
Kommunalwahlbezirke 2009 – aktuelle Wahlbezirke können abweichen.
Heddesheim, 17. März 2014. (red) Gibt es Bürgermeister-„Hochburgen“? Welche des Herausforderers? Wie hat man die Wahlbeteiligung zu werten? Mit jeder Wahl gibt es eine Reihe von Zahlen, die beim genauen Hinschauen und Vergleichen aufschlussreiche Ergebnisse liefern.
Von Hardy Prothmann
Soviel steht fest: Der Amtsinhaber Michael Kessler ist mit 63,3 Prozent wiedergewählt worden. Und er hat alle Wahlkreise gewonnen – kein einziger ging an den Herausforderer Günther Heinisch. Von den 15 Wahlkreisen und den drei Briefwahlkreisen (1-5, 6-10, 11-15) hat Bürgermeister Michael Kessler bei sieben Wahlkreisen „nur“ zwischen 50 und 60 Prozent erhalten. Am nächsten war Herr Heinisch im Wahlkreis 14 dem Amtsinhaber auf den Fersen. Hier hat Michael Kessler nur ganz knappe 50,1 Prozent erreicht (Gewerbegebiet, „Baumviertel“).
Eine eindeutige Tendenz lässt sich nicht feststellen, aber es sieht so aus, als hätte der Amtsinhaber seine Wähler besser motivieren können. Fast überall da, wo die Wahlbeteiligung sehr niedrig war, sind die Zahlen für Herrn Kessler auch schlechter. Umgekehrt erreicht er im Wahlbezirk 2 („Bahnhofsviertel“) insgesamt 70 Prozent (Wahlbeteiligung 48,3 Prozent) und im Wahlbezirk 13 („Bürgermeisterviertel“, Grenzweg, Leutershausener Straße, Schriesheimer Straße) sogar 72,2 Prozent (Wahlbeteiligung 41 Prozent).
Die Wahlbeteiligung war mit 58,36 eher schlecht – zum Nachteil des Herausforderers. Zum Vergleich: Bei der Wahl 1998 gingen 73,53 Prozent der Wähler an die Urne. 2006, als es keine echten Herausforderer gab, waren es noch 61,92 Prozent. Zum dritten Mal in Folge sinkt also die Wahlbeteiligung. 1998 gewinnt Herr Kessler knapp mit 53,32 Prozent. 2006 sind es „sensationelle“ 92,60 Prozent, aktuell 63,3 Prozent.
Blick auf absolute Stimmen verrät mehr
Die Stimmenzahl verrät aber mehr. 1998 gab es 8.560 Wahlberechtigte. Herr Kessler gewann 3.340 Stimmen. Das sind 39 Prozent der Stimmen aller Wahlberechtigten. 2006 gab es 9.042 Wahlberechtigte, Herr Kessler konnte 4.879 Stimmen gewinnen. Das sind 54 Prozent der Wahlberechtigten. Aktuell wählten 3.423 Wähler von 9.379 Wahlberechtigten den Amtsinhaber. Das sind nur noch 36 Prozent aller Wahlberechtigten. Gegenüber 1998 sind 819 Wähler/innen dazugekommen. Nur 83 Stimmen mehr oder zehn Prozent davon konnte der Bürgermeister für sich gegenüber der Wahl 1998 gewinnen und fährt damit das schlechteste Ergebnis prozentual auf die Gesamtwählerschaft ein.
Der Schlüssel zu dieser Wahl war die Wahlbeteiligung von 58,36 Prozent. 44,68 Prozentpunkte kamen über die Urne, 13,68 Prozentpunkte per Brief (das sind 23,44 Prozent aller abgegebenen Stimmen). 66,9 Prozent im Wahlbezirk 1 stimmen für Herrn Kessler, 65 Prozent und 62 Prozent in den beiden anderen. Da die Briefwahlbezirke immer fünf Wahlbezirke umfassen ist eine genauere Analyse nicht möglich. Die niedrigste Wahlbeteiligung (im Wahllokal) gab es beispielsweise im Wahlbezirk 5 („Dichterviertel“) mit 31,4 Prozent, gefolgt von Wahlbezirk 3 (rund ums Rathaus) mit 38,5 Prozent – eventuell haben hier aber auch viele per Brief gewählt. Die höchste Wahlbeteiligung gab es demgegenüber im Wahlbezirk 15 („Komponistenviertel“) mit 53,3 Prozent (Wahlbeteiligung ohne Briefwahl).
Der Blick nach Schriesheim zeigt, wie sich eine niedrige Wahlbeteiligung auswirkt: Bürgermeister Hansjörg Höfer hat überzeugende 73 Prozent bei seiner Wiederwahl im Dezember erhalten – bei knapp 50-prozentiger Wahlbeteiligung. Bei der 1998-er Wahl war die Wahlbeteiligung in Heddesheim 73,53 Prozent und das „Rennen“ viel knapper als aktuell.
Insgesamt machte die Briefwahl 23,44 Prozent aus – auf die Gesamtzahl der Wahlberechtigten sind das 13,68 Prozent.
Aussagen, die Gewerbetreibenden im Gewerbegebiet wollten Herrn Kessler nicht, treffen „tendenziell“ zu. Die Wahlbeteiligung an der Urne lag hier bei mittleren 46,4 Prozent und Herr Kessler erreichte im Wahlbezirk 14 (Gewerbegebiet, „Baumviertel“) tatsächlich das „schlechteste“ Ergebnis mit 50,1 Prozent. Doch auch das hätte für eine absolute Mehrheit gereicht. Im Stimmvergleich waren das 171 zu 165 Stimmen. Selbst wenn die vier „Nein-Stimmen“ und eine für Dieter Kielmeyer auch noch an Günther Heinisch gegangen wären – Herr Kessler hätte mit 171 zu 170 gewonnen.
Günther Heinisch kann, obwohl er die Wahl klar verloren hat, trotzdem mit sich und seinen 34,9 Prozent zufrieden sein. Bezogen auf den Vergleich mit der 1998-er Wahl, wo beide antraten, hat er mit 1.888 insgesamt 1.640 Stimmen dazu gewonnen, Herr Kessler wie gesagt nur 83. Gegenüber der Wahl 2006 hat der alte und neue Bürgermeister 1.456 Stimmen verloren, die im absoluten Vergleich an den Herausforderer Heinisch gingen.
Schaut man sich die absolute Zahl der Wähler an, ist Herr Kessler von 36 Prozent der Wahlberechtigten gewählt worden, Herr Heinisch aber nur von 20 Prozent. Die sechs Sitze der Grünen im Gemeinderat machen aber 27 Prozent der 22 Sitze aus. Auch das ein Hinweis, dass Herr Heinisch sein Wählerpotenzial nicht ausschöpfen konnte. Inbesondere dürften ihm bei Senioren, Vereinen und Kirchenmitgliedern zudem viele Stimmen versagt geblieben sein. Nach unserem Eindruck störten sich auch viele am „Grünen“-Logo auf dem Wahlplakat. Ob ein Fehlen der Parteizugehörigkeit allerdings gereicht hätte, um dem Wahlgewinner ganze 14 Prozentpunkte abzunehmen? Eher unwahrscheinlich.
Das größte Rätsel bei jeder Wahl sind die Nichtwähler. Warum haben sie nicht gewählt? Aus Frust, Politikverdrossenheit? Wen hätten sie gewählt, wenn…? Sind es die zugezogenen Heddesheimer?
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