Reiner Zufall oder klares Kalkül?, ist keine Frage, wenn man die Berichterstattung des Mannheimer Morgen in den vergangenen Wochen über das geplante Pfenning-Projekt in Heddesheim kritisch verfolgt.
Kalkül ist die korrekte Antwort.
Kommentar: Hardy Prothmann
Ist es Zufall oder Absicht, wie der Mannheimer Morgen seine Themen über Heddesheim und die in dessen Gewerbegebiet geplante Pfenning-Ansiedlung setzt?
Ist es Zufall oder Absicht, dass rund zwei Wochen vor der Wahl eine fiktive Heldenstory über zwei amtierende Gemeinderäte, mehrere andere Gemeinderäte und den Bürgermeister erscheint?
Ist so eine Frage abwegig?
Würde man die Berichterstattung des Mannheimer Morgen als „zufällig“ bezeichnen, wäre das ein journalistisches Armutszeugnis für die rechtsrheinische Monopolzeitung.
Als Monopolzeitung kann sich das Blatt, das früher einen guten Ruf genoss, diese Armut zwar erlauben, aber es gibt auch in Monopolsituationen immer noch einen gewissen Ehrgeiz. Und wenn es auch nur der des Besserwissens oder des Interessenwahrens ist.
So berichtet der Mannheimer Morgen nur durch „seine Brille“ („Durch meine Brille“ heißt eine Kolumne im MM, intern „Klobrille“ genannt).
Im konreten Fall ist das eine Sehhilfe, die verschiedene journalistische Tugenden zweifelsfrei herausfiltert:
- Die eigene Recherche zur Überprüfung von Hypothesen – findet nicht statt.
- Die „andere“ (das können viele sein, d. Red.)  Seite wird nicht gehört und wenn, dann mit entsprechendem Filter.
- Nachrichten und Berichte werden nicht objektiv, sondern interessenorientiert verfasst.
- Eine vorurteilsfreie Recherche zur Dokumentation „objektiver“ Sachverhalte wird nicht angestrebt.
Diese Thesen lassen sich leicht begründen:
- Eine Geschichte, die die Sorgen betroffener Bürger durch Recherche bei diesen Bürgern versucht zu beschreiben, ist bis heute im Mannheimer Morgen nicht erschienen.
- Dass hätte beispielsweise eine (nicht-repräsentative) Umfrage, wie sie in Lokalzeitungen häufig bei strittigen Themen gemacht wird, sein können.
- Wenn die „Gegenseite“ (also nicht die offizielle, sprich Gemeinderat, Bürgermeister, Firma, d. Red.) gehört wird, dann immer mit einem Verweis darauf, dass diese Meinung aus verschiedensten Gründen nicht zulässig ist.
- Artikel, die ein Für und Wider, also die echte Darstellung gegensätzlicher Positionen beschreiben, fehlen vollständig.
- Originär eigene Recherchen zu Sachverhalten, die in der Öffentlichkeit nicht schon vorher bekannt waren, fehlen vollständig.
Dafür gibt es Heldengeschichten, von Feuerwehrleuten, die „eine gute Truppe“ sind, auch wenn sie nur „fiktive Szenarien durchspielen“. Handelnde Personen sind wie durch „Zufall“ amtierende Gemeinderäte und der Bürgermeister. Eben eine „gute Truppe“.
Teil der „guten Truppe“ sind auch Bürgermeister und Gemeinderäte. Die Frage ist: Warum eigentlich?
Nicht eine solche Geschichte ist über einen neuen Bewerber für das Amt in den entscheidenden Wochen vor der Wahl im Mannheimer Morgen zu lesen gewesen. Davon gibt es einige.
Beispielsweise den Kandidaten Michael Bowien (SPD), den man nicht nur zitieren kann, sondern der darüber hinaus auch für aussagekräftige Interviews  zur Verfügung steht.
Zuvor haben sich auch zwei „grüne“ Kandidaten als Gegner des Pfenning-Projekts geäußert. Ein Interview mit einem von beiden? Fehlanzeige. Im MM ist das nicht zu lesen.
Dafür gibt es ein Interview mit der Firma Pfenning, einfach so, vor dem verlängerten Wochenende:
„Unser Unternehmen legt Wert auf eine offene und sachliche Diskussion mit den Heddesheimer Bürgern„, sagen Pfenning-Geschäftsführer Uwe Nitzinger und Pressesprecherin Pélagie Mepin. „Wir wollen daher erneut versuchen, möglicherweise nicht ausreichend beantwortete Fragen klar zu beantworten.“ Zu diesem Zweck fand gestern ein Gespräch mit unserer Zeitung satt (sic!).“
Was war passiert? Welchen Anlass gab es für dieses Interview?
Keinen aktuellen. Dafür einen gewünschten.
Den mehrerer Botschaften, die mit dem Anfang des Artikels, bevor noch eine Frage gestellt wird, beantwortet werden. Nochmal das Ganze:
„Wir führen eine offene und sachliche Diskussion (andere sind möglicherweise nicht offen und unsachlich, d. Red.)“ „mit den Bürgern (andere müssen demnach gegen die Bürger sein). „Wir wollen daher erneut versuchen („Wir haben es schon oft versucht“, was nicht zutriftt, d. Red.)“ „möglicherweise nicht ausreichend beantwortete Fragen (davon gibt es jede Menge, die sehr sicher nicht ausreichend beantwortet sind, d. Red.)“ „klar (andere sind nicht klar) zu beantworten“.
„Klar beantworten“ geht in diesem „Interview“ von Anja Görlitz dann so:
„Frage Görlitz: Hätten Sie ein Problem damit, wenn die Gemeinde diesen Vertrag offenlegen würde?
Antwort: Ja. Der Gemeinderat kennt diesen Vertrag, damit ist aus unserer Sicht der Öffentlichkeit Genüge getan.“
Der Gemeinderat sieht das genauso. Er ist die Öffentlichkeit.
Die darüber hinaus gehende Botschaft ist:
„Wir wollen wachsen, nicht schrumpfen“. Die Botschaft hinter der Botschaft: „Wir wollen nach Heddesheim und wachsen, wenn wir das nicht können, wird Heddesheim schrumpfen“.
Diese These wird auch vom Bürgermeister und den Fraktionen der CDU, FDP und SPD vertreten. Eben den „Helden“: der Feuerwehr. Wenngleich die FDP nicht explizit aufgetreten ist, weil vielleicht keiner bei der Feuerwehr ist. Man kann sie aber unter „gemeinsam mit einigen Gemeinderäten“, die zur Truppe gehören, einsortieren.
Ein Interview, ein Porträt, ein Bericht, über die, die nicht „wachsen“, sondern „entwickeln“ wollen und die Frage, was sie bewegt, was sie denken, fehlt vollständig. Im Mannheimer Morgen.
Stattdessen gibt es eine fiktive Heldengeschichte.
Mit Hintergedanken.
Anmerkung der Redaktion:
Damit keine Missverständnisse aufkommen: Das heddesheimblog kritisiert nicht die Feuerwehr und ihre Übungen. Freiwillige Feuerwehren und der Einsatz der ehrenamtlichen Feuerwehrmänner sind ein hohes Gut. Um im Notfall helfen zu müssen, ist es notwenig, dass die Feuerwehr übt.
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Dkumentation: Es brennt in Heddesheim!
Dokumentation: Die gute Truppe
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