Heddesheim, 16. September 2013. (red) Nicht nur Herrn BĂŒrgermeister Kessler haben wir um eine Stellungnahme zu den Ergebnissen unserer Recherche hinsichtlich der derzeitigen wirtschaftlichen Situation der Firma Pfenning gebeten, sondern auch die Fraktionsvorsitzenden des Heddesheimer Gemeinderates. Geantwortet hat uns der grĂŒne Fraktionssprecher GĂŒnther Heinisch. Die „Pfenning“-BefĂŒrworter Josef Doll (CDU), JĂŒrgen Merx (SPD) und Frank Hasselbring (FDP) hĂŒllen sich lieber in Schweigen.
Wir haben folgende Fragen im Anschluss an unseren Bericht geschickt:
- Verfolgen Sie die geschÀftliche Entwicklung von Pfenning?
- Wenn Sie sich die dramatischen Umsatzverluste betrachten – was denken Sie darĂŒber?
- Pfenning hat bis zu 1.000 neue ArbeitsplÀtze versprochen. Was kann der Gemeinderat tun, um dies einzufordern?
- Die erhoffte „erhebliche Gewerbesteuerzahlung“ bleibt aus. Was bedeutet das fĂŒr die Gemeinde?
- Das Pfenning-Projekt hat sehr viele KapazitĂ€ten gekostet, das FiletstĂŒck im Gewerbegebiet ist gebaut. Wenn Sie heute zurĂŒckschauen – wĂŒrden Sie diesselbe Haltung vertreten, die Sie pro oder contra Pfenning eingenommen haben?
Die Antworten von Herrn Heinisch.
Zu 1. Verfolgen Sie die geschÀftliche Entwicklung von Pfenning?
Wir haben die geschĂ€ftliche Entwicklung der Firma beobachtet seitdem sich die Zweifel am Sinn und den Aussichten dieses Projektes bei uns eingestellt haben. Die seit 2008 erkennbare negative Entwicklung war einer der GrĂŒnde, sich gegen das Projekt zu stellen. Es wurde auch an Hand der nackten Zahlen immer klarer, dass sich wohl keiner der versprochenen Nutzen, die Heddesheim von der Ansiedlung haben sollte, realisieren lassen. Diese Zahlen betreffen vor allem den in Aussicht gestellten âFernnutzenâ von Gewerbesteuerzahlungen eines fernen, unbestimmten Tages.
Zu 2. Wenn Sie sich die dramatischen Umsatzverluste betrachten – was denken Sie darĂŒber?
Heddesheim hat geglaubt, ein âbedeutendes Unternehmen aus der Regionâ ansiedeln zu können. Im Wirtschaftsleben muss jedoch jedem klar sein, dass UmsĂ€tze nicht gleich Gewinne sind. Wenn die UmsĂ€tze zurĂŒckgehen, bleiben die Kosten meist unverĂ€ndert. Die Bilanz 2011 der KMP Holding GmbH als Dach aller Pfenning Unternehmen fĂŒhrt das vor Augen.
Man kommt nicht umhin zu sagen, dass bei der ganzen Angelegenheit versucht wurde, den Nutzen zu ĂŒberzeichnen und die SchĂ€den klein zu reden. Es wurde versprochen, getĂ€uscht und gelogen. Die gesamte wirtschaftliche Realsituation der KMP Holding können wir als AuĂenstehende nicht wirklich beurteilen, schlieĂlich besteht die KMP Holding nicht nur aus dem Betriebsteil Heddesheim, auch wenn er der gröĂte sein dĂŒrfte.
Es sind mehrere Entwicklungen möglich, viele Szenarien denkbar. Viele von diesen sind nicht positiv fĂŒr Heddesheim. Was passiert zum Beispiel, wenn der Mieter Pfenning seinem renditeorientierten Vermieter Union Investment die Miete nicht mehr zahlen könnte? Wird Union den Mietvertrag kĂŒndigen und einen neuen Mieter einsetzen? Oder wird Union Investment das Objekt weiterverkaufen? An wen? Wer könnte ein Objekt dieser GröĂe fĂŒr Logistikzwecke mieten? Oder kaufen? Sicher nur eine der ganz groĂen Speditionen im Land, oder irgendwelche Investoren irgendwo zwischen dem Ural und Shanghai. Diese haben ganz eigene Interessen. Was sind dann alle VertrĂ€ge wert?
Mit dem Verkauf an Union Investment hat die Unterschrift der Phönix 2010 GbR unter den stĂ€dtebaulichen Vertrag bereits jede Bedeutung verloren. Eine GroĂspedition mit vollen AuftragsbĂŒchern oder ein neuer Besitzer wird ĂŒber den ohnehin sinnlosen âVerkehrslenkungsvertragâ nur lachen. Ebenso ĂŒber alle anderen vertraglichen Zusicherungen, die alle an den VertrĂ€gen hĂ€ngen, die von Karl Martin Pfenning unterschrieben sind. Ist Pfenning raus, hat Heddesheim nichts mehr in der Hand.
Zu 3. Pfenning hat bis zu 1.000 neue ArbeitsplÀtze versprochen. Was kann der Gemeinderat tun, um dies einzufordern?
Die Mehrheit des Gemeinderates und der BĂŒrgermeister haben sich der Illusion hingegeben, sie könnten mit VertrĂ€gen nach der Fertigstellung des Objektes noch irgendetwas beeinflussen. Vielleicht wollte man mit diesen kaum durchzusetzenden Vertragswerken auch den deutlich sichtbaren Widerstand in der Bevölkerung einlullen. Jedoch musste da bereits klar sein, dass die Gemeinde nach dem Bau des riesigen Komplexes nur als Bittsteller vor dem Zaun wĂŒrde mahnen können, Versprechen einzuhalten.
Der Stand der BeschĂ€ftigten ist abhĂ€ngig von der BeschĂ€ftigungssituation. Diese ist im Moment nicht gut. Und selbst wenn sie bestens wĂ€re, entscheidet das Unternehmen, mit wie viel Personal die Arbeit bewĂ€ltigt werden soll, was dafĂŒr an Lohn gezahlt wird und ob Personal angestellt oder geliehen wird. Der Gemeinderat ist da auĂen vor.
Zu 4. Die erhoffte „erhebliche Gewerbesteuerzahlung“ bleibt aus. Was bedeutet das fĂŒr die Gemeinde?
Die â1000 neuen ArbeitsplĂ€tzeâ, selbst wenn sie realisiert werden wĂŒrden, bringen der Gemeindekasse keine ZuflĂŒsse, wenn der ĂŒberwiegende Teil mit Leiharbeitern besetzt ist. Laut der Presse waren 1000 Mitarbeiter geplant, letzten Angaben zufolge waren dort 700 Menschen beschĂ€ftigt, rund 400 davon direkt bei Pfenning. Wobei diese Zahlen sicherlich auf Unternehmensangaben beruhen. Direkt bei Pfenning kann dabei auch heiĂen, in der Pfenning-eigenen BeschĂ€ftigungsgesellschaft âBe4Workâ, der hauseigenen Leiharbeitsfirma.
Ganz augenfĂ€llig bedeutet dies, dass nicht mehr Einnahmen erzielt werden, nicht mehr Geld in die Gemeindekasse kommt. Nicht nur die Gewerbesteuer ist dabei ein Ausfall, auch die von Pfenning ĂŒberwiegend eingesetzten Leiharbeiter sind letztlich ein finanzieller Verlust fĂŒr die Gemeinde. Steuerzuweisungen als Einnahmequelle der Gemeinde sind an sozialversicherungspflichtige VollzeitarbeitsplĂ€tze gebunden.
Zu 5. Das Pfenning-Projekt hat sehr viele KapazitĂ€ten gekostet, das FiletstĂŒck im Gewerbegebiet ist gebaut. Wenn Sie heute zurĂŒckschauen – wĂŒrden Sie dieselbe Haltung vertreten, die Sie pro oder contra Pfenning eingenommen haben?
Nachdem wir einen Prozess durchlaufen haben, der uns erst zu Zweiflern und dann zu Gegnern machte und sich abzeichnet, dass sich unsere BefĂŒrchtungen, die von Fakten untermauert sind, bewahrheiten, gibt es auch heute keinen Grund, nicht mehr gegen die Ansiedlung von Pfenning zu sein.
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