
Das „Kessler-Projekt Pfenning“ – angeblich sollte es in der Weihnachtszeit „brummen“. Tatsächlich war Weihnachten 2013 davon nichts zu sehen. Bürgermeister Kessler hat Heddesheim mit „Pfenning“ eine „Zukunftssicherung“ versprochen. Doch die ist komplett unsicher.
Heddesheim, 08. Januar 2014. (red) Am kommenden Samstag beginnt der Einreichungszeitraum für die Bürgermeisterwahl 2014. Sie endet am 18. Februar um 18:00 Uhr. Bewerben können sich alle Personen, die das passive Wahlrecht besitzen und mit ihrer Bewerbung eine Wählbarkeitsbescheinigung vorlegen. Bewerber für das Bürgermeisteramt müssen nicht Bürger der Gemeinde sein oder werden. Aktuell sind zwei Bewerber bekannt.

Bürgermeister Michael Kessler will weitere acht Jahre im Amt bleiben.
Der amtierende Bürgermeister Michael Kessler wird sich zur Wiederwahl für eine dritte Amtsperiode stellen. Als Herausforderer wollen Bündnis90/Die Grünen in der kommenden Woche den Gemeinderat und Fraktionssprecher Günther Heinisch offiziell nominieren. Weitere Bewerber sind bislang noch nicht bekannt.
Heddesheim hatte bislang nur fünf Bürgermeister seit 1945
Seit Kriegsende waren bisher erst fünf Bürgermeister im Amt. Johannes Moos (parteilos) amtierte zwei Mal, von 1945 – 1948 und von 1950-1956. Martin Gerstner (SPD) am kürzesten von 1948-1950. Der Vater des amtierenden Bürgermeisters, Fritz Kessler, hält mit 26 Jahren Amtszeit den Rekord: Er war von 1956-1982 Bürgermeister der Gemeinde und gilt auch als verdienstreichster Bürgermeister der Gemeinde. In seine Amtszeit fällt der Wandel vom Bauerndorf hin zur Wohngemeinde. Zwei Amtsperioden hatte danach Fritz Alles (CDU) inne, er amtierte von 1982-1998.
Wahlen seit 1998
Michael Kessler, bis 1998 Verwaltungsbeamter in Heidelberg, gewann 1998 die Wahl im ersten Wahlgang mit 53,32 Prozent gegen den Amtsinhaber Fritz Alles, der 42,56 Prozent der Stimmen holte. Herr Kessler hatte damit knapp gewonnen und Herr Alles klar verloren. Günther Heinisch kandidierte damals ebenfalls und erhielt 248 Stimmen (3,9 Prozent). Die Wahlbeteiligung war ordentlich: 73,52 Prozent der Wahlberechtigten gingen zur Urne. Man wollte im Ort offensichtlich den Wechsel.
2006 gab es einen völlig unbekannten Gegenkandidaten aus Mannheim, Werner Tereba, der sich als Schriftsteller, Tier- und Menschenrechtler vorstellte. Er erhielt nur 6,28 Prozent oder 331 Stimmen. Die Wiederwahl von Michael Kessler erinnerte an frühere DDR-Wahlergebnisse: 92,60 Prozent der Stimmen erhielt der Amtsinhaber. Allerdings war die Wahlbeteiligung deutlich niedriger. Nur noch 61,92 Prozent der Wähler/innen gingen zur Urne. Der Wahlausgang kann in Ermangelung eines ernstzunehmenden Gegenkandidaten als Bestätigungswahl gelten.
Interessant: 2006 gab es 9.042 Wahlberechtigte und 5.599 gingen zur Wahl. 1998 waren es nur 8.560 Wahlberechtigte, aber 6.264 Wähler/innen. Ebenfalls interessant: Obwohl 1998 insgesamt 665 Bürger mehr im Vergleich zu 2006 wählten, gab es nur 30 ungültige Stimmzettel, bei der Wahl 2006 aber insgesamt 330. Vermutlich wurde viele Stimmzettel absichtlich ungültig abgegeben.
Kessler und „Pfenning“
Im Zuge der „Pfenning“-Auseinandersetzungen hatte die „IG Nein zu Pfenning“ hier und da bemerkt, dass man mit einem eigenen Kandidaten „Kessler abwählen wolle“. Von einem Kandidaten aus dieser Ecke ist bis heute nichts bekannt. Auch die Gemeinderatsfraktionen CDU, SPD und FDP werden nach unserem Kenntnisstand keinen eigenen Kandidaten mit Parteibuch aufstellen. In der aktuellen Wahlperiode verlor Bürgermeister Kessler nur ein einziges Mal eine Verwaltungsvorlage – ausgerechnet bei einer „Lappalie“, nämlich der Straßenbenennung für das neue Wohngebiet „Mitten im Feld“. Die Fraktionen von CDU, SPD und FDP gelten im Ort gemeinhin als „Bürgermeisterbestätigungsgremium“.
Gegenüber dem Gemeinderat tritt der Amtsinhaber herrisch auf. Wer nicht seiner Meinung ist, wird mit teils bissigen Kommentaren „gebügelt“ – teils auch Gemeinderäte der Unterstützerfraktionen, aber vor allem Bündnis90/Die Grünen, die seit der Kommunalwahl 2009 mit sechs Mitgliedern die zweitstärkste Fraktion bilden (CDU 8, SPD 5, FDP 3). Die „Pfenning“-Ansiedlung hatten den Grünen damals einen fulminanten Wahlsieg gebracht – zwar nur als zweitstärkste Fraktion, aber immerhin mit einer Verdopplung der Sitze von drei auf sechs Mitglieder. Die CDU verlor zwei Sitze, die SPD einen und die FDP für fast drei Jahre ebenfalls einen Sitz an Hardy Prothmann, der als partei- und fraktionsfreier Gemeinderat bis zu seinem Umzug nach Mannheim mitwirkte (Anm. d. Red.: Hardy Prothmann ist Chefredakteur von Heddesheimblog.de).
Wie schwach der Gemeinderat als Hauptorgan der Gemeinde ist, zeigte sich in einer Debatte im April 2010. Auf die Frage des Gemeinderats Hardy Prothmann, ob Bürgermeister Kessler „die Gemeinde“ ist, sagte dieser: „Ja“. Keiner der anderen Gemeinderäte protestierte – obwohl der Gemeinderat als Gremium das Hauptorgan der Gemeinde und ein solcher Affront beispiellos ist.

Grünen-Gemeinderat Günther Heinisch ist der Herausforderer – ob es weitere Kandidaten geben wird, ist noch nicht bekannt.
Im Zug des „Pfenning“-Projekts verlor Bürgermeister Michael Kessler viele Unterstützer, die das sture Durchziehen dieser Logistik-Ansiedlung auf 200.000 Quadratmetern nicht mehr gut heißen wollten. Bei einer Bürgerbefragung im September 2009 stimmte die Hälfte der Bürger/innen gegen Pfenning. Die andere Hälfte hatte real 40 Stimmen mehr, was als „Zustimmung“ der Bürger/innen von Herrn Kessler und seinen Unterstützerfraktionen gewertet worden ist.
Vor diesem Hintergrund wird die Wahl spannend werden: Wer die politischen Verhältnisse in Heddesheim verfolgt, muss annehmen, dass insbesondere „Pfenning“ den Rückhalt in der Bevölkerung für Michael Kessler massiv hat schwinden lassen. Insbesondere, weil weder die „bis zu 1.000 Arbeitsplätze“ noch „erhebliche Gewerbesteuerzahlungen“ Wirklichkeit geworden sind. Fragt man den Bürgermeister nach „Pfenning„, wiegelt der ab und verweist an das Unternehmen. Er weiß angeblich nicht, wie viele Arbeitsplätze (nicht) entstanden sind und die Gemeindekasse hat zwar kurzfristig profitiert – mittel- und langfristig kann sich „Pfenning“ allerdings zum Desaster entwickeln. Immerhin hat der Logistikdienstleister viele wichtige Kunden verloren und hat im vergangenen Jahr keine Arbeitsplätze geschaffen, sondern abgebaut.
Obwohl „Pfenning“ das Projekt von Bürgermeister Michael Kessler ist, mit dem er als der größte Bürgermeister aller Zeiten (GröBaZ) werden wollte, erwähnt er es kaum noch. Sollte er ein drittes Mal gewählt werden, bleibt ihm mit 24 Jahren Amtszeit auch nur der zweite Platz hinter seinem Vater, der 26 Jahre als Bürgermeister wirkte. Michael Kessler könnte allerdings im Alter von 63 Jahren nochmals für eine vierte Amtszeit antreten – Bürgermeister dürfen bis 68 Jahre im Amt bleiben. Dann könnte er 29 Jahre „voll machen“ und seinen Übervater überrunden.
Gegenkandidat Heinisch
Aber wer will heutzutage schon einen Bürgermeister für 29 Jahre an der Macht? Zumal einen, der zwar als fleißiger Verwaltungsbeamter gilt, aber politisch als mindestens „problematisch“.
Ob Günther Heinisch als Gegenkandidat allerdings Chancen hat, ist fraglich. Bei der Wahl 1998 spielte er als Kandidat keine Rolle. Als Gemeinderat zeigt er sich ebenfalls fleißig und setzt Bürgermeister Kessler immer wieder durch Kommentare und Stellungnahmen unter Druck. Ob das allerdings reichen wird, als Parteimitglied ins Amt zu kommen? Der Trend geht hin zu parteilosen Bürgermeistern, die nicht eine bestimmte Linie vertreten, sondern überparteilich auftreten. Kessler gilt zwar als stramm konservativ – ist aber parteilos.
Wir werden die Bewerbungsphase und den Wahlkampf bewährt kritisch begleiten. Besonders spannend wird 2014, weil im Mai dann die Kommunal- und Europawahlen folgen. Hier wird interessant sein, ob die Grünen weitere Sitze gewinnen können und vielleicht sogar stärkste Fraktion werden. Das ist nicht unwahrscheinlich, da die Fraktion sich im Gegensatz zu den anderen als sehr lebhaft, diskussionsfreudig, kritisch und konstruktiv gezeigt hat. Keine andere Fraktion bringt es auf so viele, inhaltlich relevante Wortmeldungen und ist – auch das ist neu – nah dran an der Landespolitik, weil dort Grün-rot regiert.
Dass sich Grüne und SPD als „Koalition“ allerdings in Heddesheim gegenseitig stützen – das erwartet angesichts der Verhältnisse wirklich niemand. Ist doch beispielsweise die Frau des SPD-Sprechers Jürgen Merx die Sekretärin von Bürgermeister Kessler und der SPD-Gemeinderat Rainer Lang (freier Architekt) freut sich immer wieder mal über Aufträge der Gemeinde.
Sollte kein Kandidat im ersten Wahlgang am 16. März gewinnen, erfolgt die Stichwahl am 06. April 2014.
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