Donnerstag, 08. Juni 2023

Weitergabe von privaten Daten und GebĂŒhren fĂŒr Blinde

Der neue Rundfunkbeitrag

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Rhein-Neckar, 02. April 2013. (red/ms) Innerhalb der nĂ€chsten zwei Jahre werden MeldeĂ€mter von Kommunen und StĂ€dten private Daten an die neue GEZ weitergeben. So will man ĂŒberprĂŒfen, wer sich noch nicht freiwillig gemeldet hat. Außerdem mĂŒssen seit 2013 auch Taube und Blinde einen „Rundfunkbeitrag“ zahlen. Auch fĂŒr Unternehmen hat sich mit der Neuregelung Vieles verĂ€ndert.

Von Minh Schredle

Seit dem ersten Januar 2013 heißt die GebĂŒhreneinzugszentrale (GEZ) nicht mehr GebĂŒhreneinzugszentrale, sondern ARD-ZDF-Deutschlandradio-Beitragsservice. Neben dem beschönigten Namen wurde auch das Konzept, GebĂŒhren zu erheben, grundsĂ€tzlich verĂ€ndert.

Jetzt wird nicht mehr fĂŒr jedes Radio, jeden Fernseher oder jedes internetfĂ€hige GerĂ€t einzeln bezahlt, sondern pro Haushalt eine Pauschale von 17,98 Euro erhoben. Das soll gerechter sein.

 

17,98 Euro jeden Monat – egal ob ein, fĂŒnfzehn oder gar kein Fernseher.

 

Ärgerlich ist das vor allem fĂŒr diejenigen, die gar nicht auf das Programm von ARD und Co zugreifen wollen oder nicht einmal ein gebĂŒhrenpflichtiges GerĂ€t besitzen. Denn wo sonst zahlt man schon fĂŒr etwas, das man nicht will und nicht benutzt?

Ich wohne seit etwa einem halben Jahr alleine, habe weder Fernsehen noch Radio. Ich will nicht lĂŒgen und behaupten, ich wĂŒrde auch bei Freunden und Familie wirklich nie Radio hören oder mal ein bisschen fernsehen. Trotzdem wĂ€re es fĂŒr einen achtzehnjĂ€hrigen Studenten etwas happig, knapp zwanzig Euro fĂŒr fast nichts zu bezahlen.

UnverstÀndliches GerechtigkeitsverstÀndnis

Weil mir Bafög zusteht, kann ich mich aber von der GebĂŒhrenpflicht befreien lassen. FĂŒr mich persönlich mag das erfreulich sein, dennoch hat es einen etwas bitteren Beigeschmack.

Als kerngesundem Jugendlichen geht es mir damit nĂ€mlich bedeutend besser als den meisten Schwerbehinderten: Wer in seinem Ausweis das Merkzeichen „RF“ stehen hat, war nach der alten GEZ-Regelung nicht beitragspflichtig. Zu dieser Gruppe gehören unter anderem Blinde und Gehörlose. Sogar die werden jetzt zur Kasse gebeten! Zwar mĂŒssen sie „nur“ ein Drittel zahlen, trotzdem bleibt das in meinen Augen absurd und geradezu zynisch.

Und nicht nur das: Selbst wenn man zu den wenigen Personen gehört, denen eine ErmĂ€ĂŸigung oder eine Befreiung zusteht, reicht das alleine noch nicht aus.Erst muss ein Antrag auf Befreiung gestellt werden. Die genauen Bedingungen und das Formular dafĂŒr finden Sie hier. Immerhin: Wenn man vorher zuviel gezahlt hat und die ErmĂ€ĂŸigungen bewilligt werden, wird der ausstehende Betrag zurĂŒckerstattet.

Ein fragwĂŒrdiges Vorgehen

Allgemein ist die Vorgehensweise, wie das Geld beschafft werden soll, etwas fragwĂŒrdig: Damit keiner seiner Zahlungspflicht entgehen kann, werden in den nĂ€chsten beiden Jahren die Daten, die von BĂŒrgern freiwillig ĂŒbermittelt wurden, mit Angaben bei Deutschlands MeldeĂ€mtern abgeglichen.

Dabei hat der Beitragsservice auf viele private Informationen Zugriff: Den vollstĂ€ndigen Namen, das Geburtsdatum, akademische Titel, den Tag des Einzugs, frĂŒhere Anschriften und den Familienstand.

Wird so festgestellt, dass ein Haushalt noch keine GebĂŒhren zahlt, wird ihm eine Aufforderung per Post zugeschickt. Offene BetrĂ€ge mĂŒssen rĂŒckwirkend ab Januar 2013 gezahlt werden.

Insofern ist es fĂŒr alle, die sich bis jetzt noch nicht gemeldet haben, eigentlich ziemlich egal, ob sie das noch schnell nachholen oder warten, bis sie gezwungen werden. Das wird spĂ€testens Ende 2014 der Fall sein.

Neue BetriebsstÀttenregelung

Auch fĂŒr Unternehmer hat sich Einiges verĂ€ndert.  Freiberufliche und SelbststĂ€ndige, die ihren Arbeitsplatz bei sich zuhause haben, mĂŒssen die GebĂŒhr nicht doppelt zahlen. Bei Unternehmen ist die Anzahl der BeschĂ€ftigten pro BetriebsstĂ€tte entscheidend: Es gibt zehn Staffeln, je mehr Mitarbeiter, desto höhere GebĂŒhren. Bei bis zu acht Mitarbeitern mĂŒssen monatlich 5,99 Euro gezahlt werden, bei neun bis neunzehn sind es 17,98 Euro.

Die Obergrenze wurde hier bei Unternehmen mit mehr als 19.999 BeschĂ€ftigten angesetzt: 3.236,40 Euro. Außerdem kostet jedes betrieblich genutzte Fahrzeug weitere 5,99 Euro pro Monat.

 


Ein fiktives Beispiel, um die zehn Staffeln zu zeigen. Hier ein Link zum Beitragsrechner

 

 

 

 

 

 

 

 

Über Hardy Prothmann

Hardy Prothmann (50) ist seit 1991 freier Journalist und Chefredakteur von Rheinneckarblog.de. Er ist GrĂŒndungsmitglied von Netzwerk Recherche. Er schreibt am liebsten PortrĂ€ts und Reportagen oder macht investigative StĂŒcke.