Guten Tag
Hirschberg/Heddesheim, 28. September 2010. Die Grüne Liste Hirschberg (GLH) hat im Gemeinderat einen Antrag auf eine Normenkontrollklage gegen die Gemeinde Heddesheim in Sachen „Pfenning“ gestellt. Die Folgen dieses Antrags sind noch nicht absehbar – dafür aber viele Szenarien.
Update: Der nachfolgende Kommentar hat zu einer aus unserer Sicht nicht nachvollziehbaren Reaktion des Hirschberger GLH-Sprechers Jürgen Steinle geführt. Wir haben darauf mit einem offenen Brief geantwortet.
Kommentar: Hardy Prothmann
Die Grüne Liste Hirschberg (GLH) handelt konsequent und im Auftrag ihres Eids verantwortlich – sich zum Wohl ihrer Gemeinde oder der Abwehr von Nachteilen einzusetzen -, wenn sie einen Antrag stellt, der genau dieses, also „Wohl“ und „Abwehr von Nachteilen“, thematisiert und eine Entscheidung fordert. In diesem Fall zur Klage gegen den Nachbarn Heddesheim.
Anträge kann jede Fraktion stellen und mancher Antrag steht vielleicht nicht immer im Kontext eines ausschließlichen Wohls für die Gemeinde, sondern auch des Wohls der Partei oder der Gruppierung, die ihn stellt.
Parteitaktik oder Wohl der Gemeinde?
Aus Sicht der anderen Parteien wird dieser Umstand sicherlich immer vernünftig und politisch klug abgewogen: Was ist Parteitaktik, wann geht es tatsächlich „nur“ um das Wohl der Gemeinde?
Im Fall „Pfenning“ geht es ganz sicherlich vor allem nicht um „Parteitaktik“, sondern ganz überwiegend um das „Wohl der Gemeinde und der Abwehr von Nachteilen“. Denn die Ansiedlung des Logistik-Konzerns „Pfenning“ in Heddesheim hat unter den geschaffenen Bedingungen mit Sicherheit negative Auswirkungen auf die Gemeinde Hirschberg.
Warum sonst hat „Pfenning“ keinen „Verkehrslenkungsvertrag“ mit Hirschberg, wohl aber mit Heddesheim (wo entschieden wurde, was allein entscheidend war) getroffen? Warum sonst gibt es weder Signale noch eine Versicherung auf „einvernehmliche Lösungen“ aus Heddesheim? Warum fehlt jedes Signal des Unternehmens in Richtung Hirschberg, „pfleglich“ mit der sensiblen Situation umzugehen?
Massivste Belastungen auf der B3.
Die Hirschberger BürgerInnen entlang der B3 müssen über die schon vorhandenen massivem Belastungen weitere massivere Belastungen fürchten. Und auch darüber hinaus andere Hirschberger durch „Vermeidungsverkehr“, wenn er sie A5 und dann die B3 „zu“ sind.
Die B3 ist die offizielle Entlastungsstraße für eine überforderte A5. Nach der B3 gibt es keine „Entlastungsstraße“ mehr, sondern nur noch die belasteten Nerven aller, die im Verkehrschaos stecken.
Die Hirschberger Parteien und Gruppierungen von CDU, SPD, FDP und Freien Wählern sind gut beraten, wenn sie den Antrag der GLH unterstützen, weil es nicht um Parteitaktik geht, sondern um das Wohl der Gemeinde – in diesem Fall um die Abwehr von tatsächlichen Nachteilen.
Für Hirschberg gibt es keine „vermuteten“ Vorteile, sondern nur absehbare Nachteile.
Die „vermuteten“ Vorteile in Heddesheim (Arbeitsplätze, Gewerbesteuer) spielen aus Hirschberger Sicht keine Rolle.
Für die BürgerInnen, für die Geschäfte in Hirschberg, für das Gewerbegebiet, die alle einen ordentlichen Beitrag zum Wohlstand der Gemeinde jährlich liefern.
Bemerkenswert ist, wie die Gemeinde Heddesheim, vertreten durch ihren Bürgermeister Michael Kessler und die Mehrheit des Gemeinderats es bislang vollständig versäumt hat, den „guten“ Nachbarn, die Gemeinde Hirschberg zu besänftigen.
Obwohl der Ansiedlungsprozess, der in Heddesheim von der Mehrheit von 12:9 Stimmen im Gemeinderat vertreten wird, vor Ort für jede Menge Aufregung, ja sogar für eine „Spaltung“ des Orts gesorgt hat, gibt es aus Heddesheim durch die „Mehrheit“ bis heute keinen dokumentierten Versuch, den guten Nachbarn „Hirschberg“ ernst zu nehmen mit seinen Sorgen.
Abrechnung.
Ganz im Gegenteil wurden „Bedenken“ aus Hirschberg bei der Entwicklung des Heddesheimer Gewerbegebiets ins Feld geführt – als wäre das eine Art „Auge um Auge“-Abrechnung.
Dafür wird aber der „gute Nachbar“ „Pfenning“ hoffiert. Der Chef von Pfenning, Karl-Martin Pfenning, das nur nebenbei, wohnt in Hirschberg. Deswegen ging man wohl davon aus, dass „Hirschberg“ wohl keine Probleme machen wird.
Karl-Martin Pfenning ist in Hirschberg ein Privatmann (sicherlich mit allerbesten Verbindungen), in Viernheim Unternehmer und in Heddesheim Investor. Das sind sehr unterschiedliche Rollen, wenn auch alle „machtbesetzt“ sein dürften.
Verhältnis Hirschberg-Heddesheim.
Die Gemeinden Hirschberg und Heddesheim sind enger verbunden als durch eine bloße „Nachbarschaft“. Sie betreiben seit kurzem eine gemeinsame Werkrealschule und seit längerem einen gemeinsamen Wasserversorgungsverband.
Das heißt – sie sind auf den Dialog miteinander angewiesen. Ohne Dialog, ohne Konsens, wird hier fast nichts entschieden werden können. Ganz ohne „Pfenning“ geht es hier um das öffentliche Gemeinwohl aller, um Kinder und ihre Ausbildung. Ein „gespanntes“ Verhältnis kann hier niemand brauchen.
Auch die Bürgermeister müssen miteinander können. Können Sie das? Das ist den Gemeinden zu wünschen. Für ihr Wohl. Und das meint explizit nicht das der Bürgermeister, sondern der BürgerInnen.
Bürgermeister unter sich.
Der Heddesheimer Bürgermeister Michael Kessler hat seinem Hirschberger Kollegen Manuel Just schon mal „geschuldete Unerfahrenheit“ in Sachen Werkrealschule ins Fahrtenbuch geschrieben. Kessler ist gut acht Jahre länger im Amt als der sehr viel jüngere Just. Diese Bemerkung hat das Verhältnis zwischen „souveränen“ BMs auf „Augenhöhe“ sicherlich nicht gut getan.
Beide Bürgermeister sind fleißig und ehrgeizig. Und beide suchen ihren Erfolg. Und egal, was wer baut – letztlich geht es immer um den Ruf, um das Image, um die Ehre: Ob als Kanzler Brandt mit seinem Kniefall als Kanzler der Versöhnung oder Kanzler Kohl als Kanzler der Einheit. Es geht am Ende immer um Geschichte.
Bis die geschrieben ist, gibt es viel zu tun. Als Nachbar-Bürgermeister müssen Kessler und Just miteinander auskommen. Irgendwie. Umso mehr, umso mehr sie miteinander zu tun haben.
Sie sind aber auch jeweils für ihren Ort und ihre Bürgerinnen verantwortlich. Das bedeutet oft, dass sie einen Spagat können müssen.
Kein Mitleid für Bürgermeister.
Bevor jetzt Mitleid aufkommt: Baden-Württembergische Bürgermeister wollten wie alle anderen in dieses Amt kommen. Sie sind politische Beamte auf Zeit, werden dafür sehr, sehr gut bezahlt, haben eine große Macht und damit eine große Verantwortung.
Während Bürgermeister Manuel Just ganz klar seine Sorgen und damit seine Verantwortung hinsichtlich des „Pfenning“-Verkehrs geäußert hat, fehlt bislang jede öffentlich bemerkte Äußerung seines Kollegen Michael Kessler zum Thema.
Denn Bürgermeister Kessler arbeitet an seiner Geschichte: Er will der 100-Millionen-Euro-Kessler werden. Kein anderer Bürgermeister einer kleinen Gemeinde (und vieler großen) vor ihm und wahrscheinlich lange nach ihm wird auch nur annähernd eine solch gigantische Investition sein „Eigen“ nennen können.
Arroganz bleibt nicht ohne Folgen.
Die Arroganz, die Kessler, die CDU, die SPD und die FDP in Heddesheim sich bislang geleistet haben, kann nicht ohne Folgen für Hirschberg bleiben.
Bürgermeister Manuel Just hat sich transparent geäußert. Seine begründeten Zweifel sind wohl und verantwortlich im Sinne auch seines Eids formuliert: Er hat sich bereits klar für das Wohl seiner Gemeinde und zur Abwehr von Nachteilen geäußert.
Der Antrag der Grünen entspringt derselben Verantwortung. Die Hirschberger CDU, SPD und FDP sowie die starken Freien Wähler – die es in Heddesheim noch nicht gibt – können sich ohne jeglichen parteitaktischen Gesichtsverlust sofort und ohne Probleme den Sorgen des Bürgermeisters und dem Antrag der GLH zur Abwehr von Nachteilen für die Gemeinde anschließen.
Ein Bürgermeister gibt immer die Linie vor – im Guten wie im Schlechten. Bürgermeister Just hat unzweifelhaft seine Bedenken geäußert. Die banale Behandlung seiner Zweifel in Heddesheim kann ihm nicht gefallen haben.
Eine Frage der „Ehre“.
Dafür ist dieser ehrgeizige, strebsame Mann zu empfindlich. Mit seinen 32 Jahren will man sich „Ehre“ noch erarbeiten und setzt diese nicht selbstgefällig qua Amt voraus.
Seine Worte, seine Analyse, seine Gedanken sind zu prüfen. Da gibt es keine Zweifel. Er nimmt seinen Job sehr ernst und will ernst genommen werden. Das ist der Anspruch, den Bürgermeister Just täglich an sich stellt und an dem er gemessen werden will – ganz sportlich übrigens.
Mehr als sportlich muss Bürgermeister Just nun den Antrag der GLH behandeln und die damit verbundenen Probleme.
Denn es geht um das „Binnenverhältnis“ zum „Kollegen“ Kessler, um das der Gemeinden und ihrer vielfältigen Beziehungen. Es geht um die Glaubwürdigkeit Justs, seine Verantwortung für die Gemeinde, es geht um all die, die in die „Gemeinsamkeiten“ involviert sind. Das sind viele Problem auf einmal.
Taktischer Fehler?
Die sich auch vielleicht ohne Beschluss lösen. Denn in Heddesheim ist die „Pfenning“-Satzung noch nicht in Kraft getreten, weil noch nicht veröffentlicht. Sollte der Antrag der GLH hier „Panik auslösen“, wäre es sicher möglich, das Verfahren in letzter Sekunde anzuhalten, den Grund für ein „Normenkontrollverfahren“ auszumerzen und die Satzung neu aufzusetzen.
Dann hätte die GLH, die „Pfenning“ nicht will, oder zumindest nicht ohne Zusagen, verloren, weil sie zu früh agiert hätte.
Vielleicht zieht die Heddesheimer „Pfenning“-Mehrheit auch den Stiefel durch und verlässt sich auf ein gutes „Bürgermeister-Verhältnis“ und die „Solidarität“ der Parteigänger.
Bislang ist aber kein Angebot bekannt, wieso sich ein CDU-, SPD-, FDP-Parteifreund auf Nachteile für sich einlassen sollte. Die Freien Wähler haben keine „Beziehung“ auf dieser politischen Ebene nach Heddesheim, auch wenn man sie tendenziell bei der CDU verorten mag.
Solidarität ist gefordert. Für wen? Das eigene oder das Gemeinwohl?
Zum Schluss bleibt die Frage, ob das von der GLH beantragte Verfahren auch Chancen hat. Je weniger durchdacht das ist, umso mehr Angriffsfläche für „Solidaritäten“ bieten sich. Man würde ja gerne zustimmen, wenn nicht die „rechtlichen Bedenken“ im Raum ständen, wird dann nicht in der Sache, sondern in Sachen Partei taktiert werden. Die anderen wären damit „fein raus“.
Das sind sie nicht. Wenn der Antrag der GLH rechtliche Mängel in der Formulierung und Begründung haben sollte und dies erkannt wird, sind sowohl der verantwortliche Bürgermeister Manuel Just und die anderen Fraktionen in der Pflicht, dies zu „heilen“ und/oder selbst einen Antrag zu stellen, der die berechtigten Sorgen der Hirschberger Bevölkerung „vollumfänglich“ berücksichtigt.
Denn sonst handeln diese Verantwortlichen weder zum Wohl noch zur Abwehr von Nachteilen für ihre Gemeinde.
Deswegen darf man gespannt sein, wie Bürgermeister Just und die anderen Mitglieder des Gemeinderats mit dem Antrag umgehen.
Es gibt keine Ausreden.
Der Antrag der GLH hat sicherlich juristische Schwächen.
Wird er in dieser Art unterstützt, werden sich die „Unterstützer“ rausreden: „Wir waren dabei. Was können wir dafür, dass ihr Mist gebaut habt.“
Wird er abgelehnt, wird es heißen: „Das konnten wir nicht unterstützen.“
In beiden Fällen wird die Frage nicht gestellt werden: „Was haben wir getan, um unsere Gemeinde zu schützen?“
Die Frage, was Bürgermeister Just und die anderen Fraktionen tun, um der Intention des „grünen Antrags“ zu folgen, Schaden von der Gemeinde abzuwehren, darf und muss und wird gestellt werden.
Was bleibt, ist Selbstschutz.
Auch die „gute Nachbarschaft“ steht auf dem Spiel.
Verantwortlich für alle den Schaden und die Dilemmas ist Bürgermeister Michael Kessler aus Heddesheim, der keinen Zweifel daran lässt, dass er „Pfenning“ durchziehen will – ohne Rücksicht auf Verluste. Ihm zur Seite stehen elf Gemeinderäte der CDU, SPD und FDP, die nichts unternommen haben, um die Gräben im Dorf zu verhindern und sogar gewillt sind, die Gräben zwischen den Gemeinden auszuheben.
Vollständig „verantwortungslos“ im Rausch der kleinen Mehrheit. Im klaren Bewusstsein, das Verhältnis der Gemeinden auf Jahrzehnte hinaus massiv zu beschädigen.
Denn das Vorhaben „Pfenning“ wirft längst seine Schatten über Heddesheim hinaus.
Eine ordentliche Behandlung von Seiten der „Pfenning“-Befürworter kann Hirschberg nicht mehr erwarten. Das einzige, was bleibt, ist der Selbstschutz.
Denn: Für Hirschberg geht es um Schadensabwehr – Vorteile gibt es keine.
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