email aus Moskau, London und Istanbul erhalten.

Das Spiel heißt Monopoly – wie es ausgeht, weiß jeder

Das ist noch nicht „Occupy“ – aber die Informationen führen dahin. Sie führen dazu, dass sich Menschen empören und dieses „Spiel“ nicht mehr mitmachen wollen.

Warum sind die Menschen in einigen arabischen Ländern auf die Straße gegangen? Zuerst in Tunesien, dann in Ägypten? Weil sie gut ausgebildet sind und Informationen austauschen. Und weil sie gemerkt haben, dass sie reingelegt werden.

Und weil sie merken, dass etwas nicht stimmt. Dass es der Mehrzahl immer schlechter geht, während wenige immer mehr haben.

In Griechenland und Spanien (zwei Ländern mit „erzkonservativen“ Gesellschaften) gibt es seit Monaten Massenproteste – in anderen Ländern gärt es. Auch in Deutschland sind solche Proteste nur noch eine Frage der Zeit.

Wenn immer mehr Menschen in Billigjobs „beschäftigt“ werden, die später noch nicht einmal eine Rente am Existenzminimum ermöglichen, dann steigen die Menschen aus. Das verstehen sie nicht mehr. Deswegen fordern sie Veränderungen.

Niemand muss deswegen das Gespenst des Kommunismus an die Wand malen. Sondern einfach nur nachdenken, was man will und wo man leben möchte.

Für viele ist Amerika immer noch ein Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Sofern man Geld hat, ist das gar nicht so falsch. Wenn man genau hinschaut, stellt man fest, dass Amerika pleite ist und die meisten Bürger dort vor existenziellen Fragen stehen.

Tunesien und Ägypten waren bis vor den Revolutionen beliebte Urlaubsländer – wenn man genau hinschaut, hat man aber nur gut bezahlte „Resorts“ gesehen und vom Elend der Leute nichts mitbekommen (wollen).

Auch in Deutschland wächst die Armut – auch wenn die Wirtschaft brummt

Und wenn man in Deutschland genau hinschaut, weiß man, dass Kinder ein Armutsrisiko bedeuten. Wenn man genau hinschaut, sieht man, wie die Armut wächst – obwohl die Wirtschaft bis vor kurzem brummte.

Die Konsequenzen werden – wenn man nicht hinschauen will – so sein, wie in vielen Teilen der Welt. Fürchterlich. Dort sind die Straßen gefährliche Orte und wer es sich leisten kann, meidet sie. Die „wohl“-habenden (siehe Stächele und andere, deren „Wohl“ immer auch Haben bedeutet) leben in bewachten Quartieren hinter hohen Mauern – wie im Knast. Wer ein wenig außerhalb von „idyllischen Paradisen“ der Urlaubsscheinwelt herumgekommen ist, weiß das.

Wer gerne dafür eintritt, in einem freien Land zu leben, das Bürgerrechte schützt und verteidigt, das die Zivilgesellschaft als Ziel hat und Bildung und Meinungs- sowie Informationsfreiheit als selbstverständlich erachtet, der wird ab einem gewissen Punkt sehr genau darüber nachdenken müssen, ob „Occupy“ nicht nur ein Bekenntnis, sondern im Zweifel ein Schlachtruf sein sollte. Für die Freiheit. Von möglichst vielen Menschen.

Bleiben Sie aufmerksam!

Ihr

P.S.
Wer die Meinung des Autors für eine „Einzelmeinung“ hält, kann gerne beim Debattenmagazin „Cicero“ weiterlesen.

Kampagne: Die Vielfalt der Zeitung

Rhein-Neckar/Koblenz/Bundesgebiet, 13. September 2011. Die Kampagne „Die Vielfalt der Zeitung“ geht auch 2011 weiter – solange, bis ein Verlag sie ab- oder einkauft. Das Netz ist aufgerufen, die Zeitung zu retten. Absurd? Keineswegs. Die Zeitung ist eine Wundertüte. Denn auch in Tüten können Wunder schlummern…

Aktualisiert: Dieser Artikel wurde seit Erscheinen am 03. März 2011 fortlaufend aktualisiert und wird heute mit aktuellem Datum neu veröffentlicht. Schließlich geht es um Zeitungen! In den vergangenen Monaten streikten Redakteure überall im Land und erzählten was von Qualitätsjournalismus. Doch darum geht es gar nicht. Es geht um Service. Um Nutzwert. Mittlerweile hat unsere Kampagne 47. Argumente für die Zeitung. Allen, die mitmachen, wird eine Erfolgsbeteiligung garantiert, falls ein Zeitungsverlag die Kampagne endlich kauft. Denn es geht um die Zukunft der Zeitung – nein, sogar mehr. Es geht um die Zukunft der Zivilisation, oder so ähnlich!

Von Hardy Prothmann

"Ein bisschen Spaß muss sein...", Christian Lindner, Chefredakteur der Rhein-Zeitung ist eigentlich ein ganz seriöser Journalist - hat aber auch ab und an den Schalk im Nacken. Hier präsentiert er in bunten Hosen die Bastelanleitung für eine Narrenkappe. Quelle: Mit freundlicher Genehmigung der Rhein-Zeitung.

Die Zeitungen habens arg schwer – die Abos und Leserzahlen gehen zurück und noch viel schlimmer: Die Werbeumsätze. Laut Experte Marian Semm verlieren Zeitungen pro 100.000 Auflage seit 2001 rund vier Prozent Umsatzerlöse, was rund einer Million Euro entspricht.

Der MM beispielsweise hat im zweiten Quartal 2010 gut 1.500 Abos verloren und eine Besserung ist nicht in Sicht.

Da ich mit der Zeitung aufgewachsen bin, bestürzt mich diese Situation zutiefst. Ähnlich wie bei den Robben-Babys, dem Deutschen Wald und ganz allgemein der Umwelt und unserer Zukunft, muss eine Kampagne her, die dieses langsame Dahinsiechen aufhält und die Zukunft der Zeitung sichert.

Vergessen Sie das Leistungsschutzrecht, verehrte Verlage. Selbst die Wirtschaft hält das für eine Art von Raubrittertum. Überzeugen Sie mit Leistung, dass ist der beste Schutz und das beste Recht.

Ich habe deshalb im Oktober 2010 eine Kampagne gestartet, mit der die bedrohten Zeitungsverlage die Vielfalt der Zeitung darstellen und bewerben können.

Im vergangenen Jahr kamen sage und schreibe 36 Vorschläge zusammen. Nummer 37 und der erste für dieses Jahr kommt von der Rhein-Zeitung (Koblenz) – die schlägt vor, dass man Narrenkappen aus der Zeitung basteln kann. Sehr kreativ, wie ich finde.

Machen Sie auch mit: Reichen Sie Vorschläge ein. Save the wundertüte!

Denn die Zeitung ist eine wahre Wundertüte – es steckt viel mehr in ihr, als man zunächst vermutet.

Das lässt sich in Wort, Bild, Ton und Video in eine wunderbare Imagekampagne umsetzen. Darum dürfen die Verlag ab sofort gerne pitchen – natürlich könnten die auch Ideen klauen (was man durchaus gewohnt ist), aber ich setze hoffnungsvoll auf einen Rest von Ehrlichkeit.

Ein Zeitungskollege schreibt als Vorschlag: „Man kann daraus Papierkugeln basteln und Prothmann damit bewerfen. Besser jedenfalls als mit Wattebäuschchen“. Diesen Vorschlag lasse ich nicht unerwähnt, füge ihn aber nicht als ernst gemeint ein.

Ihre Zeitung – Ihre Vielfalt:

  1. Man kann einen Fisch drin einwickeln (jahrhundertealte Tradition).
  2. Man kann Mücken damit totschlagen (sowie die Zeit).
  3. Man kann sich draufsetzen (gerade bei vollgekoteten Parkbänken sinnvoll).
  4. Man kann Geschirr darin einschlagen (wer schon mal umgezogen ist, weiß das).
  5. Man kann damit Fenster putzen (auch wenn manche auf HaRa schwören).
  6. Man kann damit Meerschweinchenställe auslegen (auch für Kaninchen und Goldhamster geeignet).
  7. Man kann damit Räume zum Renovieren auslegen (das weiß doch jeder).
  8. Man kann daraus „Malerhüte“ bauen (ist echt einfach).
  9. Man kann darin Blumen einwickeln, vorzugsweise auf dem Wochenmarkt (auf dem Markt Ihrer Wahl).
  10. Man kann damit basteln (Kindergarten und Schule und privat).
  11. Man kann damit Kunst machen (siehe Beuys).
  12. Man kann damit eine Unterlage für Gipsarme machen (einfach mal ausprobieren).
  13. Man kann sie gegen Fettablagerung auf Küchenschränke legen (das weiß jede gute Hausfrau).
  14. Man kann daraus Möbel basteln (Kreativkurs).
  15. Man kann daraus zusammengerollt eine Selbstverteidigungswaffe machen (siehe Jackie Chan).
  16. Man kann investigativ durch die Zeitungslochtechnik recherchieren (James Bond).
  17. Man kann andere im Zug davon abhalten, ein Gespräch anzufangen (in allen Bahnen dieser Welt).
  18. Man kann damit wichtig aussehen, vor allem, wen man möglichst viele Bordexemplare auf einmal in allen Sprachen mit zum Platz nimmt.
  19. Man kann damit nasse Schuhe trocknen (Wanderer-Trick 1).
  20. Man kann damit auch im Wald – Sie wissen schon (Wanderer-Trick 2).
  21. Man kann damit den Kamin anzünden. (read it – then burn it- Prinzip)
  22. Man kann sich damit daten (die und die Zeitung unterm Arm).
  23. Man kann sie sammeln.
  24. Man kann Artikel aus ihr Ausschneiden (sehr beliebt bei Bürgermeistern und Gemeinderäten der Grünen).
  25. Man kann sich dahinter verstecken (auch den klügsten Kopf).
  26. Man kann unter Zugabe von Leim jeden Trabbi damit reparieren (fragen Sie Ossis).
  27. Man kann damit seinen Frust abbauen: Stichwort Wutkrumpeln (macht viel mehr Spaß als Wutbälle).
  28. Man kann die Wutkrumpel seinen Katzen zum Spielen geben (die haben auch Spaß damit).
  29. Man kann die Zeitung im Zug vergessen und hoffen, dass sich jemand anderes drüber freut (Danke an Phil, siehe Kommentare).
  30. Man kann sich aus der Zeitung ein Kleid basteln (Danke an Christian Lindner, Chefredakteur Rhein-Zeitung http://ht.ly/31TTj).
  31. Man kann damit seinen Hund erziehen (politisch vielleicht nicht ganz korrekt – danke an Paul J. Hahn).
  32. Man kann damit seinen Briefträger trainieren (erweiterter Vorschlag auf Arg. 31, Danke an Thomas).
  33. Man kann den Hund die Zeitung zerfetzen lassen und damit andere Schäden vermeiden (Danke an Thomas).
  34. Man kann daraus Buchstaben für Bekenner- und Erpresserschreiben ausschneiden (Danke an Michael Klems).
  35. Man kann sie kündigen und bei Abo-Neuabschluss ne Kaffeemaschine als Prämie bekommen.
  36. Man kann sie wunderbar als Unterlage beim Gemüseschälen verwenden (Danke an Karen Belghaus).
  37. Man dann sich daraus eine Narrenkappe basteln (besten Dank an Christian Lindner von der Rhein-Zeitung.)
  38. Man kann aus Zeitungen auch Brücken bauen (Japan). (Danke an Christoph von Gallera)
  39. Man kann Zeitungen als Türsturzfüllung verwenden (im eigenen Haus gefunden als Füllmaterial aus den 50-er Jahren). (Danke an Christoph von Gallera)
  40. Man kann mit einer Zeitung unterm Arm so tun, als wäre man gebildet. (Danke an Michi.)
  41. Man kann mit einer Zeitung politisch korrekt Geschenke einpacken. (Dank an Michi.)
  42. Man kann mit einer Zeitung Boxen ausstopfen. (Danke an Michi.)
  43. Zur Not kann man sie auch als Klopapier verwenden. (Danke an Michi.)
  44. Man kann mit einer Zeitung und Kleister hübsche Lampfenschirme basteln. (Danke an Michi.)
  45. Man kann mit der Zeitung auch „Langeweile“ überwinden und zunächst ein Zimmer damit tapezieren und dann erst alle „A“-Buchstaben, dann alle „B“ usw, einkringeln – vielleicht ein neuer Therapie-Ansatz? (Danke an Marietta)
  46. Man kann die Zeitung als Unterlage verwenden, damit man die Tischdecke nicht verkleckert. (Dank an Giesela S.)
  47. Man kann mit einer Zeitung (politisch korrekt) Geschenke einpacken. (Dank an Torsten S.)

Das sind jede Menge gute Gründe, die zeigen, wie vielfältig Zeitung ist oder sein kann – auch wenn viele sie für einfältig halten. Ob man sie auch noch lesen kann oder will, ist doch nun wirklich nur ein Grund unter vielen.

Und versuchen Sie mal einen der oben genannten Gründe mit Ihrem Notebook, Ihrem Handy  oder dem IPad… (naja, bis auf Grund 22, 40).

Sie sehen – die Qualität der guten alten Tante Zeitung ist einfach atemberaubend vielfältig.

Unglaublich ist auch ihr Beitrag zur Völkerverständigung – den überall auf der Welt, in allen Sprachen, mit allen politischen Hintergründen gelten alle Pro-Argumente überall gleich.

Und jetzt kommen Sie und zeigen mir auch nur ein einziges Produkt, ein einziges Kulturgut, das ähnlich vielfältig wie die Zeitung ist.

Sie werden keins finden – die Zeitung ist das Symbol für Vielfalt, für jedweden Nutzen. Oder?

Jetzt muss sich nur noch eine Zeitung finden, die mutig, humorvoll und selbstironisch genug ist, all diese positiven Eigenschaften zu bewerben.

Mal schauen, wer sich so alles um diese einzigartige Kampagne bewerben wird.

Sollte es so sein wie seit vielen Jahren, kopiert irgendjemand aus dem Internet die Idee sehr erfolgreich und die Zeitungen haben wieder das frustvolle Nachsehen.

Lehnen Sie sich auf, verehrte Zeitungsverleger. Geben Sie Gas. Seien Sie mutig.

Es lohnt sich.

Wenn Sie jetzt denken, dass Sie dafür nichts zahlen müssen, sind Sie schief gewickelt.

Gute Ideen haben immer ihren Preis – schlechte Zeitungen nicht.

Geprothmannt: Grün-Rot hat gewonnen – und zwar einen Haufen Probleme


Rhein-Neckar/Stuttgart, 28. März 2011. (red) Noch im Abgang haben verschiedene CDU- und FDP-Vertreter demonstriert, warum sie abgewählt worden sind. Wer Wählerinnen und Wähler als „emotionalisiert“ verunglimpft, zeigt, dass er nicht mehr ganz bei Verstand ist und zu recht in eine fünfjährige Nachdenkpause geschickt wird.

Von Hardy Prothmann

Die Arroganz der Macht hat die Wahl entschieden.

Mit pauschalen Urteilen ist das immer so eine Sache – man tut garantiert jemandem Unrecht. Denn es gibt sie nicht, die homogene Gruppe, in der alle gleich sind. Genausowenig wie es „die“ Lösung gibt, die alle Probleme beseitigt.

Wo Du auch hingehst, ist schon ein Schwarzer da

Doch das haben CDU und FDP den Menschen lange vorgegaukelt. Sie haben gelogen und betrogen, was das Zeug hält. Heute gesagt, was morgen nicht mehr gilt. Interessen bedient, die selten die der ganz allgemeinen Wählerinnen und Wähler waren, so wie Du und ich.

Sondern die von mächtigen Konzernen. Und natürlich die des einzigartigen Netzwerkes, das sie gestrickt haben. „Wo Du auch hingehst, ist schon ein Schwarzer da“, heißt ein geflügeltes Wort.

Wichtige Ämter und Posten sind mit strategischen Parteibuchinhabern besetzt, „damit’s läuft in Baden-Württemberg“. Natürlich gibt es nur ein richtiges Parteibauch, naja und eins, das man auch akzeptiert. Rot oder grün durfte es auf keinen Fall sein.

Parteibuch-Karrieren

So entschied oft nicht die Kompetenz, wer einen Job erhählt, sondern die Parteifarbe und der Wille, sich in dieses System einzugliedern.

Mit der Zeit degeniert so ein System. Bis die Menschen das merken, dauert es. Aber irgendwann merken sie es. „Alles super im Ländle“, hat schon längst niemand mehr wirklich geglaubt.

Wem da der Glaube abhanden gekommen ist, der wurde mit der Angst bei der Stange gehalten. Die Kommunisten-Angstmache geht immer. Gleich darauf folgt die Verarmungs-Angstmache. Dann die Bedeutungs-Angstmache. Dann die Bedrohungs-Angstmache.

Diffamierungsbrauchtum

Als Argument war jedes Mittel recht. Noch der hohlste Vergleich wurde als Beweis herangezogen. Und die grundanständigen CDU-ler waren sich niemals zu fein, um zu diffamieren, was das Zeug hält.

Die Diffamierung der Grünen als „Dagegen-Partei“ war so etwas wie die Quintessenz des Schmutzwerfens.

Und sicher glauben die „Anstandsträger“ qua Parteibuch noch nach der Wahlschlappe, dass das irgendwas mit der „Unanständigkeit“ der anderen zu tun hat. Und wenn die es nicht waren, dann sind es eben die Wähler.

Zu doof zum Denken

Und die waren angeblich „emotionalisiert“ – sprich: Zu doof zum Denken und nur ihren temporären Gefühlswallungen unterworfen, heißt das. Wer so über Menschen redet, die nicht mit dem einverstanden sind, was man tut, der will diese Menschen auch nicht regieren und gehört – richtig: abgewählt.

Die Alternative hat Winfried Kretschmann geboten: Er hat sich dazu bekannt, wo gegen er ist. Und er hat den Spieß einfach umgedreht und auch gesagt „wofür er ist“. Und der Ausstieg aus der Kernkraft ist das, was die Mehrheit im Land will.

Geradezu ekelerregend ist das „Argument“, Fukushima sei den Grünen doch „gerade recht gekommen“: „Des hawwe die doch schamlos ausgenutzt“, hat man nicht von wenigen gehört. Wer so schamlos solch dumme Behauptungen aufstellt, hat längst jedes Schamgefühl verloren.

Grüner Glaubwürdigkeitsvorteil

Die Grünen haben einen absoluten Glaubwürdigkeitsvorteil – sie fordern den Ausstieg schon seit 30 Jahren. Jetzt sind sie gewählt und müssen sich ihrer Verantwortung stellen.

Und das wird eine schwere Aufgabe. Denn sie müssen den Dreck wegräumen, den andere ihnen hinterlassen haben. Das wird dauern und derweil werden die, die den Dreck verursacht haben, wieder ihre Häme ausschütten, weil die, die den Dreck nicht haben wollten, ihn nicht schnell genug beseitigen können.

Ein Haufen Drecksprobleme

Da sind zum einen die Atomkraftwerke von EnBW, die Baden-Württemberg „gehören“. Der EnBW-Aktienrückkauf ist über Schulden finanziert, die Atomenergie ist eine Cash-Cow für EnBW. Werden sie abgeschaltet, fehlen gut 400 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Das drückt die Dividende empfindlich – mit der sollten aber die Schulden abgebaut werden. Wie man aus diesem Dilemma rauskommt, hat noch keiner nachvollziehbar erklären können.

Die Grünen haben nun einen Haufen Probleme zu beseitigen, sagt Hardy Prothmann. Bild: sap

Da ist Stuttgart21. Die Grünen wollen das Volk entscheiden lassen. So paradox es klingt. Das könnte für die Grünen eine „saubere Lösung“ sein. Sollte es stimmen, dass mittlerweile eine Mehrheit dafür ist, machen die Grünen mit der SPD zusammen den Volksentscheid, das Volk sagt ja und man ist fein raus. Bürgerbeteiligung versprochen, gehalten, akzeptiert.

Doch was, wenn es anders kommt? Dann drohen wieder enorme Schäden, durch bereits ausgegebene Gelder und Prozesse. Dann gibt es das Projekt nicht, kosten wird es aber trotzdem.

Die Schulreform ist ein Murks – die Reform zu reformieren wird wieder Geld kosten. Und die schon arg strapazierten Nerven aller Beteiligten. Und die Kommunen müssen dringend entlastet werden – das wird ein ganz enorme Kraftanstrengung.

Und ob es mit der Wirtschaft in nächster Zeit gut läuft – wer weiß? Fukushima hat Japan gelähmt, die Auswirkungen sind immer noch nicht ganz klar.

Und als wäre das alles noch nicht genug, wird viel im gut geschmierten Baden-Württemberg nicht mehr „laufen“ – denn überall, wo „Schwarze“ sitzen, wird es Widerstand geben. Außer, man legt den Sumpf trocken. Auch das wird kosten.

Die grün-rote Regierung wird dabei enormen Gegenwind bekommen. Denn die vierte öffentliche Macht, die Presse, ist eindeutig Teil des schwarzen Systems und muss Angst haben, als nächstes „dran zu sein“. Nämlich dann, wenn die Menschen im Land erkennen, wie sie über Jahrzehnte Informationen vorenthalten bekommen haben und an der Nase herumgeführt wurden.

Mehr Transparenz muss her

Deshalb muss nicht nur die Energieversorgung verändert werden – auch die Infrastruktur der Meinungsbildung braucht einen Umbau. Hin zu mehr Transparenz und Ehrlichkeit. Und Bürgerbeteiligung.

Unsere Blogs bieten das. Aber nicht, um ein „grünes System“ mit denselben Methoden zu stützen, wie das vorher „im schwarzen System“ gelaufen ist. Wir bleiben kritisch, freuen uns aber auf eine Zusammenarbeit. Denn eigentlich kann es nur besser werden.

Unsere Redaktion wird den Grünen genauso auf die Finger schauen, wie wir das mit allen Parteien machen. Es gibt allerdings einen Vorteil – bislang haben die Grünen sich sehr transparent und gesprächsbereit gezeigt. Auch kritikbereit. Mal schauen, ob das so bleibt.

Denn die Arroganz der Macht kann jeden überwältigen, der nicht aufpasst.

Geprothmannt: Mit „klassischen Medien“ werden Sie aus zweiter Hand informiert. Prädikat: „mangelhaft“.


Guten Tag!

07. Februar 2011. Haben Sie mitbekommen, dass in der arabischen Welt eine Revolution stattfindet? Ja? Wie haben Sie sich darüber informiert? Über ARD und ZDF? In Ihrer lokalen Tageszeitung? Dann sind Sie leider vermutlich sehr schlecht informiert. Oder haben Sie sich online informiert? Dann könnten Sie besser informiert sein, wenn Sie die richtigen Quellen kennen.

Von Hardy Prothmann

Wer sich in Deutschland über die Revolution in den arabischen Staaten informieren möchte, ist denkbar schlecht beraten, wenn er dafür ARD und ZDF oder „seine Zeitung“ benutzt und darauf vertraut, umfassend, hintergründig und aktuell informiert zu werden.

Informationen? Klar – gibts im Ausland.

Tatsache ist: Man ist viel besser informiert, wenn man die Programme von Al Jazeera, CNN oder BBC einschaltet. Oder die Berichterstattung der amerikanischen New York Times, der spanischen El Pais, der französischen Le Monde oder des britischen Guardian verfolgt.

Das Problem dabei ist: Man muss schon einigermaßen gut Englisch können, um die Nachrichten der Sender und Zeitungen zu verfolgen. Oder ausreichend Spanisch oder Französisch. Gute arabische Sprachkenntnisse wären noch mehr von Vorteil – denn dann könnte man viele Originalmeldungen verstehen.

Begrenzte Globalisierung.

Das größte Problem: Wenn man das nicht kann, ist man auf die Angebote von ARD und ZDF oder der Lokalzeitungen im wahrsten Sinne des Wortes „begrenzt“ – und das in Zeiten der Globalisierung.

Sie können sicher davon ausgehen, dass weder der Mannheimer Morgen, noch die Rhein-Neckar-Zeitung und schon gar nicht die Weinheimer Nachrichten irgendeine eigene redaktionelle Leistung zur Lage anbieten wollen oder können. Was Sie auf den Titelseiten lesen, sind ganz überwiegend „Agenturmeldungen“.

Die erscheinen auch in Dutzenden anderen Zeitungen. 1:1. Das sind Berichte, die wie industriell gefertigte Tielkühlpizzen vervielfältigt werden. Ohne „eigenes Rezpt“, ohne eigene „Experten“, ohne eine eigenständige Leistung der jeweiligen Redaktion.

Vor Ort ist immer lokal.

Unser Anspruch ist die lokale und regionale Berichterstattung – aber immer, wenn die Nachrichtenlage es erfordert, bringen wir auch die „Weltnachrichten“ zu unseren Leserinnen und Lesern. Denn wir alle leben vor Ort, interessieren uns aber auch dafür, was woanders passiert.

Hardy Prothmann schreibt seine Meinung auf. Die ist "geprothmannt". Bild: sap

Unser Interview mit Christoph Maria Fröhder, einem der erfahrensten und besten deutschen Krisenreporter der vergangenen Jahrzehnte auf dem Rheinneckarblog hat Wellen geschlagen. ARD und ZDF waren „not amused“ über die klaren Worte und die eindeutige Kritik. „Intern“ haben wir erfahren, dass das ZDF „stinksauer“ auf uns ist.

„So what“, sagen wir und sind ebenfalls „stinksauer“ – über die unzureichende und schlechte Berichterstattung der mit Milliarden an GEZ-Gebühren „gepamperten“ Sender, von denen wir und unsere Leserinnen und Leser zu Recht mehr als diese schwachen Leistungen erwarten.

Über das Interview mit Herrn Fröhder hinaus haben wir uns um exklusive Nachrichten bemüht und „berichten“ anders, als das öffentlich-rechtliche Sender und Zeitungen tun. Wir verlinken Quellen und kommentieren diese auf Facebook und Twitter. Zwei Internet-Dienste, die mit dafür verantwortlich gemacht werden, dass die „arabische Revolution“ gegen den Terror und die Diktaturen überhaupt möglich geworden ist.

Es gibt durchaus eine Verbindung zwischen den arabischen Ländern und Deutschland. Wer sich hier wie dort auf die „klassischen Medien“ verlässt, erhält immer nur gefilterte Nachrichten.

Zweifel an der Qualität müssen immer möglich sein.

ARD und ZDF sind ebenso wie Lokalzeitungen sicherlich nicht mit der Rolle von staatlich gesteuerten Medien in Diktaturen zu vergleichen – aber man darf durchaus Zweifel an der Qualität ihrer Produkte haben. Vor allem dann, wenn man vergleicht, was das Produkt, in diesem Fall Journalismus, leistet.

Würde man den Journalismus vieler deutscher Medien mit der Autoindustrie vergleichen, stände unumstößlich fest, dass deutsche Medien deutlich weniger Komfort, Leistung, Innovation bieten als „ausländische Anbieter“, dass das Preis-Leistungsverhältnis ebenso wie die „Pannenstatistik“ und auch der „Service“ katastrophal sind und unterm Strich einfach nur ein „mangelhaft“ übrig bleibt.

Das gilt selbst für den „gelben Faktor“, also die so genannte „Yellow-Press“. Alle interessanten „Nachrichten“ und „Infos“, die man hierzu in Deutschland lesen kann, sind nur ein „Ab-„Klatsch internationaler Meldungen und werden in Deutschland „wiederverwertet“. Ausnahmen liefern ab und an Bild und Bunte, die „Promis“ aus der vorletzten Reihe irgendwie „interessant“ machen.

Die Umbrüche in der arabischen Gesellschaft zeigen einen desaströsen Zustand des deutschen Journalismus. Wo lesen, hören, sehen Sie die Berichte von vor Ort über das, was Muslime hier erleben, wenn diese die Nachrichten in Tunesien und Ägypten verfolgen? Wo sind die Berichte, wie Deutschland sich mit seiner weltweit einzigartigen „Erfindung“ des Mauerfalls als Partner für europäische Nachbarländer (und das sind alle Mittelmeer-Anreiner-Staaten) einsetzen könnte?

Geduld? hat die Welt nicht mehr.

Unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel diskreditiert sich völlig, wenn sie zur „Geduld“ mit einem Diktator wie Husni Mubarak aufruft. Übersetzt heißt das: „Habt Geduld mit mir, denn ich habe keine Ahnung, wie ich mit der Situation umgehen soll.“

Was haben Tunesien und Ägypten nun mit unserer lokalen und regionalen Berichterstattung zu tun?

Sehr viel mehr, als heute, hier und jetzt auf den ersten Blick klar sein mag.

Zukünftig werden Entscheidungen und Entwicklungen, die in Bayern oder Schleswig-Holstein fallen, auch in Nordbaden ein Rolle spielen.

Warum? Weil man hier vor Ort erfahren kann, was dort vor Ort passiert oder passiert ist.

Facebook und Twitter schaffen Demokratie. Absurd? Nein. Real.

Man kann diese Informationen verwenden, um den Schaden, der woanders entstanden ist, abzuwenden. Und noch viel besser: Man kann das, was woanders gut oder sehr gut „gelaufen ist“ einfach übernehmen. Gut informiert – mit allen „problematischen“ und allen „positiven“ Erfahrungen.

Das ist ein Erfolg der „Facebook“-Generation, der freien Medien oder auch nur der „Handy-Revolution“, wie Beobachter Ägypten einordnen. Man verbindet sich, man kommuniziert miteinander, man tauscht sich aus, man hat mehr als eine Quelle der Information.

Das ist die Basis für friedliche „Revolutionen“ – die ägyptischen Regime-Gegner sind nicht als Brandschatzer und Gewaltverbrecher aufgefallen, sondern durch ihren Willen zur Demokratie – sehr zur Verwirrung „geprägter“ Meinungen, die sich schwer tun, eine Muslim-Bruderschaft als notwendige Organisation anzuerkennen.

Das ist neu, das ist einzigartig, das gibt Hoffnung.

Von den Medien darf man erwarten, dass sie Mubarak einen alten Mann sein lassen. Der 82-jährige Diktator soll sich in Heidelberg behandeln lassen dürfen. Egal, was das kostet. Gönnen wir ihm den „goldenen Abgang“ – der Mann ist so reich und hat sein Volk so sehr betrogen. Bringt irgendein „Tribunal“ eine Besserung für seine „Untaten“?

Eher nicht.

Tunesien und Ägypten sind beliebte Reiseläner der Deutschen – und mal ganz ehrlich? Lohnt es sich nicht, für einen entspannten Urlaub unter afrikanischer Sonne, ein wenig für Demokratie, gerechte Löhne und stabile Verhältnisse einzutreten?

Der „Service“ würde sicher davon profitieren. Oder auch unserer aller Bekenntnis zur Demokratie.

Deswegen: Nutzen Sie die neue Medien. Verfolgen Sie, was passiert.

Schreiben Sie Ihre Meinung auf. Schreiben Sie an die Programmbeiräte von ARD und ZDF. Stellen Sie Forderungen. Schreiben Sie an die Zeitungen und fordern Sie mehr Informationen.

Die Menschen in Ägypten und Tunesien und anderswo tun das auch. Weil sie gerne in einer freiheitlichen Ordnung leben würden.

Diese Menschen gehen dabei ein hohes Risiko ein – wir haben die Möglichkeit, ohne Risiko für Menschenrechte, Freiheit und Demokratie einzutreten.

Tun wir das nicht, wächst das Risiko, dass wir das irgendwann nicht mehr ohne Risiko können.

Anmerkung der Reaktion:
Unsere „allererste“ Aufgabe, die lokale Berichterstattung mag etwas „gelitten“ haben – wir hoffen, Sie sehen uns das nach, angesichts der Belastung. Wir sind nur ein kleines Team. Sie können sicher sein, dass wir an den Themen vor Ort dranbleiben.

„Geprothmannt“ erscheint im Wechsel mit anderen Kolumnen immer montags.