Samstag, 23. September 2023

Großkunde hat nach nur einem Jahr gekündigt

Pfenning hat Kraft verloren

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Angeblich sollen die Hallen fast vollständig ausgelastet sein – tatsächlich hat einer der Großkunden, Kraft Foods, nach nur einem Jahr gekündigt.

 

Heddesheim/Rhein-Neckar, 02. September 2013. (red) Einer der Großkunden, die Firma Kraft Foods, Tochter der Mondelez Deutschland Services GmbH & Co. KG, hat nach nur einem Jahr den Vertrag mit Pfenning Logistics gekündigt. Nach unseren Informationen endet das Vertragsverhältnis am 30. September. Kraft teilte uns auf auf Anfrage exklusiv mit, dass eine „Übergangslösung“ vereinbart worden ist, bis die Geschäftsbeziehtung erlischt.

Von Hardy Prothmann

Entwickelt sich der Multicube zum wirtschaftlichen Desaster? „Pfenning“ warb 2009 zunächst damit, dass der Großkunde Henkel mit nach Heddesheim umziehe. Und hierfür sollte auch die Schiene gebraucht werden. Dann war Henkel weg und der Schienenanschluss auch.

Großkunden kündigen

Dann warb Pfenning damit, dass man die Firma Kraft Foods als Großkunden gewinnen konnte. Und auch Kraft Foods lobte die modernen Logistik-Möglichkeiten über den Klee. Nach nur einem Jahr ist von der Euphorie nichts übrig geblieben. Kraft Foods hat gekündigt, wie das Unternehmen uns exklusiv auf Nachfrage mitteilte. Pfenning ist auch diesen Kunden los.

Bleiben noch die BASF und ein „Lebensmitteldiscounter“. Wie man hört, sind hunderte von Zeitarbeitskräften durch Pfenning in den vergangenen Wochen gekündigt worden. Vermutlich als Folge der Kündigung durch Kraft.

Nur 16 Arbeitsplätze mehr als 2010

Von den bis zu 1.000 neuen Arbeitsplätzen, die „Pfenning“ ehemals versprochen hatte, ist nichts zu sehen. Bürgermeister Michael Kessler verweist bei Anfragen an die Firma „Pfenning“ – so, als hätten er und die Gemeinderatsmehrheit nun nichts mehr mit dem Doppelriegel im Gewerbegebiet zu tun.

Tatsache ist: Laut Bilanz waren 2007 insgesamt 1.865 Personen  bei Pfenning beschäftigt. Davon rund 230 in der Verwaltung, der Rest sind eher einfache bis sehr einfache Arbeitsplätze. Nach der aktuellen Bilanz von 2011 sind es noch 1.740 Beschäftigte – ganze 16 Arbeitsplätze mehr als 2010, 2 davon in der Verwaltung 14 bei den „Gewerblichen Mitarbeitern“.

Verkehrschaos bleibt aus

Immerhin: Das befürchtete Verkehrschaos bleibt bislang überwiegend auch. Logisch: Wenn die Kunden ausbleiben, tun das auch die Lkws.

Die Lage des Unternehmens verschlechtert sich Jahr für Jahr. Da die „Pfenning“-Muttergesellschaft KMP Holding GmbH bis April nicht ihrer Berichterstattungspflicht nachgekommen war, haben wir dies amtlich beantragt. Die nun vorliegenden Zahlen sind alarmierend.

Gewerbesteuerzahlungen bleiben ebenfalls aus

Zu Beginn der „Pfenning“-Planung gab das Unternehmen an, 210 Millionen Euro Umsatz zu machen. Belegen konnte das Unternehmen die Zahlen nie – Bürgermeister Kessler und die Mehrheit im Gemeinderat haben immer auf die Angaben vertraut.

Das Geschäftsjahr 2011 schließt Pfenning nur noch mit 159,76 Millionen Euro Umsatz ab. Das ist zwar eine Steigerung gegenüber 2010 (154,68 Millionen Euro). Allerdings muss man hier 5,77 Millionen Euro „außerordentliche Umsätze“ herausrechnen – solche Umsätze werden üblicherweise durch Grundstücks- oder Anlagenverkäufe erzielt und haben mit dem eigentlichen Geschäft nichts zu tun.

Während 2010 noch magere 613.148,37 Euro „Überschuss“ ausgewiesen worden sind, sind es 2011 nunmehr 2.409.598,36 Euro Verlust. Das ist auch für die Gemeinde Heddesheim eine Horrorzahl – schließlich versprach „Pfenning“ jährliche Gewerbesteuerzahlungen im „hohen sechsstelligen“ Bereich. Daraus wird auf absehbare Zeit nichts.

Dramatische Entwicklung wird als Konsolidierung verkauft

Heddesheims Bürgermeister Michael Kessler Foto: Gemeinde Heddesheim

Bürgermeister Michael Kessler hat sein politisches Schicksal mit „Pfenning“ verknüpft. Er bewarb die Ansiedlung als „Zukunftssicherung der Gemeinde“ – bedroht die schlechte Geschäftsentwicklung des Logistikunternehmens nun den Ort? Foto: Gemeinde Heddesheim

Die Geschäftsleitung „verkauft“ die dramatischen Zahlen als „Konsolidierungsprozess“ – der hält nunmehr seit über fünf Jahren an. Doch die Talsohle ist vermutlich noch längst nicht erreicht.

Die Zahlen für 2012 wird „Pfenning“ erst im kommenden Jahr kurz vor der Gemeinderatswahl veröffentlichen müssen. Nach dem verlust des Großkunden Kraft werden diese mit hoher Wahrscheinlichkeit noch bedrohlicher aussehen – wenn es „Pfenning“ bis dahin überhaupt noch gibt.

Bürgermeister Kessler, der zur Wiederwahl antritt, sowie die Fraktionen der CDU, SPD und FDP, die bis auf zwei Ausnahmen, geschlossen die Ansiedlung durchgekämpft haben, werden sich vermutlich warm anziehen müssen. Denn die Pfenning-Ansiedlung, das weiß jeder in Heddesheim, wurde als „Zukunftssicherung“ für die Gemeinde beworben. Dafür wurde ein absolutes Filetstück im Gewerbegebiet geopfert.

kmp

Hat seinen Gewinn bereits gemacht: Logistik-Unternehmer Karl-Martin Pfenning. Archivbild: Heddesheimblog.de

Fein raus ist hingegen der Unternehmer Karl-Martin Pfenning. Der tat so, als würde seine Familie auf „Generationen“ hinaus hier eine 100 Millionen Euro Investition stemmen. Tatsächlich verkaufte Herr Pfenning den Komplex vor gut einem Jahr für gut 90 Millionen Euro an den Hamburger Immobilienfonds Union Investment Real Estate GmbH – die Immobiliengesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken, die nach unseren Informationen das Projekt vorfinanziert hatten. Nach unseren Berechnungen hatte der Deal ein Potenzial von 12 Millionen Euro Gewinn – nach unbestätigten Informationen aus Insiderkreise soll Herr Pfenning bis zu 15 Millionen Euro Gewinn aus dem Geschäft gezogen haben.

Über Hardy Prothmann

Hardy Prothmann (50) ist seit 1991 freier Journalist und Chefredakteur von Rheinneckarblog.de. Er ist Gründungsmitglied von Netzwerk Recherche. Er schreibt am liebsten Porträts und Reportagen oder macht investigative Stücke.